Beitritt zum Vergleich

  • Ich halte den Vergleich hinsichtlich des Beitritts für nichtig, also offensichtlich und schwerwiegend fehlerhaft.
    Wenn das aber so ist, dann besteht kein Grund, weitere Kosten zu produzieren, statt direkt den Antrag zurückzuweisen.

  • Wenn so eindeutig protokolliert wurde, dass die Erklärung mit Vollmacht abgegeben und der Lebensgefährte auch genau bezeichnet wurde (Name + Anschrift), dann würde ich ohne Bedenken die Klausel erteilen. Ob die Vollmacht tatsächlich vorliegt oder nicht, hast DU nicht zu prüfen.




    Dem schließe ich mich an.

  • Wegen der fehlerhaftigkeit verweise ich auf die zahlreichen Argumente der Vorredner.
    Dass ein Vergleich zu Lasten verfahrensunbeteiligter Dritter selbst Laien ersichtlich faul vorkommen wird, ähnlich wie ein Urteil, unter dem Steht "Meier, Raumpflegerin beim Amtsgericht", finde ich eigentlich auch relativ deutlich.
    Oder kann ich demnächst ErnstP verklagen und wir erklären dann für die Bundeskanzlerin den Beitritt zum Vergleich?

  • Ich sehe das etwas großzügiger. Bis hierhin steht nicht mehr und nicht weniger im Raum, als daß der Dritte aufgrund einer "dubiosen" Vollmachtssituation am Vergleich zwangsbeteiligt wurde. Wenn er das genehmigen sollte, ist aber alles schön, und es kann munter vollstreckt werden.

  • Dem kann ich nicht folgen.

    Weshalb sollte die Beklagte mit entsprechender Vollmacht nicht auch ihren Lebensgefährten per Vergleich zu einer Leistung/Duldung verpflichten können? Ob eine entsprechende Vollmacht vorliegt, habe ich bei Erteilung der Klausel nicht zu prüfen.

    Ggf. muss sich der Lebensgefährte nach § 767 ZPO wehren.

  • Das mag materiell-rechtlich ja sein, im formalisierten Vollstreckungsverfahren stellt man diese Erlegungen aber nicht an. Deswegen muss aus dem Titel heraus wenigstens ersichtlich sein, dass der Beschwerte wenigstens Verfahrensbeteiligter ist.
    Der Klauselbeamte kann genausowenig die Arbeit des Richters ersetzen oder heilen wie der Gerichtsvollzieher.
    Ergibt sich das nicht aus dem Titel, dann ist der m. E. eben kapott und bleibt es auch.

  • Dem kann ich nicht folgen.

    Weshalb sollte die Beklagte mit entsprechender Vollmacht nicht auch ihren Lebensgefährten per Vergleich zu einer Leistung/Duldung verpflichten können? Ob eine entsprechende Vollmacht vorliegt, habe ich bei Erteilung der Klausel nicht zu prüfen.

    Ggf. muss sich der Lebensgefährte nach § 767 ZPO wehren.



    100 % :zustimm:

    Ich hatte die gleiche Konstellation auch bereits in zwei Räumungsprozessen (Vermieter hatte übersehen, dass beide Lebenspartner Vertragspartner waren). Abgesehen davon verstehe ich die Diskussion nicht ganz. Bei einem RA wird im Zivilprozess auch nicht überprüft, ob eine Vertretungsvollmacht vorliegt - geschweige denn, ob er zum Vergleichsabschluss befugt ist. Warum soll denn eine private Vollmacht nicht zu einem rechtswirksamen Abschluss seines Vergleichs führen?

  • Vermieter hatte übersehen, dass beide Lebenspartner Vertragspartner waren

    [Blockierte Grafik: http://www.cosgan.de/images/midi/verschiedene/b075.gif] Jetzt verstehe ich erst, wieso zu einer solchen seltsamen Konstellation kommen kann.

    Ungeachtet dessen leuchtet mir allerdings immer noch nicht so ganz ein, wieso es offenbar kein größeres Problem darstellt, daß der Dritte bei fehlender vorheriger tatsächlicher Einbeziehung in den Rechtsstreit ggf. in die Situation gebracht wird, nach § 767 ZPO klagen zu müssen, während anderenfalls ein einfaches "stimme dem Vergleich nicht zu" reichen würde.

    Bin aber gerne bereits, alles zurückzunehmen und das Gegenteil zu behaupten. :D

  • Wir befinden uns eben im formalisierten Vollstreckungsverfahren.
    Wenn überhaupt wäre wohl § 771 ZPO einschlägig, denn Titelschuldner ist der Lebensabschnittsgefährte erkennbar ja gerade nicht.
    @VIP: Die Vollmachtsvermutung des Anwalt als Organ der Rechtspflege ist gesetzlich geregelt. Das ist ein erheblicher Unterschied zu einer durch die Partei behaupteten Vollmacht. Dass das in der Praxis eher selten Probleme aufwirft, ist nur logisch, weil die Leute ja offenbar bereit zur Räumung sind, sonst hätten sie sich ja nicht verglichen. Die ziehen eben aus, anstatt weiter zu prozessieren.




  • Ich denke, dass es zu dieser merkwürdigen Konstealltion gekommen ist, dass die Beklagte eingesehen hat (im Prozess), dass dieser zu ihren Ungunsten ausgeht (daher der Vergleichsabschluss).

    Natürlich hätte sie es auch darauf ankommen lassen können und den Vergleich lediglich für sich abschließen können. Dann hätte eben der Vermieter in einem gesonderten Prozess noch den Lebensgefährten verklagen müssen, was zusätzliche Kosten produziert hätte.

    Vielleicht wurde daher der Vergleich zum Zwecke der Kostenersparnis abgeschlossen, weil der Beklagten klargemacht wurde, dass der Prozess gegen ihren Lebensgefährten auch nicht anders ausgehen würde (und dann aber noch weitere Kostenforderungen auf die Familie zukommen).

    Von daher verstehe ich nicht, weshalb im Rahmen der Klauselerteilung der mutmaßliche Parteiwille derart untergraben werden soll.

  • Warum es letztlich zu dieser Konstellation gekommen ist, kann uns egal sein...
    Fakt ist, dass dieser Vergleich rechtswirksam geschlossen wurde und es einen vollstreckbaren Inhalt gibt. Klausel drauf und fertig!

    Von daher verstehe ich nicht, weshalb im Rahmen der Klauselerteilung der mutmaßliche Parteiwille derart untergraben werden soll.


    :daumenrau

  • Von daher verstehe ich nicht, weshalb im Rahmen der Klauselerteilung der mutmaßliche Parteiwille derart untergraben werden soll.


    Weil der Lebensgefährte keine Partei ist. Darum.
    Natürlich kann man so argumentieren und vermutlich wird das juristisch auch keiner hinterfragen (wollen). Nur ist das eben keine überzeugende juristische Begründung, denn durchgreifende rechtliche Gründe gegen die Teilnichtigkeit des Vergleichs lese ich bislang keine.
    Ein rechtliches Risiko bleibt aber wenn man menschelt, denn sachdienlich ist es aber nur dann, wenn wirklich eine Vollmacht vorlag.

  • Ein rechtliches Risiko bleibt aber wenn man menschelt, denn sachdienlich ist es aber nur dann, wenn wirklich eine Vollmacht vorlag.




    Und eben das ist bei Klauselerteilung nicht zur prüfen.


    Oder würdest du z. B. bei einem VU im Rahmen der Klauselerteilung (ZUständigkeit unterstellt) auch kontrollieren, ob der Beklagte tatsächlich zum Termin ordnungsgemäß geladen ist und ob das VU wirksam an ihn zugestellt wurde?

  • Nein, denn der Beklagte ist Partei und das sehe ich aus dem Rubrum und dem sonstigen Vergleichsprotokoll. Aber wenn jemand, der im Rubrum nicht auftaucht, also keine Partei ist, durch eine einfache Erklärung verpflichtet werden soll, dann ist das im formalisierten Vollstreckungsverfahren eben etwas, wo man bei der Prüfung hängen bleibt.
    Stattdessen zu überlegen, aha, der ist Lebensgefährte, das ist vielleicht so ähnlich wie ein Ehegatte, der wohnt da ja auch, ne WG wie im Tatort wird es schon nciht sein, hat sich vermutlich auch nicht von seiner Madame getrennt, will dort also auch selbst ausziehen, weiß vom Prozess vermutlich auch, außerdem spart es allen viel Ärger, naja, all das ist eben nicht zu prüfen.

  • Ich habe mich in diesem Thread schon einmal zu Wort gemeldet. Der von mir oben als Beispiel genannte Fall, würde sich, wenn die Skeptiker recht hätten, dann aber auch nicht für die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung geeignet haben. Denn hier habe ich, wenngleich als Anwalt, ja auch den Dritten vertreten, indem ich dies ohne jeden Nachweis und ohne Anwesenheit des Dritten im Termin zu Protokoll behauptete.

    In dem jetztigen Fall muss man daher nur prozessual prüfen: Ist die Vertretung durch Nicht-Anwälte (hier: eine Partei) prozessual zulässig? Ja, wenn kein Anwaltszwang und keine Vertretung wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Also: Vollstreckbare erteilen.

    Jetzt nicht mehr zu prüfen ist hingegen, ob der Dritte materiellrechtlich wirksam vertreten war, etwa, weil es sich um eine Vertretung ohne Vertretungsmacht handelte. Denn die Vorlage einer Vollmacht hätte der Richter im Erkenntnisverfahren verlangen müssen. Da dies nicht erfolgte, muss nunmehr m. E. wohl oder übel die Klausel erteilt werden. Sollte hier eine Vollstreckung zu Unrecht erfolgen, müsste der Dritte gegen die arglistige Partei vorgehen, die ihn ohne Wissen und Wollen in den Prozess zog. Nur: Eines ist sicher - die im Erkenntnisverfahren unterbliebene Überprüfung könnt Ihr wohl kaum im Klauselerteilungsverafhren nachholen.

  • @ beldel: So einen Vergleich habe ich aber vor zwei Wochen für zwei "Dritte" vor dem hiesigen Landgericht mit "Beitritt" protokollieren lassen. Der Unterschied war nur, dass der Richter das Rubrum selbst berichtigte. Warum sollte es an der Vollstreckbarkeit fehlen? Was tituliert ist ist klar, und durch den Beitritt ist auch klar, gegen wen.



    Genau das, ist nach m.A. der entscheidende Unterschied. Titelgläubiger und Schuldner sind nur die, die im Verfahrensrubrum drin stehen. Vergleiche zu Gunsten Dritter sind für Dritte selbst nicht vollstreckbar, vgl. OLG Ham NJW RR 1996, 1157,
    wenn sie nicht im Rubrum mit aufgenommen sind.

    Genauso ist es auf Schu.seite. Ob und wen der Bekl. noch zusätzlich mit ins Boot holen will, hat den Richter beim Vergleichsabschluss allein nicht zu interessieren. Für ihn ist nur zu prüfen, ob die sich vergleichenden Prozessparteien ggf. wirksam vertreten wurden. Über was und wen sie sich einigen, kann ihm relativ egal sein, so lange es der Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits dient. Von daher entfaltet das Zahlungsanerkenntnis zum Nachteil eines Dritten keinerlei formelle Wirkung, ob mit oder ohne Vollmacht, vgl. OLG Köln, 17.04.1985, 2 W 37/85.
    "1. Tritt ein Dritter in einem Prozeßvergleich auf Seiten des Schuldners bei, wird er dadurch jedenfalls nicht zusätzlicher Titelschuldner, wenn er im Vergleichsrubrum nur mit dem Zusatz aufgeführt wird "dem Vergleich auf seiten der Beklagten beigetreten".

    Erst wenn die Aufnahme ins Verfahren, was durch die Aufnahme ins Verfahrensrubrum ersichtlich ist, erfolgt und dort! vom Richter zur Vollmacht zu prüfen wäre, kann eine Vollstreckung auch gegen den Dritten erfolgen.

    Und das kann auch einfach im Klausel -bzw. Vollstreckungsverfahren geprüft werden.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Mein Problem hat übrigens eine ebenso einfache wie angenehme Lösung gefunden (für mich zumindest :D). Der Richter hatte auf der Rückseite des Antrages bereits verfügt "Erteilen nach Antrag". Die GS hatte das übersehen (so wie ich dann später auch) und mir vorgelegt.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

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