Zeitpunkt des Beschlusses

  • Ich habe mal eine ganz allgemeine Frage:

    Wann wird ein Beschluss wirksam ?
    Ich habe das mal so gelernt, dass ein Beschluss dann wirksam wird, wenn er bewusst und gewollt bei der Geschäftsstelle eingeht, da er dann quasi "Außenwirkung" erlangt. Stimmt das ?

    Ich habe hier nämlich einen Fall, in dem hat eine Richterin einen Beschluss erlassen, dieser ist von der GST schon ausgefertigt etc. worden mit Anschreiben usw. und dann hat sie schnell noch alles zurückgepfiffen und jetzt liegt´s in der Akte.

    Ich denke, der Beschluss ist wirksam geworden, auch wenn er noch nicht zugestellt wurde, oder ?

  • Wenn im Wald ein Baum umfällt und niemand ist da, der es hört - macht es dann ein Geräusch?
    Oder anders: Ist Dein Beschluss noch eine gerichtsinterne Angelegenheit oder nicht? Und vor allem: was sagt die Richterin?

  • Und welche Auswirkungen hat das Ganze.

    Ist der Beschluss wirksam in der Welt und will sich das Gericht daran festhalten, muss der Beschluss den Parteien meines Erachtens auch zugestellt werden. Den anders sind diese gehindert, gegen den Beschluss Rechtsmittel einzulegen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • @jurissima:
    Mir wurde es genauso gelehrt: wenn der Beschluss den Herrschaftsbereich des Richters / Rechtspflegers verlassen hat, ist er wirksam. Ich kann mich auch noch sehr gut an die Streitereien (oder waren es Haarspaltereien :gruebel: ;)) erinnern, ob ein Beschluss in der Geschäftsstelle tatsächlich den Herrschaftsbereich des Richters / Rechtspflegers verlassen hat. Oder erst in der Poststelle. Oder erst, wenn diese es dem Postdienstleister (damals: der Post ;)) übergeben hat.

    Ein Indiz, dass Ersteres zutrifft, ist z.B. die sofortige Wirksamkeit eines Beschlusses über die Anordnung einer (vorläufigen) Betreuung. Hier wird auf dem Beschluss gerade Datum und Uhrzeit der Übergabe an die Geschäftsstelle (= Verlassen des Herrschaftsbereichs des Richters) auf dem Beschluss vermerkt. Und das ist der Zeitpunkt der Wirksamkeit.

    Gegs: die Rechtsmittelfrist ist etwas anders. Die kann / ist individuell.

    Alles in allem sicherlich eine eher theorethische Frage, da in der Praxis kaum ein hahn danach kräht, wenn jemand einen Beschluss / Urteil von der Geschäftsstelle zurückholt und ggf. ändert. Aber rechtlich halte ich es auch nicht für zulässig.

  • Gegs: die Rechtsmittelfrist ist etwas anders. Die kann / ist individuell.



    Es geht mir nicht um die Rechtsmittelfrist. Es geht mir darum, dass der Beteiligte überhaupt ein Rechtmittel, in welcher Frist auch immer, einlegen kann. Das kann er nämlich nicht, wenn der Beschluss in der Akte "vergammelt", dennoch aber vom Gericht für wirksam erachtet wird und damit faktisch auch Auswirkungen hat.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Gegs: die Rechtsmittelfrist ist etwas anders. Die kann / ist individuell.



    Es geht mir nicht um die Rechtsmittelfrist. Es geht mir darum, dass der Beteiligte überhaupt ein Rechtmittel, in welcher Frist auch immer, einlegen kann. Das kann er nämlich nicht, wenn der Beschluss in der Akte "vergammelt", dennoch aber vom Gericht für wirksam erachtet wird und damit faktisch auch Auswirkungen hat.



    Wird die Beschlagnahme eines InsO-Beschlusses erst mit der Zustellung des Beschlusses an den Schuldner wirksam? :gruebel: ;) Oder vielleicht doch schon früher ;)?

  • Gegs: die Rechtsmittelfrist ist etwas anders. Die kann / ist individuell.



    Es geht mir nicht um die Rechtsmittelfrist. Es geht mir darum, dass der Beteiligte überhaupt ein Rechtmittel, in welcher Frist auch immer, einlegen kann. Das kann er nämlich nicht, wenn der Beschluss in der Akte "vergammelt", dennoch aber vom Gericht für wirksam erachtet wird und damit faktisch auch Auswirkungen hat.



    Wird die Beschlagnahme eines InsO-Beschlusses erst mit der Zustellung des Beschlusses an den Schuldner wirksam? :gruebel: ;) Oder vielleicht doch schon früher ;)?



    Gute Frage, ich gebe diese gleich mal zurück: Ich habe schon des öfteren mit Kollegen diskutiert: Beginnt das Amt des Insolvenzverwalters mit der Unterschrift des Richters unter den Eröffnungsbeschluss oder aber erst mit der Übersendung des Eröffnungsbeschlusses an den Insolvenzverwalter :gruebel: ;).

    Und jetzt kommt es, wie soll sich denn der Schuldner gegen so einen Eröffnungsbeschluss wehren, der fein in der Akte liegt, weil es sich der Insolvenzrichter nochmals überlegen muss :gruebel: ;). Was macht ein Insolvenzverwalter, dem der Eröffnungsbeschluss einfach nicht zugeht?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Grisu:
    Da wir im selben Schloss waren, wundert mich es etwas.
    Mag aber daran liegen, dass meine Zeit vor Deiner war.
    Ich habe es so in Erinnerung:
    Ein Beschluss wird wirksam, wenn er Außenwirkung erlangt.
    Und das geschieht mit verlassen des Gerichts.

    Ansonsten habe ich als Gericht immer die Möglichkeit, eine Akte zurück zu holen.
    Ich habe mehr als einmal die Wachtmeisterei durchwühlt, um ganze Sendungen zurück zu holen.
    Solange ich das noch kann, ist keine Außenwirkung eingetreten.

    Deshalb Zustimmung zu #2.

  • Mir ist machmal nicht klar, was man davon hat, wenn man auf solche rechtliche Probleme kommt. Aber gut.
    Wer hat denn etwas davon, wenn ein mutmaßlich falscher, also gerade zu biegender Beschluss aus formalistischen Gründen als wirksam erachtet würde? Geht es ums Prinzip?

  • Das sind berechtigte Fragen, Gegs. Aber da Du nichts dagegen gesagt hast, gehe ich davon aus, dass wir einer Meinung sind und die Beschlagnahmewirkung des Beschlusses nicht von der Zustellung an den Schuldner abhängig ist.

    Aber schau Dir mal § 287 FamFG an:

    Wirksamwerden von Beschlüssen
    (1) Beschlüsse über Umfang, Inhalt oder Bestand der Bestellung eines Betreuers, über die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts oder über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 300 werden mit der Bekanntgabe an den Betreuer wirksam.
    (2) Ist die Bekanntgabe an den Betreuer nicht möglich oder ist Gefahr im Verzug, kann das Gericht die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen. In diesem Fall wird er wirksam, wenn der Beschluss und die Anordnung seiner sofortigen Wirksamkeit
    1. dem Betroffenen oder dem Verfahrenspfleger bekannt gegeben werden oder
    2. der Geschäftsstelle zum Zweck der Bekanntgabe nach Nummer 1 übergeben werden.Der Zeitpunkt der sofortigen Wirksamkeit ist auf dem Beschluss zu vermerken

    Hier habe ich einmal eine Wirksamkeit, ohne dass der davon Betroffene Kenntnis erlangt. Und ich habe bei Gefahr in Verzug eine Wirksamkeit bei Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle. In diesem Fall weiß außer dem Richter und der Geschäftsstelle niemand etwas vom Inhalt des Beschlusses.

    Die Wirksamkeit und die von Dir genannte Außenwirkung fallen auseinander.

    Und hier stellt sich m.E. die unter #1 formulierte - zugegebener Maßen rein rechtstheoretische Frage - ober ein Richter einen Beschluss tatsächlich noch Ändern kann, wenn er seinen Herrschaftsbereich verlassen und auf die Geschäftsstelle gelangt ist.


  • Ich habe mehr als einmal die Wachtmeisterei durchwühlt, um ganze Sendungen zurück zu holen.
    Solange ich das noch kann, ist keine Außenwirkung eingetreten.



    Wer hat das noch nicht :D ;)
    Ich auch schon. Deshalb gebe ich ja auch zu, dass es eine Frage ist, die in der Praxis so viel interessiert wie wenn in China ein Sack Reis umfällt.

  • Die Frage ist hier insoweit relevant, als dass aus der Akte zum einen ersichtlich ist, dass der Beschluss bereits von der GST ausgefertigt wurde und im Postausgang landete und die Akte MIR als Drittperson (ich bin nicht von diesem Gericht) übersandt wurde mit dem Hinweis auf blablabla. Die Richterin ist sich des Beschlusses offenbar nicht mehr sicher und will jetzt, dass ICH tätig werde. Will ich aber nicht, da schon entschieden wurde.

  • Die Frage ist hier insoweit relevant, als dass aus der Akte zum einen ersichtlich ist, dass der Beschluss bereits von der GST ausgefertigt wurde und im Postausgang landete und die Akte MIR als Drittperson (ich bin nicht von diesem Gericht) übersandt wurde mit dem Hinweis auf blablabla. Die Richterin ist sich des Beschlusses offenbar nicht mehr sicher und will jetzt, dass ICH tätig werde. Will ich aber nicht, da schon entschieden wurde.



    Dann hast Du ja sogar die vom Schlossbewohner ;) angesprochene Außenwirkung.

  • Ich sehe es nicht anders als bü40 in # 8. Ich habe aufgrund eines neuen Eingangs schon wiederholt einen KFB aus der Akte genommen bzw. im Gericht abgefangen, weil plötzlich ein ganz anderes Ergebnis relevant war. Solange ich im Gericht an den Beschluss herankomme, keine Außenwirkung. Alles andere ist graue Theorie. :teufel:

  • Dann liegt ein gerichtsinterner Vorgang ja zweifelsfrei nicht mehr vor.
    Tätig werden in welche Richtung? Schon im Hinblick auf § 274 StGB sollte man in solch einem Fall die Richterin ihre Fehler selbst gerade biegen lassen.

  • Ich sehe es nicht anders als bü40 in # 8. Ich habe aufgrund eines neuen Eingangs schon wiederholt einen KFB aus der Akte genommen bzw. im Gericht abgefangen, weil plötzlich ein ganz anderes Ergebnis relevant war. Solange ich im Gericht an den Beschluss herankomme, keine Außenwirkung. Alles andere ist graue Theorie. :teufel:



    Ja, aber die Akte wurde ja an mich, also ein anderes Gericht versandt. Siehst Du das dann weiterhin so?

  • Aber schau Dir mal § 287 FamFG an:

    Wirksamwerden von Beschlüssen
    (1) Beschlüsse über Umfang, Inhalt oder Bestand der Bestellung eines Betreuers, über die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts oder über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 300 werden mit der Bekanntgabe an den Betreuer wirksam.
    (2) Ist die Bekanntgabe an den Betreuer nicht möglich oder ist Gefahr im Verzug, kann das Gericht die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen. In diesem Fall wird er wirksam, wenn der Beschluss und die Anordnung seiner sofortigen Wirksamkeit
    1. dem Betroffenen oder dem Verfahrenspfleger bekannt gegeben werden oder
    2. der Geschäftsstelle zum Zweck der Bekanntgabe nach Nummer 1 übergeben werden.Der Zeitpunkt der sofortigen Wirksamkeit ist auf dem Beschluss zu vermerken

    Die Frage ist hier insoweit relevant, als dass aus der Akte zum einen ersichtlich ist, dass der Beschluss bereits von der GST ausgefertigt wurde.



    So auch z. B. auch § 38 Abs. 3 S. 3 viertes Wort FamFG.

    Die in den beiden genannten FamFG genannte "Übergabe" vom Entscheider an die Geschäftsstelle setzt, wie uns neulich auf einer Schulung nochmal ausdrücklich eingetrichtert wurde, auch eine "Übernahme" durch die Geschäftsstelle (= aktives Handeln) voraus.

    Sprich: wenn ich meine Akte mit dem Beschluss auf den Aktenzutragsbock der Geschäftsstelle gelegt habe, diese die Akte aber noch nicht "angenommen" hat, solange ist der Beschluss noch nicht wirksam und ich kann ihn noch ändern.

    In genannten Fall kommt es auf diese Frage aber nicht mehr an, da spätestens (!) durch die dokumentierte Ausfertigung des Beschlusses (und den "Ab-Vermerk" in der Originalakte) eine "Übernahme" durch die Geschäftsstelle belegt und der Beschluss damit wirksam ist.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    3 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (23. August 2009 um 00:25)

  • Ja, aber die Akte wurde ja an mich, also ein anderes Gericht versandt. Siehst Du das dann weiterhin so?


    Nein.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!