Antrag 850 i bei Lohnabtretung

  • Eine Sache bei der ich mir nicht ganz schlüssig bin:
    Der Schuldner bekommt eine Abfindung nach KSchG und beantragt nun, dass ihm die Abfindung verbleibt (Schuldner RA schreibt § 850 f ZPO ist aber wohl § 850 i ZPO).
    Mein Problem ist nun, dass das pfändbare Arbeitseinkommen wirksam abgetreten wurde. Kann ich nun überhaupt entscheiden? Bei der Entscheidung geht es ja nun eigentlich nicht mehr darum, ob die Abfindung zur Insolvenzmasse gehört, sondern darum, ob sie von der Abtretung umfasst ist, und das geht ja das Insolvenzgericht eigentlich nichts an. Insofern könnte eine Entscheidung des Insolvenzgericht nur zwischen der Insolvenzmasse und dem Schuldner wirken, jedoch nicht zwischen dem Abtretungsberechtigten und dem Schuldner. Das Vollstreckungsgericht könnte ohne Insolvenz auch keine solche Entscheidung treffen, oder?
    Was meint Ihr??

  • schau mal in den Stöber (habe selbst leider keinen hier).
    Meines Erachtens kann ein Schuldner das Vollstreckungsgericht auch um Vollstreckungsschutz ersuchen wenn es um eine Abtretung geht.

  • Ich gehe eher davon aus, dass die 2 Jahre des § 114 Abs. 1 InsO noch nicht abgelaufen sind.

    Eigentlich ist das Prozessgericht dafür zuständig.



    Genau das ist mein Problem. Ich glaube auch, dass das Prozessgericht zuständig ist, finde aber dazu nichts.
    Falls kein Insolvenzverfahren laufen würde und eine abgetretene Forderung wird gepfändet, könnte das Vollstreckungsgericht doch auch nur bezüglich der Pfändung entscheiden; das hätte aber keine Wirkung im Bezug auf die Abtretung, oder? Deshalb meine ich, dass hier das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

  • Das stimmt, aber damit hat der Schuldner die A.-Karte gezogen, weil er nicht so schnell eine Entscheidung des Prozessgerichts bekommen kann.

    Mir sind nur Entscheidungen bekannt, in denen es um die Erhöhung des unpfändbaren Betrages nach § 850f Abs. 1 ZPO, Zusammenrechnungen nach § 850e Nr. 2 ZPO oder um die Nichtberücksichtigung des Ehegatten geht.

    BGH Beschluss - IXa ZB 51/03 - vom 28.05.2003

    BGH Beschluss -IXa ZB 194/03 - vom 31.10.2003

    BGH Urteil - IX ZR 37/06 - vom 19.05.2009

    In allen Entscheidungen hat der BGH gesagt, dass das Prozessgericht zuständig ist um den Umfang der Abtretung festzustellen.

    Darüber hinaus gibt es auch noch einige OLG-Entscheidungen zu der Zuständigkeit des Prozessgerichts.

    Ich mache es auch gerne so, dass ich den Schuldner zum Vollstreckungsgericht schicke, wenn es eine (auch nur nachrangige Pfändung) gibt. Hat er dann einen Beschluss setze ich mich mit dem Zessionar in Verbindung und frage, ob er sich für seine Abtretung der Entscheidung des Vollstreckungsgericht anschließt, oder ob er es auf eine Klage ankommen lassen will. ;)

    Das klappt dann auch in der Regel. Der Zweck heiligt die Mittel.

    Natürlich hast Du Recht, wenn Du sagst, dass dem Antrag das Rechtsschutzinteresse fehlt, weil die Masse wegen der vorrangigen Abtretung kein Geld bekommt.

    Andererseits könnte man damit argumentieren, dass alles zur Masse gehört, der Zessionar aber ein Absonderungsrecht hat.

  • Ach ja, kleine Erweiterung. Ich glaube mal gehört zu haben, dass eine Entscheidung nach § 850 i ZPO nur zulässig ist, solange die Pfändung nicht vollzogen ist, d.h. der Gläubiger das Geld noch nicht hat. Wenn das Geld zur Masse bzw. zum Abtretungsgläubiger gelangt ist, darf ich dann - abgesehen von obiger Problematik - noch entscheiden?
    Boah, dieser Pfändungs******* nervt wirklich.

  • Ist die Abfindung denn schon ausgezahlt? Dann dürfte es wirklich kein Rechtsschutzinteresse mehr geben. Jedenfalls dann nicht, wenn der Zessionar das Geld hat.

    Aber zum ursprünglichen Thema ist mir noch etwas eingefallen.

    Was ist, wenn das Prozessgericht einen unpfändbaren Betrag festsetzen würde? Diese Festsetzung gilt nicht für die Zwangsvollstreckungs- oder Insolvenzverfahren. Also hätte das Urteil des Prozessgerichts keine Wirkung auf die Pfändungen oder das Insolvenzverfahren. Also müsste das Vollstreckungs- oder Insolvenzgericht doch noch für die eigenen Verfahren entscheiden.

    Die wenigen Fälle, die ich bisher bei Abfindungen hatte, sahen alle so aus, dass zu dem Antrag alle Gläubiger (Vollstreckungsgläubiger, nicht Insolvenzgläubiger natürlich) zu dem Antrag gehört wurden und die Freigabe zu allen Pfändungen angeordnet wurde.

    Gibt es hierzu andere Vorschriften als für die Erhöhung des unpfändbaren Betrages nach § 850f ZPO. Hier sagt Stöber, dass die nachfolgenden Gläubiger nicht auf den freigegebenen Betrag zugreifen können (trotz Einzelzwangsvollstreckung).

  • Ach ja, kleine Erweiterung. Ich glaube mal gehört zu haben, dass eine Entscheidung nach § 850 i ZPO nur zulässig ist, solange die Pfändung nicht vollzogen ist, d.h. der Gläubiger das Geld noch nicht hat. Wenn das Geld zur Masse bzw. zum Abtretungsgläubiger gelangt ist, darf ich dann - abgesehen von obiger Problematik - noch entscheiden?
    Boah, dieser Pfändungs******* nervt wirklich.



    Das hättest Du mal vorher sagen sollen, so eine Entscheidung hatte ich heute dazu gefunden. Werd heut abend noch mal suchen.



  • An diese Entscheidungen hatte ich auch schon gedacht, aber das würde voraussetzen, dass die Abfindung nicht in der Abtretung genannt wurde.

    Das festzustellen ist sicher nicht die Aufgabe des Rechtspflegers. Es kann auch nicht die Aufgabe des Rechtspflegers sein, darüber zu befinden, in welchem Umfang das Arbeitseinkommen und eine evtl. Abfindung vorrangig abgetreten sind.

    Wenn ich als Arbeitgeber eine solche Situation hätte, würde ich mit Sicherheit hinterlegen.

    Die Frage stellt sich nun für den Treuhänder, bzw. Insolvenzverwalter, ob der Arbeitgeber schuldbefreiend an den Zessionar gezahlt hat, wenn die Abtretung keine Klausel über die Abtretung der Abfindung enthält.

    Dabei kommt es meiner Meinung nach darauf an, ob das Verfahren schon aufgehoben ist oder nicht (wie Rainer anfangs gefragt hat).

    Sollte das Verfahren aufgehoben sein, stellt sich die Frage, ob man bei der vorrangigen Abtretung den Einschluss der Abfindung verneinen kann, weil sie nicht genannt ist und für die Abtretung an den Treuhänder bejahen, obwohl diese Abtretung ebenfalls keine genannte Einbeziehung der Abfindung hat.

    Dazu müsste der BGH mal wieder klarstellen, was der Gesetzgeber sich gedacht haben mag und welche Forderungen genau von der Abtretung an den Treuhänder nach § 287 Abs. 2 InsO erfasst sein sollten.

  • Danke an alle!
    Insolvenzverfahren läuft hier noch.

    Die Abfindung ist noch nicht ausbezahlt. Ich habe jetzt mal mit dem TH vereinbart, dass er sich wegen der Abtretung mit dem Gläubiger auseinandersetzt. Sollte das Geld dem Abtretungsgläubiger zustehen (s. LAG-Entscheidung), muss sich der Schuldner ans Prozessgericht wenden (an die Entscheidung hänge ich mich dann ran, wenns um die Massezugehörigkeit geht). Falls für die Masse was rumkommt, gibts halt gleich eine 850 i - Entscheidung von mir. Wahrscheinlich so Differenz für 6 Monate.

  • denke, das dies der insolvenzgerichtliche ansatz ist !
    Dass die Abfindung unter die Abtretung nach der InsO fällt, dürfte unstreitig sein.
    Ob die Abfindung jedoch der Lohnzession unterfällt, ist m.E. noch nicht klar.
    Da hat das Insolvenzgericht eben auch eine gewisse Kontrollfunktion (m.E.).
    Ich denke, die Frage ob die Abtretung der Zession unterfällt, muss ausgetappt werden.
    Alles weitere halt dann !

    Was mir noch grad eingefallen ist: die Lohnzession ist natürlich (schon bereits im eröffneten Verfahren) daraufhin zu prüfen, ob sie überhaupt Bestand hat (Lösungsklauseln, Höchstbetragsklauseln etc. also das ganze Programm, was die BHG-Judikatur so ende der 80'er Anfag der 90'er so rausgebracht hat - ist heute ! selten fallgegenständlich, in den Anfängen der Inso war das aber ne interessante Angelegenheit...)

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

    Einmal editiert, zuletzt von Defaitist (14. Oktober 2009 um 23:16) aus folgendem Grund: fachliche ergänzung



  • Die heutigen Abtretungen enthalten in der Regel alle die Höchtsbetragsbegrenzung (BGH-Urteil vom 22.06.1989 - III-ZR 72/88 -) und die Verwertungsbefungnis (BGH-Urteil vom 07.07.1992 - XI-ZR 274/91 -).

    Ob das heute noch wirklich überprüft wird, halte ich für fraglich. Vielen TH/IV sind diese Entscheidungen auch nicht bekannt. Vielmehr stürzen die sich auf einen möglichen Abtretungsausschluss. Dass es daneben bei den öffentlichen Kassen noch ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 411 BGB gibt wissen die wengisten. Sogar wenn man sie darauf hinweist, sind sie der Meinung, dass sie das nicht interessieren dürfte :eek:

  • Ich muss jetzt dieses ältere Thema nochmals hochholen. Folgende Konstellation:

    Insolvenzverfahren wurde im März 2011 eröffnet, der Schuldner hatte seine pfändbaren Lohnbestandteile abgetreten. Es besteht kein arbeits- oder tarifvertraglicher Lohnabtretungsausschluss. Nun stellt der Schuldner einen Antrag nach § 850 i ZPO, da sein Arbeitsverhältnis zum 31.3.13 endet und er eine Abfindung bekommt. Die Gründe, die er für seinen Antrag hat, sind hier nicht entscheidend, würden aber dazu führen, dass ihm aus meiner Sicht ein Teil der Abfindung belassen werden könnte. Mein Problem ist jetzt, dass die Lohnabtretung ja bis zum 31.3.13 wirksam war, so dass, wenn die Abfindung im März bezahlt wird, eigentlich eine Entscheidung des Insolvenzgerichts aufgrund der Abtretung nicht möglich wäre. Spontan ist mir aber der Gedanke gekommen, ob man hier nicht sagen muss, dass die Abfindung für die Zeit nach dem 31.3.13 gezahlt wird, also für Zeiträume, in denen die Lohnabtretung gar nicht mehr greift? Der Gedanke kam mir deshalb, weil das BAG ja in 9 AZR 611/99 zur Urlaubsabgeltung entschieden hatte, dass diese für den Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt wird. Überträgt man den Gedanken auf die Abfindung, käme man ja doch zu einer Entscheidungskompetenz des Insolvenzgerichts. Ich meine aber, dass diese zur Urlaubsabgeltung ergangene Entscheidung auf Fälle der abindung nicht anwendbar ist. Wie seht Ihr das?

  • Ein schöner Gedankengang :)
    Ich muss aber gestehen, dass ich da bei der Abfindung so meine Probleme mit hätte. Man könnte natürlich konstruieren, dass die Abfindung ja als Ausgleich für entgangenen Lohn nach Kündigung gezahlt wird und wäre somit durchaus bei der von dir genannten Entscheidung, aber andererseits würde ich lieber auf den Zeitpunkt der Zahlung abstellen. Der dürfte bei deinem Fall aber doch auch nach dem 31.03.13 liegen :gruebel:

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

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