Vollstreckungsklausel nach § 727 ZPO

  • Hallo!
    Es ist ein Vollstreckungsbescheid ergangen (erlassen durch ein zentrales Mahngericht), hiergegen wurde Einspruch erhoben. Dadurch landete die Sache beim hiesigen Amtsgericht und schließlich ist ein Anerkenntnisurteil ergangen, wonach der Vollstreckungsbescheid aufrecht erhalten wird.

    Nun schickt mir das zentrale Mahngericht einen Antrag zur Akte, wonach der Insolvenzverwalter der klagenden Partei beantragt, den Vollstreckungsbescheid gemäß § 727 ZPO auf ihn umzuschreiben. Das ist ja auch nicht so schlimm, aber warum muss ich als Rechtspfleger des Prozessgerichts den Titel umschreiben??

    Mag ja sein, dass die Frage zu einfach ist (dann Entschuldigung), aber nicht ein (mir vorliegender) Kommentar sagt dazu etwas aus. Und § 796 ZPO sagt, dass das Mahngericht grundsätzlich zuständig ist. Verliert das Mahngericht durch die Abgabe nach dem Einspruch jegliche Zuständigkeit? So als hätte es das Mahnverfahren nie gegeben?

    Vielen Dank für Eure Hilfe!

  • Mit der Abgabe an das Streitgericht wird dieses für weitere Maßnahmen zuständig. Wenn beim Streitgericht ein Widerspruch gegen den MB zurückgenommen wird, hat der Rechtspfleger des Streitgerichts auch den VB zu erlassen. Mit der Umschreibung verhält es sich genauso. Eine Rückgabe an das Mahngericht kommt nicht in Betracht, das Streitgericht ist und bleibt aktenführende Behörde. Leider habe ich jetzt keinen Kommentar etc. parat. Vielleicht kann einer der Kollegen/Innen aushelfen.

  • Das hiesige OLG hält das Mahngericht und nicht das Prozessgericht auch nach Abgabe des Verfahrens an das Streitgericht für die Klauselerteilung / die Erteilung einer 2. vollstreckbaren Ausfertigung des VB für zuständig. Das Mahngericht sei insoweit das Gericht des I. Rechtszugs iSd § 724 II ZPO. (OLG Stuttgart, 7 AR 4/04, DieJustiz 2005, 13)

  • @ geo: :zustimm:

    das gleiche gilt beim ZEMA RLP+Saarland (Mayen):
    für die Erteilung von Rechtsnachfolgeklauseln und zweite vollstreckbare Ausfertigungen ist das Mahngericht, das den Titel erlassen hat, zuständig.
    Im Falle der Abgabe wegen Einspruchs muß das Mahngericht die Akte vom PG zurückfordern und die Erteilung der Klausel/zvA auf der Urschrift in der Akte des PG vermerken und anschließend wieder zurückschicken.

  • Das mag in südlicheren Gefilden so sein, ist hier im Norden ist das so jedenfalls weder bekannt noch gängig. Ich persönlich halte die Entscheidungen auch für nicht unbedingt richtig, wird damit das Prinzip der beschleunigten Erledigung - wie auch beim VB-Erlass durch das Prozessgericht - doch vollkommen unterlaufen. Das Mahnverfahren ist mit Abgabe an das Prozessgericht beendet, die Akten verbleiben bei letzterem Gericht und eine nachträglich Hin- und Hersenderei ist nicht nur zeitraubend, sondern allein schon aufgrund der Aktenführungsbestimmungen auch wenig einleuchtend.

  • Zitat von 13

    Ich persönlich halte die Entscheidungen auch für nicht unbedingt richtig, wird damit das Prinzip der beschleunigten Erledigung - wie auch beim VB-Erlass durch das Prozessgericht - doch vollkommen unterlaufen.



    Wie - du findest die südliche Rechtsauffassung nicht äußerst praktisch ?

    Ich muss mir als Prozessgericht bei einem Computer-VB "den Wolf schreiben" (neuen VB basteln oder MB kopieren und schnippeln), während das Mahngericht den MB / VB im PC hat - sollen sie bei Rücknahme des Widerspruchs doch bitte auch den VB erlassen !

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Das habe ich so nicht gesagt. Für mich wäre das auf jeden Fall ein Vorteil gewesen, die Sache zum Mahngericht abschieben zu können. Allein: Es ist hier nicht machbar gewesen. Beim Streitgericht geht es allerdings tatsächlich auch schneller.
    Besonders interessant ist die Erteilung des VB dann, wenn der MB im automatisierten Mahnverfahren ergangen und beim Streitgericht dieses nicht eingeführt ist. Dann hat bei mir der Antragsteller(-Vertr.) regelmäßig die Aufforderung erhalten, den MB mittels Vordrucksatz neu zu erstellen und mir die Blätter ab VB-Antrag zu übersenden. Ich habe nix geschnippelt oder geklebt. Die ordnungsgemäße Antragstellung ist ASt.-Sache. :teufel:

  • Zitat von 13

    Besonders interessant ist die Erteilung des VB dann, wenn der MB im automatisierten Mahnverfahren ergangen und beim Streitgericht dieses nicht eingeführt ist.



    Das war es, was ich meinte - wir als AG Hamburg - XY (Prozessgericht) haben auf die Daten des zentralen Mahngerichts keinen Zugriff und dürfen uns somit aus deren Computer-Ausdruck etwas zurecht basteln oder den guten alten Papier-Vordruck vollständig neu ausfüllen.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • So meinte ich das nicht!
    Natürlich wäre es auch für mich eine feine Sache gewesen, diese Sachen zum Mahngericht abzuschieben. Allein: Es war nicht machbar. Irgendwo in einem Kommentar steht auch, dass für den Erlass des VB das Prozessgericht zuständig ist. Möglicherweise ändert sich ja die Ansicht.

    Mit Schnippeln und Kleben war bei mir nix. Bei den interessanten Fällen, bei denen das Mahnverfahren automatisiert eingeleitet wurde und ich dann den VB zu erlassen hatte, habe ich per Zwischenverfügung einen neu auszufüllenden herkömmlichen Vordrucksatz erstellen und mir die Blätter ab VB-Antrag übersenden lassen. Die Arbeit habe ich mir nicht gemacht, denn eine ordentliche Antragstellung ist Sache des ASt.

    Im Übrigen hätte man immer noch die nachfolgende Spezialverfügung verwenden können: :teufel:

  • Zitat von the bishop

    [...] - wir als AG Hamburg - den guten alten Papier-Vordruck vollständig neu ausfüllen.



    Wieso sollte das AG das tun? Wie 13 schon sagte ist dies Aufgabe des Ast.

    Hier geht in solchen Fällen folgendes Schreiben.

    "Unter Bezugnahme Ihren Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides vom xx.xx.xx wird mitgeteilt, dass ein Vollstreckungsbescheid hier nur erlassen werden kann, wenn dafür das vorgesehene Formular (ZP 108) verwendet wird.

    Das Gericht weist darauf hin, dass das Formular nicht vom Gericht zur Verfügung gestellt wird, und das es sich dabei nicht um das Formular handelt, welches im automatisierten Verfahren verwendet wird, sondern und einen gelben Bogen mit zwei entsprechenden Durchschriften. Die ordnungsgemäße Einreichung (auch der Durchschriften für den Gegner und dessen Vertreter) obliegt Ihnen als Antragsteller.

    Für die Einreichung des ausgefüllten Formulars ist hier vorerst eine Frist von einem Monat notiert."

    Die hiesige Zuständigkeit (OLG-Bezirk Hamm) wird jedoch nur im Falle "MB-Widerspruch-Abgabe an AG-Rücknahme des Widerspruchs" bejaht. Hat das (hier: zentrale) Mahngericht bereits einen Titel erlassen, so ist es auch für die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel zuständig.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Also der Erlass des Vollstreckungsbescheides nach Widerspruch und Abgabe an das Prozessgericht ist § 699 I 3 ZPO klar geregelt: Zuständig ist das Prozessgericht. Und zusammenbastel tun wir hier nix. Wir bitten einfach um Einreichung der entsprechenden ausgefüllten Vordrucke, was i.d.R. auch gut klappt.
    Für die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel ist m.E. das Prozessgericht zuständig. Zöller, 24. Auflage, § 727, Rn. 24 verweist auf § 724, Rn. 9. Erstmal sind Mahn- und Zivilverfahren nicht zwei verschiedene Instanzen. Zuständig ist bei uns das Prozessgericht, wenn das Verfahren abgegeben wurde. Ansonsten kann man analog die Kommentierung anwenden: "Ist der Rechtsstreit gleichzeitig in zwei Instanzen anhängig, so ist für die Erteilung .... die höhere Instanz zuständig!" - Also auch wieder das Prozessgericht.
    Bei einer weiteren Ausfertigung des VB für den Gläubiger wird bei uns analog verfahren, weil das Zurückschicken der Akten an das Mahngericht "prozessunökonomisch" ist.

  • Zitat von Sonnenblume

    @ Marple: Das ist ja interessant, mein Vollstreckungsbescheid kommt vom AG Mayen. Gibt es da bei Euch evtl. unterschiedliche Ansichten bei den Rechtspflegern?


    :gruebel: möglich...es lebe die sachliche Unabhängigkeit :)

    ich halte an meiner Auffassung fest, weil das PG keine höhere Instanz als das Mahngericht ist und das Verfahren nach Abgabe auch nicht mehr an zwei Gerichten anhängig ist- 724 II ZPO findet daher eindeutig Anwendung, § 699 I 3 ZPO regelt nur die Zuständigkeit, wenn ein VB erlassen werden soll, nicht wenn schon einer existiert.
    Die lästige Aktenversendung stört mich wenig, in anderen Fällen (KFB bei § 269 ZPO) ist sie auch nicht zu vermeiden.

  • Zitat von 13

    Das Schöne an der Justiz bestätigt sich immer wieder: 3 Leute und 5 Meinungen...



    ... aber mindestens! wir sind acht Rpfl, also mindestens 14 Meinungen (den Zöller und Musielak nicht mitgerechnet)
    :idee:

  • Ich kenne mich mit dem maschinellen Verfahren nicht so aus - wir haben hier auch noch die guten alten Papiervordrucke. Ich glaube, ich habe in meiner Akte gar nicht das Original des Vollstreckungsbescheides oder sieht der nicht so aus, wie die Ausfertigungen die Antragsteller und Antragsgegner erhalten. In meinem Fall waren es zwei Antragsgegner und nur bzgl. einem ist die Abgabe an das Prozessgericht erfolgt. Das "zweite" Verfahren ist beim Mahngericht verblieben. Bei der Abgabe ist ein Ausdruck aus dem Mahnverfahren beigefügt gewesen, aber keine "Akte" wie ich sie aus dem Vordruckverfahren kenne.
    Wenn ich nicht das Original des VB habe, dann muss ich wohl den Antrag auf Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel zuständigkeitshalber an das Mahngericht zurücksenden, oder? Es dürfte ja auch nicht prozessökonomisch sein, von dort die Akten anzufordern (so es denn solche im maschinellen Verfahren gibt...).

  • @ Sonnenblume

    Die Urschrift des VB ist ein Teil des Aktenausdruckes (beginnt bei Seite 01 und geht vermutlich bis Seite 03/04). Eine Ausfertigung im A3-Format liegt bei maschineller Abgabe nicht bei, nur, wenn der VB manuell erlassen wurde (weil der Rpfl. entschieden hat, daß die Bearbeitung manuell erfolgen muß).

    Bei zwei Antragsgegnern besteht der Aktenauszug aus dem Verfahrensablauf des betroffenen Ag (erster Teil) und einem Verfahrensablauf des zweiten (zweite Hälfte des AA). Die Urschrift liegt damit nur für den ersten vor. Wäre das Verfahren auch bzgl. des zweiten Ag abgegeben, gäbe es einen zweiten Aktenausdruck mit umgekehrter Darstellung beider Verfahrensabläufe.

    Du mußt also erstmal feststellen, welchen VB der Ast haben will (Ag 1 oder 2) und dann prüfen welches Verfahren ihr auf dem Tisch habt.
    Wird die Klausel für den Gegner, dessen Verfahren noch beim Mahngericht anhängig ist, beantragt, muß der Antrag definitiv dort gestellt werden.
    Das gleiche gilt wegen § 724 II ZPO, wenn der VB durch das MG erlassen wurde (s. o.).

    Alle Klarheiten beseitigt? :)

  • @ Marple: Ja fast ! Also den Original VB habe ich dann tatsächlich doch in meiner Akte. Setzt Ihr dann auf diesen Aktenausdruck den Vermerk über die Erteilung einer Vollstreckungsklausel?
    Ich glaub, ich werde in dieser Sache doch selbst die Rechtsnachfolgeklausel erteilen, weil ich sowieso in meinem Verfahren für den Kostenfestsetzungsbeschluss auch eine Rechtsnachfolgeklausel erteilen muss. Und es scheinen ja beide Meinungen nebeneinander zu bestehen. Unser OLG hat sich zu diesem Problem leider noch nicht geäußert...

    Vielen Dank noch mal an alle für den regen Meinungsaustausch!!

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