Wiederverheiratungsklausel

  • eigentümer im grundbuch sind a und b zu je 1/2. a verstirbt, es existiert ein notarielles testament. hier ein auszug aus dem inhalt: "§ 2 Hiermit setzten wir uns gegenseitig zum alleinigen und ausschließlichen Erben ein. Es wird der überlebende Teil in keiner Weise beschränkt oder beschwert. Er kann über das beiderseitige Vermögen frei verfügen. § 3 Für den Fall des Todes des überlebenden Teils oder für den Fall des gleichzeitigen Versterbens bestimmen wir hiermit zu unserem Schlußerben unseren Sohn x. Sollte er nicht zur Erbfolge gelangen und leibliche Kinder hinterlassen, so erben diese zu gleichen Teilen. Sollte er kinderlos versterben, sollen Ersatzerben sein: c, d, e und f. § 5 Sollte einer von uns beiden sich wiederverheiraten, ist er nur zum Vorerben berufen. Der Nacherbfall tritt mit dem Tag der Wiederverheiratung ein. Nacherben bzw. Nacherben sind die in § 3 Genannten."So, nun meine Fragen: zusammen mit der Grundbuchberichtigung auf b ist ja in abt. II ein nacherbenvermerk einzutragen. ich würde den vermerk wie folgt fassen: ... Nacherbfolge ist für den Fall der Wiederverheiratung angeordnet; der aufschiebend bedingte Vorerbe b ist von den gesetzlichen Beschränkungen befreit; Nacherbe ist x. Ersatznacherben sind die leiblichen Kinder des Nacherben x bzw. - sofern der Nacherbe kinderlos verstirbt - c, d, e und f. ... ist das so möglich? für den Fall, dass eine nachfrage bei b ergibt, dass der sohn x bereits leibliche kinder hat, erübrigt sich doch die eintragung der weiteren ersatznacherben c, d, e und f sogleich und als ersatznacherben werden die bekannten leiblichen kinder sowie evtl. weitere leibliche kinder des nacherben eingetragen. oder?

  • Da nur eine bedingte Nacherbfolge für den Fall der Wiederverheiratung angeordnet wurde, würde ich zunächst der Auslegung zustimmen, wonach der überlebende Ehegatte nach § 2136 BGB von den Beschränkungen der Vorerbschaft befreit sein soll (Palandt/Edenhofer § 2136 RdNr.8 und § 2269 RdNr.18 m.w.N.).

    Die Eintragung der Ersatznacherbfolge ist nie entbehrlich. Für den Nacherbenvermerk gilt insoweit nichts anders als für den Erbschein. Für die Frage, wer einmal Nacherbe wird, kommt es auf den Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls an und nicht darauf, ob der Nacherbe heute Kinder hat. Durch die angeordneten Ersatznacherbfolgen ist die Vererblichkeit des Nacherbenrechts im vorliegenden Fall ausgeschlossen.

    Ich würde den Vermerk wie folgt fassen:

    Am Miteigentumsanteil Abt.I Nr.2 a: Für den Fall der Wiederverheiratung der Vorerbin X ist (bedingte) Nacherbfolge ist angeordnet, die mit der Wiederverheiratung der Vorerbin eintritt. Die Vorerbin ist -soweit gesetzlich zulässig- von den gesetzlichen Beschränkungen der Vorerbschaft befreit. Nacherbe ist Y, ersatzweise dessen leibliche Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge zu gleichen Stammanteilen und -falls keine solchen Abkömmlinge vorhanden sind- C, D, E und F zu gleichen Anteilen.
    Aufgrund Testaments vom ... (URNr. ... des Notars ...) nebst Eröffnungsniederschrift vom (Az. VI ... AG ...) nach § 51 GBO eingetragen am ...

    Die Angabe des Zeitpunkts des Eintritts des Nacherbfalls ist nicht entbehrlich, weil Bedingung und Eintritt des Nacherbfalls nicht unbedingt zusammenfallen müssen. Es wäre auch möglich, zu bestimmen, dass die Nacherbfolge zwar unter der Bedingung der Wiederverheiratung angeordnet wurde, sie aber gleichwohl erst mit dem Ableben der Vorerbin eintreten soll.

    Was im vorliegenden Fall offen bleibt, ist, ob auch die jeweiligen Abkömmlinge von C, D, E und F weitere Ersatznacherben sein sollen. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt schweigt das Testament hierzu (vorsichtshalber noch einmal nachsehen). Dieser Punkt ist aber bedeutsam für die Frage, wer einer unentgeltlichen Verfügung der Vorerbin i.S. des § 2113 Abs.2 BGB zuzustimmen hätte. Würde z.B. C vor Eintritt des Nacherbfalls versterben und die Vorerbin anschließend unentgeltlich verfügen, so müssten nur D, E und F zustimmen, falls Anwachsung eintreten soll, während die neben D, E und F auch noch zusätzlich die Abkömmlinge von C zustimmen müssten, falls auch insoweit Ersatznacherbfolge angeordnet ist.

    Es stellt sich daher die Frage, ob für die Eintragung der Erbfolge nicht ein Erbschein zu verlangen ist.

  • hört sich logisch an... nee, das testament sagt tatsächlich nichts dazu, ob auch die jeweiligen Abkömmlinge von C, D, E und F weitere Ersatznacherben sein... müsste das auch noch in den nacherbenvermerk?

  • Ja, das müsste rein:

    ... C, D, E, F zu gleichen Anteilen und für diese wiederum deren jeweilige Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge ...

    In welcher Weise sind C, D, E und F denn mit dem Erblasser bzw. dessen überlebender Ehefrau verwandt? Geschwister von einem oder von beiden?

    Falls ja, würde ich aus dem Stegreif dazu tendieren, die Geschwister hier als "Erste ihres Stammes" bedacht anzusehen. Aber diese Auslegungsfrage lässt sich im Grundbuchverfahren nicht klären.

    Das das notarielle Testament hierzu schweigt, halte ich für Murks. Hier müsste im Hinblick auf C-F entweder die gewollte Ersatznacherbfolge geregelt oder festgehalten sein, dass weitere Ersatznacherben insoweit nicht bestimmt werden sollen (wodurch Anwachsung einträte).

    Also Gewissensfrage: Nur C-F als weitere Ersatznacherben eintragen oder Erbschein verlangen.

  • ob da ein verwandtschaftsverhältnis besteht, ist nicht bekannt. c, d, e und f sind wohl geschwister (gleicher nachname, nahe geburtstermine), aber ein zusammenhang mit a oder b ist nicht ersichtlich. also würde ich zur anwachsung tendieren und keinen erbschein anfordern. schätze mal, die wahrscheinlichkeit des eintritts der vor- und nacherbfolge ist nicht so hoch; b ist 1938 geboren und heiratet wohl nicht nochmal (obwohl das ja tatsächlich nichts heißen muss ;-))

  • Ich sage ja: Gewissensfrage.

    Also C-F zu gleichen Anteilen ohne weitere Ersatznacherbfolge.

    Ich würde es wahrscheinlich genauso machen.

  • Ich muss mal die Wiederverheiratungsklausel rauskramen.

    Notarielles Testament, Eheleute A und B setzen sich zu Vollerben ein, A verstirbt. Es gibt 2 Kinder C und D.

    "Wenn der Überlebende eine zweite Ehe eingeht, so soll er von diesem Zeitpunkt ab nicht mehr uneingeschränkter Alleinerbe, sondern im Interesse der Erhaltung unseres Nachlasses für unsere Kinder befreiter Vorerbe sein. Nacherben sind C und D."

    Ist in diesem Fall überhaupt ein Nacherbenvermerk einzutragen? Ich bilde mir ein, dass das nicht geht, sondern man solle das in der Akte kenntlich machen. Falls ich mich doch - aufgrund er kühlen 33 Grad draußen - irre, wie soll der NE-Vermerk aussehen. Selbst der Eintritt des Nacherbfolge ist nicht geregelt aber man kommt über die Auslegung zum Versterben der Vorerbin.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Bestelmeyer Rpfleger 2014, 641, 645:

    Anlass zur Kritik gibt eine Entscheidung des OLG Celle, nach welcher es in der Regelungskompetenz des Erblassers liegen soll, den überlebenden Ehegatten für den Fall seiner Wiederverheiratung bis zu diesem Zeitpunkt völlig von den Beschränkungen der Vorerbschaft freizustellen und auf diesem Wege entweder eine verfügungsbeschränkungsfreie bedingte Vorerbschaft zu kreieren oder die Verfügungsbeschränkungen bei unbedingter Nacherbfolge auf den Tod des Vorerben nur für den Zeitraum zwischen der Wiederverheiratung und dem Ableben des Vorerben eingreifen zu lassen.[73] Nach zutreffender Ansicht verstoßen solche Konstruktionen gegen den erbrechtlichen Typenzwang, der es verbietet, die verfügungsbeschränkenden Wirkungen einer (auch nur bedingt) angeordneten Nacherbfolge der Disposition des Erblassers zu unterstellen. Es bleibt somit dabei, dass der Vorerbe bei bedingter Nacherbfolge bereits ab dem Eintritt des Vorerbfalls den Beschränkungen der Vorerbschaft unterliegt und es sich demzufolge erst bei seinem Ableben rückblickend herausstellt, ob seine etwaigen Verfügungen wirksam waren oder nicht.[74]


    [73] OLG Celle FamRZ 2013, 660 (LS) = ZEV 2013, 40 m. abl. Anm. Weidlich. Unzutreffend ist auch die Annahme des Senats, wonach der überlebende Ehegattte sowohl Vorerbe als auch (Mit-)Nacherbe sein kann. Richtig ist vielmehr, dass der Ehegatte in Höhe seiner gesetzlichen Erbquote unbedingter Vollerbe wird und nur für die Restquote bedingte Nacherbfolge angeordnet ist, die im Fall der Wiederverheiratung des Ehegatten bewirkt, dass dieser Miterbe als Vollerbe bleibt und nur die Kinder als Mit-Nacherben hinzutreten, sodass Ehegatte und Kinder im Ergebnis jeweils in Höhe ihrer gesetzlichen Erbquoten zu Miterben berufen sind.
    [74] BGH Rpfleger 1986, 15 = DNotZ 1986, 541 m. Anm. Zawar; OLG Hamm ZEV 2011, 589; Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 2269 Rn. 18; Staudinger/Avenarius, BGB, Bearb. 2013, § 2100 Rn. 33; Weidlich ZEV 2013, 40; a. A. MünchKomm/Musielak, BGB, 5. Aufl., § 2269 Rn. 57 ff.; Meier-Kraut NJW 1992, 143.

  • Danke Cromwell!!!

    Problem wenigstens erkannt, auch wenn ich einen anderen Fall (Vermerk im Aktendeckel - die Hitze :() im Kopf hatte.

    Ich tendiere jedoch dazu die Vorerbin/Vollerbin B vorher anzuhören oder ist hier ein Erbschein nötig?

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Klar ist, dass ein Nacherbenvermerk einzutragen ist und dass er nur den aus meinen Ausführungen folgenden Inhalt haben kann.

    Also bedingte Nacherbfolge für den Fall der Wiederverheiratung, Vorerbin befreit, Eintritt der Nacherbfolge mit dem Tod der Vorerbin, beide Kinder Nacherben, jeweils mit Ersatznacherbfolge i. S. des § 2069 BGB.

    Da das Testament etwas anderes - rechtlich Unmögliches - sagt, schadet es aber sicher nichts, die Vorerbin anzuhören und ihr mitzuteilen, mit welchem Inhalt man die Eintragung des Nacherbenvermerks beabsichtigt. Wenn sie ihn dann so nicht will, sondern mit dem - nicht möglichen - Inhalt lt. Testament, muss ein Erbschein verlangt werden, der das zum Ausdruck bringt, was die Vorerbin inhaltlich möchte. Nur wird die Vorerbin diesen Erbschein nach meinen Ausführungen eben nicht bekommen, es sei denn, das Nachlassgericht würde nach der offenkundig unrichtigen Entscheidung des OLG Celle verfahren wollen. Rechtlich unmöglich bliebe das im Erbschein Verlautbarte aber auch in diesem Fall.

    Ablehnung der Entscheidung des OLG Celle auch bei Palandt/Weidlich § 2269 Rn. 18.

  • Ich sehe das genauso und werde sie anhören. Die Ansicht des OLG Celle halte ich für schlichtweg nicht möglich, das würde auch jeder merken, der sich an der Formulierung dieses Nacherbenvermerkes versucht. :)

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Also bedingte Nacherbfolge für den Fall der Wiederverheiratung, Vorerbin befreit, Eintritt der Nacherbfolge mit dem Tod der Vorerbin, beide Kinder Nacherben, jeweils mit Ersatznacherbfolge i. S. des § 2069 BGB.

    Ich hab hierzu eine Verständnisfrage:

    Können Bedingung (Wiederverheiratung) und Eintritt der Bedingung (Tod der Vorerbin) überhaupt auseinanderfallen? Welche Stellung haben dann die Nacherben in der Zeit zwischen der Wiederverheiratung der Vorerbin und bis zu deren Tod?

  • Verstehe ich nicht. Mit der Wiederverheiratung ist doch der Nacherbfall eingetreten und die Kinder sind Nacherben geworden.

    Sorry, meine Frage war missverständlich und vom Ausgangsfall losgelöst gestellt.

    Ich habe in letzter Zeit häufiger mit Berliner Testamenten nebst Wiederverheiratungsklausel zu tun, in denen u. a. ff. vereinbart wird:

    "Sollte sich der Letztversterbende wieder verheiraten, endet seine Vollerbenstellung und er wird nur befreiter Vorerbe. Der Nacherbfall tritt ein mit dem Tod des Vorerben."...

    Die Regelung war zunächst auch für mich unschlüssig, aber nach der Entscheidung d. OLG Köln, ZEV 2017, 96; den Handreichungen und Musterbeispielen unter beck-online und im HRP - Nachlassrecht wohl zulässig. Mit der Bestimmung, dass der Nacherbfall erst beim Ableben des Vorerben eintritt, soll wohl ein Vorteil für den Vorerben bewirken werden.

    Insofern würde ich den Nacherbenvermerk wie von unter #12 geschildert ins Grundbuch setzen.

    Da meine Vorerbin über achtzig Jahre alt ist, werde ich mir wohl keine Gedanken über die rechtlichen Konsequenzen einer verfügenden wiederverheirateten Vorerbin machen müssen. Ich würde es aber gerne verstehen ;)

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