Übergangsrecht und FamFG

  • Wir waren uns doch praktisch alle einig, dass die "Erläuterungen" des BMJ im vorliegenden Kontext nicht mit dem geltenden Recht zu vereinbaren sind. Und jetzt wird diese Einschätzung vom OLG München bestätigt und weil wir nun vor den Folgen zurückschrecken, kümmern wir uns auf einmal nicht mehr um unser eigenes Geschwätz von gestern?

    Nein, so geht das nicht.

    Dem OLG München einen Vorwurf zu machen, stellt die Dinge auf den Kopf. Wie jeder Leser der beiden ersten Absätze des Art. 111 FGG-RG leicht feststellen kann, ist die Entscheidung des OLG zweifelsfrei richtig. Und gerade weil sie deshalb nicht anders ausfallen konnte, hat das BMJ in seinen "Erläuterungen" auch versucht, das Schlimmste abzuwenden und -contra legem- nachzutarocken.

    Dumm gelaufen.

    Aber die Gerichte haben das geltende Recht anzuwenden. Möge der Gesetzgeber das von ihm angerichtete Chaos reparieren. Wenn wir weiter vor uns hinwursteln, wird es keine Änderung geben, weil ja -angeblich- alles funktioniert. Also das gleiche Problem wie immer.

  • Ich hole das Thema noch einmal hoch, weil die Konsequenzen aus der Entscheidung des OLG München (# 115 ff.) von allergrößter Bedeutung sind und bei den millionenfachen Alt-Dauerverfahren das gesamte Zuständigkeitsgefüge des FamFG erschüttern.

  • Sehe ich ähnlich. Ich habe daher den Beschluss hier im Hause bekannt gemacht und angeregt, dass man evtl. ebenfalls mal eine Vorlage an das hier zuständige OLG fabriziert.

    Bisher scheint das OLG München ja das einzige Obergericht zu sein, was sich mit der Problematik befasst hat.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich denke zu einer Erschütterung wird es nur kommen, wenn mehrere OlG's in dieser Richtung entscheiden.
    Ansonsten fürchte ich, wird dieses Ausrufezeichen aus München einfach im Sande verlaufen.
    Denn wie schon oben angesprochen, ist das Verfahren, dass mit der korrekten Anwendung des Art. 111 verbunden ist, höchst aufwendig und umständlich.
    Nicht viele Gerichte werden sich bei nur einer OLG Entscheidung die Mühe machen, ihre Verfahrensweise anzupassen.

  • Das kann sich aber sehr schnell ändern, wenn man berücksichtigt, dass jede im Rahmen eines bereits übergeleiteten Dauerverfahrens getroffene gerichtliche Maßnahme ohne Endentscheidungscharakter nunmehr mit der Begründung angefochten werden kann, dass nicht das zuständige Gericht gehandelt habe. Wenn etwa (nach Überleitung des Altverfahrens seitens des Vormundschaftsgerichts) das Familien- oder Betreuungsgericht eine Rechnungslegung oder einen Bericht anfordert, kann der Vormund/Pfleger/Betreuer darauf verweisen, dass ihn hierzu gefälligst nur das nach wie vor zuständige Vormundschaftsgericht aufzufordern habe.

    Noch krasser sind die Konsequenzen im Vergütungsverfahren. Alle künftigen Vergütungen (Neuverfahren) sind vom Familiengericht bzw. vom Betreuungsgericht festzusetzen, während das Alt-Dauerverfahren als solches weiterhin beim Vormundschaftsgericht anhängig bleibt.

    Ein Zuwarten auf evtl. andere OLG-Entscheidungen halte ich nicht für angebracht. Wenn man danach gegangen wäre, was hier in diesem Thread praktisch einhellig zu diesem Thema geschrieben und nunmehr vom OLG München bestätigt wurde, hätte man die Alt-Dauerverfahren aus Anlass einer in diesem Verfahren zu treffenden Neu-Endentscheidung schon bisher nicht abgeben bzw. überleiten dürfen. Ich halte es zwar in gewisser Weise für verständlich, dass die VormG ihre Arbeit schnell loswerden wollen. Aber wie man im Fall des OLG München im Minderjährigenbereich sieht, lassen sich das nicht alle FamG gefallen. Im entschiedenen Fall hat das FamG genau nach dem gehandelt, was hier schon vor der Entscheidung des OLG zu den "Vorstellungen" des BMJ geschrieben wurde.

  • Ich denke zu einer Erschütterung wird es nur kommen, wenn mehrere OlG's in dieser Richtung entscheiden.
    Ansonsten fürchte ich, wird dieses Ausrufezeichen aus München einfach im Sande verlaufen.
    Denn wie schon oben angesprochen, ist das Verfahren, dass mit der korrekten Anwendung des Art. 111 verbunden ist, höchst aufwendig und umständlich.
    Nicht viele Gerichte werden sich bei nur einer OLG Entscheidung die Mühe machen, ihre Verfahrensweise anzupassen.



    Zumal hier noch weitere Fragen dranhängen (Aktenordnung ....). Ich selbst weiß auch noch nicht wie ich es machen werde, habe allerdings nur ganz wenig Vorm-Akten, wo eine Genehmigung vielleicht mal anstehen könnte. Eine habe ich allerdings schon ans Familiengericht abgegeben und bearbeite sie dort weiter. Nach der nunmehr einzigen OLG-Entscheidung müsste sie also weiter beim "Vormundschaftsgericht" sein, und jede der vielleicht mittlerweile 5 Genehmigungen hätte ich in der Familienabteilung unter Anlegung von jeweils einem neuen Verfahren und Beiziehung der Vorm-Akte bearbeiten müssen. Es tut mir leid, so einen Schwachsinn (möge auch der Gesetzgeber ursächlich dafür verantwortlich sein) werde ich nicht mitmachen, solange nur die eine Entscheidung existiert. Und ich denke mal, das das vielen so geht, und dass viele nicht einmal Kenntnis von der OLG-Entscheidung erlangen und weiterhin das Schreiben des BMJ im Hinterkopf haben werden.

    Zuzugeben ist aber, dass der Gesetzgeber einfach nicht geregelt hat, dass die Dauerverfahren zu einem Zeitpunkt X oder bei einem bestimmten Ereignis Y an die Familienabteilung abgegeben werden könnten. Aber Dauervormundschaft beim Vorm-Gericht und jede einzelne Genehmigung beim Familiengericht, das ist für die Praxis völlig untauglich. Bei Betreuungen mag das ja noch gehen, weil das sowieso häufig die gleichen Leute bearbeiten.

    Dass hier irgendjemand was anficht (Anforderung Berichte, VV, ..., durch das Familiengericht), kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

  • Wenn es nur um die Überleitungen Entscheidung über Erteilung einer Genehmigung nach NamÄndG oder Entscheidung über Festsetzungsanträge des beruflich bestellten Pflegers (insbes. Umgangspflegers) gehen würde, könnte ich mit der Entscheidung des OLG München und der Überleitungsvorschrift des Art. 111 FGGRG leben.

    Unabhängig davon sind weitere Verfahren aufgrund der Überleitungsvorschrift des Art. 111 FGGRG vom Familiengericht zu bearbeiten. Ich denke dabei insbesondere an den Wechsel des Amtsvormunds/Amtspflegers in den Vormundschafts-/Pflegschaftsverfahren. Wir hätten also ständig die Situation, dass die Akten nebeneinander bearbeitet werden müssten (in dem Vormundschaftsverfahren allerdings beschränkt auf die Einholung des Jahresberichts), wobei man ja sogar für jede einzelne nach Art. 111 FGGRG zu treffende Entscheidung des FamG eine eigene Akte des Familiengerichts anlegen müsste (Das Dauerverfahren, welches unter einem Az. geführt wird, bleibt ja beim Vormundschaftsgericht).

    Bei einer Abgabe der Vormundschaftsakte würden die Familienakten bei dem alten Gericht verbleiben. Das neue Gericht (Dauerverfahren) könnte daher nur anhand des Jahresberichts nachvollziehen, was zwischenzeitlich bei früheren zuständigen Familiengerichten ab dem 01.09.2009 entschieden worden ist (ggf. haben diese auch eine Abschrift der Entscheidungen zur Pflegschafts-/Vormundschaftsakte gegeben; worauf man sich aber wohl nicht verlassen kann).

    Der Gesetzeswortlaut ist m.E. klar. Ich befürchte daher, wenn in anderen OLG-Bezirken ebenfalls Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Familiengericht und Vormundschaftsgericht dem OLG vorgelegt werden, dass die Entscheidung dann entsprechend der OLG München-Entscheidung ausfallen wird.

    Für mich bleibt daher nur die Hoffnung auf eine baldige Gesetzesänderung zu Art. 111 FGGRG.

  • was hier in diesem Thread praktisch einhellig zu diesem Thema geschrieben und nunmehr vom OLG München bestätigt wurde



    Bei dieser "Einhelligheit" sind wir (jedenfalls ich) nur davon ausgegangen, dass das Dauerverfahren beim VormGericht bleibt und dort dann nach neuem Verfahrensrecht innerhalb der Akte (Unterheft o.ä.) die Bearbeitungen stattfinden. Dass man aber das Dauerverfahren beim VormGericht bis auf Ewigkeiten weiterführt und jede einzelne andere Entscheidung, insbesondere Genehmigungen, dann als Neuverfahren beim Familiengericht betreiben soll, soweit ging meine Vorstellungskraft damals nicht. Und das ist ja der eigentliche Schwachsinn. Und ich möchte wetten, die wenigstens werden das auch so machen, jedenfalls an kleinen Gerichten, wo sowas wie Zuständigkeitsstreit zwischen FamG und VormG kaum aufkommen sollte, weil doch meistens diesselben Personen dahinterstehen oder zumindest Vertreter sind.


    Der Gesetzeswortlaut ist m.E. klar. Ich befürchte daher, wenn in anderen OLG-Bezirken ebenfalls Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Familiengericht und Vormundschaftsgericht dem OLG vorgelegt werden, dass die Entscheidung dann entsprechend der OLG München-Entscheidung ausfallen wird.

    Für mich bleibt daher nur die Hoffnung auf eine baldige Gesetzesänderung zu Art. 111 FGGRG.



    Ja, diese Hoffnung haben wir wohl alle. Den Satz, dass der Gesetzwortlaut wohl klar sei, hätte ich allerdings lieber weggelassen, denn wenn dies so wäre, brauchten wir hier gar nicht zu diskutieren, hätte das BMJ gar nicht diese Klarstellung abgeben brauchen und würden es jetzt schon lange alle einheitlich machen, was aber offensichtlich nicht der Fall ist.

  • Andy.K:

    Wie JörgZ schon sagte: Der Wortlaut von Art.111 Abs.1 und 2 FGG-RG ist eindeutig und deshalb hat das OLG München auch so entschieden, wie es entschieden hat. Was dem OLG recht ist, muss dem Rechtsanwender beim Amtsgericht billig sein.

    Dass die Kollegen des Vormundschaftsgerichts durch entsprechende Anpassung der Geschäftsverteilungen nunmehr zu Kollegen des Betreuungsgerichts wurden, macht das Problem nur scheinbar kleiner. Im Gegenteil wird es größer, zum einen, weil es in Betreuungssachen viel mehr Genehmigungsverfahren als bei Minderjährigen gibt, und zum anderen, weil die in den Alt-Dauerverfahren zu treffenden gerichtlichen Maßnahmen ohne Endentscheidungscharakter vom falschen Gericht getroffen werden, weil nunmehr anstelle des zuständigen Vormundschaftsgerichts das unzuständige Betreuungsgericht entscheidet. Dass hier wie dort der gleiche Kollege saß und sitzt, spielt dafür keine Rolle. Es entscheidet einfach das falsche Gericht.

    Nach meiner Ansicht sind jetzt die Gerichtsverwaltungen gefordert. Es ist nicht vorstellbar, dass der Dienstherr sehenden Auges hinnimmt, dass eine unübersehbare Vielzahl von Entscheidungen vom unzuständigen Gericht getroffen wird.

    Mit der Vorstellungskraft ist das so eine Sache. Offenbar gibt es nichts, was sich im Hinblick auf die Qualität der Tätigkeit des Gesetzgebers in negativer Hinsicht ausschließen ließe. Im Prinzip ist es wie bei der GbR. Jeder weiß, dass die gesetzgeberischen Maßnahmen Unsinn sind, weil durch die Behandlung des Unsinns als Unsinn aber Sand ins Getriebe kommt, wurstelt man einfach vor sich hin, weil man meint, man müsse sich zu einer Art Übergesetzgeber aufschwingen, um den Laden, die GbR und das FamFG am Laufen zu halten. Diesem Irrtum ist schon der BGH erlegen und was daraus folgt, lässt sich tagtäglich im Forum nachlesen.

  • Andy.K:

    Nach meiner Ansicht sind jetzt die Gerichtsverwaltungen gefordert. Es ist nicht vorstellbar, dass der Dienstherr sehenden Auges hinnimmt, dass eine unübersehbare Vielzahl von Entscheidungen vom unzuständigen Gericht getroffen wird.



    Das ist doch utopisch. Ich behaupte mal 80% aller Gerichte kennen das Problem nicht mal und haben sich selbst eine (praktische) Übergangslösung ausgedacht, nicht bewusst contra legem sondern eher nach wen interessierts lex.

  • Das FamFG ist seit mehr als zehn Monaten in Kraft, das BMJ hat die Problematik selbst angesprochen, im Forum wurde laufend darüber diskutiert und 80 % der Gerichte soll die Problematik gleichwohl nicht bekannt sein?

    Sind wir in Deutschland oder in einem Dschungeldorf, das von der Außenwelt abgeschnitten ist?

  • Ich denke schon, dass die Zahl von fro' in der Praxis tatsächlich zutrifft. Das ist zwar schlimm, aber dennoch wahr, wie so vieles andere.

    Mich rufen heute, fast ein Jahr nach dem Inkrafttreten des FamFG, Rechtspfleger an, die mich kennen, und fragen, ob sie denn für eine familiengerichtlichen Genehmigung einen Pfleger bestellen müssten. Da frage ich mich nur, was sie die ganze Zeit gemacht haben. Wir haben hier das Thema wenigstens ausgiebig diskutiert, sind auch nicht einig geworden, jeder hat aber für sich erst mal viele Argumente gesammelt. Das ist immer noch besser, als gar nicht nachzudenken. Ich gehe mal auch ganz stark davon aus, dass sich hier im Forum viele Interessierte tummeln, dass dabei aber ein äußerst geringer Anteil an Rechtspflegern und Gerichten repräsentiert wird. Man bekommt ja am Ende noch gesagt, wieso man denn soviel Zeit hätte, hier was zu schreiben. Aber durch diese ständigen Meinungsaustausche wird man eben nun mal klüger und kann dann wenigstens qualitativ besser arbeiten. Wir machen uns hier tatsächlich über Dinge Gedanken, die 80% sicher nicht mal als echtes Problem erkennen.

    Cromwell: Auch wenn wir fachlich hin und wieder mal eine andere Ansicht haben, muss ich zugestehen, dass du mit deinen fundamentierten Antworten schon vielen geholfen hast. Es machen nur zu wenig davon Gebrauch, die Vorteile dieses Forums zu nutzen. Wir hatten im OLG-bereich mal eines angelegt, da tat sich buchstäblich fast gar nichts mit Beiträgen oder Fragen. Schlimm.

  • Es bestehen da einfach zwei parallele Probleme.

    Zum einen, ist das Problem tatsächlich, so traurig das auch ist, größtenteils unbekannt.
    Das hat sich schon abgezeichnet, als die zentrale Fortbildungsveranstaltung zum FamFG stattfand.
    Schon da war die Tragweite dessen, was in Art. 111 FGGRG normiert ist, den wenigsten bewusst.
    Dann kam die Einschätzung des BMJ - deren Unvereinbarkeit mit Art. 111 eigentlich jedem ins Auge sprang - aber die wenigstens werden gemerkt haben, welche Probleme da dahinter stecken.
    Man hat den Wunsch des BMJ halt einfach umgesetzt.

    Und daraus ergibt sich das Problem Nummer 2.
    Die wenigsten werden jetzt zurückrudern wollen. Es gibt - zumindest hier im Betreuungsbereich- kaum noch Verfahren, die nach altem Recht geführt werden.

    Und auch, wenn das Problem mit der Entscheidung des OLG dem ein oder anderen doch noch bewusst wird, so werden die bisherigen Verfahrensweisen wohl beibehalten werden.

    So kann ich für hier schon prognostizieren, dass es vermutlich keine Konsequenzen aus dem OLG-Urteil geben wird.
    Und ich könnte wetten, dass das Urteil im hiesigen LG Bezirk zum einen kaum einer kennt, und zum anderen es auch dort zu keinen Konsequenzen führen wird.
    Zumindest nicht, solange keine OLG aus dem hiesigen Landesteil auf die gleiche Idee kommt.

  • Ich möchte ja nicht unbedingt Öl ins Feuer gießen:

    Aber ist das, was ihr da beschreibt, nicht im Kern ein Armutszeugnis für die Rechtspflegerschaft als solche?

    Wie ist es möglich, dass man sich nicht um die Rechtsentwicklung und neue Gesetze im eigenen Zuständigkeitsbereich kümmert? Und wenn man sich kümmert: Wie ist es möglich, dass man die "Handreichungen" des BMJ für falsch hält und als sachlich unabhängiger Rechtsanwender trotzdem nach ihnen verfährt? Und wie ist es möglich, dass man auch noch in diese falsche Richtung weitermacht, obwohl man es jetzt aufgrund einer OLG-Entscheidung in Übereinstimmung mit der eigenen Rechtsansicht (!) schwarz auf weiß hat, dass es falsch ist?

    Wenn wir uns so verhalten, dann sind wir am FamFG-Chaos in gleicher Weise schuld wie der Gesetzgeber - vielleicht sogar noch "schuldiger". Denn wir praktizieren bundesweit in Millionen von Verfahren (auch weiterhin) Falsches, obwohl wir wissen, dass es falsch ist.

  • In gewisser Weise schon.

    Aber ich möchte doch zu bedenken geben, dass das ja nicht nur die Rechtspflegerschaft, sondern alle Organe der Rechtspflege betrifft.
    Es wurde einfach umgesetzt, was da von oben kam.
    Vielleicht kann ja der ein oder andere Anwalt im Forum mal was dazu sagen, ob es zukünftig Beschwerden von ihnen geben wird, weil das falsche Verfahrensrecht angewendet wurde.


  • Aber ist das, was ihr da beschreibt, nicht im Kern ein Armutszeugnis für die Rechtspflegerschaft als solche?

    Wie ist es möglich, dass man sich nicht um die Rechtsentwicklung und neue Gesetze im eigenen Zuständigkeitsbereich kümmert? Und wenn man sich kümmert: Wie ist es möglich, dass man die "Handreichungen" des BMJ für falsch hält und als sachlich unabhängiger Rechtsanwender trotzdem nach ihnen verfährt? Und wie ist es möglich, dass man auch noch in diese falsche Richtung weitermacht, obwohl man es jetzt aufgrund einer OLG-Entscheidung in Übereinstimmung mit der eigenen Rechtsansicht (!) schwarz auf weiß hat, dass es falsch ist?

    Wenn wir uns so verhalten, dann sind wir am FamFG-Chaos in gleicher Weise schuld wie der Gesetzgeber - vielleicht sogar noch "schuldiger". Denn wir praktizieren bundesweit in Millionen von Verfahren (auch weiterhin) Falsches, obwohl wir wissen, dass es falsch ist.



    Die Feststellungen sind alle zutreffend, aber die aufgeworfenen Fragen kann ich dir auch nicht beantworten. Eine Teilschuld haben natürlich auch die Landesjustizverwaltungen mit ihren (falschen) Personalbedarfsberechnungen und die Unterbesetzung andererseits.
    Ich merke es doch an mir: Von Jahr zu Jahr mehr, mittlerweile 5 Fachbereiche + gesamte EDV (für letztere werden 18 min pro Tag zuerkannt - völlig lächerlich, um alles am laufen zu halten). Da hat man immer weniger Zeit, in die aktuellen Zeitschriften zu schauen, zu mehrtägigen Fortbildungsveranstaltungen zu fahren etc.
    Ich gleiche einen Teil vielleicht noch durch Überstunden aus, andere sehen nicht ein, auch nur eine Überminute zu machen. Als "Motivation" streicht man dann auch noch völlig das Weihnachtsgeld; tausende Polizisten werden entlassen, sodass man bei einem Unfall auf dem Parkplatz eines Supermarktes bis zu 2h warten muss, bis mal ein Polizeiauto aufkreuzt ......... Dem Ziel des Staates, möglichst viel (z.T. eben an der falschen Stelle) zu sparen, ordnet man mittlerweile vieles unter und schädigt sich damit zum Teil selber. Wenn ich mal an die Beratungshilfe denke: Da dauert die Bewilligung vielleicht 3 min, die Zwischenverfügung nebst anschließender Zurückweisung vielleicht 20 min. Bei Pebb§y taucht dieser Fachbereich nirgendwo auf, als ob es 0 (Null) Arbeit machen würde. Da kann man sich gut vorstellen, wie mancher reagiert und warum die jährlichen Ausgaben immer mehr steigen. Von vielen wird eben doch am Ende der schnellste Weg gewählt, der gerade noch so verantwortbar ist, und selbst diesen schnellsten Weg können heute viele in der normalen Arbeitszeit schon kaum noch bewältigen.

    Diese Liste könnte man noch beliebig fortsetzen, allein die Zeit fehlt mir dazu.

    Das sollten auch nur mal paar Gedankenanregungen sein.


    Stehe im Übrigen vor dem Problem: Nachlassrechtspfleger hat eine Ausschlagung aufgenommen von einem Vormund und fragt nun, ob er reinschreiben soll, dass die vormundschaftliche oder die familiengerichtliche Genehmigung beantragt wird. Habe ihm gesagt, nach der OLG-Mü Entscheidung dann doch mal lieber die familiengerichtliche Genehmigung. Dort werde ich sodann eine neue Akte anlegen lassen und die Vormundschaftsakte beiziehen lassen. Der Übersicht halber werde ich dann eine Ausfertigung meiner familiengerichtlichen Entscheidung in die Vormundschaftsakte einheften lassen.

  • Mal 2 Probleme im Zusammenhang mit der OLG-Mü-Entscheidung:

    Analog der Vormundschaftssachen wäre es ja dann bei den Betreuungssachen. Das "alte Vormundschaftsgericht" bleibt auch für die Dauer-Betreuungen "Vormundschaftsgericht", solange dort keine Entscheidung getroffen wird, die auf die Dauerbetreuung Auswirkung hat. Nun sind Rechtsgeschäfte zu genehmigen, häufig geht es ja auch um die Abhebung von Geld. Dies sind Einzelgeschäfte, die nach neuem Recht zu bearbeiten sind, demzufolge auch durch das "Betreuungsgericht". Streng nach der Aussage des OLG-München müsste nun vom Betreuungsgericht eine neue Akte angelegt werden, so wie das ja auch vom Familiengericht für Vormundschaftsakten erfolgt, wobei dort zumindest die Registrierung (F) klar ist.

    Wie soll man aber diese Genehmigungsverfahren dann beim Betreuungsgericht registrieren (XVII, X, ....) ? Da es sich zudem dann um keine Dauerverfahren handelt, müsste als Einzelgeschäft jede einzelne Genehmigung als Neuverfahren angelegt werden, denn ein Dauerverfahren hat man ja beim Betreuungsgericht dann (noch) nicht. Das nächste Problem: Ist eine Gebühr zu erheben bei Mündeln mit mehr als 25000 € ? Bislang war das ja bei Genehmigungen nicht der Fall, wenn diese innerhalb eines Dauerverfahrens erfolgten, nun hat man aber ein separates Verfahren, i.d.R. bei einem ganz anderen zuständigen "Gericht". Ich denke mal, bei strenger Anwendung der Ansicht des OLG München bzw. des Gesetzestextes ergeben sich noch weitere Fragen, an die bislang noch gar niemand gedacht hat.
    Auch unser EDV-Programm wirft nunmehr überall nur noch "Betreuungsgericht" im Kopf aus. Hier müsste auch eine Änderung erfolgen, wenn in den Alt-Dauerverfahren zumindest Schriftverkehr immer noch unter der Bezeichnung "Vormundschaftsgericht" zu erfolgen hat.

    Habe im Übrigen heute von Gerichten gehört, die das Schreiben vom BMJ zum Anlass genommen haben, sämtliche Vormundschaftsakten an das Familiengericht überzuleiten !

  • Von solchen Gerichten - einschl. meinem eigenen - habe ich ebenfalls gehört.:D
    Bin mal gespannt , wie da bei mir selbst die Rückabwicklung erfolgter Übernahmen des Familiengerichtes aussehen wird.;)

  • Falls man konsequent nach Gesetz und OLG München handeln wollte:

    Müsste für den Fall, in dem die örtliche Zuständigkeit wechselt dann das alte Vormundschaftsgericht im neuen Gericht zuständig sein? :confused:


    Im übrigen wirds auch hier nach Bekanntmachung der Situation keine Änderung geben (sofern Entscheidung notwendig geht Verfahren rüber).

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