Mutwilligkeit der anwalt. Beauftragung

  • Sehe es im Prinzip wie meine Vorredner:

    Trotzdem zur Frage der Erfordernis: Wie schon von anderen Kollegen gepostet wurde, halte ich sie immer dann für gegeben, wenn qualifiziert vorgetragen UND rechtlich gegründet werden muss. Das kann Otto-Normal-Bürger nicht leisten. Bei den allermeisten Fällen der Geltendmachung z. B. von Schadenersatz/Schmerzensgeld, Mietminderung, Volljährigenunterhalt dürfte dies zutreffen.

    Ich weiß, dass Dich das auch nicht 100%-ig befriedigen wird, aber es gibt nunmal keine gesetzliche Definition für das Problem.

    warum?


    Weil ich von niemandem erwarten würde, dass er ein aufwändiges Schreiben selbst verfasst, dessen Hintergrund er nicht versteht.
    Geht jemand mit einem Problem zum Rechtsanwalt, will er eine Empfehlung, wie das Problem gelöst werden kann. An Rechtskundeunterricht hat er gewöhnlich kein Interesse (und der würde wohl auch den Rahmen sprengen).
    Geht der Rat des RA dahin, lediglich Tatsachen mitzuteilen, kann das der Mandant sofort selbst tun. Ähnliches bei dem Rat, zu kündigen, zu mahnen etc.
    Wenn aber rechtliche Ausführungen erforderlich sind, kann sich der Mandant ohne Vorkenntnisse nicht sicher sein, ob er alles richtig verstanden hat oder ob er vielleicht Blödsinn schreibt. Im Grunde müsste der RA dem Mandanten das Schreiben dann diktieren und daher sehe ich die Vertretung als erforderlich an.

    Ich hatte auch schon den Extremfall in einer Schmerzensgeldsache, dass lediglich geschrieben wurde "Mein Mandant hat Sie nicht geschlagen". In so einem Fall würde ich definitiv auf eine Beratungsgebühr kürzen. Was meine UdG gemacht hat, weiß ich leider nicht.

    Geht der Rat des RA dahin, lediglich Tatsachen mitzuteilen, kann das der Mandant sofort selbst tun. Ähnliches bei dem Rat, zu kündigen, zu mahnen etc.
    Wenn aber rechtliche Ausführungen erforderlich sind, kann sich der Mandant ohne Vorkenntnisse nicht sicher sein, ob er alles richtig verstanden hat oder ob er vielleicht Blödsinn schreibt. Im Grunde müsste der RA dem Mandanten das Schreiben dann diktieren und daher sehe ich die Vertretung als erforderlich an.


    ich frag jetzt mal ganz blöd (ja, ich bin so blöd, also dreht nicht gleich wieder durch): enthält nicht jedes Schreiben vom RA rechtliche Ausführungen? Mal mehr, mal weniger, je nach Sachverhalt.
    Damit läge die Latte aber ziemlich tief,oder? Das BerHG verlangt aber,dass d.a.V. erforderlich ist.

    Sofern die Schreiben rechtliche Ausführungen enthalten, die einem Laien nicht selbst zuzumuten wären (Wenn man es so sehen will, sind "Ich bin Hartz IV", "Ich hab dich nicht geschlagen" und "Bitte darf ich Raten zahlen?" auch rechtliche Ausführungen... wenn auch sehr versteckt), ist die Vertretung m.E. meistens erforderlich. Davon ab geht es auch darum, die Beratungsgeholfenen (schöne Wortschöpfung, oder? ;) ) und Beratungshelfer alle gleich zu behandeln. Da kann der RA des Medizin-Studenten nicht dem RA desjenigen ohne Schulabschluss gegenüber schlechter gestellt werden, weil er nicht vertreten durfte (und im schlimmsten Falle dadurch dem Medizin-Studenten ein Riesen-Schaden entstanden ist, der sich durch anwaltliche Vertretung hätte vermeiden lassen können)...

    Zwar wird dadurch die Ausnahme zum Grundsatz, aber wie stand noch in einer Signatur hier? "Wenn Gesetze für die Menschen gemacht wären, bräuchten wir keine Anwälte" ;)

  • Noch kurz zum Ausgang des Verfahrens. Dem RA wurde die nur Beratung bewilligt. Der BezRev, der KB und ich vertreten die Auffassung, dass der Sachverhalt weder rechtlich schwierig noch in der Fallgestaltung kompliziert war. Mithin genügt eine anwaltliche Beratung. Die Vertretung war nicht notwendig. Nur wegen des angeblichen Drohpotenzials anwaltlicher Schreiben gibt es hier keine Beratungshilfe, zumal im vorliegenden Fall auch das anwaltliche Schreiben die Gegenseite nicht im geringsten beeindruckte.

  • Nur wegen des angeblichen Drohpotenzials anwaltlicher Schreiben gibt es hier keine Beratungshilfe, zumal im vorliegenden Fall auch das anwaltliche Schreiben die Gegenseite nicht im geringsten beeindruckte.

    Dazu hab ich neulich bei Beck übrigens die Entscheidung des AG Konstanz vom 06.11.2005 - UR II 380/05 - gefunden, die das genauso sieht :)

    :daumenrau

  • Nachdem ich den Thread jetzt durchgelesen habe, noch einige Fragen zu meinem Verständnis:

    Fall 1-

    nachträglicher Antrag auf BerH (eingereicht durch Anwalt), Verfahrensgegenstand "Herausgabe persönlicher Gegenstände durch ehem. Lebensgefährten"

    Ich habe angefragt, ob denn der Ast schon versucht hat, den EX aufzufordern, die Sachen herauszugeben. Antwort: Ja, hat nichts gebracht, Ex weigert sich.


    Fall 2

    Persönlicher Antrag kurz nach der Erstberatung, Angelegenheit "Herausgabe persönlicher Gegenstände durch ..." Ast hat selbst versucht, die Sachen zu bekommen, werden nicht herausgegeben.
    Hinweis seitens des Gerichts (mir also): Klage auf Herausgabe?

    Antwort:
    Der bereits kontaktierte Anwalt hat angedeutet, noch ein Schreiben an den Gegner verfassen zu wollen, notfalls müsse man dann klagen"

    Fall 3

    sh. Fall 2, nur war der Ast noch nicht beim Anwalt, möchte sich aber trotz es Hinweises auf die Herausgabeklage anwaltlicher Hilfe bedienen


    Ist in allen Fällen die Beratungshilfe zu gewähren?
    Rechtliches Problem, das der Beratung bedarf/bedurfte?
    Fall 1 und 2:
    Wohl ja.

    Fall 3
    Nein, denn was er machen kann, da freiwillig keine Herausgabe erfolgt, habe ich ihm ja schon gesagt (Eilbedürftigkeit liegt nicht vor, sodass die einstweilige ausscheidet, aber auch auf diese Möglichkeit habe ich hingewiesen).


    Allerdings wäre der Antragsteller im Fall 3 dann ja den anderen zweien gegenüber dumm dran, denn "die durften zum Anwalt". (Von der sich anschließenden Rangelei bzgl. der Vergütungsabrechnung (Erforderlichkeit der Vertretung)bekommt der Ast ja nichts mit und es ist ihm im Zweifel auch wurscht.)

  • Ich hätte in allen drei Konstellationen keine Probleme, BerH zu bewilligen. In vielen Fällen reicht schon ein anwaltliches Schreiben, um einen ansonsten renitenten Ex zu Besinnung zu bringen. Und das Thema des wirksamen In-Verzug-setzen darf auch nicht vernachlässigt werden, sonst wird die Klage zwar gewonnen, die Kosten bleiben aber beim Kläger. Alleine schon der letzte Fallstrick rechtfertigt m.E. noch ein außergerichtliches Tätigwerden des RA.

  • Ich werde auch in allen drei Fällen bewilligen, schon allein, weil durch den Anwalt u.U. auch eine Aussage bezüglich der Erfolgsaussichten einer etwaigen Klage getroffen werden kann. Danke für die Antwort!

    Bezüglich des In-Verzug-Setzens noch eine Frage: Dies kann doch durch den Antragsteller selbst erfolgen, nachdem er entsprechend vom Anwalt beraten wurde, oder nicht?
    Ist ja dasselbe wie in den Fällen der Geltendmachung von Forderungen aus nicht bezahlten Rechnungen, wenn der Antragsteller der Gläubiger ist. Beratungshilfefähig meist "ja", Notwendigkeit der Vertretung (für anwaltliches Mahnschreiben) meiner Meinung nach "nein". Andernfalls haben die Beratungshilfebürger ja quasi eine eigene Rechtsabteilung, wenn man die Notwendigkeit der Vertretung bejaht, nur weil das In-Verzug-Setzen durch den Anwalt erfolgen sollte. (Ich muss auch die Vergütung festsetzen, daher die Nachfrage.)

  • Ich hätte in allen drei Konstellationen keine Probleme, BerH zu bewilligen. In vielen Fällen reicht schon ein anwaltliches Schreiben, um einen ansonsten renitenten Ex zu Besinnung zu bringen. Und das Thema des wirksamen In-Verzug-setzen darf auch nicht vernachlässigt werden, sonst wird die Klage zwar gewonnen, die Kosten bleiben aber beim Kläger. Alleine schon der letzte Fallstrick rechtfertigt m.E. noch ein außergerichtliches Tätigwerden des RA.


    :daumenrau

  • ich häng mich hier mal an..

    Ich habe einen Antrag auf BerH wegen Herausgabe von persönlichen Gegenständen - genauer gesagt: zwei Fotoalben

    Den persönlichen Wert hier anzusetzen finde ich schwierig.. Der tatsächliche Sachwert wird hier 20 Euro wohl kaum übersteigen..

    Der Herr steht unter Betreuung. Aussagen seitens des Betreuers habe ich nicht; der Betroffene selbst sagt, dass er es bereits über deren Betreuerin veruscht hatte, aber wohl nichts passiert sei..

    Mein Bauchgefühl schreit förmlich "nein" zur Bewilligung hauptsächlich unter Hinsicht auf Selbstzahlervergleich und Mutwilligkeit.

    Trotzdem kann ich mich nicht zur endgültigen Entscheidung durchringen.. Übersehe ich etwas oder würdet ihr hier auch nicht bewilligen?

  • Ich kenne einige Menschen, die aufgrund unterschiedlicher Ereignisse der Geschichte (z.B. Krieg, Naturkatastrophen) ihre ganzes Hab und Gut verloren haben. Alle haben gemeint, dass der Verlust der persönlichen Erinnerungen (Fotos, Briefe, ...) am Ende viel schwerer war, als die Einbuße an viel wertvolleren Dingen wie Möbeln oder Anziehsachen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich kenne einige Menschen, die aufgrund unterschiedlicher Ereignisse der Geschichte (z.B. Krieg, Naturkatastrophen) ihre ganzes Hab und Gut verloren haben. Alle haben gemeint, dass der Verlust der persönlichen Erinnerungen (Fotos, Briefe, ...) am Ende viel schwerer war, als die Einbuße an viel wertvolleren Dingen wie Möbeln oder Anziehsachen.

    :thumbup:

    Mutwilligkeit im Zusammenhang mit einer "Bagatellschwelle" halt ich hier für fernliegend

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Ich würde die Sache anders aufziehen:

    Mutwilligkeit ist im Ansatz eine Überlegung. Allerdings nur bis an die Grenze des Selbstzahlervergleichs. Du kannst meiner Meinung nach verlangen, dass der Antragsteller dir nachweist, dass er schon eigene Bemühungen unternommen hat. Insbesondere kann man denke ich verlangen, dass er schriftlich zur Herausgabe auffordert. Jedenfalls dann wenn man nur mal telefoniert oder gar nichts gemacht hat, halte ich es für mutwillig, direkt zum Anwalt zu rennen.

    Auch die Antwort des Besitzers (falls es eine gibt) würde ich mir zeigen lassen.

    Wenn da tatsächlich rechtliche Fragestellungen auftauchen (z.B. Streit über die Eigentumsverhältnisse an den Alben) wäre die Mutwilligkeit wahrscheinlich zu verneinen. Jedenfalls kannst du nicht auf den reinen Materialwert der Gegenstände abstellen.

    Die nächste Frage wäre, ob der Betreuer eine andere Hilfsmöglichkeit ist. Jedenfalls bei einem Berufsbetreuer würde ich erwarten, dass er es hinbekommt, eine sachdienliche Korrespondenz mit dem Besitz der Alben zu führen. Lehnt der Besitzer auch gegenüber den Betreuer die Herausgabe ab, ist der Betreuer letztlich keine geeignete andere Hilfsmöglichkeit.

    Daher kann im Endergebnis möglicherweise Beratungshilfe bewilligt werden, es ist aber ordentlich nachzuweisen, wie sich die Angelegenheit bislang entwickelt hat.

  • Stimme den Vorschreibern zu. Oder ganz plump gesagt:

    Wenn mir meine Eltern, eine Ex-Partnerin oder irgendjemand anders meine persönlichen Fotos nicht rausrückt, würde auch ich (bei erfolglosen Eigenbemühungen) zum Anwalt gehen - als Selbstzahler mit juristischen Vorkenntnissen.

    Neben dem emotionalen Wert kommt da, wenn man es noch spitzfindiger ausdrücken will, noch das Recht am eigenen Bild hinzu. Der Sachwert wäre mir in dem Fall auch gleich.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

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