PKH-Bewilligung unter Vorbehalt?

  • In einer Familiensache ist PKH wie folgt bewilligt:

    Der Antragsgegnerin wird PKH für die erste Instanz bewilligt und zwar für das Ehescheidungsverfahren und die Folgesachen .... und Güterrecht, vorbehaltlich eines Auszahlungsbetrages für die Haushälfte bzw. im Güterrechtsverfahren.

    Der Vorbehalt dürfte doch unzulässig sein, oder?

    Solche Bewilligungen hatte ich gelegentlich schonmal, war bisher aber nie ein Problem, da entweder kein Geld geflossen ist oder die Leute auf meine Aufforderung anstandslos gezahlt haben.

    In diesem Fall hat die Frau nun einen ganz ordentlichen Batzen Geld gekriegt, macht aber geltend, dass sie das ganze Geld zur Schuldentilgung (bei der Mutter, beim Lebensgefährten, beim Bruder...) verwandt hat...

  • OLG Koblenz, Beschluss 29.06.2004, MDR 2005, 107, Ls.:
    "Eine wesentliche Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse der PKH Partei ist auch darin zu sehen, dass ihr auf Grund des Rechtsstreits eine Zahlung des Prozessgegners zufließt."

    Aus den Gründen:"[...] Insofern hat die Befriedigung der Staatskasse Vorrang vor dem Interesse des Klägers, mit dem empfangenen Geld anderweitige Verbindlichkeiten abzutragen (OLG Bamberg, JurBüro 1990, 760) [...]"

    vgl. ebenso auch
    OLG Koblenz 26.09.2000, FamRZ 2001, 631
    OLG Celle, 29.12.2004, FamRZ 2005, 1917
    OLG Köln, 17.06.04, FamRZ 2005, 2003
    OLG Koblenz, 07.11.2005, FamRZ 2006, 1134 Ls. zu 1.
    OLG Oldenburg, 14.06.2004, Nds.Rpfl. 2004, 215
    LAG Rheinland-Pfalz, 08.07.2005, NZA-RR 2003, 659

    > M.E. ist daher im Rahmen der PKH eine Einmalzahlung i.H der von der Partei geschuldeten Kosten anzuordnen, sofern das erlangte Vermögen den an die Landeskasse zu zahlenden Betrag übersteigt.

    Ist der Betrag nicht mehr vorhanden, da die Partei damit andere Verbindlichkeiten gezahlt hat, ist dass nach meiner Auffassung unbeachtlich. Die Partei wußte, dass sie PKH hat. PKH ist nichts anderes als eine Sozialleistung auf dem Gebiet der Rechtspflege (AG Pforzheim, Beschl. 01.07.2004, FamRZ 2005, 467 f.). Erlangt die Partei daher Vermögen, so hat sie dieses an die Landeskassen zurückzuführen.
    Es gibt keinen Anhalt, dass der Gesetzgeber den Sachentscheidern in PKH-Sachen eine großzügigere Handhabung als im Rahmen der sozialhilferechtlichen Maßstäbe ermöglichen wollte. Es war vielmehr eine enge Verzahnung mit dem Sozialhilferecht beabsichtigt.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Habe die Ausgangsfrage zum Anlass genommen, mich mit der Frage zu beschäftigen, was zu tun ist, wenn die PKH-Partei Vermögen erwirbt.

    Nachstehend das Ergebnis meiner Recherche. Aus dem kursiven Text ergibt sich unter Bezug auf die Ausgangsfrage, dass die Rückzahlung der durch die Landeskasse verauslagten Kosten einer Begleichung von Verbindlichkeiten durch die Partei vorgeht. Hat die Partei die erlangte Summe bereits zur Begleichung von Verbindlichkeiten oder Anschaffungen verwendet, muss sie sich so behandeln lassen, als sei der erlangte Vermögenszuwachs noch vorhanden. Aber lest selbst:

    Liegen die Voraussetzungen einer Änderungsentscheidung im Sinne von § 120 IV ZPO vor, so kann der Rechtspfleger anstatt einer Ratenzahlungsanordnung auch die einmalige Zahlung aller infolge der Bewilligung der Prozesskostenhilfe (PKH) durch die Landeskasse verauslagten Kosten anordnen.

    Die Anordnung einer einmaligen Zahlung ist insbesondere dann geboten, wenn der Partei, der PKH bewilligt worden ist, ein höherer Geldbetrag zufließt und sich somit deren wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verbessert haben (BVerfG, Beschl. 14.02.1985, NJW 1985, 1767 f.; LG Bayreuth, Beschl. 31.10.1988, JurBüro 1989, 420 f.; OLG Bamberg, Beschl. 04.02.1988, JurBüro 1988, 905 f., 13.04.1988, JurBüro 1988, 1223; OLG Celle, Beschl. 29.12.2004, MDR 2005, 693 f.; KG, Beschl. 22.12.1989, MDR 1990, 450; OLG Köln, Beschl. 14.01.1991, AnwBl 1993, 298 f.; LG Mainz, Beschl. 18.05.2004, NJW 2005, 230; OLG Oldenburg, Beschl. 14.06.2004, NdsRpfl. 2004, 215 f.; OLG Zweibrücken, Beschl. 29.09.1987, Rpfleger 1988, 281; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, PKH/BerH, 4. Aufl., Rn 381, 382, 388, 395; Zöller/Phillipi, ZPO, 25. Aufl., § 120 Rn 24; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 120 Rn 22, 23; MünchKomm/Wax, ZPO, 2. Aufl., § 120 Rdnr 17; Bratfisch, Rpfleger 1987, 100, Rpfleger 1988, 281; Stein-Jonas-Bork, 21. Aufl. § 120 ZPO, Rn 23; BT-Drucks. 10/6400 S. 46, 48, 62, 10/3054, S. 18).

    Insoweit ist es auch unbeachtlich, ob die Partei den Vermögenszuwachs gerichtlich oder außergerichtlich erlangt hat. Der Betrag, der dem Vermögen zuzurechnen ist, kann auf verschiedenste Art und Weise erlangt werden (Schenkung, Erbschaft, Glücksspiel-/Zugewinn, (Kapital-)Abfindung, (Prozess-)Vergleich, Veräußerungs- oder Versteigerungserlös, Unterhalts- oder Zahlungsklage, Erlös-/Auseinandersetzungsanspruch, Aufhebungsvertrag etc.).
    Erlangt ihn die Partei durch ein gerichtliches Verfahren, so ist zu beachten, dass es nicht Sinn und Zweck der PKH ist, einer Partei die durch einen Titel erstrittene Zahlung ungeschmälert zu belassen und sie damit letztlich anders (sprich: besser) als eine Partei zu behandeln, die keine PKH bekommen hat und insoweit als finanziellen Erfolg des Rechtsstreites auch nur den Reingewinn (Zahlung abzüglich Kosten) für sich verbuchen kann. Auch ist die Bereicherung der Partei in diesem Fall letztlich das Ergebnis der Prozessführung, mit deren Finanzierung die Staatskasse lediglich in Vorlage getreten ist.

    PKH ist insoweit nichts anderes als eine Sozialleistung im Wege der Rechtspflege. Ähnlich wie im öffentlich-rechtlichen Sektor, muss auch hier die PKH, die mit einer darlehensweisen Gewährung von Sozialmitteln vergleichbar ist, zurückgezahlt werden, wenn die Partei ihrer nicht mehr bedarf.

    Die Rückzahlung an die Landeskasse hat auch Vorrang vor anderen Interessen der Partei. Die Partei kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie mit dem erhaltenen Betrag Verbindlichkeiten/Schulden beglichen hat oder dies beabsichtigt bzw. den Erwerb von Gegenständen oder Immobilien tätigen will oder diesen bereits vollzogen hat (OLG Bamberg, Beschl. 05.07.1988, JurBüro 1988, 1713, 29.01.1990, JurBüro 1991, 255 ff., 11.07.1990, JurBüro 1990, 1306 ff., 30.10.1990, JurBüro 1991, 255 ff.; OLG Celle, Beschl. 11.01.1990, Rpfleger 1990, 263 f., 08.09.2000, MDR 2001, 230; OLG Karlsruhe, Beschl. 02.09.1997, FamRZ 1998, 489; OLG Koblenz, Beschl. 02.03.1989, Rpfleger 1989, 417, 04.10.1995, Rpfleger 1996, 206 f., 26.09.2000, AnwBl 2001, 374 f., 29.06.2004, MDR 2005, 107; OLG Köln, Beschl. 17.06.2004, FamRZ 2005, 2003 f.; OLG Nürnberg, Beschl. 03.05.1994, EzFamR aktuell 1994, 242 ff.; Zöller/Phillipi, a.a.O., § 115 Rn 72 a.E. m.w.N).
    Hat die Partei ungeachtet dessen bereits anderweitig über das Kapital verfügt, muss sie sich im Rahmen des § 120 IV ZPO so behandeln lassen, als sei der Geldbetrag noch vorhanden. Denn sind Schulden langfristig zu tilgen, darf die Partei nicht vorzeitig tilgen, sondern sie muss mit dem vorhanden Geld vorrangig die mit dem Prozess verbundenen Kosten bezahlen.

    Die Anordnung der Einmalzahlung ist auch nicht mit der Aufhebung der PKH gleichzusetzen, denn Aufhebung und Änderung der PKH unterscheiden sich schon darin, dass es bei der Abänderung bei den grundsätzlichen Wirkungen der Bewilligungsentscheidung nach § 122 ZPO bleibt (OLG Bamberg, Beschl. 21.05.1990, JurBüro 1991, 712 f.; OLG Celle, Beschl. 08.09.2000, a.a.O.; OLG Dresden, Beschl. 12.02.2002, FamRZ 2002, 1415 f.; OLG Düsseldorf, Beschl. 27.02.1990, FamRZ 1990, 765, 16.09.1993, FamRZ 1994, 1266 ff.; OLG Köln, Beschl. 22.02.2001, OLGR Köln 2001, 318 ff.; OLG München, Beschl. 13.03.1990, JurBüro 1990, 904 ff; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rn 392; Zöller/Phillipi, a.a.O., § 120 Rn 24; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 120 Rn 24; Büttner, Rpfleger 1987, 347 ff.). Der beigeordnete Prozessbevollmächtigte kann seine Gebührenansprüche also nicht gegen die vertretene Partei, sondern nur gegen die Staatskasse geltend machen (§§ 122 I Nr. 3 ZPO, 48 RVG). Im Fall der Aufhebung der PKH entfallen hingegen sämtliche ihrer Wirkungen; der bis dahin beigeordnete Prozessbevollmächtigte kann dann unbeschadet des Fortbestehens seiner bereits entstandenen Vergütungsansprüche ggü. der Staatskasse seinen Anspruch auf die volle gesetzliche Vergütung gegen die eigene Partei verfolgen und eine Festsetzung gem. § 11 RVG beantragen. Hiervon unterscheidet sich jedoch die Änderung der PKH-Bewilligung, die entsprechend dem Gesetzeszweck auch bei nachträglichem Vermögenserwerb möglich sein muss.
    Die weitere Vergütung ist von der Landeskasse und nicht vom Prozessbevollmächtigten ggü. der PKH-Partei geltend zu machen. Es gilt das Gleiche wie bei der Anordnung von Ratenzahlungen.
    Die PKH wäre allerdings selbstverständlich aufzuheben, wenn die Partei die angeordneten Einmalzahlung nicht erbringt.

    Bei Anordnung der Einmalzahlung hat das Gericht den Zeitpunkt datumsmäßig und die Höhe des Zahlbetrags betragsmäßig zu bestimmen (BayObLG, Beschl. 14.11.1990, BReg 1 a Z 57/90; OLG Düsseldorf, Beschl. 27.02.1990, a.a.O.; OLG Koblenz, Beschl. 18.04.2006, FamRZ 2006, 1285; OLG Köln, Beschl. 07.09.2000, FamRZ 2001, 632 f.; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 120 Rn 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 120 Rn 9; Zimmermann: PKH in Familiensachen, 2. Aufl., Rn. 285).

    Ist der erlangte Betrag dem Vermögen der Partei noch nicht tatsächlich zugeflossen oder trägt die Partei vor, dass sie bislang nur einen nicht realisierten Anspruch erworben habe, so ist es Aufgabe der Partei diesen durchzusetzen und, sofern ein Titel vorliegt, diesen zu vollstrecken.
    Es ist auch kein Grund ersichtlich, dass mit der Anordnung der Einmalzahlung gewartet wird bis der Anspruch realisiert ist. Vielmehr ist dem Umstand, dass der Geldbetrag aus dem Anspruch dem Vermögen noch nicht abschließend zugeflossen ist, dadurch Rechnung zu tragen, dass die Wirksamkeit der Zahlungsanordnung für einen bestimmten Zeitraum ausgesetzt wird und der Partei im Abänderungsbeschluss bereits eine Erklärungsauflage gemacht wird (BayObLG, Beschl. 14.11.1990, BReg 1 a Z 57/90; OLG Köln, Beschl. 07.09.2000, a.a.O.; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rn 352).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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