Anfechtung des Versäumnisses der Ausschlagungsfrist genehmigungsbedürftig?

  • Zuallererst einmal ein Hallo an alle User dieses Forums!

    Lese schon seit einiger Zeit interessiert, aber still und bin begeistert darüber, dass sich Rpfl aus Ost und West und natürlich Nord und Süd auf diesen Seiten über Fragen der Justiz und Nicht-Justiz auslassen (können).:daumenrau
    Hier nun meine Frage, die mir auf der Seele brennt::gruebel:
    Ist die Anfechtung des Versäumnisses der Ausschlagungsfrist durch das FamG genehmigungsbedürftig???

    Mein Fall:
    Habe die Erbausschlagung für ein minderj. Kind fam.-gerichtlich genehmigt und die Genehmigung der alleinsorgeberechtigten Mutter mit dem Hinweis zugestellt, daß diese dem zuständigen Nachlaßgericht innerhalb der Ausschlagungsfrist zugegangen sein muß, um wirksam zu werden. Mutti hats aus irgendwelchen Gründen nicht gelesen und sich entspr. nicht gekümmert. Auf Nachfrage des zust. Nachlassgerichtes, ob durch Nicht-Gebrauchmachen der Genehmigung die Annahme der Erbschaft beabsichtigt war, erscheint sie nun hier völlig aufgeregt und hilflos. Sie sei der Meinung gewesen, mit dem Beschluss sei alles erledigt. Nunja...:(

    Habe sie erstmal zum hiesigen Nachlass-Rpfl. geschickt, damit sie die erfolgte Annahme wegen der Versäumung der Ausschlagungsfrist anficht. Unser Nachlass-Rpfl. ist nun der Ansicht, die Anfechtung der Annahme gilt nach § 1957 Abs. 1 BGB als Ausschlagung und muss somit nochmals fam.-gerichtl. genehmigt werden.

    Hat da jemand mehr Erfahrung als ich? Habe die Ausschlagung doch bereits genehmigt und soll jetzt nochmal??? Ist das nicht doppelt gemoppelt???:nixweiss:

  • Also grundsätzlich halte ich die Anfechtung der Annahme auch für genehmigungsbedürftig. Hier kann m.E. nichts anderes gelten, als bei der Erklärung der Ausschlagung. Beides hat identische Rechtsfolgen für den Erben (=das Kind).

    In Deinem Fall hier kann man aber vielleicht darüber streiten, ob die bereits erteilte Genehmigung der Ausschlagung nicht auch die Anfechtung mit abdeckt. Das kann man sicherlich so sehen.

    Zur Sicherheit würde ich jedoch wohl auch die Anfechtung nochmals genehmigen (macht ja auch keine große Arbeit mehr).

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Bei uns wird in die "Ausschlagungsgenehmigungsbeschlüsse" gleich mit aufgenommen, dass auch die Anfechtung der Fristversäumnis genehmigt wird. Ich habe das bislang im Hinblick auf die Notwendigkeit nicht hinterfragt, weil dazu kein Anlaß bestand.
    Ich weiß schon, die Antwort bringt Dich bei deinem aktuellen Problem nicht weiter, die Handhabung wäre aber vielleicht ganz praktisch für die Zukunft.
    Wenn jetzt auch keiner der Profis eine andere Lösung vorschlagen kann, würde ich aber der Einfachheit halber nochmal einen neuen Genehmigungsbeschluss machen und gut is.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Die erteilte Genehmigung für die erklärte Ausschlagung ist verbraucht, weil die erklärte Ausschlagung mangels Einhaltung der Ausschlagungsfrist (infolge Nichtbeibringung der Genehmigung) unwirksam war und sich die genehmigte Erklärung daher endgültig erledigt hat. Die Versäumung der Ausschlagungsfrist bewirkte die Annahme der Erbschaft (§ 1943 BGB).

    Nunmehr geht es darum, die eingetretenen Wirkungen der Erbannahme mittels Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist zu beseitigen. Wie § 1956 BGB zeigt, geht es hier in Wahrheit um die Anfechtung der Erbannahme, die nicht ausdrücklich oder konkludent erklärt wurde, sondern kraft der gesetzlichen Fiktion des § 1943 BGB erfolgte. Die Anfechtung bewirkt, dass die Erbannahme als nicht erfolgt und die Erbschaft als ausgeschlagen gilt (§ 1957 Abs.1 BGB). Diese Ausschlagungswirkung erfüllt den Genehmigungstatbestand des § 1643 Abs.2 S.1 BGB für die Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist erneut (MünchKomm/Huber § 1643 RdNr.13). Es gilt somit nichts anderes, als wenn die Erbschaft durch ausdrückliche Erklärung angenommen worden wäre und die Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums i.S. des § 119 Abs.2 BGB wegen nachträglich bekannt gewordener Nachlassverbindlichkeiten im Raum steht.

    Für die Genehmigungspflicht ist also alleine maßgeblich, ob der in Frage stehenden Erklärung Ausschlagungswirkung zukommt. Das ist hier der Fall.

    Bei der von meinem Vorredner geschilderten Genehmigungspraxis (alternative Genehmigung) geht es um die Absicherung im Hinblick auf die Ungewissheit, die darin besteht, dass man im Einzelfall nicht wissen kann, ob die erklärte Erbausschlagung als ein und dieselbe Erklärung in Wahrheit evtl. eine Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist darstellt. In unserem Fall wurde dagegen explizit die erklärte Erbausschlagung (und nichts anderes) genehmigt und nun geht es darum, ob auch eine zweite gesonderte und inhaltlich von der ersten Erklärung verschiedene Erklärung genehmigungsbedürftig ist. Das ist aus den genannten Gründen zu bejahen.

  • @ alle:

    DANKE für die wirklich superschnellen und ausführlichen (!) Antworten, war mir eine echte Hilfe!!! :blumen:

    Hab den Antrag bereits aufgenommen...

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