Löschung Sicherungshypothek bei Rückschlagsperre gem. § 88 InsO

  • Wenn der Gläubiger - warum auch immer - Inhaber der ZSH bleibt, was kann das nach RSB-Erteilung noch bewirken? Ich versteh das (bisher) so, dass nach Erteilung der RSB keine Rechte aus der zugrunde liegenden Forderung (ist hier ein not. Schuldanerkenntnis) mehr hergeleitet werden können. Wenn das so sein sollte, besteht für die ZSH "kein Rechtschutzinteresse" mehr - es gibt keinen durchsetzbaren Anspruch mehr, der mit dem Rang der ZSH realisiert werden kann. Dann wohl kein GB-Berichtigungsanspruch - weil halt nichts falsch geworden ist, sondern ....

  • Die Forderung des Gläubigers ist eigentlich nicht mehr durchsetzbar. Eine Ausnahme stellt aber § 301 Abs. 2 Satz 1 InsO dar. Danach darf aus bestehenden Sicherungsrechten wie Grundschulden, Hypotheken (auch Zwangshypotheken) noch in den verpfändeten Gegenstand, also das Grundstück vollstreckt werden. Genauso dürfte ein Bürge noch in Anspruch genommen werden. Es besteht nur eine Einrede gegen die Geltendmachung der Forderung, nicht aber gegen die Geltendmachung des Pfandrechts.

    Vergleichbar ist das wohl mit einem Fall in dem ein Schuldner eine Einrede gegen die Forderung gegenüber dem Gläubiger hat, der Grundstückseigentümer aber keine Einrede gegen das Pfandrecht erheben kann (z. B. gutgläubiger einredefreier Erwerb). Dann kann der Gläubiger auch die Zwangsversteigerung betreiben, aber keine neue Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Dass Schuldner und Eigentümer zusammenfallen ändert nichts.

    Einen Ausgleichsanspruch nach § 1143 Abs. 1 oder § 774 Abs. 1 BGB schließt § 301 Abs. 2 Satz 2 InsO aus.

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

  • Nach #34 wurde das mit der Zwangshypothek belastete Erbbaurecht inzwischen vom Insolvenzverwalter freigegeben, sodass die infolge Rückschlagsperre suspendierte Zwangshypothek hierdurch wieder aufgelebt ist.

    Wenn das Erbbaurecht nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört, spielt dann die Frage nach einer etwaigen Absonderung überhaupt noch eine Rolle?


  • Wenn das Erbbaurecht nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört, spielt dann die Frage nach einer etwaigen Absonderung überhaupt noch eine Rolle?


    Ich denke, es spielt in sofern eine Rolle, als dass eine "absonderungsberechtigte Forderung" nicht an der Restschuldbefreiung teilnimmt. Ist also die mit der Hypothek - wieder - gesicherte Forderung nach wie vor absonderungsberechtigt, erstreckt sich die RSB nicht darauf. Wäre hingegen das Absonderungsrecht dadurch weggefallen, dass die Hypothek kurzzeitig mal nach § 88 InsO unwirksam war, würde die RSB auch diesbezüglich wirken.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zur Verwertung benötigt der Gläubiger (doch) einen Titel auf Duldung der ZV in das Erbbaurecht. Diesen Titel gibt es nicht. Gläubiger müsste doch jetzt zum Gericht laufen und einen Titel auf Duldung der ZV in das (freigegenebe) Erbbaurecht erwirken. Kann er den (noch) bekommen? Im Insovenzverfahren nicht und in der WHP nicht. Solange er das Verfahren läuft, kann der Insolvenzgläubiger (auch) nicht in das freigegebene Erbaurecht als den Neuerwerb vollstrecken. Vollstrecken kann er nur oder erst, wenn das Verfahren und die WHP abgelaufen sind und die RSB sich nicht auf diese Forderung erstrecken sollte. Dieser Fall ist vom "Standard" (und wohl auch dem BGH-Fall) etwas abweichend, weil bei Insolvenzeröffnung neben der eingetragenen ZSH noch kein Titel auf Duldung der ZV in das Erbbaurecht vorliegt. Wenn ein Titel auf Duldung der ZV vorliegt und das Erbbaurecht freigegeben wird, wird halt die Immobilie verwertet werden können - ob sofort oder erst nach dem Ende der WHP ist für mich noch recht unscharf - und die BGH-Entscheidung verstehe ich eher so, dass der Rang gewahrt wird und nicht, dass die gesicherte (Insolvenz-)Forderung während der Laufzeit des Verfahrens realisiert werden darf.

  • Um nochmal eine Gegenmeinung zu bringen:

    Nach meiner Lesart wird nach § 88 InsO eine Zwasi durch Insolvenzeröffnung unwirksam. Folge: GB ist unrichtig und kann ohne weiteres berichtigt werden (da gab es letztes Jahr glaube ich eine klare Entscheidung aus München).

    Ich sehe nicht, was die Freigabe für einen Einfluss auf die Unwirksamkeit haben sollte.

  • Die infolge InsO-Eröffnung aufgrund der Rückschlagsperre unwirksam gewordene Zwangshypothek wird mit der Freigabe des Belastungsobjekts durch den Verwalter wieder wirksam. Ist die ZwaSi demzufolge noch eingetragen, verbietet sich ihre Löschung schon aus diesem Grund.

    Aber auch wenn nicht freigegeben wurde, kann die Zwangshypothek nach meiner Ansicht nur auf Bewilligung des Gläubigers gelöscht werden, weil die Möglichkeit, dass sie wieder aufleben kann, nicht im Grundbuch verlautbart ist und das Grundbuch durch die Löschung somit unrichtig würde. Es wird daher in diesen Fällen vorgeschlagen, lediglich die Rechtsfolge des § 88 InsO im Grundbuch zu vermerken (Bestelmeyer Rpfleger 2006, 388). Denn dann ist die Grundbuchunrichtigkeit, die sich durch das "vorläufige" Erlöschen der Zwangshypothek ergab, beseitigt, ohne diese Beseitigung mit einer erneuten anderweitigen Grundbuchunrichtigkeit zu erkaufen.

    Auch das OLG München sieht die Gefahr, dass das Grundbuch durch die Löschung der Zwangshypothek in der genannten Hinsicht unrichtig wird, hat diese Frage in dem von ihm entschiedenen Fall aber offenlassen können.

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post644730

    So einfach, wie sie mein Vorredner dargestellt hat, ist die Sache also nicht.

  • So einfach, wie sie mein Vorredner dargestellt hat, ist die Sache also nicht.


    Das ist mir schon klar ;) Wichtig ist aber, dass wir hier die Fragen trennen:

    1. Besteht die Unwirksamkeit nach der Freigabe fort? und
    2. Rechtsfolge der Unwirksamkeit

    Die zweite Frage ist eine grundbuchliche, worin ich nicht wirklich bewandert bin und gar nicht erst versuche, es mit Rechtspflegern aufzunehmen. Was mich betrifft, ist mir nur wichtig, dass das GB-Amt löscht, wenn ich den Nachweis der Unwirksamkeit erbringe.

    Zur ersten Frage ging diese Diskussion eher in die Richtung des Wegfalls der Unwirksamkeit, und das sehe ich nicht so.


  • Zur ersten Frage ging diese Diskussion eher in die Richtung des Wegfalls der Unwirksamkeit, und das sehe ich nicht so.


    Dann verweise ich erneut auf das BGH-Urteil vom 19.01.2006 - IX ZR 232/04 (BGHZ 166,74), insbesondere auf die Leitsätze c) u. d).

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • So einfach, wie sie mein Vorredner dargestellt hat, ist die Sache also nicht.


    Das ist mir schon klar ;) Wichtig ist aber, dass wir hier die Fragen trennen:

    1. Besteht die Unwirksamkeit nach der Freigabe fort? und
    2. Rechtsfolge der Unwirksamkeit

    Die zweite Frage ist eine grundbuchliche, worin ich nicht wirklich bewandert bin und gar nicht erst versuche, es mit Rechtspflegern aufzunehmen. Was mich betrifft, ist mir nur wichtig, dass das GB-Amt löscht, wenn ich den Nachweis der Unwirksamkeit erbringe.

    Zur ersten Frage ging diese Diskussion eher in die Richtung des Wegfalls der Unwirksamkeit, und das sehe ich nicht so.

    Und gerade dies darf das Grundbuchamt nach meiner Ansicht nicht tun, weil die Unwirksamkeit nach der Rechtsprechung des BGH keine endgültige, sondern nur eine schwebende ist und die Frage, ob sie eine endgültige ist, von künftigen Ereignissen abhängt.

  • Zur Verwertung benötigt der Gläubiger (doch) einen Titel auf Duldung der ZV in das Erbbaurecht. Diesen Titel gibt es nicht. Gläubiger müsste doch jetzt zum Gericht laufen und einen Titel auf Duldung der ZV in das (freigegenebe) Erbbaurecht erwirken. Kann er den (noch) bekommen? Im Insovenzverfahren nicht und in der WHP nicht. Solange er das Verfahren läuft, kann der Insolvenzgläubiger (auch) nicht in das freigegebene Erbaurecht als den Neuerwerb vollstrecken. Vollstrecken kann er nur oder erst, wenn das Verfahren und die WHP abgelaufen sind und die RSB sich nicht auf diese Forderung erstrecken sollte. Dieser Fall ist vom "Standard" (und wohl auch dem BGH-Fall) etwas abweichend, weil bei Insolvenzeröffnung neben der eingetragenen ZSH noch kein Titel auf Duldung der ZV in das Erbbaurecht vorliegt. Wenn ein Titel auf Duldung der ZV vorliegt und das Erbbaurecht freigegeben wird, wird halt die Immobilie verwertet werden können - ob sofort oder erst nach dem Ende der WHP ist für mich noch recht unscharf - und die BGH-Entscheidung verstehe ich eher so, dass der Rang gewahrt wird und nicht, dass die gesicherte (Insolvenz-)Forderung während der Laufzeit des Verfahrens realisiert werden darf.


    Wieso kann der Gläubiger keinen Titel bekommen? Wenn er ein Grundpfandrecht hat, ist er eben nicht nur Insolvenzgläubiger und unterliegt insoweit nicht dem Vollstreckungsverbot.
    Ich denke, dass man die Probleme, die die BGH-Entscheidung macht, nur beiseitigen kann, wenn man den Gläubiger genauso behandelt, wie einen, dessen Recht nicht von § 88 betroffen wäre (sonst würde das mit dem Wiederaufleben, ja keinen Sinn machen). Also so, als ob die ganze Zeit ein Absonderungsrecht bestanden hat. Hat aber jemand ein Grundpfandrecht (egal ob mit Duldungstitel oder ohne), kann er auch während des eröffneten Verfahrens vollstrecken, und zwar auch in Massegegenstände (§ 49 InsO) und natürlich auch in der Wohlverhaltensphase. Durch eine Freigabe eines Massegegenstand kann sich hieran nicht ändern.


    Und gerade dies darf das Grundbuchamt nach meiner Ansicht nicht tun, weil die Unwirksamkeit nach der Rechtsprechung des BGH keine endgültige, sondern nur eine schwebende ist und die Frage, ob sie eine endgültige ist, von künftigen Ereignissen abhängt.

    Wobei der BGH die schwebende Unwirksamkeit bzw. das Wiederaufleben aber daran knüpft, dass eine Eintragung besteht. Dies wäre bei einer Löschung nicht der Fall, sodass in diesem Fall das Recht nach der BGH-Entscheidung gar nicht wieder entstehen könnte.

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

  • [quote='imker','RE: Löschung Sicherungshypothek bei Rückschlagsperre gem. § 88 InsO']


    Wieso kann der Gläubiger keinen Titel bekommen?

    Das ist wohl neben dem Thema, weil aus der Sicherungshypothek die Versteigerung betrieben werden kann. Sorry.....

    Nach Ablauf der WHP und Erteilung der RSB kann dieser Gläubiger doch seine Forderung aus einem Sicherungsrecht realisieren, das unter Misachtung des 88 InsO entstanden und nach Freigabe wieder auflebte.

    Irgendwie ging ich davon aus, dass 301 etwas anderes bezweckt als dieses Ergebnis (bei Durchführung des insolvenzverfahrens wäre diese Forderung wg 88 InsO nicht absonderungsberechtigt gewesen - muss dies bei Freigabe nicht auch gelten?)

  • Wegen dieser BGH-Entscheidung kann das m. E. nicht sein. Welchen Sinn hätte es sonst, dem Gläubiger sein Sicherungsrecht zu lassen, wenn er es nicht realisieren kann (außer in den Fällen ohne RSB)? Kann aber auch sein, dass der BGH das wieder anders sehen würde, aber das wissen wir erst wenn es entschieden wird.

    (Würds die Entscheidung nicht geben und das Recht wär wegen § 88 erloschen, gäbs das ganze Problem gar nicht...)

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

  • Mal sehen, was davon jeh zum BGH gelangt.

    Bei der BGH-Entscheidung ist mir noch einmal beim Lesen aufgefallen, dass in Rdz 23 auf die Möglichkeit einer erneuten Vollstreckungsanordnung abgestellt wird und in 27 hervorgehoben wird, dass das dingliche Recht nur wegen der Rückschlagsperre verloren gegangen sein "darf".

    Offen m.E. die Chancen, erst nach Erteilung der RSB weiter zu vollstrecken, weil dann die Durchsetzbarkeit etwas eingeschränkt ist. Vollstreckungsanordnung dürfte nicht neu ergehen und das dingliche Recht - wenn es denn besteht - ist jetzt wegen 301 nicht zu realisieren (bei Durchführung der Insolvenz wäre würde an 88 scheitern).

    Mal sehen, wie der Fall von den Akteuren weiter betrieben und weiter behandelt wird.

  • Mal sehen, was davon jeh zum BGH gelangt.

    Bei der BGH-Entscheidung ist mir noch einmal beim Lesen aufgefallen, dass in Rdz 23 auf die Möglichkeit einer erneuten Vollstreckungsanordnung abgestellt wird und in 27 hervorgehoben wird, dass das dingliche Recht nur wegen der Rückschlagsperre verloren gegangen sein "darf".

    Offen m.E. die Chancen, erst nach Erteilung der RSB weiter zu vollstrecken, weil dann die Durchsetzbarkeit etwas eingeschränkt ist. Vollstreckungsanordnung dürfte nicht neu ergehen und das dingliche Recht - wenn es denn besteht - ist jetzt wegen 301 nicht zu realisieren (bei Durchführung der Insolvenz wäre würde an 88 scheitern).

    Mal sehen, wie der Fall von den Akteuren weiter betrieben und weiter behandelt wird.


    Denke, die vorstehenden Überlegungen sind nur dann relevant, wenn die Zwangssicherungshypothek gelöscht wurde.
    Ansonsten bleibt es bei der dinglichen Sicherheit, die auch in Ansehung der RSB die Befriedigung aus dem Grundstück ermögicht (witzig fand ich den Kommentar von Kirchhof zu der Entscheidung auf einer Veranstaltung: "sehen sie es als abslut relativ").

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Die infolge InsO-Eröffnung aufgrund der Rückschlagsperre unwirksam gewordene Zwangshypothek wird mit der Freigabe des Belastungsobjekts durch den Verwalter wieder wirksam. Ist die ZwaSi demzufolge noch eingetragen, verbietet sich ihre Löschung schon aus diesem Grund. Aber auch wenn nicht freigegeben wurde, kann die Zwangshypothek nach meiner Ansicht nur auf Bewilligung des Gläubigers gelöscht werden, weil die Möglichkeit, dass sie wieder aufleben kann, nicht im Grundbuch verlautbart ist und das Grundbuch durch die Löschung somit unrichtig würde. Es wird daher in diesen Fällen vorgeschlagen, lediglich die Rechtsfolge des § 88 InsO im Grundbuch zu vermerken (Bestelmeyer Rpfleger 2006, 388). Denn dann ist die Grundbuchunrichtigkeit, die sich durch das "vorläufige" Erlöschen der Zwangshypothek ergab, beseitigt, ohne diese Beseitigung mit einer erneuten anderweitigen Grundbuchunrichtigkeit zu erkaufen. Auch das OLG München sieht die Gefahr, dass das Grundbuch durch die Löschung der Zwangshypothek in der genannten Hinsicht unrichtig wird, hat diese Frage in dem von ihm entschiedenen Fall aber offenlassen können. https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post644730 So einfach, wie sie mein Vorredner dargestellt hat, ist die Sache also nicht.

    Ich muss hierzu noch mal nachfragen - wenn der Insolvenzverwalter verkauft, wäre das dann auch ein Fall der Freigabe?
    Ich meine nicht, schon weil Zug um Zug der Kaufpreis dann zur Masse gelangen würde.

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