Verpflichtungen der Treuhänder

  • Ich habe mal meine Insolvenzfälle im Internet überprüft.

    In der Hälfte der Fälle, in denen das Verfahren aufgehoben ist haben die Treuhänder weder den Aufhebungsbeschluss noch den Beschluss über ihre Bestellung vorgelegt. Obwohl in einigen Beschlüssen drin steht, dass der Treuhänder den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten hat.

    Es kann doch nicht sein, dass der Arbeitgeber den Treuhändern hinterher läuft und sie darauf aufmerksam macht, welche Verpflichtungen sie haben.

    Ist das normal?

    Was würde der Rechtspfleger machen, wenn ich ihn darauf aufmerksam machen würde, dass der TH seinen Verpflichtungen nicht nachkommt?

  • Zitat von Hego

    Ist das normal?

    Was würde der Rechtspfleger machen, wenn ich ihn darauf aufmerksam machen würde, dass der TH seinen Verpflichtungen nicht nachkommt?



    Ob das normal ist, weiß ich nicht. Ich habe aber noch nie eine Rückmeldung oder Beschwerde eines Drittschuldners erhalten.

    Und ich würde den TH halt bitten, die Info des Drittschuldners nachzuholen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Das ist klar, der "normale" Drittschuldner macht das, was der TH ihm sagt und zahlt u.U. sechs Jahre lang aufgrund des Eröffnungsbeschlusses bis der TH ihm sagt, dass sich die Sache erledigt hat.

    Gibt es keine Möglichkeiten für das IG wenn ihm bekannt ist, dass bestimmte TH ihren Verpflichtungen nicht nachkommen?

  • Angesichts der Verpflichtung in § 290 I 1 InsO muss der TH wohl den Arbeitgeber informieren. Das InsGericht kann im Rahmen der Aufsicht (§§ 292 III 2, 58) den TH sicherlich auch dazu anhalten, die Information vorzunehmen (wenn das InsGericht sich damit beschäftigen möchte).

    Meine Erfahrung ist in diesem Zusammenhang, dass viele Schuldner die Krise kriegen, wenn sie hören, dass der Arbeitgeber informiert werden soll - insbesondere, wenn sich der Schuldner noch in der Probezeit befindet. Zum einen wird eine Kündigung befürchtet (auch wenn kein Kündigungsgrund vorliegt - aber wir wissen ja wie das praktisch abläuft), zum anderen ziehen Arbeitgeber i.d.R. für die Bearbeitung einer "Lohnpfändung" ein paar Euronen ab, was den wirklich armen Schw... dann weh tut.

    Vor diesem Hintergrund drücke ich auf Wunsch den vertrauenswürdigen Schuldnern im Insolvenzverfahren eine Pfändungstabelle in die Hand, damit sie den pfändbaren Teil jeweils selbst überweisen. In der WVP informiere ich den Arbeitgeber dann zwar über die Abtretung, sage aber dazu, dass der Schuldner das selbst erledigt und bis auf weiteres der Arbeitgeber nix machen muss.

    Der Arbeitgeber muss sich m.E. keine Gedanken machen, wenn er keine Info vom TH erhält. Denn wenn der nicht informiert bzw. über den Schuldner abführen läßt (was evtl. der Grund für Ausbleiben der Info sein kann), haftet er ja, nicht der Arbeitgeber. Ich halte insbesondere § 82 InsO in der WVP nicht für anwendbar.

  • Ich sehe da eher den § 30 InsO, wonach den Schuldnern des Schuldners der Beschluss zuzustellen ist.

    In der Regel hat der AG bei diesen AN ja schon Pfändungen oder Abtretungen vorliegen. Ich habe nur 2 von 58 Insolvenzfällen, in denen nichts vorgelegen hat.

    Dass der Eröffnungsbeschluss nicht kommt ist eher selten. Nur Deine Kollegen sind da sehr nachlässig. Die Kohle kommt ja und das ist das Wichtigste. So nach dem Motto: "Was muss den AG denn interessieren wenn das Verfahren aufgehoben wird. Er muss ja doch weiter zahlen."

    Dass der AG nach Aufhebung des Verfahrens rechtsgrundlos zahlt ist für die nicht wirklich interessant. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber-Lohnsteuerjahresausgleich von dem Eröffnungsbeschluss miterfasst, aber nicht von der Abtretung. Daher ist es schon wichtig für den AG die Aufhebung, Bestellung und die Abtretung zu bekommen.

  • Zitat von Hego

    Ich sehe da eher den § 30 InsO, wonach den Schuldnern des Schuldners der Beschluss zuzustellen ist.



    Der § 30 erfasst aber m.E. nur den Eröffnungsbeschluss, und Zustellungsmuffel ist auch nur dann der IV/TH, wenn ihm die Zustellung nach § 8 III übertragen wurde.

    Ob § 8 III - Übertragung der Zustellung auf den TH - in der WVP überhaupt anwendbar ist, halte ich i.Ü. durchaus für diskussionswürdig. Aber was will man als TH machen, wenn einem das Gericht einfach überträgt?:( Das führt uns aber jetzt eher in den "Auslagen-des-TH"-thread.

  • Das mit dem § 30 InsO sehe ich genau so.

    Die Zustellung oder Zusendung der übrigen Beschlüsse und der Abtretung sehe ich unter der allgemeinen Verpflichtung des TH in seiner (quasi) Gläubigerstellung. Diese verliert er zunächst durch die Aufhebung des Verfahrens. Dann wird er neu bestellt und das müsste er meiner Meinung nach dem AG des Schuldners auch wieder beweisen.

    Nach § 292 InsO ist er verpflichtet, den AG über die Abtretung zu unterrichten. Das kann meiner Meinung nach nur durch Vorlage der Abtretungserklärung nach § 410 BGB machen. Sonst ist der AG nicht verpflichtet Zahlungen an ihn zu leisten. Die Bestellung braucht der AG zum Nachweis, dass der TH auch berechtigt ist/war die Abtretung anzunehmen. Er hat ja sonst keinen Nachweis an wen abgetreten ist, weil der Empfänger der Abtretung erst durch die Bestellung des TH feststeht.

    Ich habe bisher die pfändbaren Beträge zunächst einbehalten und nicht ausgezahlt bis die Abtretung und die Aufhebung und Bestellung nachgewiesen waren. Aber irgend wann werde ich mal einen Fall durchziehen und keine Einbehaltungen mehr vornehmen. Dann kann der TH sehen was er macht. Irgendwie muss man die Kerle doch "erziehen" können:D

  • Zitat von Hego

    Nach § 292 InsO ist er verpflichtet, den AG über die Abtretung zu unterrichten. Das kann meiner Meinung nach nur durch Vorlage der Abtretungserklärung nach § 410 BGB machen.



    Ist das nicht ein bißchen überzogen? Die Abtretungserklärung liegt doch im Original in der Gerichtsakte. Der Treuhänder ist meist der frühere InsoV/Treuhänder und hat eine Bescheinigung über sein Amt in Händen. Gemäß § 292 InsO hat der Treuhänder den Zahlungspflichtigen zu unterrichten. Klar, wenn der Drittschuldner das Vorliegen anzweifelt, mag im Einzelfall die Abtretungserklärung vorgelegt werden. Aber da ich ja nicht die Akte herausgeben würde, müßte ich ja gar eine Ausfertigung herstellen und diese übersenden. Spricht da nicht der gesetzliche Anschein dafür, dass die Abtretungserklärung auch wirklich vorliegt ?

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  • Das ist zwar zutrffend, aber der Gesetzgeber hat es (ich vermute mal) mit Absicht gemacht, dass der Schuldner den pfändbaren Teil seiner Bezüge an den TH abtreten muss.

    Wenn er das so einfach hätte machen wollen, dann hätte er auch gesetzlich bestimmen können, dass der AG oder sonst Verpflichtete den pfändbaren Teil für die Dauer von .... an den TH abführen muss. Das hat er aber nicht gemacht, sondern Abtretung....

    Der Arbeitgeber zahlt rechtgrundlos, wenn ihm die Abtretung nicht vorliegt.

    § 410 BGB ist doch sehr eindeutig. Und wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dann hätte er auch diesen § umgehen können. Mit dem § 399 BGB hat er das in § 287 InsO doch auch gemacht.

    Nerlich/Römermann ist sogar der Meinung, dass, wenn für die Vorlage der Abtretung (z.B. wie in § 411 BGB) ein bestimmtes Erfordernis zu beachten ist, muss das auch bei der Abtretung nach § 287 Abs. 2 InsO beachtet werden.

    Außerdem habe ich oben ja schon geschrieben, dass der AG-Loja von der Abtretung nicht erfasst ist, weil er kein AE ist. Also ist es wichtig für den AG zu wissen, ab wann er die Abtretung zu beachten hat.

  • Hierzu gibt es in unserem Bereich eigentlich keine Probleme, nicht mit dem Arbeitgeber oder dem Treuhänder, problematisch sind regelmässig die Schuldner, die nicht mitteilen das sie eine neue Arbeitsstelle haben.

    Die Treuhänder legen bei uns in der Regel den Ankündigungsbeschluss RSB vor, in dem bestimmt wird, wer Abtretungsempfänger ist.

    Natürlich kriegt man am Gericht dann immer nur die Fälle zu Gesicht, bei denen etwas schief geht, leider.

    Grundsätzlich soll der TH den pfändbaren Anteil des Einkommens des Schuldners einziehen. Wie er dazu gelangt ist mir im Prinzip egal, ob vom Schuldner selber oder durch den Arbeitgeber, Hauptsache der Betrag stimmt, wird ordnungsgemäß verwaltet und ausgekehrt.

  • Ich denke mir mal, dass Du das auch in der Regel nicht mitbekommst, wenn der TH die erforderlichen Unterlagen dem AG nicht schickt.

    Die Frage ist auch, ob der AG das überhaupt beanstandet weil er nicht die Kenntnis hat.

    Es ist halt nur ärgerlich, wenn man den TH auffordert die Unterlagen vorzulegen und dann noch blöd von der Seite angemacht wir.

    Mit einigen hatte ich dann vorher schon Probleme weil sie der Meinung waren, dass ich die Ehefrau nicht berücksichtigen dürfte etc. und das rundet das Ding dann richtig ab.

  • Zitat von Hego

    Der Arbeitgeber zahlt rechtgrundlos, wenn ihm die Abtretung nicht vorliegt.

    § 410 BGB ist doch sehr eindeutig.



    Wie wäre es denn mit § 410 II BGB:
    IV = bisheriger Gläubiger (wg. Insolvenzbeschlag)
    TH in der WVP = neuer Gläubiger
    Unterrichtung gem. § 292 I 1 InsO (ohne Ausfertigung des Aufhebungsbeschlusses) = schriftliche Anzeige gem. § 410 II BGB

    Zitat von Hego

    Außerdem habe ich oben ja schon geschrieben, dass der AG-Loja von der Abtretung nicht erfasst ist, weil er kein AE ist. Also ist es wichtig für den AG zu wissen, ab wann er die Abtretung zu beachten hat.



    So pauschal stimmt das nicht ganz: LSt-Guthaben aus einem Veranlagungszeitraum vor oder während des Insolvenzverfahrens sind Insolvenzmasse und gehören in der WVP dem TH - notfalls über Nachtragverteilung (BGH ZIP 2006, 340). Erst aus den Veranlagungszeiträumen nach Aufhebung des InsVerfahrens gehört die Erstattung wieder dem Schuldner.

  • Nee nee nee, so kann man das nicht machen.

    Die Rechtstellung des "bisherigen Gläubigers" endet mit der Aufhebung des Verfahrens. Und der TH in der WVP ist Abtretungsgläubiger, es sind zwei verschiedene Rechtsverhältnisse die hier bestehen. Und dass das so ist, hat der Gesetzgeber ganz bewusst gewollt.

    Das mit der Steuererstattung kann mir egal sein, das ist Sache des TH. Ich kenne die Entscheidung des BGH wegen der (meiner Meinung nach nicht zu praktizierenden) Aufteilung. Aber ich habe nach der Aufhebung des Verfahrens nur noch die Abtretung zu beachten. Die Steuererstattung ist kein Arbeitseinkommen und somit ist sie von der Abtretung nicht erfasst.

    Alles andere (insolvenzrechtliche) interessiert mich als AG nicht.

  • Zitat von Hego

    Nee nee nee, so kann man das nicht machen.



    He, wie sprichst Du denn mit einem frischgebackenen Foren-Experten?:D
    (Wollte nur kurz meiner Freude darüber Ausdruck verleihen :yes: )

  • :blumen: für die neue Expertin.

    Ernst gemeint, es freut mich ungemein, einen so regen Forenteilnehmer von der "anderen Seite" des Tischs hier dabei zu haben.


    @Hego: wieso interessiert die insolvenzrechtliche Seite nicht?
    Auch dem Arbeitgeber muss doch klar sein, das sich bei natürlichen Personen die WVP der Aufhebung anschliesst. Und der Aufhebungsbeschluss lautet zumindest bei uns: Aufhebung nach Rechtskraft der Ankündigung der RSB.

  • @ chick: Ich auch Neu-Experte!!!:D

    @ Harry: Mich interessiert die insolvenzrechtliche Seite nicht weil ich eine Abtretung zu beachten habe. Die Aufhebung des Verfahrens und die Bestellung des TH ist für mich nur deswegen von Bedeutung, weil damit der Eröffnungsbeschluss unwirksam wird, was zur Folge hat, dass die Anordnung "...nur noch an den TH zahlen...." wegfällt. Neuer Rechtgrund für die weitere Einbehaltung ist dann die Abtretung.

    Außerdem war das darauf gemünzt, dass ein Teil der AG-LoSt-JA Erstattung zu der Masse gehört, wenn das Verfahren im Laufe des Jahres aufgehoben wurde.

    Ab der Aufhebung des Verfahrens habe ich aber eine Abtretung zu beachten, die nur das AE erfasst und nicht diese (evtl.) Steuererstattung. Das Verfahren ist aufgehoben und daher die Anordnungen im Eröffnungsbeschluss nicht mehr von Bedeutung. Also zahle ich eine evtl. Steuerersattung an den Schuldner aus. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage sollte ich die an den TH schicken?

  • Zitat von Hego

    Also zahle ich eine evtl. Steuerersattung an den Schuldner aus. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage sollte ich die an den TH schicken?



    Das ist natürlich wahr: Rechtsgrundlage für die Zahlung der Steuererstattung an den TH in der WVP kann streng genommen nur eine angeordnete Nachtragsverteilung sein. Dass es mir und dem Gericht lieber ist, als Beitrag zum aktiven Bürokratieabbau diese Aktion einzusparen und die Erstattung einfach auf dem "kurzen Dienstweg" zu kassieren, stößt aber hoffentlich - zumindest menschlich - auf Verständnis.:)

  • Zitat von chick
    Zitat von Hego

    Nee nee nee, so kann man das nicht machen.



    He, wie sprichst Du denn mit einem frischgebackenen Foren-Experten?:D
    (Wollte nur kurz meiner Freude darüber Ausdruck verleihen :yes: )



    Wie wird man denn so etwas ? Beitragsbewertungen durch den Moderator ? Huuuch, das bin ich ja auch ??? :oops:

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