Vollstreckung trotz lfd. Insoverfahren

  • Hallo,

    ich haben einen Titel gegen den Schuldner von Kindesunterhalt. Die aufgelaufenen Monate habe ich als Forderung angemeldet. Kann ich wegen des lfd. Unterhalts vollstrecken? Ich kenn sein Konto und würde es gern pfänden. Darf ich das? (Insoverfahren ist eröffnet)

    Vielen Dank.

    Liane

  • Warum denn nicht ins Konto? Schuldner bekommt ALG II.



    Lies Dir § 89 Abs. 2 InsO bitte mal durch:

    1Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge sind während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. 2Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist.

    Der Grundsatz des Vollstreckungsverbots in laufende Bezüge des Abs. 2 Satz 1 wird durch Satz 2 durchbrochen. Unterhalts-/Deliktsgläubiger dürfen nach Abs. 2 Satz 2 in den erweiterten pfändbaren Einkommensanteil (§§ 850d, 850f Abs. 2 ZPO) weiterhin vollstrecken. Dieser Teil der Einkünfte ist nicht massezugehörig.

  • Aber der Gläubiger fällt auch nicht in Abs. 1 weil er kein Insolvenzgläubiger ist.

    In Abs. 2 wird Neugläubigern nur die Vollstreckung in laufende Bezüge verboten. Bankguthaben sind aber keine laufenden Bezüge, also gilt Abs. 2 Satz 1 für Bankguthaben nicht. Also brauchen wir uns über Satz 2 doch keine Gedanken zu machen.

    Oder gibt es eine andere Vorschrift, die den Neugläubigern die Vollstreckung insgesamt verbietet oder liege ich da ganz daneben?

  • Ob auch Neugläubigern die Zwangsvollstreckung in die Insolvenzmasse verwehrt ist, wird streitig beurteilt (bejahend KG ZInsO 2005, 1047; Uhlenbruck-Uhlenbruck § http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_3789http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_39 Rn. 11; abl. Jaeger-Eckardt § http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_3889http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_40 Rn. 25), sofern sich aus Abs. 2 nicht anderes ergibt.

  • Insolvenzgläubigerin ist in § 89 Abs. 1 InsO für die Dauer des Verfahrens und in § 294 Abs. 1 InsO für die Dauer der Laufzeit der Abtretung die Vollstreckung verboten, das ist klar.

    Der Abs. 2 hatte einen Hintergrund, der heute eigentlich keine Rolle mehr spielt. Mit dem Vollstreckungsverbot für Neugläubiger im Abs. 2 Satz 1 wollte der Gesetzgeber vermeiden, dass Neugläubiger während des Verfahrens ein Pfandrecht erlangen, das der Abtretung an den Treuhänder im Rang vorgeht. Nach dem ursprünglichen Gedanken des Gesetzgebers sollte die Abtretung eine materiell-rechtliche Erklärung sein. Demnach wäre der Abtretungsvertrag erst zustande gekommen, wenn der Treuhänder nach der Aufhebung des Verfahrens bestimmt war und somit als Gläubiger die Abtretung hätte annehmen können.

    Vollstreckungen in den pfändbaren Teil vor dieser Annahme hätten der Abtretung gegenüber Vorrang gehabt und die Abtretung an den Treuhänder wäre ins Leere gelaufen. Das galt es zu verhindern. Unterhalts- und Deliktsgläubiger durften deshalb auch nur in den erweiterten Pfandbereich vollstrecken, damit der normale Pfandbereich für die Abtretung an den Treuhänder erhalten blieb.

    Dass der BGH in dem Beschluss vom 13.07.2007 - IX ZB 117/04 - die Abtretung als prozessuale Erklärung angesehen hat, macht diesen ganzen Abs. 2 zu Nichte. Wird die Abtretung als prozessuale Erklärung mit dem Eingang bei Gericht oder der Eröffnung des Verfahrens wirksam, könnten Neugläubiger auch während des Verfahrens vollstrecken, ohne dass die Abtretung an den Treuhänder betroffen wäre.

    Die Vorschrift des Abs. 2 hat also nur den einen Zweck, die Abtretung an den TH nicht ins Leere laufen zu lassen. Weil die Abtretung nur die Bezüge (u.ä Leistungen) erfasst, ist der Abs. 2 auch nur auf die Einkunftsarten beschränkt, die von der Abtretung erfasst werden.

    Daher sehe ich keinen Grund, das Vollstreckungsverbot auf andere Geldeingänge oder Gelder auszudehnen. Während des eröffneten Verfahrens gehören die zur Masse und eine Pfändung wäre ohnehin nachrangig. Nach der Aufhebung sind sie nicht von der Abtretung an den TH erfasst und somit ohne Bedeutung.

    Oder siehst Du das anders????

  • Ich vermag bei der Entscheidung des KG nicht erkennen, dass es sich hierbei um einen Neugläubiger handelt.

    Zur Behandlung von Arresten, was hier aber nicht gegenstand ist, IX ZB 41/05

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Nein nicht das Bankkonto, sondern nur in das Arbeitseinkommen.



    Aber wäre an dieser Stelle denn nicht zu erwägen, dass das schuldnerische Bankkonto regelmäßig vom Insolvenzverwalrer frei gegeben wird und somit nicht mehr insolvenzbefangen wäre. Mit der Folge, dass zumindest Neugläubiger reinpfänden können und dürfen.

    So könnte Liane voll abräumen :D , sofern der schlaue Schuldner nicht Schutzantrag stellt oder die Sozialleistungen innrerhalb der Sieben-Tages-Frist abhebt. ????

  • Steh ich jetzt auf dem Schlauch? Ist es denn nicht so, dass Neugläubiger in nicht insolvenzbefangenes Vermögen vollstrecken dürfen und § 89 nicht gilt?

  • Natürlich, aber nur um den Neugläubigern die Vollstreckung zu ermöglichen das Konto frei zu geben:gruebel:

    Wenn es keinen anderen Grund dafür gibt, warum sollte man es dann machen, schließlich könnten auf das Konto Gelder eingehen, die zur Masse zu ziehen wären.

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