vorl. Verwalter und Masseverbindlichkeiten

  • Hallo,

    bei uns ist mal wieder das Thema des "schwachen" vorläufigen Verwalters und der Masseverbindlichkeiten bzw. der Nicht-Masseverbindlichkeiten aufgetaucht.

    Mich würde mal interessieren, wie das bei anderen Insolvenzverwalter läuft bzw. auch, wie ander InsoGerichte das halten.
    Um den Fall mal zu vereinfach und stark zu verschlanken:

    "schwacher" vorläufiger Verwalter, Betrieb wird fortgeführt, vorläufiger Verwalter wird endgültiger Verwalter und zahlt nach Eröffnung die im Eröffnungsverfahren entstandenen Energiekosten.

    Werden in solchen Fällen bei Euch Einzelermächtigungen beantragt/erteilt ? Wie sehen diese aus,denn da können ja schon eine ganze Menge an Einzelermächtigungen zusammenkommen ?

    Wie wird damit umgegangen, wenn der Verwalter praktisch eine Zahlungszusage erteilt und diese auch erfüllt hat ? Mir ist klar, dass praktisch vielleicht kein Weg an so einer Vorgehensweise vorbeigeht, aber formal werden ja normale Insolvenzforderungen vollständig bedient. Hier stellt sich ja dann auch die Frage, habe ich im rahmen der Schlussrechnungsprüfung etwas zu unternehmen?

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Werden in solchen Fällen bei Euch Einzelermächtigungen beantragt/erteilt ? Wie sehen diese aus,denn da können ja schon eine ganze Menge an Einzelermächtigungen zusammenkommen ?



    Ja, die Ermächtigung werden je nach Bedarf mehr oder weniger grob gefasst:

    Eine Einzelermächtigung, die dogmatisch nicht unumstritten aber üblich ist, könnte in etwa lauten: Der vorläufige Insolvenzverwalter wird ermächtigt, gegenüber Lieferanten Masseverbindlichkeiten in einer Gesamthöhe von EUR .... zu begründen.

    Wie wird damit umgegangen, wenn der Verwalter praktisch eine Zahlungszusage erteilt und diese auch erfüllt hat ? Mir ist klar, dass praktisch vielleicht kein Weg an so einer Vorgehensweise vorbeigeht, aber formal werden ja normale Insolvenzforderungen vollständig bedient. Hier stellt sich ja dann auch die Frage, habe ich im rahmen der Schlussrechnungsprüfung etwas zu unternehmen?



    Wann wird die Zahlungszusage erfüllt?

    Bei Zahlungen vor Eröffnung sollte es im Ermessen des vorläufigen Verwalters liegen, welchen Verfügungen des Schuldners er zustimmt. In diesem Fall stellt sich maximal die Frage einer späteren Anfechtung.

    Die Zahlung nach Eröffnung läßt sich auch nicht immer verhindern. Sauber wäre diese wohl über ein Treuhandmodell zu lösen. Besteht dieses nicht, dann wäre der einzige Verstoß des Verwalters, ein solches nicht eingerichtet zu haben. Das Zahlungen erfolgen, bleibt sich gleich.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Meines Erachtens gibt es verschiedene rechtliche bzw. praktische Lösungsansätze:

    1. Die dogmatisch sauberste Lösung ist die Einzelermächtigung. Damit kann der nach Insolvenzeröffnung auf Verbindlichkeiten aus dem vorläufigen Verfahren zahlende Verwalter auch seine Haftung ausschließen. Das Modell hat nur leider zwei Hufe: Zum einen müssen sowohl Verwalter als auch Gericht in größeren Verfahren jeweils eine zusätzliche Kraft einstellen, die die erforderlichen Einzelermächtigungen bearbeitet. Zum anderen ist diese Beschäftigungstherapie zur künftigen Versorgung mit Verfahren von diesem Gericht ungefähr so erfolgsgeneigt wie DAB gegen den Insolvenzrichter.

    2. Die dogmatisch schon etwas fleckige aber immer noch vertretbare Lösung ist das Treuhandkontenmodell.

    3. Die zumindest in Kleinverfahren wohl überwiegend praktizierte Lösung ist allerdings das "Rocky-Modell": Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss! (Gilt natürlich auch für Frauen, dann würde das Zitat aber nicht stimmen.) Diese Modell führt natürlich bei Insolvenzfanatikern, die unter Arbeitsmangel leiden und statt einer erotischen Illustrierten die InsO mit ins stille Kämmerlein nehmen, zum Ausbleiben des Höhepunkts. Meine ganz persönliche (völlig undogmatische ichbitteumverzeihung) Ansicht hierzu ist allerdings: Jeder der mitdenkt, weiß, dass es sein muss, und jeder hat einen angeblich rechtlich tragbaren Lösungsvorschlag. Wenn ich nun ein allseits als notwendig erachtetes und rechtstreu herstellbares Ergebnis auf eine Weise herstelle, die Zeit, Arbeit und Nerven spart, dann fehlt mir das Bewusstsein für einen "Schaden". Ich halte es daher lieber mit dem österreichischen Insolvenzpabst Jelinek: "Ein Insolvenzverwalter, der im Interesse der Sache nicht auch mal gesetzwidrig handelt, hat seinen Job verfehlt." Geht natürlich gar nicht in Verfahren, in denen ein Schlussrechnungsprüfer oder ein insolvenzfanatischer Rechtspfleger beteiligt zu sein drohen; dann spart man sich tatsächlich eher mit Modell 1 oder 2 Zeit, Arbeit und Nerven.

    4. Ein weiteres Modell, das meines Wissens zwar bislang nirgends praktiziert wird, aber m.E. nicht weniger absurd und damit praktikabel ist als die Modelle 1 und 2 wäre noch das Massekredit-Modell: Der vorläufige Verwalter holt sich nur eine einzige Einzelermächtigung, nämlich zur Aufnahme eines Massekredits. Der Kreditgeber wird dann angewiesen, nach Insolvenzeröffnung die Überhänge zu bezahlen und anschließend wird der Kredit aus der Masse zurückgeführt. Nachteil: Massekredit kostet Geld (Zinsen und Gebühren), wenn ich alles ganz sauber, rechtstreu und unverdächtig machen möchte. Warum das allerdings beim Treuhandkontenmodell anders sein soll, hat sich mir bislang noch nicht erschlossen.

  • Ich halte es daher lieber mit dem österreichischen Insolvenzpabst Jelinek: "Ein Insolvenzverwalter, der im Interesse der Sache nicht auch mal gesetzwidrig handelt, hat seinen Job verfehlt



    Oder wie sagte mein erster Lehrer in der Insolvenzverwaltung:

    Als Insolvenzverwalter muss man Entscheidungen treffen und bei manchen Entscheidungen muss man danach eben in der Kirche eine Kerze anzünden und hoffen, dass die Entscheidung die Richtige war.

    Im Übrigen lassen sich die Kosten für ein Treuhandmodell auf die Kontoführungsgebühren reduzieren, wenn man Vermögen des Schuldners an einen Treuhänder überträgt.

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  • Bei uns sehen wir drüber weg oder es läuft wie von Gegs beschrieben. Was vor IE gezahlt werden kann wird gezahlt, was wahrscheinlich vorher nicht gezahlt werden kann über Einzelermächtigungen. So aufwendig finde ich das nicht, denn so einzeln sind die Einzelermächtigungen auch wieder nicht, sondern so wie von gegs beschrieben.

  • Danke Leute, Ihr habt mir ungemein weitergeholfen:)

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  • Ich muss mich mit o.a. Problem befassen.

    Gibt es dazu irgendwelche neueren Erkenntnisse? Ganter, NZI 2012, 433 ist bekannt (Leistungen an nicht dinglich gesicherte Lieferanten müssen zurückgefordert werden, und wenn dort nichts mehr zu holen ist, haftet der Verwalter :eek: :gruebel: ).

    Was ich noch nicht so ganz verstehe: Worin genau liegt bei sowas eigentlich der angebliche Schaden? Sobald ich feststelle, dass das Ergebnis kein anderes wäre, wenn mit Einzelermächtigungen hantiert worden wäre, kommt doch rechnerisch alles auf dasselbe heraus. :confused:

  • Ich muss mich mit o.a. Problem befassen.

    Gibt es dazu irgendwelche neueren Erkenntnisse? Ganter, NZI 2012, 433 ist bekannt (Leistungen an nicht dinglich gesicherte Lieferanten müssen zurückgefordert werden, und wenn dort nichts mehr zu holen ist, haftet der Verwalter :eek: :gruebel: ).

    Was ich noch nicht so ganz verstehe: Worin genau liegt bei sowas eigentlich der angebliche Schaden? Sobald ich feststelle, dass das Ergebnis kein anderes wäre, wenn mit Einzelermächtigungen hantiert worden wäre, kommt doch rechnerisch alles auf dasselbe heraus. :confused:

    Diese durch den schwachen Insolvenzverwalter eingegangenen Verbindlichkeiten sind nach herrschender Rechtsprechung und Literatur keine Masseverbindlichkeiten, vgl. auch mit § 55 Abs.2 InsO. Diese Ausgaben beziehen sich auf den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und hätten nach Insolvenzeröffnung nicht gezahlt werden dürfen.

    Ich ziehe diese Verbindlichkeiten daher von der Teilungsmasse ab.

  • Ich ziehe diese Verbindlichkeiten daher von der Teilungsmasse ab.

    Dann werde ich in Zukunft mit dem Tag meiner Bestellung jeglichen Geschäftsbetrieb "abwürgen". Da bin ich bockig *Fußstampf*

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  • jupp! bei uns mittlerweile bei nahezu allen Gerichten! werden von der Teilungsmasse abgezogen! diskutieren kann man über die dinglich gesicherten Gläubiger und die dauerschuldverhältnisse wie versicherungen, telekom, strom, gas! ansonsten geht ohne einzelermächtigungen, oder besser gesagt "globale einzelermächtigungen" nix mehr.
    habe aktuell einen schlussrechnungsprüfer der sich mit dem abziehen von der teilungsmasse nicht begnügt....vielmehr:
    1.) abziehen von der teilungsmasse und dann
    2.) den auf die "tabellenforderungen" gezahlten Betrag von der Vergütung abziehen da zu unrecht gezahlt und ergo: haftung:eek::eek::eek::eek:

  • 2.) den auf die "tabellenforderungen" gezahlten Betrag von der Vergütung abziehen da zu unrecht gezahlt und ergo: haftung

    Warum sind das keine Tabellenforderungen :gruebel:. Dies ist doch, geht man davon aus, dass es sich um Insolvenzforderungen handelt, nur logisch.

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  • Sorry, vielleicht nicht richtig ausgedrückt! Die Kosten der Betriebsfortführung aus der vorl.Verwaltung die nach IE gezahlt worden sind. Einzelermächtigung lag im Jahr 2006 nicht vor. Diese Kosten sind nach Insolvenzeröffnung gezahlt worden. Begründung bisher: Das sind eigentlich Tabellenforderungen die bevorrechtigt zu 100% aus der Masse bezahlt worden sind. Daher zurückzufordern (was zeitlich nicht mehr geht) oder eben von der festgesetzten Vergütung absetzen! Das ist derzeit der Diskussionsstand bevor der Bericht zum Rpfl. geht!

  • Sorry, vielleicht nicht richtig ausgedrückt! Die Kosten der Betriebsfortführung aus der vorl.Verwaltung die nach IE gezahlt worden sind. Einzelermächtigung lag im Jahr 2006 nicht vor. Diese Kosten sind nach Insolvenzeröffnung gezahlt worden. Begründung bisher: Das sind eigentlich Tabellenforderungen die bevorrechtigt zu 100% aus der Masse bezahlt worden sind. Daher zurückzufordern (was zeitlich nicht mehr geht) oder eben von der festgesetzten Vergütung absetzen! Das ist derzeit der Diskussionsstand bevor der Bericht zum Rpfl. geht!

    Die Argumentation ist nachvollziehbar. Würde aber trotzdem nicht soweit gehen. Von Teilungsmasse abziehen, da keine Masseverbindlichkeit, und fertig.


  • Die Argumentation ist nachvollziehbar.

    grundsätzlich ja, aber das ist bisher ein ganz neuer Ansatz für mich...hatte ich bisher in noch keiner SR-Prüfung wo es um die "vergessenen" Einzelermächtigungen ging! Die erste Zwischenrechnung im Jahr 2007 wurde noch ohne Beanstandungen durchgewunken.

  • sorry, leuz, aber ich kann grad intellektuell nicht folgen !
    Worum geht es jetzt: um den Abzug von berechtigt beglichenen Fortführungsaufwendungen bei der Ermittlung der vergütungsrelevanten Teilungsmasse oder darum, ob aus der Insolvenzmasse zu Unrecht Insolvenzforderungen bedient worden sind ?

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • sorry, leuz, aber ich kann grad intellektuell nicht folgen !
    Worum geht es jetzt: um den Abzug von berechtigt beglichenen Fortführungsaufwendungen bei der Ermittlung der vergütungsrelevanten Teilungsmasse oder darum, ob aus der Insolvenzmasse zu Unrecht Insolvenzforderungen bedient worden sind ?

    Das habe ich auch nicht verstanden.

    Zu erstens meine ich gibt es "eigentlich" keine Rechtsgrundlage (gut, zum Bedienen der Forderungen natürlich auch nicht ;)). Für mich eher so'n Robin-Hood-Ding.


    Zu zweitens gibt es sooo viele unterschiedliche praktische Vorgehensweisen, da hauen wir uns eh hier die Köppe ein (zumal hier nahezu keine Richter mitdiskutieren, und die betrifft es ja am meisten)...

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