Festsetzung bei Pflegschaft

  • Hallo zusammen,

    ich habe da ein Vergütungsproblem , bei dem ich nicht weiterkomme :

    Zur Wahrung der Rechte noch nicht erzeugter leiblicher Abkömmlinge des Vorerben ist Pflegschaft ( nach § 1913 BGB ) angeordnet worden und ein ( berufsmäßiger ) Pfleger bestellt worden.
    Als Nachlass ist nur ein ( vermietetes ) Haus vorhanden; der Vorerbe ist i.ü. nicht befreiter Vorerbe.
    Nun rechnet der Pfleger seine Vergütung ( nebst Auslagen ) ab.
    Gegen wen richtet sich der Festsetzungsantrag bzw. wie bekommt der Pfleger praktisch Geld auf sein Konto ?
    Kann er gegenüber der Staatskasse abrechnen ?

  • Schuldner der Pflegervergütung ist grundsätzlich der noch nicht geborene Nacherbe. Dumm, dass gegen ihn nicht vollstreckt werden kann, weil ja seine Geburt nicht vollendet ist. Damit ist er noch nicht rechtsfähig (§ 1 BGB) und noch nicht parteifähig (§ 50 ZPO).

    Da der Nacherbe vor Eintritt des Nacherbfalles noch nicht Miteigentümer des Grundbesitzes ist, sonstige Vermögensmassen des Nacherben naturgemäß nicht vorhanden sein können (wer hat schon vor seiner Zeugung Vermögen?), liegt Vermögenslosigkeit vor.

    Also, aus zwei Gründen: Zahlung durch die Staatskasse.

  • Das sehe ich anders.

    Für die Gerichtskosten haftet auch der Vorerbe (also der Nachlass), weil mit der Pflegschaft auch sein Interesse im Hinblick auf Rechtsgeschäfte wahrgenommen wird, die er tätigt und die ohne Mitwirkung der unbekannten Nacherben nicht wirksam werden können (§ 2 Nr.2 KostO). Als Geschäftswert für die Pflegschaftsgebühr ist der volle Wert des konkreten Rechtsgeschäfts anzunehmen, weil die nach materiellem Recht erforderliche Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft gebührenrechtlich den gleichen Wert wie das Rechtsgeschäft selbst hat (hierzu ein anderes Beispiel: Ein minderjähriges Kind ist Vormerkungsberechtigter am Grundbesitz der Eltern und der bestellte Ergänzungspfleger stimmt mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung der Veräußerung des Grundbesitzes zu; auch hier ist der Geschäftswert der volle Grundstückswert). Im übrigen sind die Nacherben bereits Inhaber eines werthaltigen Anwartschaftsrechts, und zwar unabhängig davon, ob sie bereits bekannt sind oder nicht.

    Die Überlegung, dass unbekannte Nacherben im Einzelfall noch nicht rechtsfähig sind (so auch OLG Köln FamRZ 1994, 1334), geht schon deshalb fehl, weil § 1913 BGB diese Rechtsfähigkeit fingiert, denn ansonsten könnte der für eine nicht rechtsfähige Person bestellte Pfleger auch mit gerichtlicher Genehmigung begrifflich kein wirksames Rechtsgeschäft für den Vertretenen vornehmen. Kann man aber nicht auf die Rechtsfähigkeit von unbekannten Nacherben abstellen, so erübrigen sich Überlegungen im Hinblick auf deren (angebliche) Mittellosigkeit von selbst. Außerdem ist diese Argumentation ein Widerspruch in sich. Denn wie soll eine nicht rechtsfähige und damit im Rechtssinne überhaupt nicht existente Person denn überhaupt mittellos (oder vermögend) sein?

    Aus diesem Grund ist der Pfleger nicht unter Mittellosengrundsätzen aus der Staatskasse zu vergüten (so aber OLG Köln a.a.O.), sondern für die Vergütung haftet -ebenso wie für die Testamentsvollstreckervergütung- der Nachlass (und damit der Vorerbe), und zwar nach den Grundsätzen über die Vergütung von Pflegern vermögender Betroffener (Soergel/Zimmermann § 1915 RdNr.6 a.E.; Erman/Holzhauer § 1913 RdNr.15). Die Parallele zur Testamentsvollstreckung drängt sich geradezu auf. Dort hat der Erblasser einen TV ernannt, was zur Haftung des Nachlasses für dessen Vergütung führt. Bei der Fallgestaltung des § 1913 BGB hat der Erblasser unbekannte Nacherben benannt, was im Interesse der Verwaltungsfähigkeit des Nachlasses die Anordnung einer Pflegschaft erforderlich macht. Wieso sollte also der Nachlass in dem einen Fall haften und im anderen nicht, obwohl beide Vergütungsansprüche unmittelbar oder mittelbar auf letztwilligen Anordnungen des Erblassers beruhen?

    Ich bin in der Praxis immer in der beschriebenen Weise verfahren. Die Vorerben haben sowohl die Gerichtskosten als auch die Vergütung des Pflegers immer "brav" bezahlt.

  • Es wird in § 1913 BGB nicht die Fiktion der Rechtsfähigkeit errichtet, genauso wenig wie in § 1923 II BGB, bei dem wir immerhin einen Schritt weiter sind.
    Es wird nur dafür gesorgt, dass die Interessen der noch nicht gezeugten (oder durch ein zukünftiges Ereignis bestimmten) Nacherben gewahrt bleiben.
    Wäre die Rechtsfähigkeit fingiert, hätte der Gesetzgeber den gleichen Lösungsansatz gewählt wie in § 1923 II BGB.

    "Derjenige, dessen Interessen wahrgenommen werden" (§ 2 Ziffer 2 KostO) ist nicht der Vorerbe, sondern der Nacherbe. Der Pfleger des potentiell (potenziell) vorhandenen Nacherben soll ja gerade gegenüber dem Vorerben eine Interessenvertretung vornehmen, ggfs. ein klares "njet" erklingen lassen. Er ist nicht Erfüllungsbüttel des Vorerben. Also nimmt er nicht dessen Interessen war. Damit ist der Punkt "Gerichtskosten" erst mal abgedeckt.
    Bei der Pflegervergütung bleibe ich trotz der zitierten Fundstellen bei meiner Meinung, dass die Staatskasse diese zu zahlen hat.
    Juris2112 setzt das abstrakte Institut "Nachlass" mit der Person "Vorerbe" gleich.
    Es gibt aber keine Vergütungsfestsetzung gegen den "Nachlass". Eine Vergütungsfestsetzung richtet sich immer gegen eine Person, nie gegen ein Vermögen.
    Eine Festsetzung gegen den Vorerben scheidet aus, weil dieser nirgendwo in den einschlägigen Vorschriften als Schuldner der Vergütung benannt ist. Es fehlt damit die materiellrechtliche Zuweisung der Schuldnerschaft.

    Ein Vergleich mit der Testamentsvollstreckung bietet sich für mich in keiner Weise an.
    § 2121 BGB gibt dem TV den Anspruch auf Vergütung, für den die Erben haften (§ 1967 BGB - Erbfallschuld -). Eine entsprechende Vorschrift fehlt wie gesagt im Pflegervergütungsrecht, das nur den Pflegling oder die Staatskasse als Schuldner (bzw. als Zahlungsstellvertreter) der Vergütung kennt. Weil dies so ist, kann auch die Fundstelle Palandt Anm. 8 zu § 1967 BGB nicht zum von juris2112 propagierten Ergebnis führen.
    Dass die Vorerben immer "brav" gezahlt haben, zeugt von ihrem Vertrauen in die Richtigkeit ihrer Inanspruchnahme, kann aber nicht ausschlaggebend sein.

  • Tja , im Augenblick bin ich ( da zwei Meinungen vertreten werden ) etwas ratlos.

    Es schadet zumindest nicht , mal den Bezirksrevisor anzuhören und ihn mit der Problematik vetraut zu machen.
    Nach Aktenlage richtet sich der Festsetzungsantrag des Pflegers derzeit auch gegen die Staatskasse , sodass er ( der Bez.rev. ) zu beteiligen ist.

  • Ich halte es -vom Ergebnis her betrachtet- für völlig inakzeptabel, dass im vorliegenden Fall die Staatskasse für die Vergütung des Pflegers gerade stehen soll. Meines Erachtens ist es zwar zutreffend, dass im vorliegenden Fall in erster Linie das Interesse der Nacherben wahrgenommen wird. Die Mitwirkung der Nacherben ist aber auch im eigenen Interesse des Vorerben erforderlich, um dessen avisiertes Rechtsgeschäft in Wirksamkeit erwachsen zu lassen.

    Aus diesem Umstand ziehe ich die entsprechenden kostenrechtlichen Konsequenzen.

  • Ich halte es hier mit juris und würde einen Antrag gegen die Staatskasse zurückweisen. Falls der Beschwerdewert nicht erreicht wird, kannst Du die sofortige Beschwerde ja wegen der besonderen Bedeutung der Sache ja zulassen.

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