FamFG: Gerichtliche Genehmigungen (insbesondere: Problematik des § 1812 BGB)

  • Das Gericht ist dem Wohl des jeweiligen Vertretenen verpflichtet, auch wenn es im Rechtssinne nicht dessen Vertreter ist (§§ 1666, 1667, 1693, 1837, 1908 i, 1915, 1962 BGB). Auch die Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung einer Genehmigung hat sich ausschließlich am Interesse des jeweiligen Vertretenen auszurichten. Demzufolge hat man als Gericht „nach Recht und Gesetz“ zum Wohl und im Interesse des jeweiligen Vertretenen zu handeln. Über diese rechtliche Ausgangslage sollten wir uns alle einig sein.

    Bei einer allgemeinen Ermächtigung i.S. des § 1825 BGB liegt es in der Natur der Dinge, dass die konkreten und erst in der Zukunft vorzunehmenden Rechtsgeschäfte weder im Hinblick auf die Art und Weise der Verfügung noch in inhaltlicher Hinsicht bekannt sind. Wären die in #18 genannten Einwände begründet, müsste man die Zulässigkeit von allgemeinen Genehmigungen somit generell bezweifeln. Da sie aber von § 1825 BGB gestattet werden, sind die besagten Einwände insoweit gegenstandslos.

    Mit einer Entscheidung nach § 1825 BGB ist unstreitig eine Arbeitserleichterung für die Gerichte verbunden. Das war schon bisher so. Diese Arbeitserleichterung ist aber nicht der Grund für die Entscheidung, sondern die Folge der Entscheidung und ich hatte es bisher auch in keinem anderen Kontext dargestellt (vgl. #1, Ziffer III 1).

    Wenn eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften vorab in Form einer allgemeinen Ermächtigung genehmigt und der betreffende Beschluss rechtskräftig ist, so ist es begrifflich überhaupt nicht möglich, dem Vertretenen durch die von mir vorgeschlagene Verfahrensweise sein Beschwerderecht zu entziehen, weil die jeweilige einzelne Verfügung bereits rechtskräftig genehmigt ist und der Vertretene im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nach § 1825 BGB Gelegenheit hatte, (selbst oder durch den Verfahrenspfleger) bei der Anhörung oder im Wege der Beschwerde Einwände gegen die betreffende Beschlussfassung vorzubringen. Auch der erhobene Vorwurf in Bezug auf die Beschneidung des Beschwerderechts des Vertretenen ist demnach unbegründet.

    Die monierte "erstmalige" Schilderung des Sachverhalts im Bestätigungsbeschluss ist alleine deswegen erforderlich, weil ansonsten nicht im Hinblick auf die konkrete Verfügung von der bedingten Genehmigung Gebrauch machen könnte. Auch dies hat also mit dem Beschwerderecht überhaupt nichts zu tun.

    Mein Vorschlag beruht auf nichts anderem als auf der Nutzbarmachung der zulässigen bedingten Genehmigung von Rechtsgeschäften. Es ist also überhaupt nichts Neues, den erfolgten Eintritt der Bedingung in Beschlussform zu bestätigen. Soweit es um Grundstücksgeschäfte ging und bedingte Genehmigungen erteilt wurden, war dies schon bisher wegen § 29 GBO erforderlich. Hieran hat sich niemand gestört und demzufolge ist es nicht nachvollziehbar, wenn sich heute daran gestört wird. Dass bedingte Genehmigungen in der Vergangenheit wegen der hiermit verbundenen Nachweisproblematik im Hinblick auf den erfolgten Eintritt der Bedingung nur selten erteilt wurden, stellt nicht die unbestrittene Zulässigkeit dieser Konstruktion als solche in Frage.

    Der Beschluss über den erfolgten Eintritt der Bedingung (von mir „Bestätigungsbeschluss“ genannt) ist im Rechtssinne keine Genehmigung, weil diese bereits mit dem Beschluss gemäß § 1825 BGB rechtskräftig erteilt wurde und es nur noch um den Nachweis des Eintritts der Bedingung geht. Damit ist § 40 Abs.2 FamFG nicht anwendbar und deshalb wird der „Bestätigungsbeschluss“ auch nicht erst mit Rechtskraft wirksam. Demnach kann auch kein Rechtskraftzeugnis erforderlich sein. Dass der „Bestätigungsbeschluss“ unanfechtbar ist, habe ich nicht behauptet. Ich habe lediglich behauptet, dass er mangels Anwendbarkeit des § 40 Abs.2 FamFG keines Rechtskraftzeugnisses bedarf.

    Von den Einwänden in #18 bleibt somit nichts übrig, außer dem „Quatsch“ natürlich. Aber hierauf ließe sich nur im außerrechtlichen Bereich erwidern.

  • Gut so. Dann kann in der Sache weiter diskutiert werden.

    Ich frage mich nur: Welches Beschwerdegericht? Der jeweilige Vertreter ersucht um Erteilung der besagten allgemeinen Ermächtigung, der Verfahrenspfleger erhebt dagegen keine Einwendungen, der Beschluss über die allgemeine Ermächtigung ergeht, er wird rechtskräftig und der spätere Bestätigungsbeschluss bedarf aus den genannten Gründen keiner Rechtskraft.

  • Der § 1825 BGB stellt eine Ausnahme dar (siehe Abs. 2) und so soll es auch bleiben, weil das vom Gesetzgeber nicht geändert wurde. Der Gesetzgeber hat allerdings u.a. für die Genehmigungsgeschäfte wesentlich größere Hürden aufgestellt als bisher und das offensichtlich bewusst. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Sonderregelung des § 1835 nun generell anzuwenden ist, um die bewusst aufgestellten Hürden zu umschiffen. Wie Cromwell so schön sagt, haben wir "nach Recht und Gesetz" zum Wohl und im Interesse der Betroffenen zu entscheiden. Das bedeutet aber auch, dass sich negative Gesetzesänderungen auch negativ auf die Betroffenen auswirken können. Wenn der Gesetzgeber bewusst solche Hürden einbaut, ist es nicht unsere Aufgabe, diese wieder auszuhebeln. Das kann wie in der Vergangenheit nur eine Ausnahme bleiben.

  • Richtig ist, dass sich „negative“ Gesetzesänderungen auch negativ auf die Vertretenen auswirken können. Ich frage mich nur, ob sie das auch zwingend müssen oder ob es nicht einen zulässigen Weg gibt, diese negativen Auswirkungen im Interesse der Vertretenen nicht zum Zuge kommen zu lassen.

    Nach § 1825 Abs.2 BGB „soll“ die allgemeine Ermächtigung nur erteilt werden, wenn sie zum Zweck der Vermögensverwaltung erforderlich ist. Aus den von mir genannten Gründen (#1, Ziffer III 1) ist sie aber ja gerade für eine reibungslose Vermögenverwaltung erforderlich. Dementsprechend war auch schon vor dem Inkrafttreten des FamFG anerkannt, dass die allgemeine Ermächtigung bereits bei häufigen Geldtransaktionen das geeignete Mittel ist (OLG Köln FamRZ 2007, 1268).

    Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die allgemeine Ermächtigung „zum Zwecke der Vermögensverwaltung erforderlich ist“, beantwortet § 1825 Abs.2 BGB nicht. Es bestehen daher nach meiner Ansicht überhaupt keine Bedenken dagegen, die besagte „Erforderlichkeit“ unter der Geltung des FamFG anders rechtlich zu beurteilen als dies vor dem Inkrafttreten des FamFG der Fall war. Unabhängig hiervon: Wenn die allgemeine Ermächtigung erteilt und rechtskräftig ist, dann ist sie auch dann wirksam erteilt, wenn die Voraussetzungen des § 1825 Abs.2 BGB im Einzelfall nicht vorgelegen haben. Dies möchte ich aber nur als höchst hilfsweisen Hinweis verstanden wissen, weil die Vorausetzungen des § 1825 Abs.2 BGB nach meiner Ansicht ohnehin erfüllt sind.

    Es steht somit überhaupt nicht in Frage, etwas „aushebeln“ oder „umschiffen“ zu wollen, sondern es geht lediglich und ausschließlich darum, sich der vom Gesetz zur Verfügung gestellten Möglichkeiten zu bedienen, damit eine ordnungsgemäße und am Wohl der Vertretenen ausgerichtete Vermögensverwaltung auch in Zukunft (d.h.: unter Geltung des FamFG) möglich ist.

    Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit der von mir vorgeschlagenen Lösung wurden nach meiner Ansicht bisher nicht vorgetragen. Die allgemeine Ermächtigung ist in § 1825 BGB gesetzlich vorgesehen und die Zulässigkeit der Erteilung einer bedingten Genehmigung kann nicht bestritten werden. Alles andere ist nur noch eine Frage des Nachweises des Eintritts der Bedingung. Das hat sich bei Erteilung bedingter Genehmigungen aber auch schon vor dem Inkrafttreten des FamFG so verhalten.

  • Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit der von mir vorgeschlagenen Lösung wurden nach meiner Ansicht bisher nicht vorgetragen.


    Das stimmt. Also müssen wir uns fragen, warum der Gesetzgeber jetzt verlangt, dass jedes genehmigte Rechtsgeschäft erst mit Rechtskraft wirksam wird. Es gibt nur einen Grund: Der Gesetzgeber will dem Betroffenen die Möglichkeit geben, gegen jede Genehmigung Rechtsmittel einlegen zu können. Ob das tatsächlich auch sinnvoll ist, darüber lässt sich bekanntlich streiten. Allerdings nimmst du dem Beklagten mit deiner Variante dauerhaft die Möglichkeit, von seinem Recht auf RM Gebrauch zu machen. Es könnte ja sein, dass er mal mit der einen oder anderen Geldtransaktion überhaupt nicht einverstanden ist. Durch die Erteilung der allgemeinen Ermächtigung hätte er dann keinerlei Möglichkeit mehr, dagegen vorzugehen. Am Ende sollte jeder Rechtspfleger schauen, wie er hier zukünfig vorgehen wird. Die ultimative Lösung gibt es ohnehin nicht.

  • @ Cromwell:

    Es ist nicht so, als dass ich deinen Ansatz nicht verstehen würde. Ich kann nur nicht die Notwendigkeit erkennen.

    Als ein dozierender Richter auf einer Fortbildungsveranstaltung ebenfalls mit dem § 1825 BGB um die Ecke kam, weil das mit den Genehmigungen nach §§ 1812, 1907 BGB etc. ja jetzt alles so kompliziert sei, habe ich im Stillen nur gedacht "na, der hat gut reden, der muss sich Arbeit mit dem § 1825 BGB ja nicht machen und vor allem haftet er nicht". Wenn jetzt der Vorschlag mit § 1825 BGB aus den eigenen Reihen der Rpfl. kommt wundert mich das umso mehr.

    Ich bleibe dabei: Der § 1825 BGB wird vom mir nach dem FamFG genau in den gleichen Fällen angewendet in denen ich ihn schon nach dem FGG angewendet habe. Für alles andere ist der Gesetzgeber verantwortlich. Entweder die Verfahrensweisen in Genehmigungsverfahren setzten sich durch oder nicht. Mir als Rpfleger kann das egal sein.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (8. September 2009 um 11:10)

  • beldel #26: Alles, was Du schreibst, trifft auch auf bereits vor dem Inkrafttreten des FamFG erteilte allgemeine Ermächtigungen zu.

    Ernst P.#27: Eine Blanko-Ermächtigung hielte ich ebenfalls für rechtliches Harakiri. Insoweit sind wir uns völlig einig. Deswegen auch mein Gedanke, die allgemeine Ermächtigung inhaltlich so auszugestalten, dass sie bei einer späteren konkreten Verfügung nur nützen, aber keinesfalls schaden kann. Mir ist deshalb nicht recht verständlich, weshalb man sich mit dieser Lösung nicht anfreunden kann, zumal deren rechtliche Konstruktion offenbar als unbedenklich angesehen wird.

  • Nur mal so am Rande: Es gibt ja auch immer wieder Verfahren, die bereits seit Verfahrensbeginn eilig sind - wie soll den dort Betroffenen denn verfassungskonform Rechtsschutz gewährt werden?

  • beldel #26: Alles, was Du schreibst, trifft auch auf bereits vor dem Inkrafttreten des FamFG erteilte allgemeine Ermächtigungen zu.


    Ja das stimmt und ich kann mich nicht erinnern, in den letzten Jahren mal eine erteilt zu haben. Warum also sollte ich jetzt damit anfangen, wo sich doch diesbezüglich nichts geändert hat?

  • Ich bin ja nun wirklich kein begnadeter Jurist; mein Judiz sagt mir allerdings, dass hier eine kleine Verfassungswidrigkeit des Verfahrensrechtes schlummert.
    Zumindest für mein Beispiel in #29 sehe ich zumindest bislang keine Möglichkeit für einen effektiven Eilrechtsschutz.

  • Wenn sich der § 1825 BGB nicht geändert hat, sehe ich auch keine Veranlassung, diesbezüglich an meiner bisherigen Verfahrensweise etwas zu ändern. Ansonsten wäre ich ja wieder beim "aushebeln" oder "umschiffen".

  • Was hat das Ganze damit zu tun, ob sich "lediglich" das Verfahrensrecht geändert hat? Die "Rechtsordnung" besteht aus der Gesamtheit aller gesetzlichen Normen, ganz gleich, ob diese materiellrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Natur sind. Und durch die Änderung des Verfahrensrechts wird die allgemeine Ermächtigung i.S. des § 1825 Abs.2 BGB für Zwecke der Vermögensverwaltung "erforderlich".

    Weshalb müssen die Gesellschafter einer GbR im materiellrechtlichen Erwerbsvertrag genannt werden? Weil das Verfahrensrecht (§ 47 Abs.2 S.1 GBO) die gleichzeitige Eintragung der Gesellschafter vorschreibt, obwohl Erwerber die GbR als solche ist und dies demzufolge materiellrechtlich überhaupt nicht nötig wäre.

  • Wenn die Rechtsordnung teilweise verfassungswidrig sein könnte, dann kann der Betroffene ja dagegen vorgehen. Auch das ist ein ganz normales, rechtsstaatliches Verfahren. Im Grundbuchrecht tust Du Dich doch auch nicht so schwer, die Verantwortung dem Gesetzgeber zuzuweisen.
    Ich sehe nach wie vor keine generelle Erforderlichkeit für § 1825 BGB, nur weil neulich eine ja angeblich gar nicht so schlimme Finanzkrise war. Im Gegenteil wirkt das wie ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff; solche Argumentationen sind wir ja eher in der Sicherheitspolitik gewöhnt, wenn es z. B. darum gehen soll, Panzer vor WM-Stadien zu schieben.
    Das scheint mir ungefähr so, wie wenn der Richter rein vorsorglich für alle denkbaren Rechtsbereiche Betreuung anordnet, ohne dass es konkret erforderlich wäre.

  • Meine Haltung im Grundbuchrecht (zur GbR) ist damit nicht vergleichbar. Bei der GbR ging es darum, dass aufgrund der Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit, die durch den BGH nicht durch Gesetzgeber erfolgte, alle Normen nicht mehr anwendbar waren, die auf die persönliche Rechtsinhaberschaft der Gesellschafter zugeschnitten waren (z.B. die §§ 891 ff. BGB). Also bedurfte es einer Gesetzesänderung, um die entsprechenden fehlenden Normen für die GbR zu schaffen (z.B. § 899 a BGB). Dies ist bisher nur für den Grundstücksbereich -und hier auch nur teilweise- erfolgt. In allen anderen Rechtsbereichen fehlen diese Normen nach wie vor. Und demzufolge ist es alleine die Aufgabe des Gesetzgebers, diese fehlenden Normen zu schaffen.

    Beim FamFG ist es umgekehrt. Hier gab es mit dem FamFG eine Gesetzesänderung und es geht nunmehr darum, bereits existente Normen (hier: § 1825 BGB) im Lichte dieser Änderung anzuwenden. Dagegen ist nichts einzuwenden.

  • Unabhängig davon, ob mir Cromwells Hintertür der allgemeinen Ermächtigung gefällt oder nicht, rufe ich mal ein dickes dankeschön in seine Richtung für die ausführliche Zusammenstellung der Problematik überhaupt!

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    Wer Tippfehler findet darf sie behalten....

  • Wenn sich der § 1825 BGB nicht geändert hat, sehe ich auch keine Veranlassung, diesbezüglich an meiner bisherigen Verfahrensweise etwas zu ändern. Ansonsten wäre ich ja wieder beim "aushebeln" oder "umschiffen".




    Das sehe ich genauso und werde meine dahingehende Praxis auch nicht ändern.

    Dazu besteht m. E. keinerlei Veranlassung.

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