Löschung wegen Gegenstandslosigkeit

  • Guten Morgen,

    mir liegt ein Antrag der Gemeinde (= Eigentümerin) auf Löschung eines "für die jeweiligen Inhaber der Erbbaurechte von Blatt ... bis Blatt ..." eingetragenen Wegerechts vor. Die Löschung soll wegen Gegenstands-losigkeit erfolgen, weil die Grundstücke zwischenzeitlich öffentlich erschlossen sind.

    Da diese Gegenstandslosigkeit nicht offenkundig, sondern lediglich von der Gemeinde (mit Siegel) vorgetragen worden ist, gehe ich davon aus, dass ich allen Erbbauberechtigten zwecks Gewährung rechtlichen Gehörs eine Löschungsankündigung übermitteln muss. Ist das richtig? Muss diese Löschungsankündigung zugestellt werden?

    Vielen Dank schon jetzt für eure Anregungen!

    Einmal editiert, zuletzt von jonas (10. Februar 2010 um 10:01)

  • Es ist umstritten, ob die Widmung der Wegefläche als öffentliche Verkehrsfläche zum Wegfall des Vorteils und damit zum Erlöschen der Dienstbarkeit führt (vgl. Hügel/Zeiser § 84 Rn. 13; Meikel/Böttcher § 84 Rn. 21; Demharter § 84 Rn. 7). Einigkeit besteht aber darin, dass nur die Widmung derjenigen Fläche, die Ausübungsbereich der Dienstbarkeit ist, überhaupt zum Erlöschen führen kann, weil ein zusätzlicher Zugang stets einen Vorteil darstellt. Das müsstest Du prüfen.

    Wenn Du dann zu dem Ergebnis kommst, dass das Recht erloschen ist, gibt es folgende Möglichkeiten:
    Das Erlöschen ist durch öffentliche Urkunde nachgewiesen: Formlose Anhörung genügt, § 87 lit. a GBO, , sodann (falls keine relevanten Einwände) Löschung.
    Das Erlöschen ist nicht durch öffentliche Urkunde nachgewiesen: Förmlich zuzustellende Löschungsankündigung nach § 87 lit. b GBO, ggf. weiter über den ebenfalls förmlich zuzustellenden Feststellungsbeschluss nach § 87 lit. c GBO (letzteres z. B. bei notwendiger öffentlicher Zustellung).

    Ein Herrschvermerk (von dem Du nichts schreibst) würde den Kreis der Anzuhörenden erweitern.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Andreas ist mir zuvorgekommen.

    Grundsätzlich wird eine Grunddienstbarkeit gegenstandslos, wenn der Vorteil nach § 1019 BGB auf Dauer entfällt. So führt das OLG Düsseldorf, MDR 1995, 471 = MittBayNot 1995, 390 aus:
    „Eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) ist untergegangen, wenn das Wegegrundstück zur öffentlichen Straße gewidmet worden ist und es nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge ausgeschlossen erscheint, dass die öffentliche Straße wieder entwidmet wird“.
    Andererseits soll jedoch auch die Nichtausübung eines Wegerechts über einen längeren Zeitraum hinweg nicht zum Vorteilswegfall führen (BayObLGZ 1986, 218 = MDR 1986, 936 = Rpfleger 1986, 373 = NJW-RR 1986, 1206; Demharter, GBO, 27. Aufl., 2010, § 84 RN 14). Auch erlischt grundsätzlich ein Privatwegrecht nicht, wenn es durch einen später angelegten öffentlichen Weg entbehrlich wird (RGZ 169, 180/183). Denn jeder irgend brauchbare Weg, der zu einem Grundstück führt, ist für dessen Zwecke i. S. des § 1019 BGB vorteilhaft (s. OLG Koblenz, DNotZ 1999, 511/512). Maßgebend für die Vorteilhaftigkeit einer Dienstbarkeit ist die objektive Nützlichkeit für das herrschende Grundstück (KG, NJW 1975, 697/698; Bayer in Bauer/von Oefele, GBO, 2. Auflage 2006, AT III 357 mit weit. Nachw. in Fußn. 327). Auch kann es vorteilhaft sein, im Falle der Sperrung der öffentlichen Straße das Grundstück/Erbbaurecht über einen Privatweg zu erreichen (vgl. RGZ, a.a.O., S. 184) oder aber, dass das Grundstück/Erbbaurecht generell über zwei verschiedene Zugangsmöglichkeiten zu erreichen ist (LG Passau v. 21.11.2002, 2 T 124/02, zitiert in der Entscheidung des BayObLG vom 20.02.2003, 2 Z BR 2/03, ZfIR 2003, 341/342 = NotBZ 2003, 196/197).

    Das OLG Düsseldorf führt dazu aus: „Zwar erscheint es nicht völlig ausgeschlossen, dass eine öffentliche Straße wieder eingezogen wird und deshalb das Wegerecht wieder Bedeutung erhalten kann. Deshalb wird die Auffassung vertreten, eine Widmung führe grundsätzlich nicht zum Erlöschen privater Rechte, wenngleich sich der öffentliche Zweck gegenüber dem Privatrecht durchsetze und die Möglichkeit beschränke, Privatrechte auszuüben (BayObLGZ 1971, 1, 6). Zum Teil wird daher empfohlen, die Grunddienstbarkeit trotz Widmung bestehen zu lassen, weil bei einer späteren Entwidmung die Rechtsstellung des Berechtigten sonst verloren wäre (Staudinger/Ring, BGB, 12. Aufl., § 1018, Anm. 87). Das Erlöschen einer Grunddienstbarkeit wird allerdings nur durch solche möglichen künftigen Vorteile verhindert, mit denen nach objektiven Anhaltspunkten bei normalem und regelmäßigem Verlauf der Dinge gerechnet werden kann. Eine vage Möglichkeit, daß die Grunddienstbarkeit in Zukunft nochmals einen Vorteil bietet, verhindert ihr Erlöschen indessen nicht (BayObLG, NJW-RR 1988, 781)…

    Das Urteil ist jedoch in einem Zivilverfahren ergangen, in dem auf Abgabe der Löschungsbewilligung geklagt wurde.

    Für das Grundbuchverfahren erhebt sich die Frage, ob für die Vorlage eine Löschungsbewilligung der Dienstbarkeitsberechtigten erforderlich ist oder ob ggf. ein Verfahren nach § 87 a, b oder c GBO in Betracht kommt (s. Schöner/Stöber, RN 384 ff).

    Dazu wird es aber auf den Einzelfall ankommen.

    Gewährt die Dienstbarkeit evtl. einen 2. Zugang zum Anwesen ? Verläuft der Privatweg genau dort, wo sich die öffentliche Straße befindet ?

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • @ Andreas.

    Ich bin auch gerade mit der Löschung einer Dienstbarkeit (Wegerecht - öffentliche Verkehrsfläche) beschäftigt.
    Im Hügel wird unter unter § 84 Rd-Nr. 13 auf die andere Auffassung im Meike/Böttcher GBO § 84 Rd-Nr. 21 verwiesen.
    Ich habe hier die 11. Auflage des Meikel, kann dort unter § 84 Rn 21 aber nichts finden. Hast du evtl. noch eine andere Fundstelle?
    Vielen Dank

    Ron

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