Befangenheit

  • Sehr geehrte Damen und Herren,
    bei uns läuft ein Teilungsversteigerungsverfahren, in dem der Prozessbevollmächtigte eines Antragsgegners jede Entscheidung mit einem Rechtsmittel angreift. Der Versteigerungstermin wurde durchgeführt. Es gab ein Meistgebot. Zwecks Gewährung von rechtlichem Gehör wurde ein gesonderter Verkündungstermin anberaumt. Bis zum VK-Termin wurden wiederum mehrere Rechtsmittel eingelegt. Gleichzeitig wurde ein erneuter (zweiter) Befangenheitsantrag gegen den Rpfl. gestellt. Der erste Antrag war abgelehnt worden, was dem entscheidenen Richter ebenfalls einen Befangenheitsantrag einbrachte. Im VK-Termin wurde der Zuschlag erteilt. Der dagegen eingelegten Beschwerde wurde nicht abgeholfen und die Sache dem LG zur Entscheidung vorgelegt.
    Das LG gibt die AKte zurück mit der Auflage, die Nichtabhilfeentscheidung ausführlich zu begründen, da erstens noch weitere Rechtsmittel vorlägen, auf die einzugehen sei, und zweitens über den erneuten Befangenheitsantrag noch nicht entschieden sei.
    Die hiesige Richterin gibt dem Befangenheitsantrag mit der Begründung statt, der Rpfl. hätte den Zuschlag nicht erteilen dürfen, ohne dass vorher über den erneuten Befangenheitsantrag entschieden worden sei. Nun habe ich das Verfahren "an der Backe".
    Frage: Was ist zu tun? Kann ich jetzt einen ausführlich begründeten Nichtabhilfebeschluss machen und die Sache wieder dem LG vorlegen. Oder ist der Zuschlagsbeschluss aufgrund der festgestellten "Befangenheit" gar aufzuheben?
    Der Antragsgegner will das Verfahren verhindern, weil er meint, das Grundstück sei ihm durch - unklares - Testament vererbt worden.

  • Befangenheit ist kein Zuschlagsversagungsgrund.
    Mache jetzt einen ausführlichen Nichtabhilfebeschluss, berücksichtige alle RM und gib das Verfahren dann zum LG.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Den § 47 ZPO kannte ich noch gar nicht. Unter diesem Gesichtspunkt könnte man den Zuschlagsbeschluss aufheben, da der Kollege den Zuschlag nicht hätte erteilen dürfen, sondern erst mal eine Entscheidung über die Befangenheit einholen müssen.

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  • Den § 47 ZPO kannte ich noch gar nicht. Unter diesem Gesichtspunkt könnte man den Zuschlagsbeschluss aufheben, da der Kollege den Zuschlag nicht hätte erteilen dürfen, sondern erst mal eine Entscheidung über die Befangenheit einholen müssen.


    Wobei die Frage ist, in welcher Form die Zuschlagsaufhebung erfolgen soll. Ist mir in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht unklar. Wenn Aufhebung, dann doch in Form einer Zuschlagsversagung und nicht in Form des Anberaumens eines neuen Termins zur Entscheidung über den Zuschlag, oder?

  • Ja würde ich sagen: Aufhebung des alten Zuschlagsbeschlusses und Zuschlagsversagung.

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  • Ja, aber da kannte ich doch den 47 ZPO noch nicht. (Danke susa) Das lernte ich doch erst durch Bang-Jahannsen hinzu. Und der § sagt doch, dass der angegriffene Entscheider nur unbedingt notwendige Entscheidungen treffen darf. Un den Zuschlag würde ich jetzt nicht zwingend dazu zählen.

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  • Moin,

    ich würde in der Nichtabhilfeentscheidung auf das 2. Ablehnungsgesuch eingehen und es als unzulässig verwerfen, da es offensichtlich nur der Verfahrensverzögerung dient. Danach soll doch das LG entscheiden

  • ...§ 47 sagt doch, dass der angegriffene Entscheider nur unbedingt notwendige Entscheidungen treffen darf. Und den Zuschlag würde ich jetzt nicht zwingend dazu zählen.


    Der Zuschlag hätte wirklich nicht vor Entscheidung über den Befangenheitsantrag erteilt werden dürfen, da liegst Du schon richtig.

    Aber wenn der Rechtspfleger nicht befangen war und auch sonst bis zur Zuschlagsentscheidung kein Grund für eine Zuschlagsversagung bestand, muss dann jetzt mit der Aufhebung des zu Unrecht von diesem Rechtspfleger erlassenen Zuschlagsentscheidung eine Zuschlagsversagung einhergehen? Ein Zuschlagsversagungsgrund bestünde doch nur, wenn der Befangenheitsantrag erfolgt hat, weil der vom befangenen Rechtspfleger durchgeführte Versteigerungstermin nicht zu einer Zuschlagserteilung führen darf.

    Kann man statt dessen den Zuschlag aufheben und einen neuen Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag anberaumen (der freilich erst nach Rechtskraft der Entscheidung über das Befangenheitsgesuch stattfinden darf)?


  • Frage: Was ist zu tun?



    Als erstes: Nichts übers Knie brechen, sich ausführlich belesen und abhandeln.
    Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde offenbar nunmehr der noch offene 2. Befangenheitsantrag durch den Richter für begründet entschieden.
    Daher ist lediglich die Zuschlagsbeschwerde noch zu entscheiden. § 47 ZPO wiegt da schon richtig schwer.
    Sofern du zur Zuschlagsaufhebung kommen solltest, würde ich allerdings durchaus die Beteiligten vorher anhören.

    Wahrscheinlich war die gesonderte Verkündung schon ein taktischer Fehler ... aber ich will da nicht spekulieren.

  • "Auch vor Stellung des Ablehnungsantrages vorgenommene Amtshandlungen des später mit Erfolg abgelehnten Richters sind verfahrensfehlerhaft ergangen, wenn der materielle Ablehnungsgrund (§ 42 II) schon vorlag ...", Zöller, ZPO, 24. Aufl., Nr. 4 zu § 47.

    Wenn also der erste Ablehnungsantrag rechtskräftig zurückgewiesen wurde und der zweite nur wegen der später erfolgten Zuschagserteilung Erfolg hatte, könnte m.E. auf Basis des Terminsergebnisses erneut über die Zuschlagserteilung befunden werden.

  • Ich habe gerade noch mal den SV gelesen. die Richterin hat dem Befangenheitsantrag stattgegeben, weil über den Zuschlagsbeschluss nicht hätte entschieden werden dürfen.
    Ist das wirklich die Begründung?

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    Maxim Gorki



  • Die Richterin führt aus, der Rpfl. hätte den Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag nicht durchführen dürfen, da über den zweiten Befangenheitsantrag noch nicht entschieden sei. Aufgrund § 47 ZPO dürfe der Abgelehnte nur solche dienstlichen Handlungen vornehmen, die keinen Aufschub dulden. Dazu gehöre die Durchführung des Verkündungstermins nicht. Die Vorgehensweise müsse auf Seiten des Antragsgegners den Eindruck verstärken, dass der Rpfl. ihm gegenüber nicht mehr unvoreingenommen sei.

  • Ein bereits abgelehnter Befangenheitsantrag wird doch durch Wiederholung nicht begründeter, sondern spricht doch eher für eine rechtsmissbräuchliche Verwendung wie im BGH Beschluss v. 21.06.2007 - V ZB 3/07. (verspäteter Versuch mit untauglichen Mitteln - der Antragsgegner hätte schließlich seine angeblichen Ansprüche im Klagewege gegen die Miterben geltend machen können ) Nur mit dieser Begründung kommt man zur Vorlage an das LG, andernfalls müsste wirklich der Zuschlag aufgehoben und neuer Verkündungstermin nach Entscheidung über den Befangenheitsantrag angesetzt werden.

  • Die Richterin hat also festgestellt, dass der Kollege befangen war?

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  • Die Richterin hat also festgestellt, dass der Kollege befangen war?


    :eek: Dann muss der Zuschlag m.E. versagt werden.

    Hätte dagegen die Richterin nur festgestellt, dass die Zuschlagserteilung nicht hätte erfolgen dürfen, weil über das Befangenheitsgesuch noch nicht rechtskräftig entschieden ist, wäre noch was zu retten.

  • Ih versteh die Begründung der Richterin zur Befangenheit nicht.
    Sie begründet die Befangenheit des Kollegen damit, dass er den Zuschlag erteilt hat (den Verk.T. abgehalten hat) obwohl ein Befangenheitsantrag vorlag?
    Wie hätte sie denn begründet, wenn er den Termin nicht gemacht hätte?
    Das ist doch kein Befangenheitsgrund, oder?

  • Das habe ich auch nicht ganz verstanden. Darum würde mich mal der Tenor interessieren.

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