Zwangssicherungshypothek + Antragsrücknahme + Form

  • Meine Sichtweise ist eine völlig andere.

    Vollstreckungsantrag und Eintragungsantrag ist ein und dasselbe und formlos möglich. Rücknahme von Vollstreckungsantrag und Eintragungsantrag ist ebenfalls ein und dasselbe und nur formbedürftig möglich. Also kann überhaupt nicht der Fall eintreten, dass der Antrag vollstreckungsrechtlich wirksam zurückgenommen ist und grundbuchrechtlich nicht.

  • Okay. Womit wir wieder bei der rechtlichen Prüfung von 15:04 Uhr wären. Als Vollstreckungsorgan erkennen wir dabei, auch wenn es formal nicht für die Rücknahme des Antrags reicht: Der Gläubiger will nicht mehr vollstrecken.
    Das können wir erkennen, weil wir ja auch erkennen konnten, dass ursprünglich ein Antrag gestellt wurde.

    Rechtsschutzinteresse ist eine andere Kategorie der Zulässigkeit als die (formgerechte) Antragstellung bzw. deren (formgerechte) Rücknahme.
    Fehlt das Rechtsschutzinteresse, ist der Antrag unzulässig und damit zurückzuweisen.

    Ich zitiere mal meinen ollen Creifelds: "Es fehlt, wenn ohne das Rechtsschutzgesuch das erstrebte Ziel einfacher, billiger oder ohnehin erreicht wird, ebenso wenn ein Gericht mutwillig (unnütz) oder aus unlauteren Motiven in Anspruch genommen wird.".
    Das angestrebte Ziel, keine Sicherungshypothek eintragen zu lassen, ist in diesem Sinne nicht durch Eintragung zu erreichen.

    (Rechtspolitisch-menschelnd gebe ich schließlich noch zu bedenken: Was kann der Schuldner dafür, wenn der Gläubiger zu faul und Grundbuchamt sturer als nötig sein sollte?)

  • Ich bin der Auffassung, dass es sich auch dann, wenn das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan handelt, gleichwohl um ein Grundbuchverfahren handelt, für das die Regeln des Grundbuchrechts (hier: § 31 GBO) Geltung beanspruchen. Dass die Vollstreckungsrechtler das anders sehen, ist nichts Neues, weil sie nahezu bei allem und jedem eine Extrawurst gebraten bekommen wollen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich in der Regel auch nicht, in ZPO- oder InsO-Kommentaren etwas über grundbuchrechtliche Fragen nachzulesen, es sei denn, man besitzt eine gehörige Portion Humor und lässt die nötige rechtliche Nachsicht walten.

    Im übrigen: Wenn die Antragsrücknahme nicht der Form des § 29 GBO entspricht, steht nicht einmal fest, dass sie vom Antragsteller stammt! Und außerdem: Für jeden Eintragungsantrag ist ein Rechtsschutzbedürfnis erforderlich, nicht nur bei der Vollstreckung (Demharter § 13 Rn.42). Wenn also der Eigentümer eine Grundschuld rechtsgeschäftlich bestellt und seinen gestellten Antrag privatschriftlich zurücknimmt, müsste man auch hier zur Zurückweisung des Antrags schreiten. Das wird natürlich nirgends vertreten, aber bei der Vollstreckung soll es so sein.

  • Du vermengst ohne Not Antragstellung und Antragsrücknahme unzulässig mit der Frage der Rechtsschutzinteresses und läßt letzteres dabei unter den Tisch fallen, weil es nicht zur vermeintlich schönsten Rechtswissenschaft Liegenschaftsrecht gehört.
    Die genannten Formargumente gehen daher an der Sache vorbei - sonst müßtest Du konsequenterweise auch an der Antragsberechtigung zweifeln. Antragstellung und -rücknahme sind aber eine andere Zulässigkeitskategorie als das Rechtsschutzinteresse.
    Ein vollstreckungsrechtlicher Eingriff in die Schuldnerrechte, der das Rechtsschutzinteresse unberücksichtigt läßt, wäre u. U. sogar unverhältnismäßig.

    Im Ernst: Ob das Grundbuch-Huhn oder das Vollstreckungs-Ei zuerst da war, ist doch wurscht.
    Man wird hier zu einem Recht-pflegenden Ergebnis aber nur gelangen, wenn man Vollstreckungs- und Grundbuchrecht unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit versöhnt unter einen Hut bekommt.

  • Im übrigen: Wenn die Antragsrücknahme nicht der Form des § 29 GBO entspricht, steht nicht einmal fest, dass sie vom Antragsteller stammt!

    Das gilt aber für den Eintragungsantrag selbst auch.

    Mich wundert, dass diese wirklich jahrzehntelang schwelende Streitfrage noch nie zum BGH geschickt wurde. Dessen Entscheidung dürfte uns dann alle amüsieren.:D

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Dass die Vollstreckungsrechtler das anders sehen, ist nichts Neues, weil sie nahezu bei allem und jedem eine Extrawurst gebraten bekommen wollen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich in der Regel auch nicht, in ZPO- oder InsO-Kommentaren etwas über grundbuchrechtliche Fragen nachzulesen, es sei denn, man besitzt eine gehörige Portion Humor und lässt die nötige rechtliche Nachsicht walten.



    Na, dass kann ja heute noch lustig werden. ;)

  • Bukowski: Für den Eintragungsantrag gilt es deshalb nicht, weil das Gesetz (vom gemischten Antrag abgesehen) ausdrücklich seine Formfreiheit statuiert. Der Grund hierfür liegt darin, dass bereits die "eigentliche" Eintragungsgrundlage (Bewilligung oder Vollstreckungstitel) der Form des § 29 GBO entsprechen muss. Da der einmal gestellte Eintragungsantrag weitreichende materiellrechtliche Wirkungen hat (§ 17 GBO, §§ 878, 892 Abs.2 BGB), ist seine Rücknahme aber nur förmlich möglich. Die Dinge haben also schon ihren Sinn, auch wenn sie heute oft nicht mehr daraufhin hinterfragt werden. Wer die Frage nach dem Sinn der Dinge nicht mehr stellt, kann aber kaum zu vernünftigen Ergebnissen kommen. Deshalb lohnt auch ein Blick in die alten Kommentare (siehe #32), in welchen die Dinge noch hin und her gewendet wurden, bevor man sich für oder gegen etwas entschieden hat, während die Begründungsebene heutzutage oft zugunsten der bloßen Behauptungsebene verlassen wird.

  • In diesem Sinne warte ich ja noch immer auf Argumente, weswegen man selbst unter dem Primat des Grundbuchrechts so lapidare Dinge wie Verhältnismäßigkeit und Rechtsschutzinteresse nicht beachten sollte. Vorgetragen sind dazu noch immer keine.

  • Ich bin einer Meinung mit Prinz und Sancho, und Cromwell ist ja bestimmt nicht immer im Einklang mit der herrschenden Meinung - ohne im Nahe treten zu wollen.

  • § 31 S.1, 2 GBO lautet:

    "Eine Erklärung, durch die ein Eintragungsantrag zurückgenommen wird, bedarf der in § 29 Abs.1 Satz 1 und Abs.3 vorgeschriebenen Form. Dies gilt nicht, sofern der Antrag auf eine Berichtigung des Grundbuchs gerichtet ist."

    Der Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek ist ein Eintragungsantrag und er hat keine Grundbuchberichtigung zum Gegenstand. Damit ist die Sache entschieden. Das Gesetz bedarf keiner weiteren Argumente.

  • § 31 S.1, 2 GBO lautet:

    "Eine Erklärung, durch die ein Eintragungsantrag zurückgenommen wird, bedarf der in § 29 Abs.1 Satz 1 und Abs.3 vorgeschriebenen Form. Dies gilt nicht, sofern der Antrag auf eine Berichtigung des Grundbuchs gerichtet ist."

    Der Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek ist ein Eintragungsantrag und er hat keine Grundbuchberichtigung zum Gegenstand. Damit ist die Sache entschieden. Das Gesetz bedarf keiner weiteren Argumente.



    Dem ist nichts hinzuzufügen. Nichts gegen Pragmatismus und Landrecht, aber eindeutige Gesetze gehen vor.


  • Die Eintragung einer Zwangsicherungshypothek ist aber nicht nur ein Grundbuchverfahren, sondern auch ein Zwangsvollstreckungsverfahren und in der ZPO findet sich halt keine Vorschrift, dass ein Vollstreckungsantrag in öffentl. begl. Form zurückzunehmen ist. Dies ist der Haken an der Sache und ohne Vollstreckungsantrag kann ich keine ZwSichHyp eintragen.

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