Wer bekommt das Geld? - nach 6 Jahren, nach Erteilung der Restschuldbefreiung

  • Nach dem neuesten BGH-Beschluss vom 3. Dezember 2009 - IX ZB 247/08 ist nun nach 6 Jahren über den Schuldnerantrag auf Restschulbefreiung zu befinden und der Schuldner ist vom Grundsatz her nun wieder über sein Vermögen selber verfügungsberechtigt.

    Was ist, wenn der IV erfolgreich auf dem Klageweg eine Summe erstritten hat / erstreitet (und ebend wegen diesem Klageverfahren das Insolvenzverfahren länger als 6 Jahre dauert) das Urteil jedoch erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung rechtskräftig wird?

    1. Wer bekommt das Geld, der Insolvenzverwalter oder der Schuldner, der nach der o.g. Rechtssprechung nun ja wieder über sein Vermögen frei verfügen darf?

    2. Verliert der IV mit Erteilung der Restschuldbefreiung seine Aktivlegimitation bzgl. etwaiger Klageverfahren?

  • Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bekommt der Schuldner hier nichts.

    Aus der Entscheidung IX ZB 247/08 entnehme ich, dass zunächst der IV den Neuerwerb zur Masse zu ziehen hat, und zwar ab IE.

    Sollte das Verfahren länger als die Laufzeit der Abtretungserklärung dauern und wird deshalb dem Schuldner die RSB erteilt obwohl das Verfahren noch läuft, ist dem Schuldner der vereinnahmte Neuerwerb ab dem Zeitpunkt IE + 6 Jahre auszukehren. Alles was vorher zu Insolvenzmasse/ansprüche geworden ist, verbleibt beim Verwalter.

    Da der IV hier wohl Ansprüche gerichtlich geltend gemacht hat, die vor dem Zeipunkt IE + 6 Jahre entstanden sind, ist es Essig.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wieso ist der Schuldner dann wieder verfügungsberechtigt? :gruebel: Ich habe das Urteil so verstanden, dass sich das nur auf den Neuerwerb, sprich Arbeitseinkommen, bezieht. Ansonsten bleibt doch der Insolvenzbeschlag bis zur Aufhebung ganz normal bestehen. Dann stellt sich doch auch die Frage nicht, wer etwa eingeklagtes Geld zu bekommen hat.

  • Ich meine, dass sämtlicher Neuerwerb nach Erteilung der RSB an den Schuldner fällt.



    Aber wo ist denn das bitte ein Neuerwerb, wenn der IV eine bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Forderung auf dem Klagewege beitreibt?:gruebel: Nochmal: In der Entscheidung steht doch nicht drin, dass mit Erteilung der RSB sämtlicher Insolvenzbeschlag flöten geht. :confused: Oder bin ich nur wieder zu blöd, die Entscheidung richtig zu lesen?

  • Ich meine, dass sämtlicher Neuerwerb nach Erteilung der RSB an den Schuldner fällt.



    Aber wo ist denn das bitte ein Neuerwerb, wenn der IV eine bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Forderung auf dem Klagewege beitreibt?:gruebel: Nochmal: In der Entscheidung steht doch nicht drin, dass mit Erteilung der RSB sämtlicher Insolvenzbeschlag flöten geht. :confused: Oder bin ich nur wieder zu blöd, die Entscheidung richtig zu lesen?



    sehe ich genauso wie Du.
    Ansonsten würde es ja keinen Sinn machen dem Schuldner die RSB zu erteilen und das Verfahren ansonsten fortzusetzen.

    Lediglich die Zugehörigkeit des Neuerwerbs zur Masse wird modifiziert.
    Nach Erteilung der RSB ist dann der Neuerwerb, rückwirkend auf den Zeitpunkt nach IE + 6 Jahre, insolvenzfrei.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)




  • Danke, ich hatte angesichts der Diskussion hier schon an mir gezweifelt.

  • Nach Erteilung der RSB ist dann der Neuerwerb, rückwirkend auf den Zeitpunkt nach IE + 6 Jahre, insolvenzfrei.



    Naja, nach RdZ. 37 des Beschlusses ist das ausdrücklich nur für den Neuerwerb entschieden, der unter die Abtretungserklärung fallen würde. Ob auch der übrige Neuerwerb "frei" wird, bedurfte im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • ok, über ein Erbe, was großartig anderes kann es ja dann nicht mehr sein, streiten wir dann, wenn der Fall eingetreten ist.



    ... Die Frage nach dem Erbe mit Todesfall vor der Aufhebung und Ausschüttung nach der Aufhebung wollte ich gerade stellen ...

  • Nach Erteilung der RSB ist dann der Neuerwerb, rückwirkend auf den Zeitpunkt nach IE + 6 Jahre, insolvenzfrei.



    Naja, nach RdZ. 37 des Beschlusses ist das ausdrücklich nur für den Neuerwerb entschieden, der unter die Abtretungserklärung fallen würde. Ob auch der übrige Neuerwerb "frei" wird, bedurfte im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.




    Wenn differenziert wird in Vermögen die unter der Abtretungserklärung unterliegt und in "anderes" Vermögen, dann haben wir ja eine KLasseneinteilung besonderer Art.

    Entweder der Schulder darf über sein Vermögen wieder frei verfügen oder aber nicht.

    Die Frage wäre aber vielleicht auch: was ist unter dem Vermögensneuerwerb zu verstehen. Ist auf dem Zeitpunkt abzuzielen wo der Anspruch entstanden ist oder auf den Zeitpunkt wo der Anspruch dem Schuldner rechtskräftig zugesprochen wird. Ab wann erwirbt der Schuldner rechtlich den Anspruch?



  • Tja, das musst Du den BGH fragen. Ich habe ja gleich gesagt, dass das mit der RSB im Insolvenzverfahren nach 6 Jahren einen Rattenschwanz an Problemen nach sich zieht. Das sieht auch der BGH - und hat sich dann im nächsten Satz ganz elegant um die Entscheidung gedrückt... Vielleicht wollen sie nur neue Vorlagen provozieren, damit sie nicht arbeitslos werden.

  • ok, über ein Erbe, was großartig anderes kann es ja dann nicht mehr sein, streiten wir dann, wenn der Fall eingetreten ist.



    Ich wollte es ja auch nur der Vollständigkeit halber erwähnen :) (ginge aber auch Lottogewinn ... und was wäre mit Einkünften aus einer selbstständigen Tätigkeit?)

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Astaroth: Der BGH hat nur die Oberflächte des Kaffesatzes gestreichelt und ist nicht konsequent auf den Grund gegangen. Wir Praktiker haben keine wissenschaftlichen Mitarbeiter und sollen nun was draus machen. Diese Entscheidung wird in der Praxis bei bestimmten Konstellationen Probleme aufwerfen.

    Ein kleines Fällchen aus der Praxis: Nach dieser Entscheidung musste ich heute die RSB erteilen. Stundung wurde im Inso-Verfahren versagt. Habe daher vorher bei IV gefragt, ob es auch zur Einstellung mangels Masse kommen könne. Sonst hätte ich womöglich RSB erteilt und in ein paar Monaten oder "Jahren" Inso-Verfahren nach § 207 InsO eingestellt. Aber schön, dass ausreichend Masse vorhanden war.

    Ich kann mir auch vorstellen, dass IV bei dieser Entscheidung mit dem Steuerrecht Probleme bekommen könnten, z.B. mit der Umsatzsteuer.

    Ich bin zwar kein Freund dieser Entscheidung, aber sie ist nur konsequent, wenn der gesamte Neuerwerb nach Ende der Laufzeit der Abtretung von dem Insolvenzbeschlag frei wird (ab Rechtskraft der Entscheidung über die RSB). Was vor Ablauf der Abtretung im Insolvenzbeschlag war, bleibt es auch. Dabei habe ich auch in meiner Entscheidung auf die bisherigen Entscheidungen Bezug genommen, z.B. Göttingen, Hannover usw.

    Laut Pebb§y hatte ich für meine Entscheidung nur wenige Minütchen Zeit! Sonst gelte ich womöglich als faul und unfähgi. Irre, nicht!

    Aber wir leben ja in einem sozialen Rechtsmittelstaat.

    Also Insolvenzpraktiker, macht was draus!

    Einmal editiert, zuletzt von kurt (13. Februar 2010 um 19:03)

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