Testament ohne Erbeinsetzung

  • Hallo zusammen.

    Ich bräuchte mal eure Hilfe bzgl. eines handschriftlichen Testaments.

    Die 1916 geborene verwitwete und kinderlose Erblasserin ist 2009 verstorben. In mehreren handschriftlichen Testamenten hat sie den Kindern des vorverstorbenen Ehemannes aus seiner ersten Ehe Geldvermächtnisse zugewandt ohne einen Erben zu benennen. Die ausgesprochenen Vermächtnisse übersteigen das vorhandene Guthaben. Der Richter hat das Verfahren zurück übertragen, da gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.

    Die Erblasserin ist wie schon gesagt kinderlos verstorben. Ihre einzige Schwester ist kinderlos vorverstorben. Wie kriege ich jetzt einen Erben ran, demgegenüber die Vermächtnisnehmer ihre Ansprüche geltend machen können ? Oder evtl. Nachlasspflegschaft oder Fiskuserbrecht ?

    Ich weiß momentan echt nicht weiter. Danke schonmal für eure Hilfe.

  • In mehreren handschriftlichen Testamenten hat sie den Kindern des vorverstorbenen Ehemannes aus seiner ersten Ehe Geldvermächtnisse zugewandt ohne einen Erben zu benennen. Die ausgesprochenen Vermächtnisse übersteigen das vorhandene Guthaben. Der Richter hat das Verfahren zurück übertragen, da gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.



    Ich würde an der Stelle eher zu einer Auslegung nach § 2087 I Satz 1 BGB dahingehend tendieren, dass die einzelnen Vermächtnisnehmer im Verhältnis der ausgesprochenen Vermächtnisse Erben geworden sind. Insbesondere weil die Erblasserin offenbar mit der gesamten Vermögensverteilung auch ihren gesamten Nachlass regeln wollte.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • So sehe ich es auch.




    :daumenrau :einermein

    ..der Herr Richter aber offenbar nicht. Stellt sich dann doch die Frage, was Frau Rechtspflegerin dann macht? Nochmals vorlegen?

    Wie verfährt man denn, wenn der Richter an den Rpfl abgibt und von gesetzl. Erbfolge ausgeht, man aber als Rpfl. anderer Meinung ist?

    Ich bin im RpflG nicht mehr so drin, bitte daher um Nachsicht für meine evtl. etwas peinliche Frage...

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  • Vielleicht sollte ich die Akte wirklich nochmal dem Richter vorlegen oder die Sache kurz mit ihm besprechen. Vielleicht ändert er seine Ansich.

  • Der Rpfl. ist an die Auffassung des Richters gebunden. Entweder mit dem Kollegen Vorsitzenden das Gespräch suchen oder eine Pflegschaft einleiten. Letzteres dürfte dann wohl eher die Alternative sein, denn aus so einem Testament, wo schon mehr vermacht wurde als da ist, die Erben herauszurechnen, mutet sich nicht unbedingt jeder so ohne weiteres zu. Aber Versuch macht klug!

  • Die Erblasserin hat fünf Erben jeweils unterschiedliche Beträge "vermacht".
    Wie ich da die Anteile rauskriegen sollte, wüsste ich jetzt glaub ich auch noch nicht.

  • Die Erblasserin hat fünf Erben jeweils unterschiedliche Beträge "vermacht".
    Wie ich da die Anteile rauskriegen sollte, wüsste ich jetzt glaub ich auch noch nicht.



    Na jetzt aber... In Mathe nicht aufgepasst? :)

    Beispiel:

    Anteile:
    A) 10.000
    B) 15.000
    C) 20.000
    D) 6.000

    = A-D Gesamtvermächtnis: 51.000

    A hat somit 10.000/51.000 = 10/51 Anteil
    B hat somit 15.000/51.000 = 15/51 Anteil
    C hat somit 20.000/51.000 = 20/51 Anteil
    D hat somit 6.000 / 51.000 = 6 /51 Anteil

    Probe: 10/51+15/51+20/51+6/51 = 51 /51 = 1

    Das geht mit krummen Beträgen natürlich genauso.

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  • Ich dachte irgendwie ich muss das Verhältnis des zugedachten Vermächtnisses zur Gesamtnachlassmasse ermitteln. Dummer Denkfehler.:daemlich

    Also ich werde versuchen diese Lösung meinem Nachlassrichter "schmackhaft" zu machen. Die gesetzliche Erbfolge entspricht ja gerade nicht dem Erblasserwillen.

    Vielen Dank für eure Antworten.

  • Um den Matheunterricht noch ein bißchen fortzusetzen: Du hast keinen Denkfehler das ist schon richtig. Nur nimmst du einfach an das die vermachten Geldbeträge genau 100% des Nachlasses sind. Und dann passt die Rechnung.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Kann ich diese Rechnung eigentlich nur machen, wenn die Summe der zugewandten Vermächtnisse die Nachlassmasse übersteigen oder in etwa gleich sind ?

  • So pauschal ist das nicht zu beantworten.

    Wenn z. B. die Verteilung der "Vermächtnisse" wie folgt wäre, ist es m. E. ausgeschlossen:

    Sohn A 50.000,- €
    Tochter B 7.000,- €
    Tochter C 8.000,- €

    Gesamtnachlass 65.000,- €


    Hier würde ich eher davon ausgehen, dass A Alleinerbe sein sollte nach dem Erblasserwillen und B und C Vermächtnisnehmer.

  • Dennoch scheint der Richter mit seiner Einschätzung falsch zu liegen. Was macht man jetzt aber als Rpfl., wenn man tatsächlich die Entscheidung und Abgabe des Richters für falsch erachtet?

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  • Ganz nüchtern betrachtet: Was tut jemand, der an Fremde mehr verteilt als er hat? Er enterbt seine gesetzlichen Erben. Wie soll da noch gesetzliche Erbfolge eintreten?

  • Ich denke nicht, dass der Erblasser beim Testiervorgang mehr vermacht hatte, als er besaß. Das Problem ist zumeist, dass sich nach dem Testiervorgang das Vermögen (z.B. infoge Heimaufenthalts) drastisch reduziert hat und die Situation sich dann beim Erbfall anders darstellt, als beim Testiervorgang. Wenn der Erblasser dann in Anbetracht der geänderten finanziellen Situation nicht neu testiert hat oder nicht neu testieren konnte, sind wir in der im Eingangsposting genannten unschönen Situation.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

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