Verhandlungen bald auch auf englisch möglich?

  • "Wirtschaftsprozesse sollen künftig in englischer Sprache geführt werden können. Das sieht eine Initiative der Justizminister von Nordrhein-Westfalen und Hamburg, Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) und Till Steffen (Grüne), vor."

    Das OLG Köln ermöglicht eine Verhandlung auf englisch im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bereits jetzt.

    Quelle: faz.net vom 08.01.10

    gefunden bei Handakte WebLAWg

  • Und wieder mal soll ein Stück eigene Identität aufgegeben werden, weil den RAen lukrative Prozesse verloren gehen. Ich weiß noch nicht weshalb, aber ich habe ein elendes Ziehen in der Nackengegend, wenn ich nur den Namen M-P. lese... :pff:

  • Naja, finde ich eigentlich nichts Besonderes dran. Die Abschottung der Nationalstaaten in Europa ist ja inzwischen überwunden. Mit dt. Behörden kannst du in der Regel auch in Englisch kommunizieren bzw. je nach Grenznähe in Niederländisch, Polnisch o. Französisch. Gehört zu einer guten Nachbarschaft bzw. Völkerverständigung dazu, dass die Welt nicht aus Prinzip Deutsch sprechen muss. Identitätsverlust (:confused:)? Der Alte Fritz sprach auch nur Französisch...

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Naja, finde ich eigentlich nichts Besonderes dran. Die Abschottung der Nationalstaaten in Europa ist ja inzwischen überwunden. Mit dt. Behörden kannst du in der Regel auch in Englisch kommunizieren bzw. je nach Grenznähe in Niederländisch, Polnisch o. Französisch. Gehört zu einer guten Nachbarschaft bzw. Völkerverständigung dazu, dass die Welt nicht aus Prinzip Deutsch sprechen muss. Identitätsverlust (:confused:)? Der Alte Fritz sprach auch nur Französisch...

    Durchaus richtig, warum aber dann so inkonsquent, man müsste dann solche Prozesse auch in chinesisch, suaheli und sanskrit führen können, ergibt völlig neue Aussichten in der Juristenausbildung

  • Irgendwie muss scheint jeder Politiker den Zwang zu verspüren, den Weg in die Medien schaffen zu müssen. Die Initiative ist blanker Unsinn.
    Bereits jetzt sind die Schwerpunktstaatsanwaltschaften erheblich unterbesetzt. Bei den Gerichten setzt sich der Engpass fort. Bei Zivilprozessen gilt dasselbe. Woher sollen die englisch sprechenden Spezialisten kommen?
    Englisch sprechen und einen Prozess auf englisch führen sind zwei verschiedene Welten. Da ich Auslandssachen bearbeite, ist es für mich normal Schreiben in Englisch zu verfassen. Im Rahmen von Sammelklagen waren immer wieder Telefonate in die USA zu führen.
    Es ist ein Tanz auf dünnem Eis, denn kurz mal im Leo´s nachschauen genügt bei weitem nicht. Es gibt genau so eine juristische Fachsprache in England, Amerika, Australien..., wie es diese im Deutschen gibt. Man kann nun mal "Zustellung" nicht einfach nur mit "service" übersetzen. Nicht einmal die deutschsprachigen Länder haben eine vergleichbare Fachsprache oder weiß jeder, was eine Impugnationsklage ist?
    Ich habe mehre Jahre in der Flugsicherung gearbeitet. Dort ist bekanntermaßen Englisch Betriebssprache. Was dort erstaunlich war, war die Erkenntnis, dass in der streng regulierten Flugsicherungsfachsprache sogar Unterschiede auftauchten, wenn man mit einem Franzosen, einem Belgier oder einem Tschechen telefonierte. Wenn ich unsere Gerichte anschaue, das wird nie was.
    Genauer gesagt, selten so gelacht.

  • Es käme doch umgekehrt auch niemand auf die Idee, einen Prozeß in London oder New York in deutscher Sprache führen zu wollen... :gruebel:

  • Und wieder mal soll ein Stück eigene Identität aufgegeben werden, weil den RAen lukrative Prozesse verloren gehen.

    Lass mal, das passiert garantiert nicht. Denn es gibt genug internationale Kanzleien, denen es egal ist, in welcher Sprache sie wo aggieren.

    Es geht hier um die Eindämmung der Tatsache, dass ausländische Rechtsordnungen sich im Rahmen der europäischen Einigung immer mehr ausbreiten und Deutschland da gern etwas dagegen setzen will. Ich sage nur Limited und Unternehmergesellschaft etc.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wie sagte schon Herr Westerwelle: In Deutschland spricht man nun mal deutsch. (oder so ähnlich).

    Dabei sollte es m.E. auch bleiben.

  • Wie sagte schon Herr Westerwelle: In Deutschland spricht man nun mal deutsch.

    In dem Kontext, in welchem er es gesagt hat, klingt es weniger arrogant. Es ging darum, dass ein dt. Reporter auf einer Pressekonferenz in London einem britischen Politiker auch keine Fragen in deutscher Sprache stellen würde.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Für Rechtsenglisch gibt es zahlreiche Kurse und Bücher. Bei uns gibt es in der Verwaltung neben den berühmt berüchtigten Kursen für "richtig Telefonieren" und "Rhetorik für Frauen" auch eben Businessenglischkurse. In der Regel ist allerdings in der Tat anzunehmen, dass Personen, die des deutschen Rechts mächtig sind und hier klagen, auch die deutsche Sprache beherrschen. Für allgemeine Auskünfte ist Englisch aber heutzutage angesagt - Herr Westerwelle ist ganz zu recht für sein Verhalten ausgelacht worden - Prinzipienreiter sind mir zutiefst zuwider.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • irgendwie scheint Exec´s Behörde noch nicht ganz im Hier und jetzt zu sein, Rhetorik für Frauen Businessenglischkurse um jemanden in die Lage zu versetzen, Prozesse auf Englisch zu führen. Ich würde gerne mal anrufen, um eine Auskunft auf Englisch zu bekommen.
    In allen Ländern wird es geschätzt die Landessprache zu beherrschen und zu pflegen. Nur wir glauben, dass wenn wir englisch dilettieren, uns die Aura der Weltgewandtheit zu geben. Es ist das Gegenteil der Fall. Was im Privaten bei Weitem reicht, ist Beruf peinlich und gefährlich

  • Die Besteuerung ausländischer Unternehmer ist pro Land zentralisiert in jeweils einem Finanzamt für ganz Deutschland. In den dortigen Abteilungen wird vom Telefon bis zum Rechtsbehelf alles in der jeweiligen Sprache abgewickelt (schriftlich allerdings zweisprachig). Ebenso besteht zu den Behörden in den jeweiligen Ländern tagtäglich routinierter Kontakt in der jeweiligen Sprache. Zudem hat jedes Bundesland ein Partnerland im europäischen Ausland. Hier findet ein ständiger Austausch mit Hospitationen, gemeinsamen Besprechungen und Anwärteraustauschen statt. Aktuell geplant sind auch länderübergreifende Betriebsprüfungen mit jeweils Prüfern aus verschiedenen Ländern (wird gerade von der europäischen Kommission in Richtlinien gegossen.

    Meine Behörde muss also nicht unbedingt den Vergleich scheuen...

    Tut mir leid, aber es ist schon lächerlich, welcher Affentanz hier um Prozessführung in englischer Sprache gemacht wird. Das übt heutzutage jeder Student in der Uni.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Das ist ja alles sehr löblich, aber andererseits muß ich auch sagen, gestern kam wieder diese Ordnungshüter-Dokusoap, die zum Teil auch beim Zoll am Flughafen München spielt. Was die Fertigkeiten in der englischen Sprache angeht, kann man da nur sagen: Si tacuisses! Falls es jemand gesehen hat, ich meine hier die Kontrolle der beiden Musiker. Der Zoll scheint da ja bemüht, eine Art "hart, aber herzlich"-Image an den Tag zu legen, aber das war eher "hart, aber herzlich und peinlich".

  • irgendwie scheint Exec´s Behörde noch nicht ganz im Hier und jetzt zu sein, Rhetorik für Frauen Businessenglischkurse um jemanden in die Lage zu versetzen, Prozesse auf Englisch zu führen. Ich würde gerne mal anrufen, um eine Auskunft auf Englisch zu bekommen.
    In allen Ländern wird es geschätzt die Landessprache zu beherrschen und zu pflegen. Nur wir glauben, dass wenn wir englisch dilettieren, uns die Aura der Weltgewandtheit zu geben. Es ist das Gegenteil der Fall. Was im Privaten bei Weitem reicht, ist Beruf peinlich und gefährlich


    [Blockierte Grafik: http://smilie-land.de/t/q-s/schilder/schild0013.gif]

  • Das ist ja alles sehr löblich, aber andererseits muß ich auch sagen, gestern kam wieder diese Ordnungshüter-Dokusoap, die zum Teil auch beim Zoll am Flughafen München spielt. Was die Fertigkeiten in der englischen Sprache angeht, kann man da nur sagen: Si tacuisses! Falls es jemand gesehen hat, ich meine hier die Kontrolle der beiden Musiker. Der Zoll scheint da ja bemüht, eine Art "hart, aber herzlich"-Image an den Tag zu legen, aber das war eher "hart, aber herzlich und peinlich".

    Hier! Ich habs gesehen... es hat mich ein bißchen an Herrn Lübke selig erinnert. :D

    Und was das Prozesse führen angeht, was heutzutage "jeder Student an der Uni" übt: a) heißt das noch lange nicht, dass sies hinterher auch können, b) wird in Lebensläufen nicht ohne Grund ein feiner Unterschied zwischen "Englisch: fließend" und "Englisch: verhandlungssicher" gemacht; auf der Gass' und im sonstigen täglichen Leben kann ich Dich auf Englisch totquatschen, und das mit großem Wortschatz und grammatikalisch richtig. Wie es allerdings mit der Fachterminologie aussieht...

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Hi Exec,

    wie gesagt, ich bin wahrscheinlich einer der wenigen, der mehrere Jahre eine Tätigkeit ausgeübt hat, in der Englisch Betriebssprache war. Ich weiß also wovon ich rede.
    Das Englisch in Finanzangelegenheiten ist eine sehr simple Sprache. Da wundert es nicht, dass es man es in ein oder zwei Kursen drauf hat. Ich kenne das gut. In meiner Flugsicherungsausbildung war ichn auch nur beim ersten Mal geschockt, wenn der Navigationslehrer den Unterricht öfters auf Englisch hielt, weil ihm danach zumute war oder die Kursunterlagen nur in Englisch vorlagen. Das ist einfach. Es sind alles die Spezialsprachen, die nur einen eingeschränkten, spezialisierten Wortschatz anwenden und relativ einfach Regeln anwenden, auch wenn diese differenziert sind. Alles sehr überschaubar.
    Es ist ein Unterschied, ob man einen Vertrag voller Klauseln, komplizierte AGB´s vom Inhalt her, von strafrechtlicher Relevanz her zu überprüfen ist.

    Ein kleines bisschen komplizierter ist das schon.

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