Geltendmachung Pflichtteil?

  • Guten Morgen,

    für den Betroffenen ist dessen Schwester zur Betreuerin bestellt.
    Die gemeinsame Mutter verstirbt und setzt in ihrem Testament die Betreuerin zur Alleinerbin ein. Weiterhin setzt sie ein Vermächtnis (Sparguthaben auf einem bestimmten Konto) für einen weiteren Sohn (nicht Betroffener) aus.

    Der mittellose Betroffene lebt im Heim, Kostenträger zahlt.
    Der Nachlass besteht nur aus Barvermögen von ca. 19.000 €.

    Ist der Pflichtteilsanspruch - vom dann noch zu bestellenden Ergänzungsbetreuer - geltend zu machen?
    Bzw. kann ich einen Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis "Prüfung und evtl. Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs" bestellen (lassen)? Wobei dieser im Zweifel dann auch das Betreuungsgericht fragen würde, ob er der Pflichtteilsanspruch auch geltend machen soll... :(

  • Der Pflichtteil ist geltend zu machen, der dann ausgezahlte Betrag geht dann natürlich an den Kostenträger des Heims. Unterm Strich hat der Betreute nichts davon.
    Gelegentlich leiten die Kostenträger den Anspruch auf sich über und verfolgen ihn dann selbst. In den letzten Jahren aber lassen sie lieber die Gerichte für sich arbeiten.

  • Kommt drauf an, wie klar der Betroffene ist. Wenn er anhörungsfähig ist, würde ich ihn erstmal dazu hören. Äußert er sich eindeutig gegen die Geltendmachung des Pflichtteils, würde ich gar nichts machen.

    Der Träger kann die Ansprüche erst dann auf sich überleiten, sobald sie geltend gemacht sind, erst dann wären sie auch pfändbar.

    Kann der Betreute sich nicht (richtig) äußern, würde ich auch die Bestellung eines weiteren Betreuers anregen.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Kommt drauf an, wie klar der Betroffene ist. Wenn er anhörungsfähig ist, würde ich ihn erstmal dazu hören. Äußert er sich eindeutig gegen die Geltendmachung des Pflichtteils, würde ich gar nichts machen.

    Der Träger kann die Ansprüche erst dann auf sich überleiten, sobald sie geltend gemacht sind, erst dann wären sie auch pfändbar.

    Kann der Betreute sich nicht (richtig) äußern, würde ich auch die Bestellung eines weiteren Betreuers anregen.



    Anhörungsfähig ist der Betroffene nicht.
    Gut, dann werde ich veranlassen, dass ein Ergänzungsbetreuer bestellt wird. Ob Geltendmachung oder nicht, wird sich dann zukünftig zeigen.

    Ich danke Euch!

  • Meiner Meinung nach muss der Pflichtteil durch einen Ergänzungsbetreuer geltend gemacht werden. Wenn der Ergänzungsbetreuer aus welchen Gründen auch immer zum Ergebnis käme, der Anspruch sollte nicht geltend gemacht werden, wäre dieser Verzicht nach § 1822 Nr. 2 BGB zu genehmigen. Ohne Ergänzungsbetreuer ist also eine Bearbeitung nicht möglich.

  • Meiner Meinung nach muss der Pflichtteil durch einen Ergänzungsbetreuer geltend gemacht werden. Wenn der Ergänzungsbetreuer aus welchen Gründen auch immer zum Ergebnis käme, der Anspruch sollte nicht geltend gemacht werden, wäre dieser Verzicht nach § 1822 Nr. 2 BGB zu genehmigen.
    Ohne Ergänzungsbetreuer ist also eine Bearbeitung nicht möglich.



    Ich sehe ein Genehmigungsbedürfnis nur,wenn der weitere Betreuer explizit durch eine Erklärung auf den Pflichtteil verzichtet.
    Das bloße Nicht-Geltendmachen und Verstreichenlassen der Frist stellt m. E. keine Rechtshandlung dar und kann daher auch nciht genehmigt werden.
    Das gleiche gilt doch auch für andere Forderungen, die der Betreuer nicht geltend macht - ist unterm Strich auch eine Verfügung über eine Forderung, aber es fehlt ein aktives Handeln.
    :gruebel:

    Ich stimme jedoch überein, dass ein weiterer Betreuer darüber entscheiden muss, ob geltendmachen oder nicht - von dieser Entscheidung ist die jetzige Betreuerin so oder so ausgeschlossen.
    Wenn der weitere Betreuer mir dann aber schreibt: "aus den und den Gründen bin ich zu dem Entschluss gekommen, den Pflichtteil nicht geltend zu machen" ist da nix zu genehmigen, finde ich.

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • § 1822 Nr.2 BGB meint nur den zu Lebzeiten des Erblassers vereinbarten Pflichtteilsverzicht i.S. des § 2346 BGB, nicht die Nichtgeltendmachung des Anspruchs nach dem Eintritt des Erbfalls.

    Zu #3: Die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs durch den Sozialhilfeträger ist nicht von der Geltendmachung des Anspruchs durch den Betreuten abhängig und bewirkt mit dem tatsächlichen Erbringen von Leistungen einen Gläubigerwechsel in Höhe der seit dem Erbfall geleisteten Aufwendungen (AG Mannheim FamRZ 2010, 71).

  • Meines Erachtens besteht grundsätzlich Genehmigungsbedarf nach §§ 1908 i Abs. 1, 1812, 1813 BGB, da es sich um eine Verfügung über eine Forderung des Betreuten handelt. Oder irre ich mich?!?

    (Meistens handelt es sich jedoch um befreite Betreuer, die den Pflichtteil geltend machen.)

  • Ich dachte ja auch, dass es um die Geltendmachung des Pflichtteils geht. (siehe Frage von Pullmoll)
    Ansonsten gebe ich dir natürlich Recht.

  • § 1822 Nr.2 BGB meint nur den zu Lebzeiten des Erblassers vereinbarten Pflichtteilsverzicht i.S. des § 2346 BGB, nicht die Nichtgeltendmachung des Anspruchs nach dem Eintritt des Erbfalls.




    Dies ist nicht richtig. Gemeint ist die Verfügung über einen angefallenen Pflichtteil (Palandt Rd. Nr. 3 zu § 1822 BGB). Angefallen sein kann ein Pflichtteil nur nach dem Erbfall.

    Bei einem Erbverzichtsvertrag bzw. Pflichtteilsverzichtsvertrag zu Lebzeiten des Erblassers ergibt sich das Genehmigungserfordernis nicht aus § 1822 BGB, sondern aus § 2347 BGB.

  • Ich hänge mich hier mal mit einer komischen Frage dran....
    Ist die Geltendmachnung des Pflichtteilsanspruchs in dem oben geschilderten Fall eigentlich genehmigungsbedürftig?
    Ich habe leider nichts dazu gefunden.




    War nicht eigentlich gefragt, ob die Geltendmachung des Pflichtteils einer Genehmigung bedarf?

  • Für die Geltendmachung des Anspruchs sehe ich auch kein Genehmigungserfordernis, habe aber in dem Fall, den ich schon mal hatte überprüft, ob die Höhe stimmte.

    Wie ist es denn aber mit § 1812 BGB wegen Entgegennahme des Geldes? Haben wir da hier § 1813 Abs. 1 Nr. 4? Sehe ich jetzt noch durch:gruebel:

    Sei nett zu Tieren, du könntest selbst eins sein. (Norbert Blüm)

  • Ich hänge mich hier mal mit einer komischen Frage dran....
    Ist die Geltendmachnung des Pflichtteilsanspruchs in dem oben geschilderten Fall eigentlich genehmigungsbedürftig?
    Ich habe leider nichts dazu gefunden.




    War nicht eigentlich gefragt, ob die Geltendmachung des Pflichtteils einer Genehmigung bedarf?



    Es gibt eine Theorie, wonach es sich bei der Geltendmachung eines Anspruches um eine Verfügung handelt,. weil ja der Anspruch dann erlischt. Das wäre dann § 1812 BGB. Da habe ich mal eine Abhandlung - ich meine von der Uni Bonn - gelesen.

    Damit kann ich mich aber nicht anfreunden. Nicht die Geltendmachung, sondern die Befriedigung des Anspruches vernichtet den Anspruch. Auf letztere hat der Anspruchsteller keinen oder nur geringen Einfluss.
    Wird auf das Konto des Betreuten gezahlt, kann ja schlecht der Betreuer das Geld entgegen genommen haben. Wegen der Entgegennahme habe ich deshalb keine Bauchschmerzen.

    Ansonsten wie Cromwell zur Nichtgeltendmachung.
    Die Nichtgeltendmachung des Pflichtteilsanspruches mag diesen zwar der Verjährung zuführen, stellt aber keine Verfügung dar. Verjährung vernichtet nicht den Anspruch, sondern berechtigt den Schuldner nur zur Leistungsverweigerung (§ 214 BGB), was ihn aber nicht hindert zu leisten. Ist der Anspruch nicht vernichtet, kann seine Nichtgeltendmachung keine Verfügung darstellen.

  • zu #15 : Nach meinem Münchener Kommentar ist aber auch der einseitige Verzicht über den Pflichtteilsanspruch genehmigungspflichtig, was meines Erachtens richtig ist. Der Ergänzungsbetreuer bzw. Betreuer hat im Bereich des Erbrechts nicht die Berechtigung, ohne Genehmigung tätig zu werden. Erbauseinandersetzung, Erbschaftsausschlagung sind ebenfalls genehmigungspflichtig. Somit ist auch der Verzicht auf den Pflichtteil vom Gestezgeber mi einer Gen. pflicht versehen worden. Im Übrigen würde eine Willenserkärung gegenüber dem Erben bereits dann vorliegen, wenn der Betreuer sich beim Erben meldet, erkundigt und ihm mündlich erklärt, dass er auf die Geltenmachung verzichten wird.

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