Anfechtung bei Zwangsvollstreckung

  • ich hab wohl irgendwas verpasst..
    Seit wann sind ZVmaßnahmen nach 130 ff InsO anfechtbar?
    BGH vom 10.02.05 - IX ZR 211/02 sagt doch klipp und klar im Ls: "ZVhandlungen des Gläubigers sind ohne eine vorsätzliche Rechtshandlung oder eine ihr gleichstehende Unterlassung des Schuldners nicht nach 133 anfechtbar."
    Jetzt lese ich in BGH, Urteil vom 23. 3. 2006 - IX ZR 116/ 03 "a) Nach der feststehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine während der "kritischen" Zeit im Wege der Zwangvollstreckung erlangte Sicherheit oder Befriedigung als inkongruent anzusehen (BGHZ 136, 309, 311 ff; 157, 350, 353; BGH, Urt. v. 11. April 2002 - IX ZR 211/ 01, WM 2002, 1193, 1194)."
    OK, zwei verschiedene Senate, aber was gilt denn nun?

  • ich hab wohl irgendwas verpasst..
    Seit wann sind ZVmaßnahmen nach 130 ff InsO anfechtbar?
    BGH vom 10.02.05 - IX ZR 211/02 sagt doch klipp und klar im Ls: "ZVhandlungen des Gläubigers sind ohne eine vorsätzliche Rechtshandlung oder eine ihr gleichstehende Unterlassung des Schuldners nicht nach 133 anfechtbar."
    Jetzt lese ich in BGH, Urteil vom 23. 3. 2006 - IX ZR 116/ 03 "a) Nach der feststehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine während der "kritischen" Zeit im Wege der Zwangvollstreckung erlangte Sicherheit oder Befriedigung als inkongruent anzusehen (BGHZ 136, 309, 311 ff; 157, 350, 353; BGH, Urt. v. 11. April 2002 - IX ZR 211/ 01, WM 2002, 1193, 1194)."
    OK, zwei verschiedene Senate, aber was gilt denn nun?



    In IX ZR 211/01 geht es um Anfechtung wegen inkongruenter Deckung (§ 131 InsO), in IX ZR 211/02 um Absichtsanfechtung (§ 133 InsO). Das sind zwei verschiedene Dinge (nicht zwei verschiedene Senate).

  • ich sehe hier immer nur den IX. Senat.

    Allerdings wird des bei der 211/02 um eine Handlung (und zwar des Gläubigers) außerhalb des Dreimonatszeitraums (131 :daumenrun) gehen, während 116/03 und 211/01 sich innerhalb des Zeitraums zugetragen haben müsste, mit der Konsequenz, dass man über § 131 kommt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • sind sind es über 131, weil hier nicht auf den Schuldner abgestellt wird, allerdings mit der kurzen Frist.

    133, also auch über die drei Monate hinaus hebt auf eine Handlung des Schuldners ab. Wenn der aber bei einer Weigerung nicht zahlt, dann wird vollstreckt. Spassig kann es jedoch werden, wenn der GV kein Geld sondern einen Scheck erhält.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Spassig kann es jedoch werden, wenn der GV kein Geld sondern einen Scheck erhält.



    ...oder wenn Ratenzahlungen an den Gerichtsvollzieher erfolgen oder dieser ohne Vollstreckungsdruck agiert oder ...

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • sind sind es über 131, weil hier nicht auf den Schuldner abgestellt wird, allerdings mit der kurzen Frist.

    133, also auch über die drei Monate hinaus hebt auf eine Handlung des Schuldners ab. Wenn der aber bei einer Weigerung nicht zahlt, dann wird vollstreckt. Spassig kann es jedoch werden, wenn der GV kein Geld sondern einen Scheck erhält.


    oh Gott, bin ich blöd:behaemmer "die Handlung" und "Rechtshandlung, die der Schuldner"..
    alles klar. Thema bitte löschen und nicht weitersagen...

  • Im besten Fall, dass das Gehirn immer noch lernfähig ist. :D

    Ansonsten haben wir Rpfl recht wenig mit dem Anfechtungsrecht zu tun und die Ausführungen der Damen und Herren Verwalter sind immer lesenswert.

    Edit: Aufgrund höflicher Nachfrage von Gegs geändert. ;)

  • Im besten Fall, dass das Gehirn immer noch lernfähig ist. :D

    Ansonsten haben wir Rpfl recht wenig mit dem Anfechtungsrecht zu tun und die Ausführungen der Herren Verwalter sind immer lesenswert.



    :nzfass: :frechheit ich bin ein Mädchen. Warum denken immer alle, dass Frauen in der Insolvenzverwaltung nichts taugen!

    edit: Zu freundlich Rainer, warum nicht gleich so:

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Es geht mir mal wieder rein um Theorie, die ich mal wieder nicht verstehe oder wo ich einfach das Offensichtliche nicht sehe, deshalb fiktive Angaben:

    Antrag vom 01.08.2012
    IK-Verfahren eröffnet am 01.09.2012

    Rückschlagsperrfrist beginnt damit gem. §§ 88, 313 InsO am 01.05.2012 (alles was danach an Pfändungen zugestellt wird = unwirksam)

    Zustellung PfÜB bei der Bank 03.05.2012 (in der Rückschlagsperre)
    Zahlung der Bank an Gläubiger am 18.05.2012.

    Auf welcher Grundlage fechte ich denn jetzt an? § 131 I 1 InsO greift nicht, weil außerhalb des 1-Monats-Zeitraums gezahlt wurde. Kann nur wegen Abs. II oder III angefochten werden, also wegen nachweisbarer Zahlungsunfähigkeit der Schuldners oder nachgewiesenem Wissen des Gläubiger über die Benachteiligung der anderen Gläubiger?

    Oder geht Anfechtung mit der Begründung, dass die Pfändung schlicht unwirksam wegen § 88 InsO war? Oder ist es gar keine Anfechtung? Ich finde nichts passendes.

  • Das ist gar keine Anfechtung, sondern Pfändung unwirksam wg. Rückschlagsperre.

    Abgesehen davon ist es sehr schwach von einem Inso-SB nicht den Unterschied zwischen Rückschlagsperre und Anfechtung zu kennen.

  • Queen Du scheltest Jamie zu Unrecht. Es mag zwar sein, dass die ZV-Maßnahme wegen Par. 88 InsO unwirksam ist. Sind jedoch Zahlungen erfolgt, greift Par. 88 InsO nicht. Dies ist dann ein Fall der Insolvenzanfechtung, konkret Par. 131 Abs. 2 InsO.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Verstehen tue ich die Frage nicht, ersteinmal wg. § 313 III InsO. Ist die Klippe umschifft, wird wohl die ZU nicht so schwer darstellbar sein, oder?

    Ich stehe irgendwie auf einer langen Leitung, oder?

    Wenn die Pfändung innerhalb von drei Monaten vor Antragstellung im IK-Verfahren unwirksam ist, dann entsteht doch auch kein Absonderungsrecht.

    Wenn die Zahlung dann aber mehr als einen Monat vor Antragstellung (also nach unwirksamer Pfändung) erfolgt, muss sich der TH doch das Geld zurückholen (können)

    Heißt das Zauberwort dann nicht mehr Anfechtung? Wie dann? "Herausgabe wegen Unwirksamkeit"? Das schreibt Gegs ja nun anders und verweist auf § 131 II InsO. Wenn also die Zahlung zwei oder drei Monate vor Antragstellung auf Grund einer unwirksamen Pfändung erfolgt, muss Zahlungsunfähigkeit nachgewiesen werden?

    Das ist ja genau das, was mich verwirrt: Die Pfändung ist unwirksam, die Zahlung muss wegen (nachzuweisender) Zahlungsunfähigkeit angefochten werden und nicht wegen der Unwirksamkeit der Pfändung.

    Mit anderen Worten:
    Wenn die ZU nicht nachgewiesen werden kann, ist die Zahlung unanfechtbar, trotz unwirksamer Pfändung? Fällt das unter die Kategorie "Is´halt so"?

    Queen:
    In diesem Falle stehe ich gern zu meiner Schwäche. Falls es sich denn tatsächlich um eine solche handelt.

  • #14


    Das ist gar keine Anfechtung, sondern Pfändung unwirksam wg. Rückschlagsperre.
    Abgesehen davon ist es sehr schwach von einem Inso-SB nicht den Unterschied zwischen Rückschlagsperre und Anfechtung zu kennen.


    Queen: Vorsicht im Glashaus! Denn es handelt sich hier sehr wohl um eine Anfechtung, während die Rückschlagsperre nicht (mehr) zum Tragen kommt.

    Im Übrigen muss ich mal eine Lanze für Jamie brechen. Auch ich hatte anfangs Probleme, das Zusammenspiel von Rückschlagsperre und Anfechtung zu verstehen, zumal sich beide teilweise überschneiden:

    Nach § 88 InsO wird eine durch ZV erlangte "Sicherung" im Ein- bzw. nach § 313 Abs. 1 S. 3 InsO im Drei-Monatszeitraum vor Antragstellung "mit der Eröffnung des Verfahrens" unwirksam.

    • Die Unwirksamkeit ergreift also zum einen nur die reine Sicherung und nicht eine daraus resultierende Befriedigung. Hätte der Gesetzgeber die Rückschlagsperre des § 88 InsO auch auf die durch ZV erlangten Befriedigungen ausdehnen wollen, so stünde dies - wie bei §§ 130, 131 InsO ("Sicherung oder Befriedigung") - im Gesetz.
    • Zum anderen wird diese Sicherung erst mit der Eröffnung, also rückwirkend unwirksam. Das heißt, dass das Pfandrecht zum Zeitpunkt der Zahlung noch wirksam und von der Bank zu beachten war, und damit die Befriedigung aufgrund des Pfandrechts auch "zu Recht" erfolgte. Dementsprechend greift § 88 InsO nur in den Fällen, in denen gerade noch keine vollständige Befriedigung erfolgte. Die Rückschlagsperre führt zum Erlöschen des Sicherungsrechts, so dass der Vollstreckungsgläubiger im Verfahren kein Absonderungsrecht mehr geltend machen kann.


    An die Befriedigung kommt man nur noch im Wege der Insolvenzanfechtung ran, die auch vom Wortlaut her nicht auf Sicherungen begrenzt ist. Die angesprochene Überschneidung von Rückschlagsperre und Anfechtung besteht darin, dass die durch ZV erlangten Sicherungen nach § 88 InsO per se unwirksam sind, aber ebenso nach § 131 InsO als inkongruente Sicherung hätten angefochten werden können. Daher halten etwa Wittkowski/Kruth (in: Nerlich/Römermann, InsO, 24. EL, 2012, § 88 Rn. 2) die praktische Relevanz von § 88 InsO für gering.

    Wenn also die Zahlung zwei oder drei Monate vor Antragstellung auf Grund einer unwirksamen Pfändung erfolgt, muss Zahlungsunfähigkeit nachgewiesen werden? (...)
    Wenn die ZU nicht nachgewiesen werden kann, ist die Zahlung unanfechtbar, trotz unwirksamer Pfändung? Fällt das unter die Kategorie "Is´halt so"?


    Ja. Es sei denn, man kommt über andere Anfechtungsregeln weiter, die keine ZU voraussetzen, etwa § 133 InsO. Und - nebenbei gesagt - die ZU liegt doch in der Regel schon im Drei-Monats-Zeitraum vor. Nach BGH (Urt. v. 07.02.2002 - IX ZR 115/99, unter II 1 b) stellt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit eine tatsächliche Vermutung für ein unzureichendes Schuldnervermögen dar.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!