Rechtspfleger und Art. 97 und 98 GG

  • Es gibt noch viele, viele andere Beispiele, wo andere Berufsgruppen ihr Leben riskieren. Das macht der Rechtspfleger nicht. (man gut)
    Und mit der Unabhängigkeit ist das ja so eine Sache. Das bin ich in der Verwaltung oftmals auch. Da werden Projekte geplant und umgesetzt und niemand schreibt mir das vor ei ich das zu tun habe. Dort bewege ich mich lediglich in einem gesetzten Rahmen. Und die alleinige Verantwortung trage ich auch. Eine Aufnahme im GG halte ich für überzogen. Lassen wir die Kirche im Dorf.

    Damit will ich den Rechtspfleger nicht abwerten, aber nun auch nicht besonders hervorheben.

    Eine Sonderlaufbahn (gleiche Arbeit = gleiches Gehalt) hingegen befürworte ich schon seit Jahren.

  • Eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit ist die Aufnahme der sachlichen Unabhängigkeit des Rechtspflegers besteht sicherlich nicht. Die Verfassung muss garantieren, dass der Staat nicht die Justiz instrumentalisiert. Das ist durch die Möglichkeit, jederzeit den Rechtsweg zu den sachlich und persönlich unabhängigen Richtern zu gehen, ausreichend gesichert.

    Die letztendliche Besoldungsfrage (A11 - Eingangsbesoldung) muss eh jedes Land selbst entscheiden. Aber die Folge wäre klar: die anderen (nicht minder wichtigen Beamtengruppen!) werden postwendend ebenfalls die gleiche Forderung stellen und ordentlich Protest bei Nichterfüllung machen. Der nichtverbeamtete Teil der Bevölkerung wird den Kopf schütteln ob der Gehaltserhöhung und langgediente Rechtspfleger, die sich über Jahre A11 erarbeitet haben, verlangen Ausgleich (Beförderung).

    Unnötig zu erwähnen, dass die Tendenz eher in die andere Richtung geht. Auch eine eigene Beamtenlaufbahn ist sehr unwahrscheinlich, da aktuell die Sonderlaufbahnen abgeschafft werden, um bei Verwaltungsmodernisierungen flexibler mit dem Beamten umgehen zu können. Streicht man den anderen ihre Sonderlaufbahnen, wird man kaum woanders welche einführen.

    M. E. wäre es viel schlauer, sich um eine ordentliche Planstellenausstattung und Personalausstattung zu bemühen. Das hier angesprochenen Ziele sind doch Ideen, die in den 70er-Jahren noch halbwegs realistisch gewesen wären.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6



  • In allen Punkten :zustimm:

    M. E. wäre es viel schlauer, sich um eine ordentliche Planstellenausstattung und Personalausstattung zu bemühen. Das hier angesprochenen Ziele sind doch Ideen, die in den 70er-Jahren noch halbwegs realistisch gewesen wären.


    :daumenrau

  • Wenn - wie hier bekanntgegeben - der RPfleger in Österreich drinsteht: was waren dort die Gründe und was hat es gebracht ? Man kann doch sicher Parallelen ziehen...

  • Im Wege der subjetkiven Wahrnehmung ist wohl jeder der Meinung, dass seine Arbeit nicht mit der des anderen verglichen werden kann. Als Tarifangehöriger betrifft micht das sogar noch im Verhältnis zu dem vergleichbaren Beamten, dessen Besoldungsgruppe ich (vergleichbar natürlich) nie als Entgeltgruppe bekommen kann.

    Wenn man hier schon Vergleiche zu anderen Bereichen - und vor allem zur Polizei - herstellt, sollte man nicht unbeachtet lassen, dass es in den einzelnen Bundesländern immer noch genügend Polizisten gibt, die im mittleren Dienst rum krauchen.

    Es gibt darüber hinaus sicherlich viele Juristen, die froh wären, wenn Sie das Grundgehalt eines Rechtspflegers in der ersten Dienstaltersstufe hätten.

    Geht es hier jetzt eigentlich noch um das GG oder nur noch um eine höhere Besoldung?

  • Stefan
    Dem kann ich nur zustimmen.
    Die Beiträge von Exec und OL ( beide offenbar nicht als Rpfl. tätig) zeigen wieder einmal, wie unsachlich die Diskussion von "Außenstehenden" geführt wird.
    Dass auch Finanzbeamte, Polizisten etc. anspruchsvolle Arbeiten verrichten, ist unbestreitbar.
    Der wesentliche Unterschied- um den es hier geht- ist, dass diese Berufsgruppen immer einen Vorgesetzten haben, dessen Anweisungen sie letztlich befolgen müssen bezw. hinter den sie sich bei schwierigen Entscheidungen auch verstecken können, wenn es mal darauf ankommt.
    Und das ist genau die Unabhängigkeit, die ein Gericht ( Richter oder Rpfl. ) ausmacht.
    Das Problem der Rpfl. ist allerdings, dass sich viele standespolitisch schon selber aufgegeben und somit an Überzeugungskraft eingebüßt haben.
    Eine bessere Bezahlung sollten wir so lange vergessen, wie sich genug Interessenten finden, die die Arbeit für die rel. schlechte Bezahlung machen.

  • An welcher Stelle oL oder ich unsachlich waren, wird wahrscheinlich ruepfels Geheimnis bleiben....

    Zur Frage, was in das GG aufgenommen werden soll, fühle ich mich als Bürger dieses Staates auch nicht als Außenstehender.

    Und Richter und Rechtspfleger sind eben nicht gleichzusetzen: Sie sind weder fachlich gleich qualifiziert, noch in einem vergleichbaren öff.-rechtlichen Dienstverhältnis noch haben sie einen ähnlichen verfassungsmäßigen Auftrag. Art. 92 GG bestimmt nun mal, dass die Richter die rechtsprechende Gewalt sind. Allein Richter üben als Judikative die Kontrolle über Exekutive und Legislative aus.

    Tut mir leid: Es ist so. Wenn gleich ich den Rechtspflegerberuf sehr schön und attraktiv finde und Rechtspfleger auch im Berufsalltag zu schätzen weiß.

    Und als letzte Bemerkung: Man muss sich das im Alltag nicht so vorstellen, dass Vorgesetzte immer zu Stelle sind, wenn sich gerade jemand vor schwierigen Entscheidung drücken will, nein, nein, dass sieht leider ganz anders aus. Und da Polizisten ja extra genannt sind: Die tragen leider, insb. beim Schusswaffengebrauch, die alleinige, persönliche Verantwortung - bis hin zum Strafverfahren - für ihr Handeln. Tauschen möchte ich nicht.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Insbesondere ist es Polizisten im akuten Ernstfall selten möglich, erst mal ihren Vorgesetzten zu konsultieren (mal etwas flapsig ausgedrückt).

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Und Richter und Rechtspfleger sind eben nicht gleichzusetzen: Sie sind weder fachlich gleich qualifiziert, noch in einem vergleichbaren öff.-rechtlichen Dienstverhältnis noch haben sie einen ähnlichen verfassungsmäßigen Auftrag. Art. 92 GG bestimmt nun mal, dass die Richter die rechtsprechende Gewalt sind. Allein Richter üben als Judikative die Kontrolle über Exekutive und Legislative aus.



    Hier fallen mir nur tibetanische Gebetsmühlen ein.

  • Stefan
    zeigen wieder einmal, wie unsachlich die Diskussion von "Außenstehenden" geführt wird

    Mit solchem Eifer wird meistens in eigener Sache plädiert!

    Zu dem "Vorhaben" selbst:

    Wieso sollte etwas ins Grundgesetz, das nach einfachem Recht ohnehin schon genau so geregelt ist? Dafür gäbe es ja nur einen Anlass, wenn die Gefahr bestünde, der einfache Gesetzgeber könne die Rechtslage abändern, es handele sich aber um ein so hohes Gut, dass eine solches Abändern durch ein Hochzonen in den Verfassungsrang verhindert werden müsse. Das heißt: der Verfassungsgesetzgeber beschließt heute mit einer doppelten Zwei-Drittel-Mehrheit, dass dereinst keine einfache Mehrheit mehr genügen wird, um das jetzt ohnehin einfachgesetzlich Geltende und nun mit Verfassungsrang ausgestattete Recht wieder zu verändern. --- Andere Probleme habt Ihr keine?

    Oder anders formuliert:

    a) Wer glaubt den ernsthaft, für solch ein Vorhaben seien die erforderlichen Mehrheiten für eine Verfassungsänderung zu erlangen?

    b) Und, noch schlimmer: welcher Mensch befürchtet denn im Ernst, es bestehe die Gefahr, dass irgendwann einmal der Rechtspflegerstatus so entwertet wird, dass man heute eine Grundgesetzänderung braucht, um das zu verhindern?

    Eine solche Vorausschau ist völlig überflüssig. Eher legt ein Hund einen Wurstvorrat an, als dass es dazu kommt.

    Im übrigen: die Rechtslage in Österreich ist mir egal. In unser Grundgesetz kommt mir so was jedenfalls nicht!

    Davon abgesehen, würde das Hochhieven in den Verfassungsrang ja nichts am bisherigen Verhältnis Richter - Rechtspfleger ändern. Oder wollen die Verfassungsänderer de lege ferenda das auch noch gleich mitregeln?

  • Warum wurde der Beruf des Rechtspflegers geschaffen? Um den Richter von allen Tätigkeiten zu entlasten, die zwar juristische, wissenschaftlich fundierte Fachkenntnisse erfordern, aber nicht zur streitigen Rechtsprechung im eigentlichen Sinn gehören. Dies rechnet sich für den Staat nur, wenn er den Rechtspfleger geringer besoldet als einen Richter. Es ging da ja wohl, wie immer, weniger ums Mitleid mit dem überarbeiteten Richter sondern ums Geld sparen.
    Ich halte daher die Logik, Rechtspfleger im Grundgesetz = mehr Gehalt für Rechtspfleger für eine Illusion. Ich weiß auch nicht, ob eine Sonderlaufbahn mit Eingangsamt A 11 dafür nur eine Beförderung wie beim Amtsanwalt aufs gesamte Berufsleben gerechnet soviel lukrativer wäre.
    Ich fühle mich jedenfalls mit der einfach gesetzlichen sachlichen Unabhängigkeit wohl. Ich finde es immer etwas schade, wenn man zwischen den Zeilen immer wieder rausspürt, dass viele Rechtspfleger irgendwie doch dem Richteramt hinterhertrauern. Rpfls be proud! :genauso:

  • Selbst wenn es gelingen sollte, in die Verfassung aufgenommen zu werden (und das halte ich persönlich für ein aussichtsloses Unterfangen) ist damit nicht automatisch eine höhere Besoldung verbunden (wahrscheinlich nicht mal freie Dienstzeiten). Also schade um die Mühe, die man drauf verwendet.
    Und ich finde auch, dass man das GG nicht überfrachten sollte.

    Im übrigen ist die Schwierigkeit und Verantwortung in der gehobenen Verwaltungslaufbahn nicht zu unterschätzen. Wir sollten uns da vor Arroganz hüten.

  • In Ergänzung meines obigen Beitrages noch ein Wort zum österr. Recht.

    Dort steht in der Bundesverfassung:

    Artikel 87a. (1) Durch Bundesgesetz kann die Besorgung einzelner, genau zu bezeichnender Arten von Geschäften der Gerichtsbarkeit erster Instanz in Zivilrechtssachen besonders ausgebildeten nichtrichterlichen Bundesbediensteten übertragen werden.(2) Der nach der Geschäftsverteilung zuständige Richter kann jedoch jederzeit die Erledigung solcher Geschäfte sich vorbehalten oder an sich ziehen.

    Wenn das der Threadstarter auch im deutschen GG haben will, verkennt er den Regelungsgehalt. Es handelt sich hier lediglich um eine sog. Kompetenznorm, welche Rechte der österreichische Bundesgesetzgeber hat, um die Justizorganisiation Richter/Rechtspfleger zu regeln, vgl. mit den Regelungen in Art. 70 ff. des deutschen GG. Zu der "Standesfrage" ist dazu nichts gesagt.

  • .

    Im übrigen ist die Schwierigkeit und Verantwortung in der gehobenen Verwaltungslaufbahn nicht zu unterschätzen. Wir sollten uns da vor Arroganz hüten.



    Das hat doch nichts mit Arroganz zu tun bzw. damit, dass es auch in der Verwaltung schwierig ist.
    in der Verwaltung gibt es einfache Aufgaben die den Anfängern bzw. den Inspektoren anvertraut werden. Hat man sich dabei bewährt, bekommt man einen verantwortungsvolleren Posten der mit einer Beförderung verbunden ist. Und das immer so weiter bis man bei A irgendwas angekommen ist und Chef ist oder die ganz schwierigen Dinge macht.
    Das ist nunmal in der Justiz nicht so. Da machen alle die gleiche Arbeit bei unterschiedlichem Geld. Die Posten sind nicht unterteilt in: das kann man mit A9, das erst mit A10 und dazu braucht man A 13.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Ich halte die ganze Diskussion um die Aufnahme des Rechtspflegers in das Grundgesetz für ziemlich mühselig und unnütz. Es sieht -ganz platt ausgedrückt- nicht so aus, als ob sich dafür in den nächsten Jahren die notwendige Mehrheit findet.



  • Das hat doch nichts mit Arroganz zu tun bzw. damit, dass es auch in der Verwaltung schwierig ist.
    in der Verwaltung gibt es einfache Aufgaben die den Anfängern bzw. den Inspektoren anvertraut werden. Hat man sich dabei bewährt, bekommt man einen verantwortungsvolleren Posten der mit einer Beförderung verbunden ist. Und das immer so weiter bis man bei A irgendwas angekommen ist und Chef ist oder die ganz schwierigen Dinge macht.
    Das ist nunmal in der Justiz nicht so. Da machen alle die gleiche Arbeit bei unterschiedlichem Geld. Die Posten sind nicht unterteilt in: das kann man mit A9, das erst mit A10 und dazu braucht man A 13.



    Wenn in diesem Thread argumentiert wird, dass nur der Rechtspfleger für seine Entscheidungen einstehen müsse, während sich der gehobene Verwaltungsbeamte von seinem Vorgesetzen jederzeit Hilfe holen und sich ansonsten hinter diesem auch verstecken könne, scheint mir schon ein wenig herablassend.


  • in der Verwaltung gibt es einfache Aufgaben die den Anfängern bzw. den Inspektoren anvertraut werden. Hat man sich dabei bewährt, bekommt man einen verantwortungsvolleren Posten der mit einer Beförderung verbunden ist. Und das immer so weiter bis man bei A irgendwas angekommen ist und Chef ist oder die ganz schwierigen Dinge macht.
    Das ist nunmal in der Justiz nicht so. Da machen alle die gleiche Arbeit bei unterschiedlichem Geld. Die Posten sind nicht unterteilt in: das kann man mit A9, das erst mit A10 und dazu braucht man A 13.



    In der Finanzverwaltung sind alle Dienstposten mit der Mindestbewertung A11 versehen, die Sachbearbeiter der Rechtsbehelfsstelle im Finanzamt alle mit Mindestbewertung A12. Höhere Bewertung ja nach Aufgabe bis A 13 oder darüber hinaus möglich. Betriebsprüfer oder Steuerfahnder werde schneller befördert: von A9 bis A11 dauert es regelmäßig (nur) ca.10 Jahre. Die Unterscheidung zwischen gehobenen und höheren Dienst ist zugunsten einer einheitlichen Laufbahn für "Studierte" weggefallen.

    Finde ich sinnvoller als eine Aufnahme ins GG.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Du sagst, alle Dienstposten sind bei Euch mit A11 versehen. Aber zwischen A9 und A11 liegen maximal 10 Jahre. Das ist für mich ein scheinbarer Widerspruch, sag doch mal, was ein Dienstposten ist. Scheinbar nicht jede Tätigkeit beim Finanzamt?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

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