Entlassung des Insolvenzverwalters

  • Hallo liebe Kollegen!
    Ich habe einen Insolvenzverwalter bestellt, der das Amt angenommen hat. Kurze Zeit später schrieb die Schuldnerin, sie sei mit dem Verwalter nicht einverstanden, da er angeblich ein Gläubiger von ihr sei. Dieses Schreiben habe ich an den Insolvenzverwalter zur kurzfristigen Stellungnahme geschickt. Antwort: "Habe Schuldnerin 2004 vertreten, Rechtsanwaltsgebühren wurden nicht beigetrieben, die Kostennote wurde ausgebucht. Der Antrag auf Ablehnung soll zurückgewiesen werden." Dieses Schreiben wurde an die Schuldnerin geschickt. Antwort: "Treuhänder hat mich 2004 vertreten, mehrmals die Rechnung angemahnt. Außerdem war meine Tochter drei Monate vor Eröffnung bei ihm wegen einer Beratung. Er sagte in unfreundlichem Ton: Richten Sie ihrer Mutter aus, dass sie ihre Schulden zu begleichen hat. Ich sehe mich psychisch nicht in der Lage, mit Insolvenzverwalter zusammen zu arbeiten. Er ist immer noch mein Gläubiger."
    Insolvenzverwalter entlassen oder nicht? Falls ja, welche Vergütung kriegt er? Er hätte ja eigentlich das Amt ablehnen müssen, da er nicht unabhängig ist. Bin gespannt auf eure Antworten!

  • Was sagt denn der betroffende Insolvenzverwalter dazu ?

    Also, ich denke, das es sich hier auf jeden Fall um eine Interessenkollision handelt. Wenn ich mich aus dem Fenster lehnen würde, würde ich sogar sagen, dass es sich hier möglicherweise um ein Fall des § 356 StGB (Parteiverrat) handelt.
    Zur Vergütung gibt es nicht so viele Entscheidungen. Laut LG Potsdam, Beschluss vom 01.08.2005 - 5 T 252/05 bleibt der Vergütungsanspruch auch bei schweren Pflichtverstößen bestehen. Ich denke auch, dass dürfte erstmal das geringere Problem sein.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ach, wieder falsch gelesen. Der hat ja schon geantwortet. Dann würde ich ihn entlassen und einen neuen bestellen. Begründung: Interessenkollision.

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  • Auszug aus dem Entwurf für die "Berufsgrundsätze der Insolvenzverwalter" des VID (sollen am 04.11.06 beschlossen werden):

    § 4 Unabhängigkeit

    ...

    (2) Die erforderliche Unabhängigkeit ist nicht gegeben, wenn

    ...

    c) der Insolvenzverwalter oder eine mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbundene Person innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Schuldner oder eine diesem nahestehende Person (§ 138 InsO) mittelbar oder unmittelbar vertreten oder beraten hat;

  • Danke für eure Antworten. Ich hatte mir auch überlegt den Insolvenzverwalter zu entlassen. Freut mich, dass ihr das auch so seht. Wenn ich dem Verwalter die Vergütung bewillige, muss ich das doch auf die Vergütung für den neuen Verwalter anrechnen, richtig?

  • Na, da würde sich ja der neue Verwalter freuen.

    Also ich würde sagen, das geht nicht.

    Es gibt dazu und zur Berechnung mehrere Entscheidungen des BGH
    BGH, Beschluß vom 10. 11. 2005 - IX ZB 168/04
    BGH, Beschluß vom 16. 12. 2004 - IX ZB 301/03
    Vielleicht helfen die etwas weiter

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  • Zitat von susi

    Danke für eure Antworten. Ich hatte mir auch überlegt den Insolvenzverwalter zu entlassen. Freut mich, dass ihr das auch so seht. Wenn ich dem Verwalter die Vergütung bewillige, muss ich das doch auf die Vergütung für den neuen Verwalter anrechnen, richtig?



    Bitte nochmal kurz nachdenken:

    Alter Verwalter wird aus in seiner Person liegendem Grund entlassen, erhält aber trotzdem Vergütung (ggf. gekürzt wg. vorzeitiger Beendigung des Amtes).
    Neuer Verwalter, unbescholten, hochqualifiziert und -motiviert, wird bestellt, macht Spitzenjob und kriegt dann leider keine Vergütung, weil sein Amtsvorgänger ein Fehlgriff war?:eek:

    Zur Beantwortung dieser Frage sollte es keiner BGH-Entscheidungen bedürfen.;)

  • Zitat von chick

    Zur Beantwortung dieser Frage sollte es keiner BGH-Entscheidungen bedürfen.;)



    Da steht auch eher drin, wie man die Vergütung berechnen muß.
    Aber trotzdem solltet Ihr Euch nicht so anstellen. Hat Euch doch schon der BGH im Juli dieses Jahres mit auf den Weg gegeben...:teufel:

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  • Ich habe in der Zinso (16/2006, S. 862) einen Aufsatz zum Thema Vergütung bei vorzeitigem Ausscheiden des Insolvenzverwalters gefunden. Hier wurde auch das BGH Urteil vom 10.11.2005 behandelt. Jetzt weiß ich, wie ich´s machen muss. :grin:

  • Auch aus meiner Sicht: eindeutiger Entlassungsgrund!

    Wenn man Graeber folgt, hat er keinen Vergütungsanspruch (Graeber, Vergütung in Insolvenzverfahren, 2005, RZ 505):

    "Die Vergütung kann auch dann verwirkt sein, wenn zwar die Tätigkeit des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren mangelfrei und ordnungsgemäß war, jedoch festgestellt werden musste, dass er grundlegend nicht zum Insolvenzverwalter zu bestellen gewesen war (AG Potsdam, ZInsO 2005, 503). Beispielsweise ist ein Insolvenzverwalter, der mit falschen Diplomtiteln und Vorspiegelung nicht vorhandener Qualifikation in strafbarer Weise die Bestellung zum Insolvenzverwalter erschlichen hat, von der Festsetzung einer Vergütung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 InsO ausgeschlossen (BGH, ZInsO 2004, 669 [BGH 06.05.2004 - IX ZB 349/02] ), aber auch ein Verwalter, der ein Entlassung durch ein Verschweigen von Interessenkollisionen verhindert (AG Potsdam, ZInsO 2005, 503). Ein solcher Verwalter kann dabei auch nicht mit dem Argument der Bereicherung der Masse durch seine Tätigkeit einen Teil der Vergütung erhalten (BGH, ZInsO 2004, 669 [BGH 06.05.2004 - IX ZB 349/02] )."

    Im übrigen soll doch der neue Verwalter prüfen, ob er nicht einen Regressanspruch - in Höhe der gewährten Vergütung - gegen den alten hat. Hätte dieser pflichtgemäss seine Interessenkollission angezeigt, hätte er keinen Vergütungsanspruch (wenn man Graeber nicht folgt) erworben

  • @pleitegeier

    Mal kurz leicht off topic: Wie hält es Graeber denn mit einem Richter, der zum Zweck fragwürdiger Rechtsfortbildung Verfahren an der Geschäftsverteilung vorbei an sich zieht? Verliert der dann insoweit seinen Besoldungsanspruch?:wechlach:

  • Ich glaube auch, wenn ich mich recht erinnere, ist der Beschluss vom LG aufgehoben worden. Er hat trotzdem einen Vergütungsanspruch. I ch weiß aber nicht mehr, in welcher ZinsO der war

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ja, das LG Potsdam hat wie folgt entschieden (ZIP 2005, 1698f.):

    1. Die Insolvenzverwaltervergütung ist als reine Tätigkeitsvergütung ausgestaltet, so dass der Einwand der mangelhaften fachlichen und persönlichen Eignung des Verwalters zur Ausübung des Amtes die Höhe der Vergütung grundsätzlich nicht zu beeinflussen vermag.
    2. Auch ein Verwalter, der gemäß § 59 Abs.1 InsO vom Insolvenzgericht aus wichtigem Grund entlassen worden ist, hat grundsätzlich einen Anspruch auf Festsetzung der Vergütung für seine bisherige Tätigkeit.
    3. Legt der vorläufige Verwalter eine ihn betreffende Interessenkollision offen, ist er sinnvollerweise im Amt zu belassen und ein Sonderverwalter zu bestellen.
    4. Weist der vorläufige Insolvenzverwalter nicht schriftlich und insbesondere nicht im Eröffnungsgutachten auf die Interessenkollision hin, so ist weder eine schwerwiegende schuldhafte und strafbare Pflichtverletzung noch ein ursächlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverstoß gegeben, durch den eine erhebliche Gefährdung des Insolvenzverfahrens zu befürchten wäre. Eine Verwirkung des Vergütungsanspruchs kommt daher nicht in Betracht.

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