Diskussion zur GbR-Rechtsprechung ab 18.08.2009

  • Das ist natürlich formal betrachtet völlig richtig aber was macht es für die Beteiligten denn für einen Unterschied, ob nun die schon seit 1998 bestehende "A, B und C Grundbesitz GbR, bestehend aus A, B und C" oder die für den Erwerb 2010 gegründete neue "A, B und C Grundbesitz GbR, bestehend aus A, B und C" im GB eingetragen wird?



    Soweit ich weiß kann die Gründung einer Gesellschaft bilanz- und steuerrechtliche Folgen haben. Wenn sie gewerblich tätig ist, ist wohl jede einzelne ein eigenes Unternehmen.

  • Folgender Passus aus dem DNotI-Gutachten macht das ganze Dilemma deutlich:

    Zwar handelt es sich beim Grundbuch ausweislich der Begründung des Rechtsausschusses um kein (Ersatz-)Gesellschaftsregister (vgl. BT-Drs. 16/13437, S. 26 re. Sp.). Hieraus zu folgern, dass Grundbuchberichtigungen im Anschluss an einen Gesellschafterwechsel nicht (mehr) unter § 899a BGB fallen, hieße jedoch, die Beschränkungen der Rechtsscheinswirkungen für Verkehrsgeschäfte über den Gesellschaftsanteil gegenüber Dritten in unzulässiger Weise mit den Vermutungstatbeständen zu vermengen, die gegenüber dem Grundbuchamt erzeugt werden.

    Man kann nur sagen: Genauso ist es - nur dass die betreffende "Vermengung" nicht von den Kritikern des Gesetzes, sondern vom Gesetzgeber selbst vorgenommen wurde, indem er in der Gesetzesbegründung (in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Norm) klar zum Ausdruck gebracht hat, dass die Abtretung eines Gesellschaftsanteils keine Rechtshandlung "in Ansehung des eingetragenen Rechts" der GbR i.S. des 899a S.1 BGB darstellt (BT-Drucks. 16/13437, S. 27).

  • Einmal angenommen, Cromwells Argumente wären richtig, mit dem Ergebnis, dass eine bestehende GbR nicht erwerben könnte bzw. Anteilsübertragungen so gut wie nicht eintragbar wären.

    Dadurch wären zahlreiche GbRs bzw. deren Gesellschafter dem Rechtsverkehr mit Grundstücken entzogen und somit in ihren Grundrechten nach Art. 14 bzw. 3 GG beeinträchtigt.

    Wären die einschlägigen Vorschriften des ERVGBG insofern nicht prädestiniert für eine Normenkontrollklage vor dem BVerfG?

    Cromwell, ich wäre sicher, einige hier im Forum würden Dich unterstützen. :D

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Die Normenkontrollklage würde wohl schon daran scheitern, dass das ERVGBG dazu eben genau nichts normiert (wollte man eine solche Norm in § 899a BGB hineinlesen, wäre ja alles in Ordnung).

    Und ein Urteil des BGH wird im Wege der Normenkontrollklage vermutlich nicht aufgehoben (obwohl es vorliegend vermutlich nicht das schlechteste Ergebnis wäre).

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Das Problem mancher Kritiker ist, dass sie sich immer nur dann auf die Gesetzesbegründung berufen, wenn es ihnen passt, im Übrigen die Begründung aber völlig unerheblich sein soll, wenn sie zu dem gewünschten Ergebnis im Widerspruch. Sofern eine Auseinandersetzung mit der methodenrechtlichen Literatur und der Rechtsprechung hierzu nicht erfolgt, entfalten die Evidenzappelle der Kritiker nur eine begrenzte Wirkung. Dabei ist nicht zu verhehlen, dass die Kritiker durchaus Argumente haben. Die Art und Weise, in der Gegenargumente jedoch ignoriert werden, stimmt bedenklich.

    Es ist heutzutage im Übrigen eine beliebte semantische Übung, jede Detailfrage des einfachen Rechts an der Verfassung messen zu wollen. Bevor eine Norm übrigens nichtig ist, muss eine verfassungskonforme Auslegung der Norm durchgeführt werden. Die Appelle der Kritiker an die angebliche Evidenz der maßgeblichen Bestimmungen sind bekannt. Genauso ließe sich jedoch einfach das Gegenteil behaupten.

  • Im DNotI-Report 16/2010, S. 145 ff hat das DNotI ein Gutachten zu der Frage der Berichtigung des Grundbuchs aus Anlass der Übertragung der Mitgliedschaft an einer GbR veröffentlicht.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • OLG Oldenburg, Beschluss vom 09.08.2010, Az. 12 W 158/10:

    Auf die Beschwerde der Beteiligten vom 26.07.2010 wird der Beschluss des Amtsgerichts .... -Grundbuchamt- vom 09.04.2010 aufgehoben.
    Das Amtsgericht wird gebeten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die Eintragungsanträge vom 23.03.2010 zu entscheiden.

    Gründe:

    I.
    Mit notariellem Kaufvertrag vom 18.12.2009 (UR-Nr. ..../2009 des Notars ...) erwarben die Erschienenen/Vertretenen A bis J „handelnd unter dem Namen A, B und Partner Grundstücksgesellschaft bürgerlichen Rechts, ... (Straßen- und Ortsangabe)“ von der Beteiligten zu 1) den im Rubrum bezeichneten Grundbesitz. Auf der Grundlage der am 29.01.2010 erklärten Auflassung hat der Notar mit Schreiben vom 23.03.2010 gemäß § 15 GBO die Eigentumsumschreibung und die Löschung eines eingetragenen Rechts im Grundbuch beantragt. Durch Beschluss vom 09.04.2010 hat das Amtsgericht die Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die zur Umschreibung erforderlichen Nachweise zur Existenz, zur Identität und zur Vertretung der erwerbenden GbR nicht in der Form des § 29 Abs.1 S.1 GBO erbracht worden seien und auch nicht erbracht werden können. Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde vom 26.07.2010.

    II.
    Die vom Urkundsnotar namens der Beteiligten gemäß § 71 GBO zulässig erhobene Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

    Das Amtsgericht durfte die Grundbuchanträge der Beteiligten nicht nach § 18 Abs.1 S.1 GBO zurückweisen, da die der Eintragung entgegenstehenden Hindernisse behoben werden können.

    Entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, erfordert die Eigentumsumschreibung auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, dass dem Grundbuchamt die Existenz, die Identität der früher gegründeten GbR mit der erwerbenden GbR und die Vertretungsberechtigung der für die Gesellschaft Handelnden für den Zeitpunkt des Vertreterhandelns in der Form des § 29 Abs.1 S.1 GBO nachgewiesen werden (vgl. OLG Schleswig DNotZ 2010, 296/298; OLG München DNotZ 2010, 299/300, jeweils m.w.Nachw.). Zar wird der insoweit erforderliche Nachweis, wie das Amtsgericht zu Recht feststellt, hier nicht bereits durch den vorgelegten notariellen Kaufvertrag vom 18.12.2009 erbracht. Das Amtsgericht war jedoch aufgrund der Angaben im Kaufvertrag gehalten, im Wege einer Zwischenverfügung zunächst weitere Nachweise in Form eines beglaubigten Gesellschaftsvertrags und eidesstattlicher Versicherungen der Gesellschafter über das unveränderte Fortbestehen des Gesellschafterbestandes und die Vertretungsberechtigung der Handelnden anzufordern, um die Eintragungsfähigkeit der GbR abschließend prüfen zu können.

    Anders als in dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts München (DNotZ 2010, 299 ff.) zugrundeliegenden Fall enthält der von den Beteiligten vorgelegte notarielle Kaufvertrag vom 18.12.2009 in Bezug auf die erwerbende GbR nicht nur die Angabe einzelner Gesellschafter, sondern auch den Namen und den Sitz der Gesellschaft. Die erwerbende GbR ist damit im Kaufvertrag hinreichend individualisiert, so dass -im Gegensatz zu den vom Oberlandesgericht München und im Anschluss daran vom Kammergericht (Beschluss vom 22.06.2010, 1 W 277/10) entschiedenen Fällen- durch das Amtsgericht geprüft und sichergestellt werden kann, dass ein nachträglich vorgelegter Gesellschaftsvertrag auch tatsächlich die im Kaufvertrag bezeichnete Gesellschaft betrifft. Auch wenn mit dem Amtsgericht (entgegen OLG Saarbrücken DNotZ 2009, 301 ff.) davon auszugehen ist, dass der erforderliche Nachweis zum Bestehen der Gesellschaft und zum aktuellen Gesellschafterbestand nicht schon durch den Kaufvertrag als öffentliche Urkunde erbracht ist, kann die Existenz und die Identität der erwerbenden Gesellschaft hier daher grundsätzlich durch die nachträgliche Vorlage eines der Form des § 29 GBO entsprechenden Gesellschaftsvertrages belegt werden.

    Soweit darüber hinaus auch mit Blick auf die im Kaufvertrag vom 18.12.2009 gewählte Formulierung „... handelnd unter dem Namen ...“ der konkrete Gesellschafterbestand und die Vertretungsverhältnisse bei der erwerbenden GbR im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht hinreichend klar bezeichnet sind, kann dies -entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung- grundsätzlich durch formgerechte eidesstattliche Erklärungen der Gesellschafter nachgeholt werden.

    In seiner Entscheidung zur Grundbuchfähigkeit der GbR vom 04.12.2008 (NJW 2009, 594 ff.) hat der BGH zum Ausdruck gebracht, dass die Verkehrsfähigkeit der GbR gegenüber dem Grundbuchrecht vorrangig ist. Der BGH verweist insoweit auf die dienende Funktion des Grundbuchrechts und führt aus, dass das Grundbuchrecht den rechtsgeschäftlichen Verkehr mit dem nach bürgerlichem Recht möglichen Grundeigentum auf sichere und verlässliche Weise ermöglichen, aber nicht verhindern soll. Das Verfahrensrecht sei daher an das geänderte Verständnis des Wesens der GbR anzupassen (vgl. BGH NJW 2009, 594/596 Rz.13). Vor diesem Hintergrund ist der Senat (vgl. auch Beschl. v. 15.06.2009, 12 W 95/09) der Auffassung, dass ein noch nicht zur Kaufvertragsurkunde geführter Nachweis zur Identität der Gesellschafter der erwerbenden GbR und zur Vertretungsberechtigung der handelnden Personen -entgegen der vom Amtsgericht zitierten Literaturansicht- auch nachträglich durch (in der Form des § 29 GBO abgegebene) eidesstattliche Erklärungen der Gesellschafter nachgewiesen werden kann (so auch LG Traunstein Rpfleger 2009, 448; LG Darmstadt, Beschl. v. 24.03.2009, 26 T 31/09; LG Magdeburg NJW-RR 2009, 1528; Tebben NZG 2009, 288/291; Bielecke Rpfleger 2007, 441/443). Die Notwendigkeit eines ergänzenden Nachweises besteht dabei jedoch regelmäßig nur dann, wenn -wie hier- der Gesellschafterkreis und die Vertretungsberechtigung der Handelnden nach dem Wortlaut der Kaufvertragsurkunde nicht eindeutig bezeichnet sind bzw. wenn sich im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für Veränderungen ergeben (vgl. BGH aaO, S. 598, Rz. 25).

    ------------------------

    Im Beschluss vom 19.07.2010 (#197) hatte es noch geheißen:

    Das Grundbuchamt ist vorliegend einer in der Grundbuchpraxis vertretenen Auffassung gefolgt, wonach die Vorlage des Gesellschaftsvertrages in der Form des § 29 GBO und - im Hinblick darauf, dass nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages möglicherweise Änderungen im Gesellschafterbestand und in den sonstigen Rechtsverhältnissen eingetreten sind - eine eidesstattliche Versicherung, dass Änderungen nicht eingetreten seien, erforderlich sei. Dem folgt der Senat nicht (vgl. auch 12 W 63/10).

    Das Entstehen der GbR, deren Gesellschafterbestand, ihre Identität und Vertretungsbefugnisse können mit dem Gesellschaftsvertrag nachgewiesen werden. Zwingend ist dies hingegen nicht. Sie können auch dadurch nachgewiesen werden, dass im Rubrum einer öffentlichen Urkunde - etwa eines Gerichtsurteils oder wie vorliegend eines notariellen Kauf- oder Auflassungsvertrages – die Bezeichnung der Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern aufgeführt ist. Zwar ist nach § 29 GBO grundsätzlich die Beurkundung des nachzuweisenden Rechtsgeschäfts, hier also des Gesellschaftsvertrages selbst erforderlich. Im Grundbuchrecht ist jedoch auch in anderen Fällen wie etwa der Bestätigung einer Vollmacht anerkannt, dass in der Form des § 29 GBO abgegebene „Bestätigungs- oder Erkenntniserklärungen“, in denen die Vornahme des Rechtsgeschäfts bestätigt wird, zum grundbuchrechtlichen Nachweis ausreichend sind. Wenn die Vertragsschließenden in der notariellen Urkunde behaupten, für eine bestimmte namentlich bezeichnete Gesellschaft bürgerlichen Rechts handeln zu wollen, ist davon auszugehen, dass es diese Gesellschaft bürgerlichen Rechts gibt und auch von ihnen vertreten wird (OLG Saarbrücken, a.a.O. m.w.N.).

    Ist eine Eintragungsvoraussetzung - hier die positive Tatsache einer Einigung einschließlich der ordnungsgemäßen Vertretung der Gesellschaft - nachgewiesen, muss dem Grundbuchamt nicht darüber hinaus nachgewiesen werden, dass sich diese Voraussetzung nicht geändert hat. 

    Abgesehen hiervon wäre ein Nachweis durch eidesstattliche Versicherung ohnehin nicht möglich. Die eidesstattliche Versicherung ist als Beweismittel in der GBO – außer im Falle des § 35 Abs.3 S.2 GBO – grundsätzlich nicht vorgesehen. Das Grundbuchamt ist auf die im Eintragungsverfahren nach der GBO zugelassenen Beweismittel beschränkt (vgl. OLG Köln, OLGR 2007, 612; BayOblG, NotBZ 2004, 279; Demharter, a.a.O., Rn. 26; Ruhwinkel, a.a.O., S. 180). Nur ausnahmsweise, insbesondere für das Nichtvorliegen eintragungshindernder Tatsachen, wird die eidesstattliche Versicherung für zulässig angesehen (vgl. Demharter, a.a.O., § 29 Rn 63 und § 1 Rn 51). Die Vorschrift des § 31 FamFG, wonach zur Glaubhaftmachung die eidesstattliche Versicherung zulässig ist, gilt im Eintragungsverfahren der GBO nicht. Für eintragungsbegründende Tatsachen bleibt es daher bei der Regel des § 29 Abs.1 GBO. Mit der eidesstattlichen Versicherung wäre zudem auch keine höhere Richtigkeitsgewähr verbunden. Denn die Strafbarkeit gemäß § 156 StGB setzt voraus, dass die eidesstattliche Versicherung in dem Verfahren, in dem sie abgegeben wird, auch abgegeben werden darf (BGH NJW 1966, 1037).

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    Also:

    Einmal OLG Saarbrücken am 19.07.2010 richtig, andererseits OLG Saarbrücken am 09.08.2010 falsch.

    Einmal eidesstattliche Versicherung am 19.07.2010 unzulässig, andererseits am 09.08.2010 wieder zulässig.

    Kein Wort davon, dass der Senat seine Ansichten im Beschluss vom 19.07.2010 aufgibt oder aufgegeben hat.

    Das Grundbuchamt wird „gebeten“, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die gestellten Anträge zu entscheiden.

    Nur: Was ist denn nun die Rechtsauffassung des Senats?

    Außerdem:

    Die Entscheidung des OLG München vom 20.07.2010 (#151) wurde vom OLG Oldenburg nicht berücksichtigt. Das OLG München lehnt eine eidesstattliche Versicherung aber genauso ab wie das vom OLG Oldenburg (allerdings nicht in dieser Hinsicht) zitierte OLG Saarbrücken. Der „Clou“ ist allerdings, dass das OLG Oldenburg die Anwendbarkeit des § 31 FamFG zur Begründung der Zulässigkeit der eidestattlichen Versicherung im Beschluss vom 19.07.2010 noch ausdrücklich ablehnte, sich aber nunmehr in der Entscheidung vom 09.08.2010 für die Zulässigkeit der eidesstattlichen Versicherung auf die Entscheidung des LG Magdeburg beruft, welches diese Zulässigkeit mit der Norm des § 31 FamFG begründete. Die übrigen zitierten LG-Entscheidungen sind durch das Inkrafttreten der GbR-Teile des ERVGBG am 18.08.2009 überholt. Sie betrafen außerdem lediglich die Fallgestaltung der verfügenden und nicht denjenigen der erwerbenden GbR.

    Wie inzwischen feststehen dürfte, sind einseitige Geständniserklärungen zum Nachweis der Vertretungsverhältnisse der GbR nicht möglich (KG, Beschluss vom 23.03.2010, Az. 1 W 88 + 116 - 127/10; KG, Beschluss vom 22.06.2010, Az. 1 W 277/10; OLG München, Beschluss vom 20.07.2010, Az. 34 Wx 63/10; OLG Nürnberg ZIP 2010, 1344). Weshalb sollte demnach eine solche einseitige Geständniserklärung ausreichend sein, nur weil sie in die Form einer (zudem nicht strafbewehrten) eidesstattlichen Versicherung gekleidet ist? Eine zu notarieller Urkunde abgegebene eidesstattlicheVersicherung würde aufgrund der beschränkten Beweiskraft notarieller Urkunden zudem nur ihre Abgabe, nicht aber die Richtigkeit ihres Inhalts belegen (BGH, Beschluss vom 11.02.2010, Az. V ZB 167/09 [Rn. 18]; KG Rpfleger 2009, 147 = FGPrax 2009, 55 = DNotZ 2009, 546; OLG Hamm Rpfleger 1995, 292; BayObLG DNotZ 1993, 598; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 1 Rn. 51 und § 29 Rn. 23; Schöner/Stöber, GBR, 14. Aufl., Rn. 240 d; Ruhwinkel MittBayNot 2009, 177, 180 und MittBayNot 2009, 421, 424; Schubert ZNotP 2009, 177, 180; Böttcher ZfIR 2009, 613, 618; Bestelmeyer Rpfleger 2010, 169, 181).

    Und der Gesellschaftsvertrag? Er beweist lediglich die Rechtsverhältnisse im Zeitpunkt seines Abschlusses, nicht aber diejenigen zum Zeitpunkt eines späteren Vertreterhandelns (BGH Rpfleger 2006, 257 = NJW 2006, 2189 = DNotZ 2006, 523; BayObLG ZMR 2003, 218, 219; KG, Beschluss vom 22.06.2010, Az. 1 W 277/10; OLG München, Beschluss vom 20.07.2010, Az. 34 Wx 63/10; OLG Saarbrücken DNotZ 2010, 301 = NotBZ 2010, 192 = ZfIR 2010, 329 = MittBayNot 2010, 311; LG Darmstadt Rpfleger 2003, 178; Hügel ZWE 2003, 323, 324; Bestelmeyer Rpfleger 2010, 169, 179-181; Krüger NZG 2010, 801, 807 f).

    Ich fürchte, das OLG Oldenburg hat sich in GbR-rechtlicher Hinsicht völlig vergaloppiert. Das sieht man auch daran, dass es dem Grundbuchamt entgegen § 75 GBO und § 68 FamFG keine Gelegenheit zu einer Abhilfenentscheidung gegeben, sondern über die direkt beim OLG eingelegte Beschwerde unmittelbar entschieden hat.

    Ich würde den Antrag erneut zurückweisen, zum einen, weil das Grundbuchamt nicht zu einer bestimmten Verfahrensweise angewiesen wurde und zum anderen, weil sich die Sach- und Rechtslage durch die Entscheidung des OLG München vom 20.07.2010 und die Ausführungen Krügers (NZG 2010, 801) geändert hat (vgl. OLG Schleswig Rpfleger 2005, 356 und Meikel/Streck § 77 Rn.44). Nach Krüger sind die Hinweise des V. Senats in der Grundbuchfähigkeitsentscheidung vom 04.12.2008 seit dem Inkrafttreten von § 899a BGB am 18.08.2009 obsolet. Auf eben diese Hinweise hat sich das OLG Oldenburg aber ausdrücklich gestützt.

  • Posting von Andreas aus dem GbR-Rechtsprechungsthread:

    OLG München vom 17.08.2010 (34 W 98/10)

    und

    OLG München vom 17.08.2010 (34 W 99/10)

    Erwerb durch die GbR (Nachweise)

    An der Entscheidung vom 20.07.2010 wird festgehalten (vgl. #37). Es ist nicht ersichtlich, wie mit den grundbuchrechtlich zugelassenen Mitteln nachzuweisen sein könnte, dass der Gesellschafterbestand und damit auch die Vertretungsbefugnis der handelnden Personen seit Gründung der GbR bzw. seit der jüngsten Änderung des Gesellschaftsvertrags so wie bisher fortbestehen.

    Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, wenn es sich um beim Erwerber eine auf Bestand angelegte Familiengesellschaft handelt. Zwischen solchen und eher auf Wechsel angelegten Gesellschaften ist nicht zuverlässig abzugrenzen, wie es auch kein sicheres Kriterium bildet, ob die Gesellschaft in ihrer Zusammensetzung familiär oder anonym geprägt ist.

    ------------------

    Im Kontext meiner vorstehenden Stellungnahme zur Entscheidung des OLG Oldenburg vom 09.08.2010 sehe ich aufgrund dieser neuen Entscheidungen keinen Grund, weshalb das Grundbuchamt die Anträge nicht erneut zurückweisen könnte.

    Frage an Andreas: Sagt das OLG München noch einmal etwas speziell zur eV? Im Beschluss vom 20.07.2010 hatte es die Entscheidung des Grundbuchamts bestätigt, wonach die Nachweise nicht durch eine eV geführt werden können.

  • Ja, ein wirklich interessanter Beschluss des OLG Oldenburg, mit dem man leider nichts anfangen kann...

    Ich denke, es war dem OLG Oldenburg inzwischen aufgefallen, was man am 19.07.2010 eigentlich entschieden hatte. Nämlich, dass es keines Vertretungsnachweises mehr braucht(e), wenn eine GbR auf der Erwerberseite steht.

    Also hat man im neuen Beschluss sich nun - ohne den alten Beschluss des selben Senats auch nur ein Mal zu erwähnen - der als immer noch halbwegs praktikabel geltenden "Lösung" mit GbR-Vertrag + eV angeschlossen.
    Zum einen werden dadurch die Beteiligten nicht vor unüberwindbare Hindernisse gestellt. Zum anderen wird dadurch vordergründig vorgegaukelt, es seien tatsächlich Nachweise erbracht worden.

    Schade, dass man sich in Oldenburg nicht mal wirklich mit den abweichenden Meinungen aus München befasst hat!

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich glaube, ich stelle die Entscheidungen des OLG München doch bald ein... ich zitiere:

    "§ 899a BGB (...) erlaubt die Vermutung nur in Ansehung des eingetragenen Rechts, d. h. für Rechtshandlungen mit unmittelbarem Bezug auf den Eintragungsgegenstand, also das jeweils verzeichnete Grundstücksrecht. Der gesetzgeber hat nämlich bewusst davon abgesehen, dem Grundbuch die Funktion eines allgemeinen Gesellschaftsregisters zukommen zu lassen."

    "Insbesondere eignet sich [zum Nachweis des Gesellschafterbestands] nicht eine Erklärung von Beteiligten über die Rechtsverhältnisse der GbR, selbst wenn sie ggf. untermauert wird durch eidesstattliche Versicherung (KG FGPrax 2009, 55; Bestelmeyer Rpfleger 2010, 169/181 f.). Es ist nicht ersichtlich, wie mit den grundbuchrechtlich zugelassenen Mitteln etc. etc."

    Das mit der e. V. wird nicht weiter ausgeführt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Schade, dass man sich in Oldenburg nicht mal wirklich mit den abweichenden Meinungen aus München befasst hat!


    Vielleicht tun sie es ja bei der nächsten Entscheidung, wenn München schon drei oder mehr Male gesagt haben wird, dass es keine grundbuchrechtlich möglichen Nachweismöglichkeiten gibt. (:teufel:)

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Mit Blick auf die zuletzt eingestellten Entscheidungen könnte man die Diskussion um die GbR wohl beenden. Offenbar ist alles möglich, oder auch nix. Da die OLGs die verschiedensten rechtlichen Lösungen anbieten, haben die Rechtspfleger(-innen) aus beiden Lagern Grundlagen für ihre Entscheidungen. Schade, ich hab es aber so kommen sehen. Interessant ist es nur, dass ein OLG nun kurz hintereinander sich selbst widerspricht. Ich denke, bei der GbR-Problematik ist nun alles zu spät und verfahren. Möge der BGH (oder endlich der Gesetzgeber) für Ruhe sorgen oder die Kolleginnen und Kollegen tun, was immer sie für richtig halten. Schön ist es aber gleichwohl nicht ....

  • In einem anderen Thread wurde gemeint, dass bei der GbR das Rad nicht neu erfunden werden müsse. Das ist richtig, aber man muss die Dinge auch unter dem Blickwinkel betrachten, dass vielleicht schon die alten Räder mit Mängeln behaftet waren, weil manches, was früher vertreten wurde und mit der GbR gar nichts zu tun hatte, nicht richtig sein kann. Dazu zählt z.B. die Ansicht, dass sechs Wochen alte Handelsregisterauszüge oder Registereinsichten zum grundbuchrechtlichen Nachweis genügen, auch wenn das Handeln der Gesellschaft und ihrer Vertreter den besagten Zeitraum später erfolgt. Das war schon immer falsch, denn wie sollte ein alter Auszug oder eine alte Einsicht belegen, wie die Rechtsverhältnisse heute sind? Bei diesen und ähnlichen Dingen wurden die Gesetze der Logik einfach auf den Kopf gestellt, nur weil man irgendwelchen -aber lösbaren!- Schwierigkeiten aus dem Weg gehen wollte. Wenn eine registerfähige Gesellschaft handelt, muss der Notar das Register eben am gleichen Tag oder rückwirkend auf den Tag des Vertreterhandelns einsehen. Das ist überhaupt kein Problem. Bei der GbR ist es allerdings ein Problem, weil es für sie kein Register gibt. Aber das liegt eben in der Natur der Dinge und bedeutet nicht, dass bei der GbR kein Vertretungsnachweis für den Zeitpunkt des Vertreterhandelns geführt werden muss.

    Mittlerweile wird die genannte Ansicht zu den Handelsregisterauszügen und Einsichten sogar dafür herangezogen, dass das Grundbuchamt einen sechs Wochen bis zwei alten Gesellschaftsvertrag zum Nachweis der Vertretungsverhältnissse der GbR akzeptieren müsse, weil man ihn bei registerfähigen Gesellschaften ebenfalls akzeptiert (Heinze RNotZ 2010, 208, 301/302). Eine solche Argumentation zeigt deutlich, dass man nicht gewillt ist, etwas hinzuzulernen und uneinsichtig an Dingen festhält, die sich schon lange als falsch erwiesen haben.

    Wenn man es genau betrachtet, ist der Streit um die GbR eigentlich überhaupt nicht nachvollziehbar. Er könnte nämlich ohne weiteres durch die nach den Gesetzen der Logik zwingende Überlegung entschieden werden, dass jemand, der einen anderen vertritt, auch nachzuweisen hat, dass er im Zeitpunkt seines Vertreterhandelns auch vertretungsberechtigt ist. Wer diese Erkenntnis negiert, bewegt sich bereits außerhalb des geltenden Rechts und es ist kein gutes Zeichen für die rechtliche Streitkultur, wenn sich eine Vielzahl von (meist dem notariellen Berufsstand angehörenden) Autoren aufmacht, um zu bestreiten, was auf der Hand liegt und sich deshalb überhaupt nicht bestreiten lässt. Krüger (FS Zimmermann [2010] S.177, 186) meint dazu, dass es schon erstaunlich sei, dass „die Notare“ versuchen, die Schwächen der gesetzlichen Neuregelung „hinwegzufabulieren“ und trotz ihrer selbstzuerkannten Funktion als Lordsiegelbewahrer des Grundbuchs lieber die sachenrechtlichen Grundsätze über Bord werfen, als eine saubere Lösung anzustreben und sich der Täuschung hingeben, es sei bei der GbR wie früher, obwohl nunmehr alles anders sei, weil das Gesetz nur vortäuscht, es sei alles so wie früher.

    Und deshalb teile ich auch nicht die Ansicht von Kimi, der meint, es könne nun jeder unbesorgt machen, was er wolle. Das heißt, natürlich kann jeder machen, was er will, die Frage ist aber, ob er es auch guten Gewissens tun kann. Und sich selbst ein gutes Gewissen zu bescheinigen, ist in etwa so, als wenn sich der Testator seine eigene Testierfähigkeit bestätigt oder wenn sich -und damit schließt sich der Kreis- die angeblichen Gesellschafter einer GbR selbst bestätigen, die wahren und einzigen Gesellschafter der GbR zu sein.

  • Immerhin hat das OLG München in seinen beiden Beschlüssen vom 17.08.2010 jeweils die Rechtsbeschwerde zugelassen. Wollen wir hoffen, dass die Beteiligten diesen Weg einschlagen und wollen wir weiter hoffen, dass der BGH dann eine klare Entscheidung trifft und sich nicht aus einem "Nebenausgang" davon macht (wovon ich persönlich nach den Veröffentlichungen von Krüger nicht ausgehe).

    Ulf

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