Freigaben aus dem Vermögen nach FamFG

  • Ich meinte, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, den RM-Verzicht zu erklären, bekommen wir keinen. Wenn er es aber kann, kann er auch z.B. die Kündigung des Mietvertrages selbst unterschreiben und wir brauchen kein Genehmigungsverfahren. Ich kann doch nicht jemanden RM-Verzicht erklären lassen, der überhaupt nichts versteht.

  • Falls der Betreute überhaupt nichts versteht, erklärt den Rechtsmittelverzicht der Verfahrenspfleger für den Betreuten, vgl. die vorgenannte Entscheidung des OLG Hamm - sehr interessante Entscheidung, die gerade jetzt wieder aktuell wird -

  • Leider ist in Juris nur der Kurztext verfügbar. Aber so ich das sehe, hat das OLG Hamm damals den Sinn und die Stellung eines Verfahrenspflegers verkannt. Der Verfahrenspfleger ist Partei kraft Amtes aber NICHT Vertreter des Betroffenen. Der Verfahrenspfleger kann zwar (NEBEN dem Betroffenen) die Entscheidung treffen, ob er im Namen des Betreuten Rechtsmittel einlegt oder auf ein Rechtsmittel verzichtet, aber durch die Bestellung des Verfahrenspflegers verliert der Betreute keine Rechtsposition. D. h. selbst wenn der Verfahrenspfleger im Namen des Betreute auf Rechtsmittelverzichtet, ist der Betreute (rechtlich; ob es ihm faktisch möglich ist kann dahingestellt sein) NICHT verhindert Rechtsmittel einzulegen. D. h. selbst wenn der Verfahrenspfleger Rechtsmittelverzicht erklärt hat, läuft die Rechtsmittelfrist für den Betreuten gesondert weiter. Außer das ich das Verfahren durch die Bestellung eines weiteren Beteiligten komplizierter und teuerer gemacht habe, habe ich als Sachbearbeiter nichts gewonnen, denn bevor die Rechtsmittelfrist für den Betreuten nicht gesondert abgelaufen ist, kann auch eine Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft nicht rechtskräftig werden. Ein "Zeitgewinn" liegt in der Bestellung eines Verfahrenspflegers daher in keinem Fall vor.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich bin Ernst P.´s Meinung. Der Betroffene ist immer verfahrensfähig und hat auch immer ein eigenes Rechtsmittelrecht. Einen Verzicht muss er, soll ein Zeitgewinn erreicht werden, selbst erklären. Und hier schließt sich, wie auch beldel ausführte, der Kreis. Wenn er das eine kann, wird er in der Regel auch das andere können.

    Ich war vor Kurzem auf einer Fortbildungsveranstaltung der Notarkammer; auf dieser ist es genauso gesehen worden.

  • Ich verweise auf meinen Vorschlag zur Erteilung einer allgemeinen Ermächtigung i.S. des § 1825 BGB (siehe: Fächerübergreifende Themen).


    Würdest du allen Ernstes eine allgemeine Ermächtigung für Wohnungskündigungen erteilen? Sowas habe ich überhaupt noch nicht gesehen. Die längeren Fristen bei der Genehmigung zur Wohnungskündigungskündigung sind zumindest hier die größeren Probleme.

  • Wenn man es - entgegen OLG Hamm - ablehnt, dass der Verfahrenspfleger die Bekanntgabe des Beschlusses für den geschäftsunfähigen Betreuten (der sich z.B. in keiner Weise mehr äußern kann) entgegennehmen kann (und es auch ablehnt, dass der Verfahrenspfleger für den geschäftsunfähigen Betreuten einen Rechtsmittelverzicht erklären kann), haben wir ein gewaltiges Problem: Die Beschwerdefrist beginnt beim geschäftsunfähigen Betreuten überhaupt nie zu laufen und der Beschluss wird nie rechtskräftig.
    Wenn man in diesem Fall ganz sicher sein will, dass die Rechtsmittelfrist für den geschäftsunfähigen Betreuten zu laufen beginnt, muss ein weiterer Betreuer gemäß § 1899 BGB bestellt werden mit dem Aufgabenkreis: Entgegennahme der Bekanntmachung und Entscheidung über Rechtsmittel bzw. Rechtsmittelverzicht namens des Betreuten.


  • Wenn man in diesem Fall ganz sicher sein will, dass die Rechtsmittelfrist für den geschäftsunfähigen Betreuten zu laufen beginnt, muss ein weiterer Betreuer gemäß § 1899 BGB bestellt werden mit dem Aufgabenkreis: Entgegennahme der Bekanntmachung und Entscheidung über Rechtsmittel bzw. Rechtsmittelverzicht namens des Betreuten.



    Muss nicht, da der Betroffene verfahrensfähig ist, § 275 FamFG.

  • Du gehst also in Pflegeheim und schiebst dem im Koma liegenden Betreuen die Beschlussausfertigung unter die Bettdecke und sagst dann, Betreuter, Du bis nach dem FamFG verfahrensfähig, der Beschluss ist Dir jetzt zugegangen, ab jetzt läuft die Rechtsmittelfrist, tschüss.
    (OLG Hamm: die Verfahrensfähigkeit setzt weiter voraus, dass der geschäftsunfähige Betreute in der Lage ist, die ihm zustenden Verfahrensrechte selbst auszuüben und die Bedeutung seiner Verfahrenshandlung zu erkennen, auch wenn der Betreute nach dem Gesetz pauschal als Verfahrensfähig gilt)

  • Du gehst also in Pflegeheim und schiebst dem im Koma liegenden Betreuen die Beschlussausfertigung unter die Bettdecke und sagst dann, Betreuter, Du bis nach dem FamFG verfahrensfähig, der Beschluss ist Dir jetzt zugegangen, ab jetzt läuft die Rechtsmittelfrist, tschüss.



    :gruebel:
    Klingt makaber, aber genau das haben wir doch bisher auch immer gemacht - das FamFG sagt doch nur, dass jetzt öfter anzuhören und die Frist abzuwarten ist, aber Zustellungen an faktisch nicht Empfangsfähige haben wir (ich zumindest) doch schon immer vorgenommen, das ist doch nciht neu :gruebel: - auch parallel zum Verfahrenspfleger (jetzt keine Kontenfreigaben, aber Wohnungskündigungen, Vergütungsbeschlüsse, richterliche Beschlüsse usw.)

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Endlich sind wir uns einig.




    Waren wir das nicht? :gruebel: ;) Ich dachte schon ...


    Zur Stellung des Verfahrenspflegers meint Zimmermann: "Die Stellung des Verfahrenspflegers läßt das FamFG offen. Jedenfalls ist er kein gesetzlicher Vertreter des Betroffenen. Die Gesetzesbegründung sagt dazu: Der Verfahrenspfleger soll die Belange des Betroffenen im Verfahren wahren. Er hat seinen Willen zu beachten, ist aber nicht an seine Weisungen gebunden, sondern hat die objektiven Interessen des Betroffenen wahrzunehmen. Er ist ein Pfleger eigener Art."

    Genau so sehe ich den Verfahrenspfleger auch. Da kann das OLG Hamm konstruieren, was es möchte. Wenn man so will, ist der Verfahrenspfleger ein eigenständiges Organ, das neben dem Betroffenen ein eigenes Rechtsmittelrecht hat. Und wenn er den Betroffenen nicht vertritt (sondern "nur" dessen Rechte zu wahren hat), kann er für den Betroffenen auch nicht auf das Rechtsmittel verzichten.

    Dass die Zustellung an den komatösen Betroffenen für den Ar... ist, ist im FamFG genauso unstrittig wie im FGG.

  • Dass die Zustellung an den komatösen Betroffenen für den Ar... ist, ist im FamFG genauso unstrittig wie im FGG.



    Was die materielle Rechtskraft angeht, stimme ich zu.

    Was die formelle Rechtskraft angeht, und auf die kommt es an (vgl. auch Überschrift von § 45 FamFG) ist das anders. Die Zustellung ist wirksam und der Beschluss formell rechtskräftig, da kann der Betreute nach dem FamFG oder nach dem FGG so gaga sein wie er will.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."


  • Was die materielle Rechtskraft angeht, stimme ich zu.

    Was die formelle Rechtskraft angeht, und auf die kommt es an (vgl. auch Überschrift von § 45 FamFG) ist das anders. Die Zustellung ist wirksam und der Beschluss formell rechtskräftig, da kann der Betreute nach dem FamFG oder nach dem FGG so gaga sein wie er will.



    :einermein

  • Der Verfahrenspfleger ist selbstverständlich gesetzlicher Vertreter des Betroffenen (Keidel/Kuntze/Winkler/Kayser § 67 Rn.15). Das war unter Geltung des FGG so und dies gilt unverändert weiter. Also kann der Verfahrenspfleger für den Betroffenen auch einen wirksamen Rechtsmittelverzicht erklären. Ob der Betroffene selbst verfahrensfähig ist, hat damit nichts zu tun.

    Es ist mir unverständlich, weshalb die rechtliche Stellung eines Verfahrenspflegers hinterfragt wird, obwohl diese schon längst geklärt ist. Das FamFG klärt negativ, wer nicht gesetzlicher Vertreter ist: Der Verfahrensbeistand gemäß § 158 Abs.4 S.6 FamFG.

  • Der Verfahrenspfleger ist selbstverständlich gesetzlicher Vertreter des Betroffenen

    Ich kann Cromwell nur zustimmen.

    Andernfalls müsste man wirklich dem komatösen Betreuten den Beschluss zustellen.
    Aber auch dass bringt nicht wirklich was, weil die Zustellung ja die Bekanntmachung der Entscheidung bewirken soll. Sie ist dem komatösen Betreuten aber durch eine Zustellung nicht bekanntgemacht.

    Daher wird durch diese "Pseudo-Zustellung" auch nicht die Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt.

  • Ich kann die Probleme um die Zustellung eines ( verfahrensfähigen ) komatösen Betreuten bzgl. der Kontofreigaben nicht verstehen.

    Ein Richter würde sich wegen des Verbleibs des Betreuerbestellungsbeschlusses nach Zustellung an den Betreuten ( im Nachttischchen ;) ) auch keine Gedanken machen .

    Der Grundrechtseingriff in die Rechte des Betroffenen ist doch mit dem Beschluss des Richters viel früher geschehen.

    So what ?

  • Sehe ich ähnlich wie Steinkauz. Warum sind Rechtspfleger immer bestrebt juristisches Hochreck betreiben und alles besser machen zu wollen (z. B. in dem man für alles einen Verfahrenspfleger bestellt und sich riesige Gedanken über Zustellungen und Anhörungen macht), obwohl sich ein Richter entsprechende Gedanken nicht macht (und auch nicht für alles und jeden einen Verfahrenspfleger bestellt und sich keine Gedanken über die Zustellung macht) und diese richterlichen Verfahrensweisen (s. z. B. die Entscheidungen der Obergerichte) nicht gegen geltendes Recht verstoßen?

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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