Gültigkeit des Titels

  • Hallo!

    Nachdem ich schon immer suchend im Forum "rumhänge", hätte ich nun mal gern Eure Meinungen zu folgendem Sachverhalt.
    Der Gläubiger, 20 Jahre alt, vollstreckt rückständigen Unterhalt für Jan.und Feb. 2009 aus einem Vergleich, in dem tituliert ist:
    "In Abänderung der Urkunde vom JAverpflichtet sich ... zur Zahlung von 150 % des jew. Regelunterhaltsbetrag 3. Altersstufe". Von einer Befristung steht nichts im Vergleich.
    Der Schuldner zaubert nun die Urkunde aus dem Hut, in dem der Unterhalt bis zum 18. Geburtstag des Kindes beschränkt tituliert ist in Höhe von 120 %.
    wie seht ihr das - gilt die Befristung der JA-Urkunde für den Vergleich fort (wodurch die Vollstreckung unzulässig wäre) oder hätte die Befristung in dem Vergleich erneut festgehalten werden müssen?

  • Darfst Du überhaupt Umstände, die außerhalb des Titels liegen, als Vollstreckungsgericht (gehe mal davon aus, dass Du das bist) beachten :gruebel:. Ich denke nicht.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Hallo!

    Nachdem ich schon immer suchend im Forum "rumhänge", hätte ich nun mal gern Eure Meinungen zu folgendem Sachverhalt.
    Der Gläubiger, 20 Jahre alt, vollstreckt rückständigen Unterhalt für Jan.und Feb. 2009 aus einem Vergleich, in dem tituliert ist:
    "In Abänderung der Urkunde vom JAverpflichtet sich ... zur Zahlung von 150 % des jew. Regelunterhaltsbetrag 3. Altersstufe". Von einer Befristung steht nichts im Vergleich.
    Der Schuldner zaubert nun die Urkunde aus dem Hut, in dem der Unterhalt bis zum 18. Geburtstag des Kindes beschränkt tituliert ist in Höhe von 120 %.


    wie seht ihr das - gilt die Befristung der JA-Urkunde für den Vergleich fort (wodurch die Vollstreckung unzulässig wäre) oder hätte die Befristung in dem Vergleich erneut festgehalten werden müssen?



    Wenn der Titel nichts anderes her gibt, denke ich mal, dass mit dem Vergleich lediglich der Prozentsatz des Regelbetrages abgeändert werden sollte.

  • Es gilt immer die zuletzt erstellte Urkunde. Da diese nicht befristet ist, kann der Gläubiger aus dem Vergleich 150% Regelunterhalt, das entspricht jetzt 118,3% Mindestunterhalt der 3. Altersstufe vollstrecken.
    Das sind zurzeit 445,99 €
    abzüglich 164,00 € Kindergeld (§ 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB)
    281,99 €
    auf volle € aufgerundet = 282,00 € (§ 1612 a Abs. 2 Satz 2 BGB)

    Sehe ich anders. Der Vergleich modifizeirt durch die Formulierung "in Abänderung" lediglich die Höhe des Anspruchs aus der JA-Urkunde. Würde die Beschränkung auf das 18. Lebensjahr nicht mehr gelten sollen, müsste diese Abänderung - ebenso wie der neue Prozentsatz - explizit im Vergleich abgehandelt sein.
    Nicht zu vergssen: ein Vergleich ist u.a. ein privatrechtlicher Vertrag, der der Auslegung zugänglich ist.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Es kann sich nicht um einen privatrechtlichen Vergleich handeln, da aus einem derartigen Vergleich keine Zwangsvollstreckung betrieben werden kann. Es kann sich daher nur um einen vor Gericht geschlossenen und vollstreckbaren Vergleich oder um einen bei einem Notar in öffentlicher Urkunde geschlossenen Vergleich handeln.

    In Abänderung bedeutet, dass aus der alten Urkunde (ab Gültigkeit der neuen Urkunde) keine Ansprüche für die Zukunft mehr geltend gemacht, wohl aber noch Rückstände aus dieser Urkunde vollstreckt werden können.

  • Sehe ich wie Tommy. Alles, was nicht explizit abgeändert worden ist, gilt demnach weiterhin. Anderenfalls hätte in der neuen Urkunde Entsprechendes verlautbart werden müssen. Der Vortitel ist ja nicht weggefallen oder aufgehoben, sondern gilt nur in den abgeänderten Punkten nicht mehr. Die plötzliche Verlängerung der Titelgültigkeit wäre ein in meinen Augen unzulässige Veränderung des Titels ohne gültiges Verfahren und letztlich auch sinnfrei.

  • ...Es kann sich daher nur um einen vor Gericht geschlossenen und vollstreckbaren Vergleich oder um einen bei einem Notar in öffentlicher Urkunde geschlossenen Vergleich handeln.



    Auch ein solcher Vergleich ist ein "privatrechtlicher Vertrag".

    Grundsätzlich schließe ich mich Tommy an. Eine Änderung in der Höhe des zu zahlenden Betrages hebt nicht eine bestehende Befristung auf.

  • Dem stimme ich zu, würde die Wirksamkeit der (Teil)Aufhebung des Pfüb aber im Haftungsinteresse von der Rechtskraft des Beschlusses abhängig machen und (soweit noch nicht geschehen) die Vollstreckung aus dem Pfüb bis zur Rechtskraft einstweilen einstellen.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Abänderungsbeurkungen stehen auf der Ebene eines Abänderungsurteils nach § 323 ZPO bzw. § 653 ZPO oder auch eines Abänderungsbeschlusses nach § 655 ZPO.
    Sie heben beurkundete vorausgegangene Unterhaltsverpflichtungen, außerdem aber Titel aller Art wie Urteile, Abänderungsurteile nach § 323 ZPO, gerichtliche Vergleiche über den Unterhalt, Beschlüsse nach § 649, § 650 Satz 2 ZPO auf.
    Quelle: Knittel; Beurkundungen im Kindschaftrecht.

  • Abänderungsbeurkungen stehen auf der Ebene eines Abänderungsurteils nach § 323 ZPO bzw. § 653 ZPO oder auch eines Abänderungsbeschlusses nach § 655 ZPO.
    Sie heben beurkundete vorausgegangene Unterhaltsverpflichtungen, außerdem aber Titel aller Art wie Urteile, Abänderungsurteile nach § 323 ZPO, gerichtliche Vergleiche über den Unterhalt, Beschlüsse nach § 649, § 650 Satz 2 ZPO auf.
    Quelle: Knittel; Beurkundungen im Kindschaftrecht.



    Das meint der Knittel aber m.E. lediglich im Hinblick auf einschränkende Abänderungen im Hinblick auf den Differenzbetrag zwischen dem ursprünglichen und dem nunmehr geschuldeten Betrag (eben genau so, wie beim Abänderungsurteil oder -beschluss).

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Unter Beachtung der Tatsache, dass das mdj. Kind Kind grundsätzlich einen nicht auf die Zeit der Minderjährigkeit beschränkten Anspruch auf Unterhaltstitulierung hat, vgl. BGH v. 21.03.1984, IVb ZR 72/82 und der zuletzt erstellte Titel aus sich heraus verständlich und keinen weiteren Bezug zur Ursprungsurkunde nimmt, gilt dieser nach m.A. auch nach Volljährigkeit weiter. Sofern es tatsächlich Parteiwille gewesen wäre, die Ursprungsurkunde im übrigen weiter gelten zu lassen, hätte man dies zum Ausdruck bringen können und gebracht, z.B. "im übrigen gilt die Urkunde .. fort" oder "wird die Urkunde hinsichtlich der Unterhaltshöhe abgeändert".

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Unter Beachtung der Tatsache, dass das mdj. Kind Kind grundsätzlich einen nicht auf die Zeit der Minderjährigkeit beschränkten Anspruch auf Unterhaltstitulierung hat, vgl. BGH v. 21.03.1984, IVb ZR 72/82 und der zuletzt erstellte Titel aus sich heraus verständlich und keinen weiteren Bezug zur Ursprungsurkunde nimmt, gilt dieser nach m.A. auch nach Volljährigkeit weiter. Sofern es tatsächlich Parteiwille gewesen wäre, die Ursprungsurkunde im übrigen weiter gelten zu lassen, hätte man dies zum Ausdruck bringen können und gebracht, z.B. "im übrigen gilt die Urkunde .. fort" oder "wird die Urkunde hinsichtlich der Unterhaltshöhe abgeändert".

    Genau dieser konkrete Bezug wird duch die Formulierung "in Abänderung der Urkunde vom JA" ... hergestellt.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Mit weiteren Bezug habe ich gemeint, dass außer der Tatsache, dass es eine weitere Urkunde gibt und diese abgeändert werden soll, nichts vermerkt ist, wie meine Bspe.

    Ich gebe zu, dass man dies auch anders sehen kann. Folge wäre allerdings, dass man bei Titeln wie in #1, sich immer alle vorhergehenden Titel vorlegen lassen müsste, ob das wirklich jeder macht?

    Ich frage mich auch, wie man es sonst hätte formulieren sollen, wenn der Unterhalt tatsächlich auch nach dem 18.LJ hätte geschuldet sein sollte.

    Eine RM-entscheidung wäre sicher interessant.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Unter Beachtung der Tatsache, dass das mdj. Kind Kind grundsätzlich einen nicht auf die Zeit der Minderjährigkeit beschränkten Anspruch auf Unterhaltstitulierung hat, vgl. BGH v. 21.03.1984, IVb ZR 72/82 und der zuletzt erstellte Titel aus sich heraus verständlich und keinen weiteren Bezug zur Ursprungsurkunde nimmt, gilt dieser nach m.A. auch nach Volljährigkeit weiter. Sofern es tatsächlich Parteiwille gewesen wäre, die Ursprungsurkunde im übrigen weiter gelten zu lassen, hätte man dies zum Ausdruck bringen können und gebracht, z.B. "im übrigen gilt die Urkunde .. fort" oder "wird die Urkunde hinsichtlich der Unterhaltshöhe abgeändert".



    Warum dreht man das nicht um und sagt, wenn es der Wille der Parteien gewesen wäre, neben der Höhe des geschuldeten Unterhalts auch die Laufzeit des Titels zu verändern, hätte man das zum Ausdruck bringen können und gebracht.

    Einer Abänderung nur eines Teils des Titels kann doch nicht entnommen werden, dass gleichzeitig auch eine nicht in Frage gestellter Teil mitgeändert werden soll.

    Ich spekuliere mal:

    Kind will mehr Unterhalt weil der Vater mehr verdient, also klagt er. Vor dem Familiengericht vergleicht man sich und einigt sich, dass als Unterhalt küftig 150 % statt bisher 120 % der Regelbeträge der 3. Alterstufe geschuldet sind. Die Begrenzung war u.U. nicht Gegenstand einer evtl. Klage und somit hätte vermutlich auch ein Urteil nichts anderes gebracht, weil über den Antrag des Klägers hinaus keine Entscheidung getroffen werden kann.



  • Warum dreht man das nicht um und sagt, wenn es der Wille der Parteien gewesen wäre, neben der Höhe des geschuldeten Unterhalts auch die Laufzeit des Titels zu verändern, hätte man das zum Ausdruck bringen können und gebracht.



    Wie hätte denn ein solcher Klageantrag lauten müssen? Ich kenne nur solche, wie im Vergleich beschrieben.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Der Unterhaltsgläubiger wird sich nie mit einer Befristung des Unterhaltes bis zur Volljährigkeit zufrieden geben. Sollte ich als Beistand eine derartige Urkunde erhalten, würde ich sofort einen Abänderungsantrag nach § 238, § 239 FamFG stellen.

    Die Aufnahme einer Verpflichtungsurkunde ist erst einmal ein einseitiges Rechtsgeschäft. Der Schuldner kann in der Urkunde die Dauer der Gültigkeit befristen.

    Die Urkunde ist aber erst dann gültig, wenn der Unterhaltsgläubiger diese Urkunde annimmt.

    In der Rechtsprechung ist nur noch nicht eindeutig geklärt, ob ein Abänderungsantrag oder ein Feststellungsantrag gestellt werden muss oder ob im vereinfachten Verfahren Unterhalt festgesetzt werden kann.

    Durch die neue Urkunde wird die alte Urkunde auch hinsichtlich der Zeitfristung aufgehoben.


  • Durch die neue Urkunde wird die alte Urkunde auch hinsichtlich der Zeitfristung aufgehoben.



    nein - siehe oben.



    Doch.:teufel:

    Durch eine neue Urkunde wird ein neuer "Vertrag" zwischen Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner getroffen.

    So ist es z.B. möglich, eine vorher unbefristete Unterhaltsverpflichtungsurkunde in der neuen Urkunde zu befristen.

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