Neue Sichtweisen zum Umgang mit bestehenbleibenden Grundschulden

  • Es ist immer dasselbe, ihr macht euch doch die Probleme selbst. Dieses Recht hätte ich nicht bestehengelassen. Ich würde überhaupt keine Grundschulden bestehenlassen. Der Gesetzgeber kann mich nicht zwingen, unzumutbare und zu enormen Verwicklungen führende Versteigerungsbedingungen festzustellen. Ehe jetzt gleich wieder alle aufschreien, dass sei mein altbekanntes Hobby, sollte jeder wirklich mal versuchen, den Sinn von bestehenbleibenden Grundschulden zu erforschen. Ihr werdet bei Onkel Kurt und in der ganzen einschlägigen Literatur auch nichts finden. Es gibt nämlich keinen! Diese einfache Erkenntnis will aber anscheinend niemand aussprechen. Und die Antwort, der Gesetzgeber habe es so gewollt, lasse ich nicht gelten. Bei allem, was wir tun, müssen wir einen Sinn und Zweck erkennen. Warum Zwangsversteigerung? Weil das Kreditgeschäft zum Erliegen käme! Warum Vollstreckungsschutz? Um sittenwidrige, mit der Rechtsordnung nicht vereinbare Härten zu vermeiden. Warum Löschungsansprüche gegen vorrangige Rechte? Damit der Eigentümer nicht bedient wird, bevor alle Banken bezahlt sind! Oft reicht schon ein Halbsatz, und wir wissen, warum wir etwas tun. Gelingt dies nicht, dann ist höchste Vorsicht geboten. Ich verlange jetzt einfach mal eine redliche Auseinandersetzung mit der Frage, wozu bestehenbleibende Grundschulden um Himmels willen denn gut sein sollen! Und bitte nicht vergessen, ich bin als Terminsvertreter einer Bank guten Gewissens für die vollständige Abschaffung von bestehenbleibenden Grundschulden!

  • ch verlange jetzt einfach mal eine redliche Auseinandersetzung mit der Frage, wozu bestehenbleibende Grundschulden um Himmels willen denn gut sein sollen!


    Aber bitte nicht hier, denn das hilft dem Fragesteller nicht weiter, weil derartige (sicherlich auch berechtigte) Überlegungen mit der momentanen Gesetzeslage nicht konform gehen.

  • ch verlange jetzt einfach mal eine redliche Auseinandersetzung mit der Frage, wozu bestehenbleibende Grundschulden um Himmels willen denn gut sein sollen!


    Aber bitte nicht hier, denn das hilft dem Fragesteller nicht weiter, weil derartige (sicherlich auch berechtigte) Überlegungen mit der momentanen Gesetzeslage nicht konform gehen.



    Warum denn nicht? Gerade konkrete Fälle bieten auch Anschauungsmaterial, um das Problem beim nächsten Mal zu vermeiden. Ich vertrete nämlich schon seit vielen Jahren die Meinung, das der immer mögliche Löschungsanspruch am eigenen Recht § 1179 b BGB und auch die Löschungsansprüche nachrangiger Gläubiger eine Bedingung sind, die bei jeder bestehenbleibenden Grundschuld zu einer wechselweisen Eintragung einer bedingten Sicherungshypothek führen müssten. Nur dann hätte man diesen Fall richtig behandeln können. Die Lösung des OLG Hamm war im Klageverfahren entstanden und führte zur entsprechenden Anwendung von § 50 ZVG, wobei hier die Herleitung einer Anspruchsgrundlage aus dieser Vorschrift eigentlich abenteuerlich ist.

    Natürlich würde ich gerne an einer Lösung mitwirken, aber wie soll das gehen?

    Natürlich will und kann niemand auch noch bedingte Sicherungshypotheken wollen! Deshalb: Abschaffung!

    Und weil der Gesetzgeber uns, obwohl er die massenhafte Verbreitung von Sicherungsgrundschulden Ende des 19. Jhdts. noch nicht voraussehen konnte und die Vorschrift für Hypotheken gedacht war (dort könnte sie funktionieren), dieses unlösbare Problem beschert hat, sind wir verpflichtet, bestehenbleibende Grundschulden nicht mehr anzuwenden. Eine Vorschrift, die ihren Zweck völlig verfehlt und nur Unbill hervorruft, gehört im Wege rechtspflegerischer Rechtsfortbildung abgeschafft! (s. hierzu auch Rüthers, Rechtstheorie, 4. Aufl. Rn 936 ff.) Niemand wird geschädigt, und der Gläubiger will sie doch auch gar nicht. Auch im o.g. Fall wäre doch der Erlös in € als ehrlicher Gegenwert für die Immobilie gem. Grundbuch zu verteilen gewesen. Ich kann aus bestehenbleibenden Grundschulden keinerlei Wertschöpfung betreiben - die Immobilie repräsentiert den Wert, nicht die Grundschuld.

    Und wo ich gerade dabei bin: Ich plane eine Veranstaltung über bestehenbleibende Grundschulden in Mainz, an einem Samstag, vlt. 17.03. Für aktive Rechtspfleger ist die Teilnahme für einen Unkostenbeitrag von € 5 möglich (Verpflegung geht extra! Reisekosten werden nicht erstattet) Wer hat Interesse?


  • Und weil der Gesetzgeber uns, obwohl er die massenhafte Verbreitung von Sicherungsgrundschulden Ende des 19. Jhdts. noch nicht voraussehen konnte und die Vorschrift für Hypotheken gedacht war (dort könnte sie funktionieren), dieses unlösbare Problem beschert hat, sind wir verpflichtet, bestehenbleibende Grundschulden nicht mehr anzuwenden. Eine Vorschrift, die ihren Zweck völlig verfehlt und nur Unbill hervorruft, gehört im Wege rechtspflegerischer Rechtsfortbildung abgeschafft!



    Ganz ehrlich: da sehe ich eher eine Chance über entsprechende Lobby eine Gesetzesänderung herbeizuführen. Ich werd meine Haftung für derartige Verfahrensweisen sicher nicht in die Waagschale werfen.
    Die Entstehung solcher Eigentümerrechte ist mir selbst seit dem Studium eigentlich suspekt und kaum einem Nichtjuristen vernünftig zu vermitteln.
    Trotzdem halte ich mich ans Gesetz.

  • Das Thema an sich ist natürlich sehr interessant und durchaus diskutierenswert.
    Das Hauptproblem ist meiner Ansicht nach die Tatsache, dass kaum jemand die Thematik vollumfänglich versteht; selbst die meisten Banken (bzw. deren Terminsvertreter bzw. Kreditsachbearbeiter) verstehen es nicht. Hat man als Versteigerungsrechtspfleger mal ein diesbezügliches Problem und ruft bei der Gläubigerbank an, wird man meist mehrfach weiterverbunden, bis man einen kompetenten Ansprechpartner an der Strippe hat, der das Problem auch versteht. Den TO nehme ich hiervon aus, und auch sonst kenne ich noch ein paar Ausnahmen.
    Aber allgemein ist es die vorherrschende Unkenntnis, die dazu führt, dass man sich auf das bequeme "haben wir schon immer so gemacht" zurückzieht. Deshalb sehe ich den vom TO beabsichtigten Vorstoß - so lobenswert er grundsätzlich sein mag - auch größten Schwierigkeiten begegnen, denn es gibt einfach zu wenig Leute, die das Problem wirklich verstehen.
    Hinzu kommt die aktuelle Situation auf dem Bankensektor, wo sicherlich niemand Sicherheiten aufgeben wird. So theoretisch und irrelevant das Problem im Einzelfall auch sein mag, aber eine Reduktion von Sicherheiten durch eine Gesetzesänderung ist momentan politisch ganz sicher nicht durchsetzbar. Und da - wie gesagt - wenige das Problem verstehen, bleibt als medienwirksame Schlagzeile "Sicherheiten für Banken in Zwangsversteigerungen werden abgeschafft" übrig.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Ich denke auch, dass es hier um die Aufgabe von Sicherheiten geht. Du würdest doch auch nicht wollen, dass Deine Bank Sicherheiten verliert, weil ein nachrangiger Gläubiger mit einer vielleicht kleinen Forderung das Verfahren betreibt.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Das Thema an sich ist natürlich sehr interessant und durchaus diskutierenswert.
    Das Hauptproblem ist meiner Ansicht nach die Tatsache, dass kaum jemand die Thematik vollumfänglich versteht; selbst die meisten Banken (bzw. deren Terminsvertreter bzw. Kreditsachbearbeiter) verstehen es nicht. Hat man als Versteigerungsrechtspfleger mal ein diesbezügliches Problem und ruft bei der Gläubigerbank an, wird man meist mehrfach weiterverbunden, bis man einen kompetenten Ansprechpartner an der Strippe hat, der das Problem auch versteht. Den TO nehme ich hiervon aus, und auch sonst kenne ich noch ein paar Ausnahmen.
    Aber allgemein ist es die vorherrschende Unkenntnis, die dazu führt, dass man sich auf das bequeme "haben wir schon immer so gemacht" zurückzieht. Deshalb sehe ich den vom TO beabsichtigten Vorstoß - so lobenswert er grundsätzlich sein mag - auch größten Schwierigkeiten begegnen, denn es gibt einfach zu wenig Leute, die das Problem wirklich verstehen.
    Hinzu kommt die aktuelle Situation auf dem Bankensektor, wo sicherlich niemand Sicherheiten aufgeben wird. So theoretisch und irrelevant das Problem im Einzelfall auch sein mag, aber eine Reduktion von Sicherheiten durch eine Gesetzesänderung ist momentan politisch ganz sicher nicht durchsetzbar. Und da - wie gesagt - wenige das Problem verstehen, bleibt als medienwirksame Schlagzeile "Sicherheiten für Banken in Zwangsversteigerungen werden abgeschafft" übrig.

    100% Zustimmung.

    Für die Bank ist das Grundpfandrecht eine Sicherheit, die man unangetastet lassen möchte, solange die Geschäftsverbindung mit dem Kunden besteht und vor der man nur im Notfall Gebrauch machen möchte. Als Versteigerungsrechtspfleger hat man zwangsläufig nur mit diesen "Notfällen" zu tun, sollte aber nicht vergessen, dass die übergroße Mehrheit aller Grundpfandrechte eben nicht verwertet wird.

    Nehmen wir an, eine erstangige Grundschuld zu 1 Mio EUR sichert ein entsprechendes langfristiges Immobiliardarlehen zu 1 Mio. EUR das zu Konditionen vergeben wurde, die für die Bank gewinnbringend sind.

    Nun wird aus einem nachrangigen Recht vollstreckt. Wenn dann die Grundschuld nicht mehr bestehen bliebe, sondern durch Zuschlag erlöschen würde: was will die Bank mit dem Geld? Vorfälligkeitsentschädigung wird sie nicht bekommen, denn die Zahlung wurde ja nicht durch den Darlehensnehmer getätigt.

    Nein, die Bank hat ein großes Interesse am Bestehenbleiben und daher halte ich den Kampf von jonson für ehrenvoll aber aussichtslos. Viel interessanter und zielführender wäre es meines Erachtens die Politik und Bankenwelt dafür zu sensibilisieren, warum man von der Hypothek abgekommen und zur Grundschuld gelangt ist.

    Die vermeintlichen Vorteile der Grundschuld bringen eben auch gravierende Nachteile mit sich (siehe hiros berechtigten Hinweis dass kaum ein Banker die Zusammenhänge mit den Rückgewährsansprüchen versteht). Die Hypothek ist eine saubere und verständliche Sache.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Die Hypothek ist eine saubere und verständliche Sache.



    Naja, das stimmt schon, aber bestimmt nicht leicht verständlich.

    Auch nach Studium Jonson`s Buch bin ich so überzeugt nicht,
    obwohl er einige gute Argumente bringt. Ich vermisse etwas, dass
    auf das Warum der jetzigen Regelung so gut wie nichts zu lesen ist.
    Bukowski bechreibt genau das, was sich der gute alte ZVG-Gesetzgeber
    vor nahezu 110 - 130 Jahren schon überlegt hat, bzw. dessen
    Redaktoren.

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