Anfechtung Erbvertrag

  • Ich habe hier einen ziemlich verzwickten Fall.

    Die Erblasserin hat mit ihrem Ehemann ein gemeinschaftliches Testament gemacht. Dies dürfte jedoch unerheblich sein, da der Überlebende das Recht erhalten hat, eins der Kinder als Erben einzusetzen.

    Als Witwe hat sie mit ihren Kindern im Okt. 1975 einen notariellen Vertrag geschlossen. (Kinder = K 1-6) In dem hat K 1 ein Grundstück erhalten und soll als Ausgleich an seine Geschwister einen bestimmten Geldbetrag zahlen. Diese (K 2 - K 6) erklären dann, dass sie sich "mit der Zahlung des Betrages vom elterlichen Nachlass einschl. evtl. Pflichtteilteilsansprüche für abgefunden erklären".

    Im April 1984 schließen K 1 und die Erblasserin einen Rückübergabevertrag. In der Urkunde aufgenommen wurde der Zusatz, dass K 2- K 6 den Geldbetrag von K 1 erhalten haben. K 1 erhält von der Erblasserin einen Geldbetrag und verzichtet nach ihr ausdrücklich auf Erb- und Pflichtteilsansprüche.

    Im Juli 1984 schließen die Erblasserin, K 2 und die Ehefrau von K 2 einen Erbvertrag. K 2 wird darin zum Erben zu 3/4 Anteil und die Ehefrau von K 2 zu 1/4 Anteil zur Erbin eingesetzt. Einen Rücktrittsvorbehalt enthält das Testament nicht.

    Im Dezember 2002 erklärt die Erblassserin die Anfechtung des Erbvertrages vor einem Notar, enterbte K 2, seine Frau und deren Abkömmlinge und möchte das die gesetzliche Erbfolge eintritt.

    Gründe:

    1. Notar war beim Vertragsabschluss nicht anwesend - der Bürovorsteher hat den Text vorgelesen.

    2. Sie hat den Erbvertrag abgeschlossen aufgrund der Zusicherung, dass K 2 und seine Frau sie pflegen werden. Sie wunderte sich warum kein Altenteil in dem Vertrag aufgenommen wurde, da sie das von dem Vertrag mit K 1 kannte. K 2 habe ihr jedoch erklärt, dass das so OK ist und sie hat sich darauf verlassen. Eine Pflege ist für ca. 3 Jahre erfolgt, danach nicht mehr.

    3. K 2, die Ehefrau und deren Enkelkinder haben sich dann seit dem Jahr 1994 nicht mehr bei ihr gemeldet.

    4. K 2 und seine Frau "sprachen dem Alkohol zu".

    5. Im Jahr 1984 hat sich die Witwe von K 2 und seiner Frau einen Geldbetrag in Höhe von 40.000 DM geliehen. Dieses Darlehen wurde mit 8 % verzinst und diesbezüglich wurde eine Grundschuld im Grundbuch eingtragen. Sie fühlt sich daher von K 2 und seiner Frau "ausgenutzt und geschädigt". (Verkaufserlös: 120.000 DM, Zahlung an K 2 und Frau: 92.000 €) Weiterhin war der Notar auch bei der Beurkundung des Darlehensvertrages ebenfalls nicht anwesend.

    K 2 und seine Frau beantragen nun einen Erbschein aufgrund des Erbvertrages, da die Anfechtung der Erblasserin nicht greifen würde, da

    1. Der Notar bei der Beurkundung anwesend war.

    2. Sie sich um die Erblasserin gekümmert haben. Soweit es ihnen möglich war und haben auch weiterhin Kontakt zu ihr gehalten. Ein Altenteil hätte gar nicht eingetragen werden können, da das Haus K 2 und der Ehefrau nicht überschrieben wurde. Ferner wurde eine Pflege nie, auch nicht mündlich, zugesichert.

    3. Für das Darlehen in Höhe von 40.000 € mussten K 2 und seine Frau selber ein Darlehen aufnehmen und dies über ihr eigenes Haus absichern. Die Zinsen entsprachen, laut eigener Angabe, den Zinsen ihres Darlehens.

    4. Die Anfechtungsfrist des § 2283 BGB ist nicht gewahrt.

    5. Sie führen einen normalen Umgang mit alkoholischen Getränken.

    Soweit zum Sachverhalt....

    Ich komme auch zu dem Ergebnis, dass sie Erblasserin aus der Sache nicht herrauskommt. :(

    Mir fehlen jedoch noch die Zustellungsurkunden, die begl. Anschr. eines Verzichtsvertrages und eine Erklärung des beurkundenen Notares. Seht ihr das genauso? :confused:

    Hab aber noch einige Fragen:

    1.) Haben die Kinder K 2-6 wirksam auf ihr Erbe verzichtet? Ein ausdrücklicher Verzicht wurde ja nicht erklärt.

    2.) Hat es eine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Erbvertrages, wenn der Notar nich anwesend war?

    3.) Konnten die Erblasserin und K 2, den Erbverzicht von K 2, mit dem Erbvertrag, wieder rückgängig machen?

  • Gem. § 13 Abs. 1 BeurkG muss die Niederschrift in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden.

    Der Kommentar von Winkler - Beurkundungsgesetz - sagt hierzu folgendes:

    Der Notar muss zugegen sein. Zugegen bedeutet nicht zwingend, dass sich der Notar im gleichen Raum mit den Beteiligten und der evtl. vorlesenden Person aufhält. Beteiligte und Notar müssen sich jedoch gegenseitig sehen und hören können. Die Beurkundung ist dann wegen Vertoßes gegen § 13 unwirksam, wenn die Niederschrift in einem vom Aufenthaltsraum des Notars abgeschlossenen Raum vorgelesen wird.

    Man müßte wissen, wo sich der Notar angeblich anläßlich der Beurkundung befunden hat.

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

  • Das Ergebnis der Anfrage ans Notariat wage ich schon einmal im Kaffeesatz zu lesen: Entweder er kann sich an den Tag nicht mehr erinnern, oder es wurde selbstverständlich alles ordnungsgemäß beurkundet. Und dagegen dann noch die Behauptung des K 2 dass der Notar sehr wohl zugegen war. Man wird also praktisch im weiteren wohl wenig über die wirksame Beurkundung sich den Kopf zerbrechen müssen.

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