Beitritt rechtsmissbräuchlich?

  • Hallo Fories,

    habe ein „Uralt-Verfahren“ (aus 2005) in welchem

    im ersten Termin – Einstellung nach § 77 I
    vor dem zweiten Termin (am Terminstag) – Einstellung nach § 30
    im zweiten Termin – Versagung nach § 85a
    vor dem dritten Termin – (am Terminstag) – Einstellung nach § 30

    erfolgte.

    Der dingliche Gläubiger befürchtet jetzt wohl, dass im nächsten Termin entweder § 77 II oder ein Zuschlag weit unter 50% ansteht und beantragt den Beitritt wegen seines persönlichen Anspruchs (aus derselben Grundschuldbestellungsurkunde). Was er damit bezweckt liegt auf der Hand.

    M.E. liegt in diesem Antrag eine unnütze Inanspruchnahme des Gerichts (Stöber, Einleitung Rn 48). Zwar kann einem Gläubiger das Antragsrecht nicht versagt werden wenn das Grundstück schwer oder voraussichtlich nicht veräußerbar ist (a.a.O., Rn 48.8) aber im vorliegenden Fall hatte der Gläubiger ja bereits sein Verfahren. Es jetzt – aus einer noch schlechteren Position – betreiben zu wollen ist m.E. rechtsmissbräuchlich.

    Hatte von euch schon jemand einen ähnlich gelagerten Fall? Gibt es (obergerichtliche) Rechtsprechung für diese Konstellation?

    Danke für eure Antworten

    HuBo

  • Es gab garantiert schon mindestens einen Thread darüber...

    Er wird - nachdem du im nächsten Termin das Verfahren aus dem dinglichen Anspruch aufhebst - genau aus diesem Anspruch wieder beitreten und damit wieder die bessere Rangstelle kriegen!

    Es gibt m.W. auch Rechtsprechung, jedenfalls würde ich bei einem ersten Beitritt in der Art mit Sicherheit nicht mit Rechtsmißbräuchlichkeit argumentieren, wenn es der 4. oder 5. Beitritt dieser Art wäre, könnte man eventuell mal vorsichtig drüber nachdenken...

    Im Übrigen finde ich es lustig, dass du ein Verfahren aus 2005 als URALT-Verfahren bezeichnest... :strecker Mein ältestes noch aktives Verfahren ist aus 1998... :D

    Wenn kein Wind geht, dann rudere!
    (polnisches Sprichwort)

  • auf alle Fälle wie Gerichtsdiener und anta !!

    Das ist bei uns eine durchaus gängige Verfahrensweise der Gläubiger (wie von gerichtsdiener beschrieben), die am Ende durchaus Sinn machen kann ! Denn was wäre denn die andere Variante ? Er würde im 4. Termin aufheben, weil ihm Endeffekt das Gebot zu niedrig ist und schwupp, hättest du den Neuantrag (und noch mehr -unnötige- Gerichtskosten für d. Schuldner) !

    Also ich würde auch sagen, keine Rechtsmißbräuchlichkeit und Beitritt zulassen !

  • Beitritt zu lassen, kein Rechtsmissbrauch.
    Für die weiteren Termin ist es von Vorteil, dass bereits ein Wert
    festgesetzt ist und die Grenzen weg sind. Es ist dann Sache des
    Gläubigers, in welchem Termin er zu welchem Gebot einen
    Zuschlag erteilen lässt. Dann kann man auch ohne Bedenken bei
    einem niedrigen Gebot direkt ohne Schuldneranhörung Zuschlag erteilen.

    Wird das Verfahren aufgehoben und der Gläubiger beantragt ein neues
    Verfahren, fängt alles von vorne an und evt. muss auch noch ein
    neues Gutachten eingeholt werden.

    Hier wurde die Erfahren gemacht, auch wenn durch solche Beitritte
    mehr als 5 Termin durchführen musste, dass irgendwann Zuschlag
    erteilt und die Sache erledigt wurde.

  • Und sehr ausführlich zur Rechtsmißbräuchlichkeit auch in solchen Fällen: BGH, V ZB 83/06 vom 10.05.2007.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Und sehr ausführlich zur Rechtsmißbräuchlichkeit auch in solchen Fällen: BGH, V ZB 83/06 vom 10.05.2007.


    Namentlich folgender Teil der Entscheidung äußert sich dazu (nämlich: Rechtsmissbrauch bei fehlender ernsthafter Versteigerungsabsicht): 

    Bei dem Gläubiger wird die Zweckentfremdung prozessualer Befugnisse etwa dann als missbräuchlich angesehen, wenn er Haupt- und Nebenforderungen sukzessive geltend macht, um eine Aufhebung des Verfahrens nach §§ 30 Abs. 1 Satz 3, 29 ZVG zu vermeiden und durch die wiederholte Einstellung und Fortsetzung des ohne ernsthafte Versteigerungsabsicht betriebenen Verfahrens einen permanenten Zahlungsdruck auf den Schuldner auszuüben (LG Bonn Rpfleger 1990, 433, 434; 2001, 365, 366; LG Erfurt Rpfleger 2005, 375; LG Lüneburg Rpfleger 1987, 469; im Einzelfall ablehnend OLG Düsseldorf Rpfleger 1991, 28, 29 und LG Dessau Rpfleger 2004, 724 f.; zu der missbräuchlichen Ausübung anderer Gläubigerbefugnisse OLG Celle WM 1987, 1438 f.; LG Braunschweig Rpfleger 1998, 482, 483; Kirsch, Rpfleger 2006, 373, 376 f.; Stöber, aaO, § 30 Rdn. 2. 15 m. w. N.).

    Dann ist es aber nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Gläubiger nur darum wegen der persönlichen Forderung beitritt, weil er die Aufhebung des Verfahrens und die daraus folgende Notwendigkeit einer Neuanordnung mit erneuter Verkehrswertfestsetzung, erneuten Grenzen nach §§ 74a, 85a ZVG zu verhindern beabsichtigt. Denn er hat doch das Ziel, sein Recht im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen, er hat doch "ernsthafte Versteigerungsabsicht".

  • Ich bin auch der Meinung, dass Du Dich darüber ruhig ärgern darfst - vielleicht auch mal kräftig mit den Füßen trampeln kannst, aber im Endeffekt ist so ein Beitritt sicher nervenschonender als wenn alles nach ner Aufhebung binnen kürzester Frist schon wieder von vorn losgeht - im schlimmsten Fall legt Dir der Gläubigervertreter im letzten Termin vielleicht sogar gleich den Neuantrag auf den Tisch - da kannst Du auch nix machen...

  • Mein ältestes Verfahren ist von 1997.Mich nervt die Verfahrensweise auch ziemlich, insbesondere, wenn schon 7 erfolglose Versteigerungstermine waren, vielleicht noch 5 verschiedene Grundstücke, die Akte inzwischen 3 Bände hat und man genau weiß, dass bei den nächsten Terminen auch nichts anderes rauskommt. Aber nach der dritten Grundschuldabtretung meint der neueste Gläubiger auch noch, er könnte den großen Gewinn machen. Die Terminsvertreter kommen dann mit der Oder, nicht unter 7/10 zuzuschlagen. Toll!

  • Nervenschonender als ein potentielles Gürteltier ist eine neue Nummer aber schon.:teufel:



    Keine Frage. Vor allem schöner fürs Zählen.
    Ob allerdings der vorgehende Streit um den Beitritt das aufwiegt, ist die Frage.

    Auch DanielaD.s Unmut kann ich da wirklich verstehen.
    Im Zweifel würd ich da im Termin nur kühl lächelnd auf den Aktenumfang verweisen und eine spitze Bemerkung machen. :cool:
    Gibt doch ganz andere Sachen, über die man sich so richtig aufregen kann.

  • Geärgert habe ich mich bei einer Zurückwesiung noch nie, ich sehe das eher sportlich.
    In der o.g. BGH-Entscheidung ging es in erster Linie um Eigengebote der Bankenvertreter, mit dem obigen Thema hat er sich nur am Rande beschäftigt ( LG-Entscheidungen erwähnt ).
    Eine echte Oberentscheidung zu diesem Thema wäre m.e. erstrebenswert.
    Immerhin sieht das Gesetz für sinnlose/ergebnislose Verfahren mit dem 77 II eine konkrete Lösung vor.
    Bis es zur Aufhebung nach 77 II kommt, hat der Gläubiger doch genug Zeit, sich mit der Sinnhaftigkeit seines Tuns zu befassen.
    Kann er den wirtschaftlichen Sinn eines Beitritt-Verfahrens nicht darlegen, liegt für mich ganz klar Rechtsmissbrauch vor.
    Druck auf den Schuldner kann er mit einem derartigen Dauerverfahren ohnehin nicht ausüben. Nach meiner Erfahrung führt ein neues Verfahren - mit stark reduzierten Verkehrswert und neuen Grenzen- eher zum Erfolg, da die Bank ihr wirtschaftliches Versagen dann intern viel besser verkaufen kann.:wechlach:

  • Ich verstehe Deine Argumentation nicht. In der BGH-Entscheidung äußert sich der BGH eben nicht nur zu Eigengeboten, sondern (sozusagen bei der Gelegenheit) ausdrücklich und ausführlich zum Rechtsmissbrauch in der Zwangsversteigerung.

    Wo ist der Rechtsmissbrauch bei einem Beitritt aus persönlicher Forderung? Der wirtschaftliche Sinn dürfte darin bestehen, die Beschlagnahme des Grundstücks nicht wegfallen zu lassen, mit allen daran geknüpften Folgen, schon allein für Zinsberechnung. Das hat für den Gläubiger womöglich ganz erhebliche Bedeutung.

    Und aus welchem Grund willst Du eine neue (niedrigere) Wertermittlung mit Neugeltung der Wertgrenzen, wenn doch ein Bieter jetzt ohne Geltung der Grenzen der §§ 74a und 85a ZVG den Grundbesitz im Prinzip zum geringsten Gebot hätte haben können?

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