Europäischer Vollstreckungstitel

  • Hallo, mein Problem ist folgendes: Es besteht ein EU-Vollstreckungstitel nach der EU VO 805/2004 für Kindesunterhalt. Der Titel muss in Frankreich vollstreckt werden. nun klagt der Schuldner auf Rücknahme des Titels, da dieser angeblich zu Unrecht ausgestellt wurde bzw. die genannte VO nicht anwendbar ist. Kann mir jemand helfen?

  • Anbei eine kleine Übersicht die vielleicht etwas weiter helfen kann:
    Ergänzendes zum Verfahren / Rechtsbehelfe:
    Der Schuldner wird nicht angehört (§ 1080 I 1 ZPO). Ihm wird von Amts wegen eine Ausfertigung der Bestätigung zugestellt (§ 1080 I 2 ZPO, für die Ausführung innerhalb EU ohne Dänemark EuZustellVO), dem Gläubiger wird sie formlos übersandt.

    Gegen die Erteilung einer Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ist kein Rechtsbehelf gegeben (Art. 10 IV EuVTVO). Der Schuldner hat folgende Möglichkeiten:

    • Anfechtung der Forderung bzw. des vollstreckbaren Titels, ggf. unter Ausnutzung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, damit aus der unbestrittenen Forderung eine bestrittene Forderung wird
    • Sofern der Rechtspfleger die Bestätigung erteilt hat: befristete Erinnerung (§ 11 II RPflG
    • Abwehrklage im Vollstreckungsmitgliedsstaat
    • Antrag auf Berichtigung oder Widerruf der Bestätigung (Art. 10, 24 III, 25 III EuVTVO)

    Eine von der Entscheidung abweichende Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel wird bei inhaltlichen Fehlern (z. B. falsche Wiedergabe des Entscheidungsinhalts aufgrund von Übertragungsfehlern, Schreibfehler) auf Antrag berichtigt (Art. 10 I a) EuVTVO).

    Widerrufen wird eine Bestätigung auf Antrag nur, wenn sie eindeutig zu Unrecht erteilt wurde (Art. 10 I b EuVTVO). Beispiele:
    §Bestätigung einer Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 2 EuVTVO
    §Bestätigung einer Entscheidung über eine bestrittene Forderung
    §Bestätigung einer Entscheidung, die nicht nach den verfahrensrechtlichen Mindeststandards ergangen ist.

    Der Antrag auf Berichtigung oder Widerruf einer Bestätigung für eine gerichtliche Entscheidung ist an das Ursprungsgericht (Art. 10 I EuVTVO) zu richten, bei Vergleichen und Urkunden an die oben genannten Stellen für die Erteilung der Bestätigung. Die Umsetzung in deutsches Recht (Art. 10 II EuVTVO) ergibt folgende Regelungen:
    Art der Bestätigung
    Adressat des Antrags
    Zuständigkeit für Entscheidung
    Gerichtliche Bestätigung
    das Gericht, das die Bestätigung ausgestellt hat (§ 1081 I 1 ZPO)
    das Gericht, das die Bestätigung ausgestellt hat (§ 1081 I 2 ZPO) = Rechtspfleger (§ 20 Nr. 11 RPflG)
    Notarielle und behördliche Bestätigungen
    die Stelle, die die Bestätigung erteilt hat (§ 1081 I 3 ZPO)
    Amtsgericht, in dessen Bezirk der Notar / die Behörde ihren Sitz haben (§ 1083 I 4 ZPO, § 60 S. 3 Nr. 2 SGB VIII) = Rechtspfleger (§ 20 Nr. 11 RPflG)


    Der Antrag kann mit dem Formblatt Anhang VI EuVTVO (Art. 10 III EuVTVO) gestellt werden, es besteht jedoch kein Formzwang.

    Der Antrag auf Widerruf der Bestätigung kann vom Schuldner nur binnen einer Notfrist von 1 Monat, die grundsätzlich mit der Zustellung der Bestätigung, jedoch nicht vor der Zustellung des Titel beginnt, gestellt werden (§ 1081 II 1, 3 ZPO). Erfolgt die Zustellung der Bestätigung im Ausland, so beträgt die Frist 2 Monate (§ 1081 II 2 ZPO). Außerdem muss der Schuldner in dem Antrag die Gründe für den Widerruf darlegen (§ 1081 II 4 ZPO).

    Die Berichtigung und der Widerruf sind auf der Bestätigung und den Ausfertigungen zu vermerken (§§ 1081 III, 319 II ZPO).

    Wird dem Antrag nicht stattgegeben, so ist kein Rechtsmittel gegeben (§§ 1081 III, 319 III ZPO). Bei Entscheidung durch den Rechtspfleger kann dagegen befristete Erinnerung eingelegt werden (§ 11 II RPflG)

    Wird dem Antrag stattgegeben, so kann die Berichtigung bzw. der Widerruf mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (§§ 1081 III, 319 III ZPO).

  • Danke für die Infos. Ist der Titel, der gemäß VO 805/2004 zur Beitreibung einer Unterhaltsforderung ausgestellt wurde (da der Schuldner in Frankreich lebt, die Unterhaltsberechtigten jedoch in Detuschland ansässig sind), nicht für Unterhaltsforderungen bei strittigen Urteilen gültig? Unterhaltssachen sind doch in den meisten Fällen strittig...? Und wenn der Titel tatsächlich zu Unrecht ausgestellt wurde, wie kommen die Unterhaltsberechtigten jemals an ihr Geld?

  • Hallo France2,

    dies ist ein Forum ausschließlich für Personen, die einen dienstlichen Bezug zur Rechtspflegerei haben. Das scheint, nach Ihren Fragen zu urteilen, bei Ihnen nicht der Fall zu sein. Wir dürfen keine rechtliche Beratung leisten und bitten um Verständnis.

  • Diese Frage stelle ich au folgendem Grund: Der zuständige Kollege Rechtspfleger am zuständigen Gericht hat diesen Fall auf dem Tisch. Da es zu dem Thema Vollstreckung im EU-Ausland leider bislang sehr wenig Erfahrungen gibt und der Kollege zum ersten Mal einen solchen Fall zu bearbeiten hat, wären Literaturhinweise oder Informationen über Entscheidungen in ähnlichen Fällen willkommen...

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!