Bilanzen

  • Hallo!
    Habe als Registermensch mal eine Frage an die Insolvenzspezialisten:

    Fall: Über das Vermögen einer GmbH wurde am 01.08.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gesellschaft war vorher nicht aufgelöst, im Handelsregister sind noch die bestellten Geschäftsführer eingetragen.
    Nun wurde (von einem Dritten) der Antrag gestellt, die Gesellschaft gem. § 335 a HGB durch Ordnungsgeldfestsetzung zur Einreichung der Jahresabschlüsse der Jahre 2002, 2003 und 2004 (Geschäftsjahr = Kalenderjahr) anzuhalten.
    Von den Geschäftsführern kann ich die Einreichung m. E. nicht mehr erzwingen, da die entsprechenden Zeiträume (31.12.2002, 31.12.2003 und 31.12.2004) nach der Insolvenzeröffnung liegen und die Geschäftsführer daher gar nicht mehr die Möglichkeit hatten, die entsprechenden Jahresabschlüsse zu erstellen.
    § 335 a HGB spricht aber nur von den Mitgliedern des vertretungsberechtigten Organs der Gesellschaft als zur Einreichung verpflichtete Personen. In der Kommentierung wird auch nur von Geschäftsführer bzw. Vorstand gesprochen, nicht vom Insolvenzverwalter.
    Ich bin daher davon ausgegangen, dass die entsprechenden Strafvorschriften auf den Insolvenzverwalter nicht angewandt werden können.
    Mein Antragsteller sieht das jedoch anders: Seiner Meinung nach hat der Insolvenzverwalter nach § 155 InsO die gleichen Pflichten wie ein Geschäftsführer, so dass ich auch nach § 335 a HGB gegen ihn vorgehen könne.
    Der Insolvenzverwalter bestreitet das jedoch. Zusätzlich führt er noch an, das bereits zum 31.08.2001, also ein Jahr vor der Insolvenzeröffnung, das Vermögen der GmbH (Beteiligungen an anderen Gesellschaften und an Grundbesitz) veräußert wurde. Der Geschäftsbetrieb sei damit bereits vor Insolvenzeröffnung eingestellt worden. Dies habe zur Folge, dass die Buchführungspflicht entfalle.

    Ich bin immer noch der Meinung, § 155 InsO nicht dazu führt, dass ich als Registergericht nach § 335 a HGB gegen einen Insolvenzverwalter vorgehen kann. M. E. unterliegt der Verwalter nur der Aufsicht durch das Insolvenzgericht, nicht aber durch das Handelsregister.

    Liege ich damit jetzt total falsch? Hat vielleicht jemand von euch schon Erfahrung mit diesem Problem (oder vielleicht sogar eine Fundstelle)?

    Bin für jede Hilfe dankbar!

    Lieben Gruß und noch einen schönen (Rest-)Sonntag!

  • Das ist tatsächlich umstritten. Ich kann dazu aus unserem spärlichen Büchereibestand nur ein paar, z. T. ältere, Fundstellen anbieten: die Offenlegungspflicht des Insolvenzverwalters bejahen Smid/Rattunde/Schmid, InsO, 2. Aufl. (2001), § 155 Rn. 8, 14; Braun/Gerbers, InsO, 2. Aufl. (2004), § 155 Rn. 5; KG, Rpfleger 1997, 483 (noch zur KO); verneinend LG Mönchengladbach ZInsO 2005, 948.

  • Leidige Angelegenheit. In so einem Fall kann man doch die (geringe) Masse nicht verbraten und noch unsinnige Bilanzen aufstellen, sollte man meinen..

    Bei vor Verfahrenseröffnung erfolgter Betriebseinstellung sind die §§ 238 ff . HGB bei kleinen und mittleren Unternehmen nicht mehr anzuwenden (vgl. Münchner Komm. zur InsO § 155 RZ11).

    Aber grundsätzlich gilt, dass ein Insolvenzverwalter entsprechend HGB weiterhin zur Erstellung der JA's und deren Offenlegung verpflichtet ist( Irschlinger in HK zur InsO, § 155 RZ 13).

    Wenn aber eine Verpflichtung besteht, ist der Verwalter der richtige Ansprechpartner für die Zwangsgeldandrohung, so Staub, HGB, 4.Aufl., § 335 RZ 17, MünchKommHGB-Quedenfeld Rdn. 4; HKHGB-Ruß Rdn. 7.

    Das OLG München sieht darüberhinaus sogar noch eine Prüfungspflicht der im Insolvenzverfahren aufzustellenden Jahresabschlüsse für die Zeit vor Verfahrenseröffnung vor (Beschluss v. 10.8.05 - 31 Wx 61/05, NZI 2006, 108).

    Man kann sich natürlich auf die Entscheidung LG M'gladbach beziehen, die m.E. zwar schön, aber falsch ist; so meint das LG, der Verwalter stünde "nur" unter der Aufsicht des Insolvenzgerichtes, nicht aber der des Handelsregistergerichtes. Das kann nicht sein. Wenn der Verwalter sich um die Altlasten nicht kümmert, ist das auch nicht (nur) Sache des Insolvenzgerichtes.

  • Zitat

    Leidige Angelegenheit. In so einem Fall kann man doch die (geringe) Masse nicht verbraten und noch unsinnige Bilanzen aufstellen, sollte man meinen..


    Das hat der Insolvenzverwalter auch vorgebracht (massearmes Verfahren), aber der Antragsteller ist der Meinung, dass der Insolvenzverwalter dann selbst die Bilanzen erstellen müsse. Wenn er dies nicht könne, sei er als Insolvenzverwalter ungeeignet.

    Vielen Dank für eure Antworten. Auf die Entscheidung des LG Mönchengladbach war ich auch gestoßen, aber ich hab schon befürchtet, dass das eine absolute Mindermeinung ist. Aber ich glaube, dass ich mich trotzdem dieser Mindermeinung anschließen werde. Es ist ein massearmes Verfahren (steht kurz vor der Einstellung) und der Geschäftsbetrieb ist schon lange eingestellt.

    Vielen Dank!
    Hierzu übrigens noch eine Verständnisfrage:

    Zitat

    Bei vor Verfahrenseröffnung erfolgter Betriebseinstellung sind die §§ 238 ff . HGB bei kleinen und mittleren Unternehmen nicht mehr anzuwenden (vgl. Münchner Komm. zur InsO § 155 RZ11).

    Aber grundsätzlich gilt, dass ein Insolvenzverwalter entsprechend HGB weiterhin zur Erstellung der JA's und deren Offenlegung verpflichtet ist( Irschlinger in HK zur InsO, § 155 RZ 13).


    Wie kann der Insolvenzverwalter noch zur Erstellung und Offenlegung verpflichtet sein, wenn §§ 238 ff HGB nicht mehr anzuwenden sind? Wenn keine Buchführungspflicht mehr besteht, kann doch auch kein Jahresabschluss mehr erstellt werden, oder? Hab leider keinen MüKo zur Inso hier und beck-online verweigert mir den Zugriff.

  • Wenn der Verwalter aufgrund vor Eröffnung erfolgter Betriebseinstellung nicht mehr zur handelsrechtlichen Buchführung verpflichtet ist, dann muss er konsequenter Weise auch keinen JA erstellen und kann den auch nicht mehr offen legen.:strecker

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