Alte Steuererstattung und Versagungsantrag

  • Ich hab mal ein Problem über das ich mir eigentlich keine Gedanken machen müsste, aber es interessiert mich einfach.

    IK-Verfahren wurde 2006 aufgehoben, RSB angekündigt. Wohlverhaltensperiode läuft ab, Treuhänder erstattet Bericht und teilt unter anderem mit, dass noch eine Steuererstattung im vierstelligen Bereich aus dem Jahr 2005 offen stünde, die der Schuldner nicht an die Masse gezahlt hat. Aufgrund dieses Berichts beantragt ein Gläubiger die RSB zu versagen. Nun ruft mich der Schuldnervertreter an und meint, dass das doch kein Versagungsgrund sei. Ich sehe das auch so (abgesehen davon, dass noch andere Gründe existieren, die eine RSB-Versagung evtl. möglich machen), finde die Konstellation aber irgendwie komisch. Mal angenommen, der Schuldner hat die volle Steuererstattung vereinnahmt und der Treuhänder will sie jetzt haben. Grundsätzlich ein Fall der Nachtragsverteilung, aber wir ordnen ja eigentlich erst an, wenn der Treuhänder das Geld hat. Frage daher: Wie kommt der TH an die Kohle und wie kann es sein, dass solch ein Verhalten unsanktioniert bleibt?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Für den Versagungsantrag ist der Richter zuständig, also ab damit zum Richter und keine weiteren Gedanken darüber machen.

    Die Nachtragsverteilung kannst Du nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 Inso bereits vorher anordnen.

    Warum der Schuldner mit so einem Verhalten durchkommt, da frag mal die Damen und Herren Gesetzgeber.

  • warum sollte der Schuldner eine Steuererstattung herausrücken, welche er nach Beendigung des Verfahrens vom FA erhalten hat ?

    Nach Beendigung des Verfahrens kann der Schuldner über sein Vermögen frei verfügen, der Massebeschlag wurde nicht vorbehalten. Eine Steuererstattung stellt kein Einkommen im Sinne des § 295 InsO dar.

    Die NTV erst dann anzuordnen, wenn der TH das Geld hat sehe ich kritisch, da hierzu keinerlei Aktivlegitimation besteht.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • warum sollte der Schuldner eine Steuererstattung herausrücken, welche er nach Beendigung des Verfahrens vom FA erhalten hat ?

    Nach Beendigung des Verfahrens kann der Schuldner über sein Vermögen frei verfügen, der Massebeschlag wurde nicht vorbehalten. Eine Steuererstattung stellt kein Einkommen im Sinne des § 295 InsO dar.



    BGH, 12.01.2006, IX ZB 239/04

  • M.E. ist es unstreitig, dass der Anspruch einer Nachtragsverteilung zugängig ist. Ich hab den BGH-Beschluss grad mal überflogen, da steht ja sogar drin, dass das Insolvenzgericht von Amts wegen die Anordnung der NTV prüfen muss :eek: Problem ist halt zusätzlich, dass nicht klar ist, ob der Schuldner das Geld überhaupt erhalten hat. Der Steuerbescheid gibt dazu leider nichts her.
    @ rainermdvz: Dass mich der Versagungsantrag nix angeht, weiß ich, aber der Schuldnervertreter hat nun mal bei mir angerufen und ich bin genau wie du gerne hilfsbereit :D

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D


  • @ rainermdvz: Dass mich der Versagungsantrag nix angeht, weiß ich, aber der Schuldnervertreter hat nun mal bei mir angerufen und ich bin genau wie du gerne hilfsbereit :D



    Fehler!!!


    Nicht doch, ich hab ihm gesagt, dass der Richter zuständig ist :D Außerdem war er nett und nicht so ganz planlos wie viele Schuldnervertreter.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • "Ich hab mal ein Problem über das ich mir eigentlich keine Gedanken machen müsste"..
    hm, das ist das Signal, subito eine Nachtragsverteilung anzuordnen ! (Mitteilung an das FA auch von Gerichts wegen).
    Sollte die Steuererstattung schon ausgezahlt sein, greift sie halt in's leere.
    Der Rest würde dann nur noch interessieren, warum weder Gericht noch Verwalter drüber nachgedacht hat (oki, wenn keine Anhaltspunkte gegeben waren, kein Grund zum Nachdenken; ich hatte von Jahren einen entsprechenden Fall und hab sie angeordnet - da der Betrag noch beim FA lag, war es eine runde Sache- ); in Stundungsfällen wäre intereressant, ob der Schuldner hätte drüber nachdenken müssen....

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • RdNr. 10 auf der Seite des BGH:

    2. Der streitige Betrag unterfällt damit derzeit dem Verwaltungs- und Ver-fügungsrecht des Schuldners. Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss vom 18. November 2003 hat der Schuldner dieses Recht über sein Vermögen zurückerlangt, soweit es nicht von der Abtretung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO erfasst wird. Der Anspruch auf Steuerrückerstattung war damit aus der Insolvenzbeschlagnahme entlassen (MünchKomm-InsO/Hintzen, § 200 Rn. 31, § 203 Rn. 21; Kübler/Prütting/Holzer, InsO § 200 Rn. 6 f). 

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  • Was ist dann mit dem Leitsatz?

    Der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen gehört zur Insolvenzmasse, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist.

  • Mit dem Problem, um das ich mir keine Gedanken machen müsste, meinte ich primär den Versagungsantrag.

    @rainermdvz: Ich sprach mit dem Schuldnervertreter, nicht mit einem Gläubiger! Der Versagungsantrag ist aber bereits gestellt.

    Ich finde die Entscheidung des BGH sehr eindeutig. Natürlich endet der Insolvenzbeschlag insoweit mit der Aufhebung des Verfahrens. Aber genau für Fälle wie diesen hier, gibt es ja die Nachtragsverteilung. Fakt ist, keiner weiß, ob was gezahlt wurde und wenn ja an wen. Der Schuldnervertreter wird sich aber kümmern. Insofern tendiere ich dazu, erst mal abzuwarten, was mit dem Geld ist.

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  • Was ist dann mit dem Leitsatz?

    Der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen gehört zur Insolvenzmasse, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist.



    Das dieser Anspruch für die Masse beschlagnahmt werden kann, im Gegensatz zu Erstattungen, die in Zeiträumen nach Insolvenzende begründet werden.

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  • Mit dem Problem, um das ich mir keine Gedanken machen müsste, meinte ich primär den Versagungsantrag.

    @rainermdvz: Ich sprach mit dem Schuldnervertreter, nicht mit einem Gläubiger! Der Versagungsantrag ist aber bereits gestellt.

    Ich finde die Entscheidung des BGH sehr eindeutig. Natürlich endet der Insolvenzbeschlag insoweit mit der Aufhebung des Verfahrens. Aber genau für Fälle wie diesen hier, gibt es ja die Nachtragsverteilung. Fakt ist, keiner weiß, ob was gezahlt wurde und wenn ja an wen. Der Schuldnervertreter wird sich aber kümmern. Insofern tendiere ich dazu, erst mal abzuwarten, was mit dem Geld ist.

    Abwarten ist ja ganz prima :D
    Sollte der Erstattungsanspruch dann (wenn das Abwarten beendet ist) ausgezahlt sein, käme eine Nachtragsverteilung zu spät (wodurch erlöschen Forderungen... genau ! Erfüllung und Erfüllungssurrogate - wobei ich jetzt keinen akademischen Streit darüber vom Zaun berechen mag, ob die Aufrechnung hierzu gehört..- ein Blick in die Tabelle schafft aber auch da Klarheit, ob eine Forderung des FA besteht; sollte dies der Fall sein, wäre die NV vor ! einer Verwendungsmitteilung des FA für die Gläubigergemeinschaft hilfreich....).

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  • Warum sollte die NTV zu spät sein? Im Normalfall hat der Schuldner das Geld (zu Recht) schon lange erhalten. Wenn ich die NTV anordne, hat er m.E. das Geld an den Treuhänder rauszugeben. Also entweder hab ich das Institut der Nachtragsverteilung falsch verstanden oder wir reden aneinander vorbei :gruebel:
    Letztlich ist das hier doch der Klassiker. Verfahren wird aufgehoben. Nachträglich stellt sich ein Erstattungsanspruch auf Einkommensteuer heraus. Das Finanzamt zahlt korrekterweise an den Schuldner aus, da dieser insoweit zunächst verfügungsbefugt ist. Wenn der TH erst dann von der Erstattung erfährt, kann ich ohne weiteres die Nachtragsverteilung anordnen und der TH das Geld verteilen (sofern es der Schuldner rausrückt). Das ist ja jetzt auch genau meine Frage. Was wenn der Schuldner das nicht tut?
    Der BGH hat m.E. mit der genannten Entscheidung auch genau diesen Fall entschieden, zumindest verstehe ich den 2. Leitsatz so. Hat eben nur nicht gesagt, was passiert, wenn der Schuldner querschießt.

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  • Wäre es nicht Sache des FA gewesen, den Betrag aufzuteilen und anteilig an den Verwalter zu überweisen (Rn. 7):

    Für das Jahr 2003 stand dem Schuldner ein Einkommensteuererstattungsanspruch von 1. 162 € zu. Diesen teilte das Finanzamt, nachdem das Insolvenzverfahren am 18. November 2003 aufgehoben worden war, anteilig auf.

  • Das Finanzamt hätte nicht an den Verwalter überweisen dürfen. Da Verfahren aufgehoben, keine NTV angeordnet und Steuererstattung nicht unter Abtretung fällt, wäre das nicht schuldbefreiend gewesen. Das Finanzamt hätte nur entweder aufrechnen oder an den Schuldner auszahlen dürfen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

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