Geldwert unentgeltlicher Pflege

  • Hallo zusammen,

    aufgrund eines Kaufvertrages wurde anstelle eines festen Kaufpreises folgende Reallast im Grundbuch eingetragen

    1. Zahlung einer lebenslange Leibrente
    2. Unentgeltliches Wohnrecht im EG des Wohnhauses
    3. Die Zusage der Pflege der Sachen sowie der Person in gesunden wie in kranken Tagen welche vom Verkäufer auch immer gefordert wird

    Frage:
    Welche Folgen ergeben sich für den Käufer aus 2. und 3. wenn der Verkäufer in ein Pflegeheim muß und die Pflegekosten nicht alleine bezahlen kann?
    Muß die dann leerstehende Wohnung im EG verwertet werden und wenn ja wie?
    Die zugesagte Pflegeleistung des Käufers kann nicht mehr erbracht werden; erlischt diese mit Einweisung in ein Heim?
    Ist für die nicht mehr zu erbringende Pflegeleistung ein Geldwert zu zahlen?
    Kann man die Pflegezusage überhaupt in einem Geldwert ausdrücken, für den Fall, dass der Käufer diese Leistung nicht erbringt?

    Für Eure Aufmerksamkeit und Hilfe
    Herzlichen Dank
    Andy

  • Hallo Andy,

    für die nicht mehr zu erbingende Pflegeleistung ist ein Geldwert zu zahlen, der aber nichts mit den Sätzen, die das Heim oder ein Pflegedienst berechnet, zu tun hat, die Wohnung ist nicht zu verwerten.

    Hierzu:

    OLG Düsseldorf - LG Düsseldorf
    05.04.2004 I-9 U 180/03

    "Die Klägerin verlangt aus abgetretenem und eigenem Recht von dem Beklagten Entschädigung für Pflegedienstleistungen.

    1. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH wird eine Grundstücksübertragung noch nicht allein durch eine Wohnrechtsgewährung mit Pflege- und Versorgungsverpflichtung zu einem Altenteils- oder Leibgedingsvertrag. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass dem Übernehmer ein Gut oder Grundstück überlassen wird, kraft dessen Nutzung er sich eine eigene Lebensgrundlage verschaffen und gleichzeitig den dem Altenteil geschuldeten Unterhalt gewinnen kann. (vgl. auch BGH 21.11.2002, V ZB 40/02)

    2. Verträge, in denen die Übertragung eines Grundstücks und die Verpflichtung zur Pflege und Betreuung einander gegenüber stehen, werden seitens der Übertragenden regelmäßig in der Erwartung geschlossen, der Übernehmende werde die vereinbarte Pflege persönlich leisten. Der Übernehmende ist häufig wirtschaftlich nicht in der Lage, die vereinbarte Pflege und Betreuung des Übertragenden durch einen Dritten vornehmen zu lassen. Hierzu kann er sich nur verpflichten, weil er davon ausgeht, ohne größeren wirtschaftlichen Aufwand die von ihm geschuldeten Dienste erbringen zu können. Werden Pflege und Betreuung durch den Übernehmenden dem Übertragenden später unzumutbar, tritt nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Zahlungsverpflichtung des Übernehmenden an die Stelle dieser Pflichten, es sei denn der Verpflichtete würde einen professionellen Pflegedienst einschalten.
    (Leitsatz der Redaktion; http://www.rechtscentrum.de)

    Es wurde auch ausgelegt, dass der Umfang auf maximal 1,5 Std. je Tag anzusetzen sei.
    Der Senat hat auch nur einen Stundenaufwand von 5 EUR in Höhe ersparter Aufwendungen angesetzt, nicht die Kosten eines Dritten.

    Dieser Betrag ist ggf., wenn ein Einmalbetrag ermittelt werden soll, als Leibrente zu kapitalisieren, nicht als Zeitrente über die hypothtische Lebenserwartung. Die Vervielfältigertabellen der Kostenordnung sind daher ungeeignet.

    "Der Sachwert oder Mietwert des Wohnungsrechts ist nicht auszuzahlen....
    Auch hinsichtlich des Wohnrechtes können allerdings nur die tatsächlich ersparten Aufwendungen für z. B. Wasser, Strom und Heizung sowie für in zeitlichen Abständen anfallende Maßnahmen zur Unterhaltung der Wohnung verlangt werden, daher nicht der Sachwert/Mietwert des Wohnungsrechts." (LG Kleve, Urteil vom 12.09.2003, 1 O 174/02; juris, bestätigt durch BGH, Beschluß vom 23.01.203, V ZB 48/02)

    "Auch hinsichtlich des Wohnungsrechtes kommt eine Umwandlung in einen Zahlungsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass trotz der Unterbringung der Mutter in einem Pflegeheim - mag sie auch dauernd gewesen sein - das Wohnungsrecht weiter bestand. Die bloße Nichtausübung des Wohnungsrechts führte nur dazu, dass die Wohnung leer stand, nicht aber dazu, dass die Mutter oder gar die Beklagten berechtigt gewesen wären, die Wohnung zu vermieten und so das Wohnungsrecht wirtschaftlich zu verwerten. Das Wohnungsrecht gibt dem Berechtigten lediglich das Recht, die Wohnung unter Ausschluss des Eigentümers zu nutzen; ihm ist nicht gestattet, die Ausübung anderen Personen als Familienangehörigen zu überlassen. Zieht der Berechtigte in ein Altenheim, wird ihm die Ausübung des Wohnungsrechtes subjektiv unmöglich, ohne dass allerdings deswegen das Wohnungsrecht erlischt (Schneider, Anm. zu OLG Celle, MDR 1999, 87 ; OLG Oldenburg, NJW-RR 1994, 1041 , 1042). Mithin sind die Beklagten infolge des Heimaufenthaltes der Mutter nicht begünstigt, weil die von ihnen zu gewährende Gegenleistung (Wohnrecht) fortbestand." (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2001, ) U 424/00; juris)

    Wer sich vertieft mit der Problematik Pflegeverpflichtung befassen will, findet unter
    http://www.bundesgerichtshof.de Wichtiges:

    IV. Zivilsenat 8.3.2006 IV ZR 263/04 Leitsatzentscheidung
    XII. Zivilsenat 7.9.2005 XII ZR 316/02 Leitsatzentscheidung
    V. Zivilsenat 14.1.2005 V ZR 99/04 Leitsatzentscheidung
    V. Zivilsenat 24.10.2003 V ZR 24/03 Leitsatzentscheidung
    V. Zivilsenat 18.7.2003 V ZR 435/02 Leitsatzentscheidung
    V. Zivilsenat 23.1.2003 V ZB 48/02
    V. Zivilsenat 21.11.2002 V ZB 40/02 Leitsatzentscheidung
    V. Zivilsenat 25.10.2002 V ZR 293/01 Leitsatzentscheidung
    V. Zivilsenat 22.3.2002 V ZR 41/01
    V. Zivilsenat 8.2.2002 V ZR 168/01
    V. Zivilsenat 21.9.2001 V ZR 14/01
    IV. Zivilsenat 17.5.2000 IV ZR 243/99
    X. Zivilsenat 11.4.2000 X ZR 246/98
    V. Zivilsenat 28.1.2000 V ZR 252/98

  • Zunächst ist für die gestellten Fragen der Vertragsinhalt maßgeblich (so ist z.B. durchaus üblich, dass vereinbart ist, was zu gelten hat, wenn der Übergeber in ein Heim aufgenommen wird). Erst wenn dort nichts geregelt ist, kann auf die zu dieser Problematik entwickelte Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Außerdem ist bedeutsam, ob landesrechtliche Bestimmungen (insbesondere über das Leibgeding) eingreifen.

    Ohne nähere Angaben lassen sich die Ausgangsfragen somit nicht beantworten.

  • Hallo zusammen,

    das Bundesland ist Rheinland-Pfalz.

    Im Vertrag steht zum Punkt Pflegeverpflichtung:
    Der Erwerber verpflichtet sich zur Pflege der Sachen sowie der Person in gesunden wie in kranken Tagen welche vom Verkäufer auch immer gefordert wird.

    Der Vertrag datiert aus dem Jahre 1978.

    Viele Grüße
    Andy

  • Irgendwie wären die Fragen m.E. leichter zu beantworten, wenn man wüsste, wofür Du das wissen willst. Um was genau geht es Dir bei der Frage???

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Meines Erachtens sind im vorliegenden Fall die landesrechtlichen Bestimmungen des AGBGB vom 18.11.1976 (GVBl. 1976, 259) zu beachten, und zwar hier die Vorschriften der §§ 2-18 über das Leibgeding. Diese Bestimmungen greifen ein, wenn die Beteiligten nichts anderes vereinbart (insbesondere die Vorschriften des AGBGB nicht abbedungen) haben, § 2 AGBGB.

    Für das Wohnungsrecht gilt insbesondere § 8 AGBGB über die Pflicht des Verpflichteten zum Erhalt der Wohnung für die Zwecke des vertragsgemäßen Gebrauchs samt Verweisung auf einen Teil der Vorschriften des BGB-Nießbrauchs, außerdem § 10 AGBGB, wonach der Berechtigte die Wohnung nicht vermieten oder Dritten zum Gebrauch überlassen darf (anders natürlich, wenn eine solche Überlassungsbefugnis vertraglich vorgesehen ist). Besonders wichtig ist die Vorschrift des § 14 AGBGB, wonach der Berechtigte im Falle der Aufgabe der Wohnung verlangen kann, anstelle der Wohnbefugnis eine Geldrente zu erhalten, die sich nach dem Wert der dem Verpflichteten durch die Befreiung von der Verpflichtung entstehenden Vorteile bemisst.

    Natürlich ist zunächst zu klären, ob ein "Leibgeding" i.S. des AGBGB vorliegt. Dies kann nur nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden.

    Den vorliegenden Vertrag halte ich für einen "Murks", falls er tatsächlich keine Bestimmungen darüber enthält, was mit dem Wohnungsrecht und den Pflegeleistungen zu geschehen hat, falls der Berechtigte aus dem Anwesen wegzieht oder wegziehen muss.

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