Erbschaftsteuererhöhung

  • Am 23.8. hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zum Jahressteuergesetz 2007 beschlossen. Dort finden sich unter Art.18 überraschenderweise Änderungen des Bewertungsgesetzes (BewG), die erhebliche Auswirkungen auf die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken (und Erbbaurechten) haben. Das Gesetz soll bereits am 1.1.2007 in Kraft treten.

    Bewertung von unbebauten Grundstücken

    Die bisherigen Wertverhältnisse sich auf den Stichtag 1.1.1996 bezogen. Diese Regelung wird nunmehr aufgegeben und durch eine zeitnahe Stichtagsbewertung ersetzt. Bei der Wertermittlung ist künftig stets der Bodenrichtwert anzusetzen, der vom Gutachterausschuss zuletzt festzustellen war (E § 145 Abs.3 S.3 BewG). Der Ansatz dieser Werte erfolgt auch dann, wenn die zu diesem Stichtag ermittelten Werte erst nach dem Besteuerungszeitpunk festgestellt und dem Finanzamt mitgeteilt werden. Dies bedeutet in praxi, dass die per 31.12.2006 festzustellenden neuen Bodenrichtwerte für einen frühestens am 1.1.2007 eintretenden Erbfall auch dann gelten, wenn diese Richtwerte -wie üblich- erst im Zeitraum Mai/Juni 2007 veröffentlicht werden. Beim bisherigen pauschalen Abschlag von 20 % wird es dagegen bleiben.

    Bewertung von bebauten Grundstücken

    Die bisherige Anknüpfung an den jährlichen Nettomietwert im Durchschnitt der letzten drei Jahre wird aufgegeben. Künftig wird zur Feststellung des Ertragswerts nur noch auf die Nettomiete im Jahr des betreffenden Steuerereignisses (Erbfall/Schenkung) abgestellt (E § 146 Abs.2 BewG).

    Mindestwert / Nachweis eines niedrigeren Wertes

    Der Mindestwertansatz nach § 146 Abs.6 BewG, wonach für bebaute Grundstücke mindestens der Steuerwert des unbebauten Grundstücks anzusetzen ist, bleibt bestehen. Außerdem bleibt die Möglichkeit erhalten, einen tatsächlich niedrigeren Wert durch ein Gutachten nachzuweisen (E § 138 Abs.4 BewG).

    In Gebieten mit hohen Grundstückspreisen spielt der Ertragswert bei einigermaßen großer Grundstücksfläche steuerlich keine Rolle, weil der Grundstücksmindestwert in aller Regel darüber liegt. Damit schlägt die veränderte Anknüpfung an die aktuellen Richtwerte voll auf die Besteuerung durch.

    Erhebliche objektbezogene Steuererhöhung

    Ich habe die Auswirkungen des neuen Rechts anhand der Richtwertliste für meinen Landkreis überprüft. In meiner Wohngemeinde belief sich der Richtwert per 1.1.1996 umgerechnet auf 496 € (x 0,80 = 397 €) und per 31.12.2004 auf 580 € (x 0,80 = 464 €). Dies ergibt eine steuerliche Wertsteigerung von 16,88 % (464 ./. 397 = 67 : 3,97) und entspricht bei einer Grundstücksgröße von 800 qm einer steuerlichen Wertsteigerung im Betrag von 53.600 €. Dies führt zu einer erheblichen Steuererhöhung, die sich bereits bei einem Erbschaft- oder Schenkungsteuersatz von 15 % auf einen Betrag von 8.040 € beläuft. Berücksichtigt man, dass die zum 31.12.2006 festzustellenden Grundstückswerte voraussichtlich noch um einiges über denjenigen per 31.12.2004 liegen werden, kann der tatsächliche Umfang der eintretenden Steuererhöhungen zum jetzigen Zeitpunkt nur geschätzt werden. Geht man davon aus, dass der neue Richtwert bei 650 € liegt (x 0,80 = 520 €), so beläuft sich die Werterhöhung bereits auf 30,98 % (520 ./. 397 = 123 : 3,97), die Werterhöhung eines 800 qm großen Grundstücks auf 98.400 € und die Steuererhöhung bei einem Steuersatz von 15 % auf 14.760 €. Nicht berücksichtigt ist zudem, dass die Gefahr besteht, aufgrund der Werterhöhungen die Progressionsgrenzen zu überschreiten und auf diese Weise in einen höheren Steuersatz "zu rutschen",

    Auswirkungen auf die Tätigkeit des FamG und VormG - neue Übergabewelle

    Die genannten Steuererhöhungen wurden klammheimlich und ohne wesentliche Resonanz in der Tagespresse beschlossen. Es ist aber natürlich damit zu rechnen, dass die Steuerberater ihre Mandanten umgehend über die ab 1.1.2007 geltende neue Rechtslage informieren werden. Man braucht kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass dies Ende 2006 zu einer erneuten "Übergabewelle" im Verhältnis Eltern/Minderjährige führen wird. Die FamG und VormG sollten sich daher bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf diesen Umstand einstellen. Denn "steuerfest" sind solche Übergaben nur, wenn die erforderlichen gerichtlichen Genehmigungen noch im alten Jahr erteilt und wirksam werden. Dass dies die Anordnung der erforderlichen Ergänzungspflegschaften einschließt, versteht sich von selbst. Es darf also keine Zeit mit dem bekannten Zuständigkeitsgeplänkel zwischen FamG und VormG im Hinblick auf die Anordnung von Ergänzungspflegschaften vergeudet werden. Amtshaftungsansprüche sind insoweit nicht auszuschließen.

  • Moin juris, so klammheimlich geht das ja nicht immer. Schaun mer mal, ob das tatsächlich so kommt mit der Übergabewelle.


    Von der hinter dieser Anmerkung liegenden Unterstellung

    Zitat

    Es darf also keine Zeit mit dem bekannten Zuständigkeitsgeplänkel zwischen FamG und VormG im Hinblick auf die Anordnung von Ergänzungspflegschaften vergeudet werden. Amtshaftungsansprüche sind insoweit nicht auszuschließen.


    kriege ich aber höchstens grüne Pickel. Das ist ohne Konkretisierung fehl am Platze, da es einen ungerechtfertigten Generalverdacht erweckt, gegen den ich mich nicht nur für meine Person erwehre. Ist das nötig?

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Von einem Generalverdacht oder gar einer beabsichtigten Unterstellung kann keine Rede sein.

    Ich war mehr als zwanzig Jahre im VormG tätig und kann daher aus eigener Erfahrung (zugegeben: in hochpreisiger Gegend) einschätzen, dass diese Dinge am Jahresende wieder "kurz vor Toresschluss" in gehäufter Anzahl auf uns zukommen werden. Besonders krass war es anläßlich der letzten Erbschaftsteuerreform Ende 1995, aber aufgrund diverser steuerlicher Änderungen auch in den Folgejahren bis in die heutige Zeit. Über den Daumen gepeilt kann ich mit Fug und Recht behaupten, im November/Dezember eines jeden Jahres mindestens 50 "zusätzliche" Pflegschafts- und Genehmigungsverfahren -und zwar in der Regel mit Millionenwerten- bearbeitet zu haben. Da die mitgeteilte Gesetzesänderung zu exorbitanten steuerlichen Wertzuschlägen führt, erscheint es für mich eine ausgemachte Sache, dass wir heuer wieder ähnliche Zustände erleben werden.

    Ich darf daran erinnern, in wie vielen Threads wir bisher über die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen VormG und FamG und die damit einhergehenden Verfahrensverzögerungen diskutiert haben (stellvertretend vgl. nur den letzten FamG/VormG-Thread "Tohuwabohu", der diese Problematik ebenso exemplarisch wie eindringlich zum Ausdruck bringt). Es liegt auf der Hand, dass diese Verfahrensverzögerungen äußerst haftungsträchtig sein können, wenn -wie im hier besprochenen Kontext- die Dinge bis zum 31.12.2006 vollständig über die Bühne gegangen sein müssen.

    Letztendlich muss ich darauf verweisen, dass ich in meiner Eigenschaft als Gutachter (leider!) auch schon mehrere Angelegenheiten zu bearbeiten hatte, bei welchen Amtshaftungsansprüche aufgrund verzögerter Sachbearbeitung im famG- und vormG Genehmigungsverfahren in Frage standen. Es ist eben z.B. nicht akzeptabel, wenn der gesetzliche Vertreter unter Vorlage der Steuerbescheide im April um eine Darlehensaufnahme für die Kinder bittet, weil Steuern der Kinder in Höhe von 200.000 € Mitte Juni fällig sind und sich das FamG dann herablässt, die Sache zuerst überhaupt nicht und anschließend erst im September abschließend zu bearbeiten (Vermögensschaden der Kinder: steuerliche Stundungszinsen in nicht unerheblicher Höhe).

    Falls durch meinen Hinweis ein falscher Eindruck entstanden sein sollte, so war dies keinesfalls beabsichtigt. Mir geht es hier nur um die Sache und darum, dass die Kollegen entsprechend vorgewarnt sind.

  • Die ersten Anrufe und Mails von Steuerberatern sind heute bereits bei mir eingetroffen.

    Das Thema scheint sich also langsam herumzusprechen.

  • Bei der Eigenheimzulage, besser: bei deren Auslaufen, war auch so ein Rennen gegen die Uhr im Gange. Es reichte aber m. E. aus, die Genehmigung in 2005 zu beantragen, die Genehmigung selbst konnte in 2006 erteilt werden. Die Kundschaft kann nicht dafür bestraft werden, dass das VG bzw. das FG langsam arbeiten muss. Gründlichkeit und Beachtung der Vorschriftenlage (u. a. Vorbescheid!!!) gehen vor Schnelligkeit). Deshalb gehe ich davon aus, dass dies auch hier so sein wird. Argument ex § 184 I BGB.

  • Bei der Eigenheimzulage sah es etwas anders aus. Hier war klar definiert, was wann geschehen sein musste (Bauantrag/Vertragschluss/Einzug usw.). Im Steuerrecht wird aber mitunter anders verfahren und die zivilrechtliche Rückwirkung von Genehmigungen für den maßgeblichen Besteuerungszeitpunkt negiert.

    Es gibt auch andere Fälle, bei welchen zivilrechtliche und steuerliche Betrachtungsweise eklatant auseinanderfallen. So muss der Nacherbe seinen Erwerb grundsätzlich als vom Vorerben stammend veräußern, obwohl er zivilrechtlich vom ursprünglichen Erblasser herrührt. Außerdem wurden Nießbrauchsbestellungen zugunsten der Kinder steuerlich in der Regel nur anerkannt, wenn ein Ergänzungspfleger bestellt war, während die zivilrechtliche Rechtsprechung dies nicht für erforderlich hielt.

    Es ist also in jedem Falle Vorsicht geboten. Und aus diesem Grund werden die Beteiligten -in dem gennanten Kontext nicht zu Unrecht- darauf dringen, dass die benötigten gerichtlichen Genehmigungen noch im alten Jahr erteilt und wirksam werden.

  • Der Gesetzgeber lässt wieder mal alle im Regen stehen bzw. hält sich nicht an seiner eigenen Systematik. Darauf kann man sich einigen.
    Der in #3 genannte Beispielsfall mit seiner extrem langen Laufzeit ist natürlich kaum zu rechtfertigen, wenn jedoch die Leute meinen, erst am 27.12.2006 die Verträge unterschreiben zu können und schon am 28.12.2006 die Genehmigung in der Hand zu halten, haben sie sich geschnitten. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben (nicht von mir).

  • Wie ich soeben erfahre, sind die Steuerberater gerade fleißig dabei, alle in Betracht kommenden Mandanten im Hinblick auf evtl. noch heuer veranlasste Überlassungen zu verständigen. Auch wenn es sich bei den Erwerbern natürlich nicht in jedem Fall um Minderjährige handeln wird, dürfte daher mit der befürchteten erneuten "Übergabewelle" zu rechnen sein.

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