Insoverwalter haftet nicht für Zwangsverwaltervergütung

  • Was haltet Ihr von LG Neuruppin, Urt. v. 21.10.2008 - 4 S 44/08 ?

    Dort hatte der Insoverwalter einer GmbH 2003 Masseunzulänglichkeit angezeigt,
    2004 dann die Zwangsverwaltung eines Grundstücks aus einer zugunsten der insolventen GmbH eingetragenen Grundschuld betrieben.
    Aus dem Zwangsverwaltungsverfahren kamen keine Einnahmen, denn das Grundstück war vom Eigentümer eigengenutzt. Daraufhin nahm der Insoverwalter den Antrag auf Zwangsverwaltung zurück.
    Der Zwangsverwalter hat vergeblich beim Insoverwalter seine (gerichtlich festgesetzte) Vergütung nach § 20 ZwVwV eingeklagt.

    Das LG Neuruppin meint nämlich, dass der Zwangsverwalter nicht zum nach § 61 InsO geschützten Personenkreis gehöre, da der Anspruch des Zwangsverwalters nicht aus einem Vertrag herrühre. Der Ausfall des Zwangsverwalters gehöre zum allgemeinen Risiko einer Zwangsverwaltung.

    Ironiemodus: Wenn ich das so lese, möchte ich meinen Zwangsverwaltern gern raten, die Inbesitznahme von der Zahlung eines Vorschusses auf die Zwangsverwaltervergütung abhängig zu machen.

  • Kann ein Gläubiger, der die Zwangsverwaltung betreibt, für diese PKH bekommen.

    Ich sehe das Urteil in dem Kontext, dass ein Insolvenzverwalter nicht persönlich für Masseverbindlichkeiten haftet, bei denen er bei Eingehung dieser Verbindlichkeiten davon ausgehen konnte, dass er diese später begleichen kann.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Kann ein Gläubiger, der die Zwangsverwaltung betreibt, für diese PKH bekommen?

    Im Prinzip ja, nur wäre er dennoch dem Zwangsverwalter gegenüber vorschusspflichtig und nicht von der Zahlung der Zwangsverwaltervergütung befreit, da es sich insoweit nicht um Gerichtskosten handelt.
    Und auch ein von der Kostentragungspflicht Befreiter (Finanzämter!) müsste zahlen.

  • Mit später begleichen ist das in diesem Fall so eine Sache: Eine eigengenutzte Immobilie wirft nie genug Masse ab, um die Ausgaben und Kosten der Zwangsverwaltung zu decken. Das hätte der Insoverwalter, wenn er sich informiert hätte, erkennen müssen.
    Also ich kann der Entscheidung nicht zustimmen.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Ich sehe das nicht so ganz problematisch.

    Ein Risiko, mit seinem Vergütungsanspruch auszufallen, besteht für den Verwalter tatsächlich immer, nämlich dann, wenn der Gläubiger selbst zahlungsunfähig ist. Der einzige Unterschied zum vorliegenden Fall besteht doch nur darin, daß er hier noch nicht einmal einen Titel erlangen konnte.

    Umfaßt die Vergütung im vorliegenden Fall mehr als nur die Inbesitznahme, muß sich der Verwalter fragen lassen, weshalb er keinen Vorschuß angefordert hat.

  • daß er hier noch nicht einmal einen Titel erlangen konnte



    Grundsätzlich sind Forderungen gegen Insolvenzverwalter ohne Weiteres titulierbar, eine Ausnahme besteht bei angezeigter Masseunzulänglichkeit. Dann aber auch nur, wenn der Insolvenzverwalter die Forderung dem Grund und/oder der Höhe nach bestreitet.

    Ich kann Annett nun wiederum nicht zustimmen. Auch eigengenutzte Immobilien werfen gelegentlich einen Happen ab.

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  • daß er hier noch nicht einmal einen Titel erlangen konnte



    Grundsätzlich sind Forderungen gegen Insolvenzverwalter ohne Weiteres titulierbar, ...



    Man beachte unter besonderer Berücksichtigung des Sachverhalts das "hier" in meiner vorigen Äußerung.:)



    Wollte doch nur :klugscheien und ein bisschen Wissensfortbildung betreiben.

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  • Ein Risiko, mit seinem Vergütungsanspruch auszufallen, besteht für den Verwalter tatsächlich immer, nämlich dann, wenn der Gläubiger selbst zahlungsunfähig ist. ... Ja, nur hier wusste der Gläubiger=Insoverwalter schon vor dem Antrag auf Zwangsverwaltung, dass er nicht zahlungsfähig ist. Masseunzulänglichkeit war schon ein Jahr vor Antragstellung angezeigt worden.
    Umfaßt die Vergütung im vorliegenden Fall mehr als nur die Inbesitznahme, muß sich der (Zwangs-)Verwalter fragen lassen, weshalb er keinen Vorschuß angefordert hat. Ja aber er hat doch einen Vorschuss angefordert, den der Insoverwalter aber nicht gezahlt hat, mit der Folge der Verfahrensaufhebung.


    Die für mich entscheidende Frage ist, zu wessen Lasten es geht, wenn das Zwangsverwaltungsverfahren nicht einmal soviel abwirft, um die Ausgaben der Verwaltung und die Verfahrenskosten zu decken.
    Ist dies der Zwangsverwalter - schicksalhaft, wie das LG meint,
    oder ist dies der Insolvenzverwalter, der sich nicht darum gekümmert hat, um was für ein Objekt es sich beim Pfandobjekt der zugunsten des Insolvenzschuldners eingetragenen Grundschuld handelte?

  • Ich denke nicht, daß man von einem Gläubiger im Vorfeld verlangen kann, detaillierte Erhebungen über die möglichen Erfolgsaussichten einer vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahme durchzuführen.
    Wie sollten diese denn auch praktisch aussehen?

    Insofern besteht für den Verwalter wie gesagt tatsächlich ein Risiko, mit der Vergütung für die Inbesitznahme auszufallen.

    Der Einwand bzgl. des Vorschusses erschließt sich mir nicht ganz:
    Im Idealfall hätte der Verwalter im Inbesitznahmebericht mitteilen müssen, daß wegen der Eigennutzung
    keine Einnahmen zu erzielen sind und für den Fall der Verfahrensfortführung schon im Hinblick auf seine weitere Vergütung Vorschuß anfordern können. Wird dieser Vorschuß nicht gezahlt und kommt es deshalb
    zur Aufhebung, kann der Verwalter doch nicht mehr als die durchgeführte Inbesitznahme abrechnen, von Schlußbericht ohne Rechnungslegung und Herausgabe abgesehen.


  • Der Einwand bzgl. des Vorschusses erschließt sich mir nicht ganz:
    ....


    Vielleicht reden wir da nur aneinander vorbei. Der Zwangsverwalter hat sich wie von Dir vorgeschlagen verhalten. Mir tut es um seine 785,40 EUR Vergütung einschl. Auslagen und Umsatzsteuer leid.

    Hätte der Insoverwalter einen Vertrag geschlossen, müsste er gemäß § 61 InsO für die Kosten trotz Masseunzulänglichkeit aufkommen. Da hier der Weg indirekt, über das Gericht, zu beschreiten war, konnte der Insoverwalter ohne Risiko für die Masse vorgehen? Das nenne ich unbillig. Als Rechtshandlung hätte man hier der Antrag auf Zwangsverwaltung ansehen können und aus meiner Sicht auch müssen.

  • Der einzige Unterschied zum vorliegenden Fall besteht doch nur darin, daß er hier noch nicht einmal einen Titel erlangen konnte.



    Hier könnte ein Mißverständnis vorliegen: Der Zwangsverwalter hat offenbar (nur?) versucht, den Insolvenzverwalter persönlich in Haftung zu nehmen. Diesen Anspruch hat das LG abgelehnt. Gegen die Insolvenzmasse hätte der Zwangsverwalter m.E. ohne weiteres einen Titel erlangen können; eine Titulierung dürfte nur wegen Unstreitigkeit des diesbezüglichen Anspruchs überflüssig gewesen sein.

  • @ chick: Der zuitierte Satz ist natürlich so gemeint, daß er hier gegen den Insolvenzverwalter keinen Titel erlangen konnte.
    Eine letztlich erfolgreiche Geltendmachung gegen die Masse erscheint im vorliegenden Fall jedoch ausgeschlossen.

    ...Mir tut es um seine 785,40 EUR Vergütung einschl. Auslagen und Umsatzsteuer leid.

    Hätte der Insoverwalter einen Vertrag geschlossen, müsste er gemäß § 61 InsO für die Kosten trotz Masseunzulänglichkeit aufkommen. Da hier der Weg indirekt, über das Gericht, zu beschreiten war, konnte der Insoverwalter ohne Risiko für die Masse vorgehen? Das nenne ich unbillig. Als Rechtshandlung hätte man hier der Antrag auf Zwangsverwaltung ansehen können und aus meiner Sicht auch müssen.



    Das ist durchaus verständlich und nachvollziehbar.

    Dennoch ist der Anspruch des Zwangsverwalters auf die Inbesitznahmevergütung wirtschaftlich gesehen immer ausfallgefährdet, m.E. ohne daß dieser Gefahr begegnet werden könnte.

  • Hätte der Insoverwalter einen Vertrag geschlossen, müsste er gemäß § 61 InsO für die Kosten trotz Masseunzulänglichkeit aufkommen.

    Auch das ist nicht zwingend, denn es ist in diesen Fällen zwischen Alt- und Neumasseunzulänglichkeit zu unterscheiden. Der Verwalter haftet nur dann, wenn er nicht belegen kann, dass er bei Abschluss des Vertrags davon ausgehen konnte, dass er den Vertrag erfüllen kann.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich hatte es gefürchtet: der BGH hat die Entscheidung gehalten.
    BGH, IX ZR 220/08 vom 10.12.2009.

    Demnach ergeben sich für den Zwangsverwalter gegen den Insoverwalter Ansprüche auf Vergütung weder aus § 61 noch aus § 60 Inso.

    Ich zitiere mal ein paar Auszüge:
    Die Insolvenzordnung begründet jedoch keine Verpflichtung des Insolvenzverwalters, bei Beantragung einer Zwangsverwaltung die Interessen des Zwangsverwalters an der Deckung seines Vergütungs- und Auslagenersatzanspruchs zu berücksichtigen... der Verwalter [betreibt] auch bei einem Antrag auf Zwangsverwaltung nur ein Verfahren, das jedermann zugänglich sein muss. Das durch die Möglichkeit der Vorschussentnahme begrenzte Ausfallrisiko des Zwangsverwalters kann deshalb eine Haftung des Insolvenzverwalters aufgrund der Inanspruchnahme eines derartigen Verfahrens im Fall der Masseunzulänglichkeit nicht rechtfertigen.

    Heißt das, der Zwangsverwalter sollte einen Vorschuss in Höhe seiner Mindestgebühr nach § 20 ZwVwV anfordern, bevor er auch nur das Grundstück in Besitz nimmt?

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (3. Februar 2010 um 09:15)

  • Besser wäre das wohl.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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  • Zitat

    Heißt das, der Zwangsverwalter sollte einen Vorschuss in Höhe seiner Mindestgebühr nach § 20 ZwVwV anfordern, bevor er auch nur das Grundstück in Besitz nimmt?



    Wenn ich mich gedanklich in so einen Gläubiger hineinversetze, dann wäre ich gleich angepisst, wenn der Zwangsverwalter erstmal mit ´nem Vergütungsvorschussantrag kommen würde, bevor er überhaupt was macht. Schon aus psychologischen Gründen würde ich so etwas deshalb nicht machen.

    Außerdem fällt der eigentliche Arbeitsaufwand (zumindest bei uns) immer erst nach der Inbesitznahme an, also wenn man weiß, ob das Objekt was abschmeißt oder eher nicht.

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