OLG Oldenburg zur Vertretung Mdj. nach FamFG

  • Im anliegenden Beschluss des OLG Oldenburg vom 26.11.2009 - 14 UF 149/09 - befasst sich das OLG mit der Vertretung Mdj. in FamFG-Verfahren - insbesondere in Verfahren zur teilwiese Entziehung des Sorgerechts und Bestellung eines Ergänzungspflegers nach §§ 1629, 1796 BGB.

    Ich würde die Entscheidung in folgenden Leitsätzen zusammenfassen:

    1. Ein betroffener Mdj. über 14 ist in Kindschaftssachen stets anzuhören - und zwar in aller Regel persönlich.
      .
    2. Ein nach § 158 FamFG bestellter Verfahrensbeistand ist nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes, so dass die Beteiligung eines Verfahrensbeistandes an Stelle der erforderlichen Beteiligung des Kindes nicht genügt.
      .
    3. In einer Vielzahl von familiengerichtlichen Verfahren wird den Eltern die elterliche Sorge für das Verfahren nach §§ 1629, 1796 BGB wegen erheblicher Interessensgegensätze zu entziehen sein, so dass dem Kind ein Ergänzungspfleger für das Verfahren zu bestellen sein wird.
      .
    4. Abweichend von Ziffer 3 können die Eltern das Kind aber im Verfahren zur Bestellung eines Ergänzungspflegers vertreten.
      .
    5. Ist für das Kind ein Ergänzungspfleger für das Verfahren bestellt, so bedarf es nach § 158 Abs. 5 FamFG nicht unbedingt der Bestellung eines Verfahrensbeistandes.

    Anbei die Entscheidung im Volltext.

  • Wie war , wie war.

    Aber immerhin:

    Nach so kurzer Zeit schon eine OLG-Entscheidung, die die Problematik anreisst.

    Wenigstens wird hier auf die Lehre eingeschwenkt , dass - anstelle - eines Verfahrensbeistandes, ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist.
    Schwammig wiederum ( auf S. 5 unten ) , was denn mit der "Mehrzahl der gerichtlichen Verfahren" gemeint sein soll.

    Ich vertrete daher - bis auf weiteres und besseres Wissen;)- die Lehre von Andy.K. ( u.a. im Forum ) , dass Erg.pfleger nur bei konkretem Interessengegensatz für das Genehmigungsverfahren zu bestellen sind.



  • :daumenrau Ist auch meine derzeitig vertretene Ansicht.

    Danke an Ulf für die Entscheidung !

  • Danke auch von mir.

    Immerhin stellt auch das OLG fest, dass es für die Bestellung eines Ergänzungspflegers vorher des Entzuges der Vertretungsmacht nach §§ 1629, 1796 BGB bedarf ..... und dies sieht das Gesetz nunmal bloß für offensichtlichen bzw. zumindest stark vermuteten Interessengegensatz im Einzelfall vor. (Was auch immer man unter "Einzelfall" versteht, 20% oder 70% der Verfahren ... aber keinesfalls "100%").

  • Danke auch für diese Entscheidung.

    Obwohl mir örtlich näher wie das OLG Oldenburg , passt die Entscheidung des OLG Stuttgart für die Rechtspflegerbelange nur bedingt , da es in dem ( richterlichen ) Verfahren auch um ein Verfahren der Personensorge ging.

  • In einer Vielzahl von familiengerichtlichen Verfahren wird den Eltern die elterliche Sorge für das Verfahren nach §§ 1629, 1796 BGB wegen erheblicher Interessensgegensätze zu entziehen sein, so dass dem Kind ein Ergänzungspfleger für das Verfahren zu bestellen sein wird.

    Sofern man z.B. in einem Genehmigungsverfahren dazu kommen sollte, dass die Eltern evtl. wegen eines Interessenskonfliktes nach §§ 1629, 1796 BGB im Gen.Verfahren von einer weiteren Vertretung ausgeschlossen werden sollten, wie würde das praktisch ablaufen?

    Müsste man nicht dann eigentlich - wie z.B. in Vaterschaftsverfahren üblich - aus der Gen.Akte heraus eine Anzeige an das FamG machen und um Prüfung bitten, ob den Eltern für das Verfahren die eSO insoweit zu entziehen sei?
    Dann würde eine neue Akte anzulegen sein, in der dann diese Prüfung erfolgen würde und in der dann ggf. der Beschluss nach § 1796 BGB erginge.
    Danach müsste dann eine Pflegschaftsakte bzgl. der Ergänzungspflegschaft her.

    Seht Ihr das grundsätzlich auch so oder würdet Ihr alles aus der Gen.Akte machen?

    Hat vielleicht sogar schon jemand eine Musterverfügung für den ersten Schritt?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • M. E. kannst du das machen, wie beschrieben. Aber wenn du tatsächlich eine zusätzliche Pflegschaftsakte anlegst, musst du nach Aktenordnung die Genehmigung in dieser Akte erteilen. D. h., letztendlich hast du immer alles in 1 Akte; deshalb würde ich das ganze in der Genehmigungsakte abhandeln.

  • Aber wenn du tatsächlich eine zusätzliche Pflegschaftsakte anlegst, musst du nach Aktenordnung die Genehmigung in dieser Akte erteilen.


    Das sehe ich nicht so, denn ich genehmige ja kein Rechtsgeschäft, welches der Pfleger vorgenommen (oder genehmigt) hat. In den von mir genannten Fällen ist der Pfleger ja nur dazu da, das Kind im Genehmigungsverfahren zu vertreten - also er wird an Stelle des Kindes angehört und er bekommt die Beschlüsse zugestellt.

    Ulf

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  • Das ist richtig. Aber trotzdem hast du eine Pflegschaft und ein Genehmigungsverfahren, die beide das gleiche Kind betreffen. Dafür kann man m. E. keine zwei unabhängigen Akten anlegen. Warum auch? Dann wäre je nach Geschäftsverteilung u. U. zwei verschiedene Kollegen zuständig; welch ein Unsinn!

  • Das ist richtig. Aber trotzdem hast du eine Pflegschaft und ein Genehmigungsverfahren, die beide das gleiche Kind betreffen. Dafür kann man m. E. keine zwei unabhängigen Akten anlegen. Warum auch? Dann wäre je nach Geschäftsverteilung u. U. zwei verschiedene Kollegen zuständig; welch ein Unsinn!

    Ist das pebb§y-mäßig wirklich Unsinn?

    Und bzgl der Geschäftsverteilung wird es doch in den meisten Gerichten so geregelt sein, dass Verfahren, die dasselbe Kind betreffen, ohnehin dem selben Sachbearbeiter (sei es nun Richter oder RPfl) zugeteilt werden.

    In Württemberg ist die Sache mit den Vormundschaftssachen ja noch Neuland seit dem 1.9., da sind solche praktischen Erwägungen schon überlegenswert.


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    Sogar der Montag! :S

  • § 13 a Nr. 2 S. 6 AktO NRW:

    "War oder ist das Gericht mit der Familiensache befasst, so sind ohne Neuerfassung zu den Verfahrensakten (zum Sonderheft) zu nehmen
    (...)
    - Vorgänge über die im Rahmen einer laufenden Vormundschaft oder Pflegschaft anfallenden familiengerichtlichen Genehmigungen (z. B. nach §§ 1821, 1822 BGB) in der Zuständigkeit der Rechtspflegerin bzw. des Rechtspflegers."

    Das muss m. E. auch für den umgekehrten Fall gelten. Eine Geschäftsverteilung ist nach meinem Kenntnisstand entweder nach (Anfangs-)Buchstaben des Familiennamens oder, außer bei Richtern, nach Endziffern des Aktenzeichens geregelt. In letzterem Fall könnte eine unterschiedliche Zuständigkeit des Sachbearbeiters eintreten.

    Wie das in anderen Bundesländern geregelt ist, entzieht sich meiner Kenntnis.

  • Hieße dann also, dass Du ein Anregung des F-Richters, in einer Abstammungssache für das Kind einen Erg.Pfleger zu bestellen, aus der Abstammungs-F-Akte bearbeiten würdest!? Richter und SE wären begeistert, denke ich...

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
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  • Hieße dann also, dass Du ein Anregung des F-Richters, in einer Abstammungssache für das Kind einen Erg.Pfleger zu bestellen, aus der Abstammungs-F-Akte bearbeiten würdest!? Richter und SE wären begeistert, denke ich...

    Ja, das würde ich; wo ist denn dein Problem damit?
    Eine getrennte Bearbeitung in zwei Akten würde dazu führen, dass du in deiner Pflegschaftsakte ständig Berichte vom Pfleger einfordern müsstest oder alternativ die Abstammungsakte beiziehen müsstest. Mir ist nicht klar, wieso Ri + SE davon begeistert sein sollten. Bei Bearbeitung in einer Akte kriegst du selbige nach Ablauf deiner Frist vorgelegt und kannst den Sachstand einsehen. Das stört Ri + SE m. E. überhaupt nicht.
    (In Betreuungssachen ist der Lauf unterschiedlicher Fristen innnerhalb einer Akte für Ri + Re gang und gäbe; wieso sollte das in Familiensachen Probleme verursachen)

  • Die meisten, jedenfalls die ich kenne, vertreten aber dennoch die Ansicht, dass es ungeachtet des Aufwandes mit einer zusätzlichen Akte durchaus gerechtfertigt und notwendig ist, eine solche weitere Akte anzulegen. Denn ansonsten würdest du als Rechtspfleger in diesen Sachen ohne jegliche Erfassung und Bewertung arbeiten. Man kann damit an einem kleinen Gericht vielleicht noch leben, wo man 1 Verfahren dieser Art im Monat hat, nicht aber, wenn es sich summiert. Wir müssen schon genug machen, was überhaupt nichts oder viel zu wenig zählt (Beratungshilfe, EDV, Vorbereitungen für den Richter etwa beim Nachlassgericht, Auslandszustellungen und und ...).
    Es ist definitiv so: Anders als in Sachen Kostenfestsetzung o.ä., was gegenüber den Richtersachen in Pebb§y mit einem bestimmten Prozentsatz eingerechnet ist, würden Pflegerbestellungen in Richterakten beim Rechtspfleger nirgendwo in Erscheinung treten oder zählen.

    Und darum habe auch ich erst diese Woche in faktisch demselben Fall die Anlegung einer weiteren Akte angeordnet. Letztlich ist das doch gegenüber dem Chaos, was mit den vielen Aktenzeichen beim Nachlassgericht passiert, durchaus vertret- und praktizierbar.

  • Abstammungs- und Pflegschaftssache waren ja auch vor dem FamFG zwei verschiedene Verfahren und Akten, warum sollte das auch auf einmal anders sein?

    Und auch an kleinen Gerichten sollten die Rechtspfleger auf ihr Pensum achten, um nicht untergebuttert zu werden.


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  • @ 17, 18, 19:

    Mein Beitrag sollte darstellen, wie das aufgeworfene Problem m. E. richtig (im Sinne von vorschriftsmäßig) zu handhaben ist.

    Wenn eine gesonderte Erfassung aus den dargelegten (Bewertungs-) Gründen vom Sachbearbeiter initiiert wird, ist das eine "ergebnisorientierte" Betrachtungsweise. Nix dagegen einzuwenden!

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