Feststellung der Geschäftsunfähigkeit im Grundbuch

  • Der Übergeber soll sein Kleingeld zusammenkratzen Kontoauszüge vorlegen und einen niedrigen Übergabewert glaubhaft machen, es reichen 10 % aus, BeckRS 2009, 03558 dann kann man eintragen.

    Ansonsten seh ich keinen Weg um die Beanstandung herumzukommen.
    Dann muss eben ein Bevollmächtigter oder Betreuer handeln oder falls nicht das FamG die Erklärung ersetzen falls sich niemand findet der Handeln will und kann.
    Weitere Erklärungen der bisher schon Beteiligten dürften nicht mehr weiterführen, dafür ist schon zuviel zu schwammig erklärt worden und steht halt jetzt so im Raum, selber schuld.

  • Ich hänge mich hier mal ran und habe folgende Problematik:

    Eine Eigentümerin schließt selbst einen KV mit einem Käufer. Sie hat den Grundbesitz geerbt. Auch schon das Berichtigungsverfahren dahingehend war sehr schleppend und ging mit diversen wirren Schreiben der Erbin einher. Mir als GBA ist nun bei Vorlage des KV bekannt, dass die Eigentümerin nunmehr einen Betreuer hat (nach Beurkundung eingerichtet). Ich habe die Betreuungsakte eingesehen und habe in einem Gutachten eines SV die Aussage entnommen, dass er große Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Eigentümerin hat. Daraufhin teilte ich dem Notar mit, dass ich durch das Gutachten ebenfalls Zweifel an der Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Beurkundung habe und mir ein ärztliches Gutachten bzw. Attest vorzulegen ist. Anderenfalls ist auch der erneute Abschluss des KV durch den Betreuer nebst Genehmigung denkbar.
    Es gibt nun große Streitigkeiten zwischen allen Beteiligten und ich weiß nicht, wie ich als GBA weiter agieren kann.

    Der SV hat ggü. dem Betreuungsgericht geäußert, dass er zwar große Zweifel hatte, aber es sich nun rückwirkend nicht mehr feststellen lässt zum Zeitpunkt der Beurkundung.
    Das Betreuungsgericht sagt, dass man dann von der Geschäftsfähigkeit auszugehen habe und das GBA eintragen soll.

    Wie würdet ihr das nun als GBA handhaben?

  • Davon abgesehen, kann die Erbin mit dem Vermerk des Notars nach § 11 Absatz 1 Satz 2 BeurkG nicht einverstanden gewesen sein. Wie Litzenburger in seiner Anmerkung zum Beschluss des OLG Hamm in der FD-ErbR 2021, 441924, in der ZEV 2016, 1/4 und im Beck/OK BeckOK BGB, Stand: 01.08.2021, § 11 BeurkG RN 11 ausführt, darf der Notar in den Fällen, in denen der Beteiligte Feststellungen über seinen Gesundheitszustand und sein äußeres Erscheinungsbild ablehnt, einerseits die Beurkundung nicht ablehnen, andererseits Einzelheiten über Krankheit, Erscheinungsbild oder Verhalten des Beteiligten bei der Beurkundung Dritten gegenüber aber auch nicht bekanntgeben

    Für das Grundbuchamt reichen ernsthafte Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Erbin zum Zeitpunkt der Beurkundung aus. Es darf eine Auflassung nur eintragen, wenn deren Wirksamkeit nachgewiesen ist (s. OLG München Beschluss vom 27.09.2016 - 34 Wx 235/16
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-17111?hl=true
    Da eine von einem Geschäftsunfähigen erklärte Auflassung nichtig ist (§§ 104, 105 I BGB), erstreckt sich daher die Prüfungsbefugnis und -pflicht des Grundbuchamts auch auf die Geschäftsfähigkeit der Erklärenden. Auch nach dem Beschluss des OLG München vom 29.08.2019, 34 Wx 18/19, Rz. 17
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-19299?hl=true
    muss ein besonderer Nachweis dann verlangt werden, wenn ernsthafte Zweifel an der Geschäftsfähigkeit bestehen, die durch festgestellte Tatsachen hinreichend begründet sind und sich auch aus Umständen außerhalb der Eintragungsunterlagen ergeben können.

    Diese Zweifel bestanden vorliegend aber bereits vor dem Kaufvertragsabschluss im Rahmen der Grundbuchberichtigung (Zitat: „diverse wirre Schreiben der Erbin“). Auch der Sachverständige hatte große Zweifel (Zitat: „Ich habe die Betreuungsakte eingesehen und habe in einem Gutachten eines SV die Aussage entnommen, dass er große Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Eigentümerin hat“).

    Und wenn sich der SV gegenüber dem Nachlassgericht im Nachhinein dahin äußert, dass „er zwar große Zweifel hatte, aber es sich nun rückwirkend nicht mehr feststellen lässt zum Zeitpunkt der Beurkundung“, dann sind diese Äußerungen ja ersichtlich nicht in seine Begutachtung eingeflossen.

    Wenn das Betreuungsgericht nun aber zu der Behauptung gelangt, „dass man dann von der Geschäftsfähigkeit auszugehen habe und das GBA eintragen soll“, dann fehlt es für diese Ansicht mE an konkreten Feststellungen zur Frage der Geschäftsfähigkeit oder Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Beurkundung. Dazu hätte es dann ja wohl der Diagnosen durch weiterer Fachärzte bedurft.

    So, wie das Nachlassgericht von Amts wegen aufzuklären hat, ob ein Betroffener zum Zeitpunkt einer Vollmachtserteilung noch geschäftsfähig war (s. BGH 12. Zivilsenat im Beschluss vom 29.07.2020, XII ZB 106/20
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…006&pos=0&anz=1
    Rz. 14), so muss mE das Betreuungsgericht dann, wenn es davon ausgeht, dass es keiner Genehmigung durch den Betreuer und keiner betreuungsgerichtlichen Genehmigung dazu bedarf, den Sachverhalt zum Zeitpunkt der Beurkundung durch weitere Ermittlungen abklären. Die Ermittlungen sind erst abzuschließen, wenn von weiteren Maßnahmen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist (s. OLG Düsseldorf, 3. Zivilsenat Beschluss vom 16.01.2013, I-3 Wx 27/12 Rz. 19 unter Zitat BGHZ 184, 269 ff.; Keidel-Sternal, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 26 Rdnr. 17 m.w. Nachw.).
    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/dues…s_20130116.html

    Schließlich spricht der Umstand, dass die Erbin bereits vor der Beurkundung ernsthafte Zweifel an ihrer Geschäftsfähigkeit erweckt hat („wirre Schreiben“) und dass nach der Beurkundung (aber noch vor dem Grundbuchvollzug) wegen der fraglichen Geschäftsfähigkeit der veräußernden Erbin ein Betreuer bestellt wurde, dafür, dass die Geschäftsunfähigkeit auch schon zum Zeitpunkt der Beurkundung bestanden haben kann.

    Wird dies nicht widerlegt, muss eben der Betreuer die Veräußerung des Grundstücks genehmigen, dazu die betreuungsgerichtliche Genehmigung einholen und den Mitteilungsvorgang nach §§ 1908i Absatz 1 Satz 1, 1829 BGB in Gang setzen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ja, das stimmt. Es ist die Neuvornahme erforderlich Allerdings wird eine Bestätigungserklärung des gesetzlichen Vertreters auch als im Namen des Geschäftsunfähigen abgegebene Willenserklärung aufgefasst, die dann ex nunc zur Vertretung des Geschäftsunfähigen führt (Klumpp im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 105 BGB RN. 3 unter Hinweis auf die frühere Kommentierung von Staudinger/Knothe [2012] § 105 Rn 4 und das Urteil des RG vom 02.07.1918, II 63/18 = RGZ 93, 227 zur „Bestätigung“ des Geschäfts des Geschäftsunfähigen durch den gesetzlichen Vertreter. Auch nach Schneider im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.08.2021, § 105 BGB, RN. 21 kann in der Bestätigung gem. § 141 Abs. 1 BGB eine Neuvornahme gesehen werden.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ist richtig. Eine Bestätigung des Kaufvertrages ist nach 141 BGB möglich. Führt wegen der fehlenden Rückwirkung nur dann zu Problemen, wenn der Vertrag auch die Auflassung enthält. Es liegt dann keine "Gleichzeitigkeit" mehr vor.

  • Ja, zum Vollzug der Auflassung bliebe dann nur die Ankündigung der Antragszurückweisung (OLG München 34. Zivilsenat, Beschluss vom 02.04.2015, 34 Wx 482/14, RN 19). Aus dem Sachverhalt ergibt sich allerdings nicht, dass derzeit die Auflassung vollzogen werden soll.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Entschuldigt die später Rückmeldung!

    Vielen Dank für die ganzen Ausführungen. Ich habe meine Beanstandungen bisher auch genau aus diesen Gründen vorgenommen.
    Beantragt ist tatsächlich die Eigentumsumschreibung. D.h. die Auflassung ist derzeit zu berücksichtigen und aus meiner Sicht ist nur eine neue Beurkundung denkbar, da eine Heilung nicht möglich ist.

  • Welche Qualifikation hat denn der Sachverständige ?

    Der SV ist Facharzt für Psychatrie und Psychotherapie und erstellt vorrangig psych. Gutachten.

    Dann wird es kompliziert. Die Geschäftsunfähigkeit muss ja positiv festgestellt werden - wenn der Facharzt (bei dem je eigentlich nie jemand geschäftsfähig ist :teufel:) sagt, es lasse sich nicht mehr feststellen, ob zum fraglichen Zeitraum Geschäftsunfähigkeit bestand, ist das gerade nicht der Fall.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Wenn die Zweifel des Grundbuchamtes an der Geschäftsfähigkeit aufgrund eines Gutachtens des Sachverständigen bestehen, müßte der Sachverständige die Zweifel in gleicher Weise zerstreuen. Wenn er das ohne weiteren Widerspruch hinkriegt.

  • Nur wie möchte er das wirklich zweifelsfrei machen? Er kann hinsichtlich des mehrere Monate zurückliegenden Zeitpunkts keine genaue Aussage machen, ob nun die Geschäftsfähigkeit bestand oder nicht. Dann kann er mE nach auch die nunmehr vorliegenden Zweifel nicht zerstreuen. Er hat zwar nicht ausdrücklich festgestellt, dass keine GF vorliegt, hat aber im Gutachten dennoch sehr deutlich darauf hingewiesen, dass große Zweifel daran bestehen.

  • Nur wie möchte er das wirklich zweifelsfrei machen?

    Eben. :) Die begründeten Zweifel hat das Grundbuchamt vom Sachverständigen aus dessen Stellungnahme übernommen. Er müßte jetzt gutachterlich darlegen, dass ihm diese Zweifel damals gar nicht möglich gewesen sind. Ein anderer Sachverständiger wird sich rückwirkend nicht dazu äußern können. Die Geschäftsunfähigkeit muß für das Grundbuchamt auch nicht positiv feststehen. Nicht ausgeräumte Zweifel genügen. Plausibel bleibt daher nur die Neuvornahme des Vertrages.

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