Erbscheinsantrag durch Gläubiger

  • Hallo zusammen!

    Ich habe folgendes Problem:

    Die S-Bank hat noch Ansprüche gegen den Verstorbenen und möchte das Grundstück, als dessen Eigentümer er immer noch eingetragen ist, zwangsversteigern lassen.
    Ein Testament ist nicht vorhanden. Die Erben sind bekannt. Bis auf einen haben alle ausgeschlagen.
    Der noch übrige Erbe rührt sich allerdings nicht und stellt keinen Erbscheinsantrag.
    Ich habe die S-Bank darauf hingewiesen, dass sie selber einen Erbscheinsantrag stellen kann. Das will sie wegen der abzugebenden eV jedoch nicht tun. Sie besteht darauf, dass ich eine Nachlasspflegschaft anordnen soll.
    Dafür sehe ich allerdings keinen Grund, da von dem Bestehen eines Sicherungsbedürfnisses nichts bekannt ist und ich nicht wüsste, wie da ein Nachlasspfleger weiterhelfen soll.
    Welche Möglichkeiten habe ich bzw. die Bank denn da? :confused:

    Gruß, diplrpflin

  • Zunächst gehe ich davon aus, dass die eingetretene Erbfolge bereits feststeht, und zwar in dem Sinne, dass der betreffende Beteiligte Alleinerbe ist, weil alle übrigen Erben der gleichen Erbordnung (incl. der gesamten Stämme!) ausgeschlagen haben.

    Falls es sich so verhält, ist für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft i.S. des § 1960 BGB kein Raum, weil weder die Erben unbekannt sind noch ungewiss ist, ob sie die Erbschaft (hier: durch Ablauf der Ausschlagungsfrist) angenommen haben (§ 1960 Abs.1 BGB). Das gleiche gilt im Anwendungsbereich des § 1961 BGB, weil eine Nachlasspflegschaft auch auf Antrag eines Nachlasgläubigers nur in den Fällen des § 1960 Abs.1 BGB angeordnet werden kann (vgl. den Wortlaut des § 1961 BGB!).

    Der Gläubiger ist daher darauf verwiesen, nach § 792 ZPO einen Erbschein zu beantragen, die entsprechende eidesstattliche Versicherung abzugeben und die erforderlichen Personenstandsurkunden zu beschaffen (wofür im vorliegenden Fall allerdings die Urkunden genügen, die das Verwandtschaftsverhältnis des Alleinerben zum Erblasser belegen).

    Ist der Gläubiger eine Bank, muss die eV von den im Außenverkehr einzeln oder gemeinsam Vertretungsberechtigten abgegeben werden. Die Vertretungsberechtigung ist nachzuweisen.

  • Vielen Dank!

    Habe den Antrag auf Anordnung der Nachlasspflegschaft förmlich zurückgewiesen, weil die S-Bank einfach kein Einsehen hat, dass hier ein Bedürfnis nicht besteht.
    Angeblich hat sie mit einem anderen Amtsgericht eine Regelung getroffen, dass in einem solchen Fall, wenn sich die Erben einfach nicht "greifen" lassen, ein Nachlasspfleger mit dem Aufgabenkreis "Veräußerung der Immobilie" bestellt wird - selbst wenn die Erben bekannt sind!
    Das kann die S-Bank aber doch nicht ernst meinen - oder gibt es tatsächlich Amtsgerichte, die so verfahren?

  • Das gibt es schon, aber nur dann, wenn die Erben wirklich "unbekannt" i.S. des § 1960 BGB sind.

    Wenn der Grundbesitz faktisch der einzige Nachlassgegenstand und über die Hutschnur belastet ist, dann macht es oft keinen Sinn, die Erben nur zu dem Zweck zu ermitteln, dass sie alle ausschlagen. In diesem Fall hat die Bank natürlich mehr von einem freihändigen Verkauf als bei einer Nachlassinsolvenz und/oder Versteigerung. Dieses Verfahren funktioniert aber in der Regel nur, wenn nur ein Grundpfandrechtsgläubiger vorhanden sind. Ansonsten muss der vorrangige Gläubiger (der ohnehin alles kassiert) den nachrangigen Gläubigern deren Zustimmung zur freihändigen Veräußerung auf dem sog. Lästigkeitswege abkaufen. Das ist für ihn aber immer noch günstiger, als wenn die Immobilie in der Versteigerung für 70 % oder weniger weggeht.

    Was mir im vorliegenden Fall überhaupt nicht eingeht, ist, weshalb die Bank versteigern lassen will. Wenn sie den genannten Erbscheinsweg verfolgt, kann sie den Erben doch ggf. zur freihändigen Veräußerung veranlassen oder mit entsprechender Vollmacht selbst tätig werden.

    Offenbar sind hier wieder die üblichen verdächtigen "Spezialisten" am Werk.

  • Das Problem eines Verkaufs "hinter dem Rücken der Erben" stellt sich nicht.

    Entweder der Erbe ist bekannt (wie im Ausgangsfall), dann ist der Beteiligter im Versteigerungsverfahren. Oder die Erben sind unbekannt, dann werden sie durch einen Nachlasspfleger vertreten, wobei die nachlassgerichtliche Genehmigung der Veräußerung die Bestellung eines Verfahrenspflegers für die unbekannten Erben im Genehmigungsverfahren voraussetzt.

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