"Armer" Antragsteller mit reicher Ehefrau...

  • Hallo,
    folgendes Problem:
    ich habe einen Antragsteller berufstätig (halbtags; ca. 900 EUR Nettoverdienst). Er will einen Beratungshilfeschein wegen Ehescheidung und Trennungsfolgen. Die Frau von ihm verdient 3800 netto nebst Kindergeld für vier Kinder. Er wohnt in dem ehelichen Wohnhaus, was ihm aber nicht gehört - sondern seiner Frau. Ferner besitzt er noch eine fürstlich angezahlte Lebenesversicherung. Gäbe es bei Euch Beratungshilfe?
    Müßte man hier nicht sagen, dass die Frau in der ehelichen Beziehung, aufgrund ihres exorbitant hohen Verdienstes, die Hauptlast trägt und somit kaum mindernde Ausgaben auf Seiten des Antragstellers geltend gemacht werden können? Die Folge wäre hier ja (mal abgesehen von dem Punkt LV) vielleicht die Nichterteilung der begehrten Beratungshilfe?!
    Vielen Dank für einen Hinweis!

  • Ich komme bei Abzug der Pauschalbeträge (Eigener Selbstbehalt - Werbungskosten - mind. 2 weitere Personen, nämlich 2 Kinder - Berücksichtigung des Kindergeldes) schon in die roten Zahlen. Dabei sind Wohnkosten und weitere Belastungen noch gar nicht berücksichtigt. Also m.E. ist zu bewilligen, wenn die anderen beiden Voraussetzungen erfüllt sind.

    Über Durchsetzung vom PKV ist hier im Forum bereits zur genüge geschrieben, darum lass ich es hier mal außen vor.

  • Selbst wenn man die Kosten entsprechend des Verdienstes splitten will (ob das geht, will ich mal dahingestellt lassen), müsste der Mann 1/5 und die Frau 4/5 der familiären Last tragen. Dennoch wird der Mann schnell in den roten Zahlen sein. Allein die Hauslast (Strom, Heizung, Darlehen) für eine 6-köpfige Familie wird sehr hoch sein. Er hat nach Abzug von Selbstbehalt und Werbungskosten nur noch 325,00 € einzusetzendes Einkommen.

  • Ferner besitzt er noch eine fürstlich angezahlte Lebenesversicherung.


    heisst konkret WAS? Über oder unter dem Freibetrag?

    Ansonsten: da die beiden noch zusammenleben, kann man mE nicht hergehen und beim Ast pauschal mal zwei oder mehr Kinder abziehen. Der Freibetrag steht für Naturalunterhalt - und den leistet ja wohl die Frau im wesentlichen.
    Ich tät die Freibeträge auf die beiden Ehegatten verteilen und zwar im Verhältnis ihrer Einkommen. Sonstige Kosten nur abziehen, wenn konkret die Zahlung belegt ist und umgekehrtdie zahlungen, die die Frau leistet (was weiß ich; sie zahlt zB seinen Autokredit von ihrem Konto) als Einkommen berücksichtigen. Das müsste eigentlich reichen, um BerH abzulehnen.

    Mit dem PKVorschussanspruch wirste erst im Prozess was und wenn die Trennung bereits stattgefunden hat, wirste auch nichts mehr mit dem normalen Unterhaltsbedarf.

  • Ansonsten nur BerH zur Durchsetzung des Vermögensanspruchs. Beide sollten ein gemeinsames Konto oder anderes haben das aufteilbar wäre. Es ist nicht einsehbar, warum die Staatskasse für alles aufkommen soll und nach der Scheidung erhält er von seiner Ehefrau einen stattlichen Betrag. Oder aus Sicht des RA. Er müht sich wirklich ab, holt fünfstellige Beträge für seinen Mandanten heraus und bekommt im Höchstfall zweimal 255 EUR für die Beratungshilfe, während ihn der Kollege im Scheidungsverfahren im Wissen um die Beratungshilfegebühren mitleidig anlächelt. :cool:

  • Ich hol den Fall noch mal hoch:
    Nicht Verheiratete mieten gemeinsam Wohnung:
    Frau arbeitet nur halbtags:
    Stress mit dem Vermieter, nur die Frau beantragt BerH
    offensichtlich aus gegebener Veranlassung! ;)
    Jedenfalls zum Einkommen des Mannes herrscht Schweigen im Walde.
    Miete + Heizkosten werden natürlich bei der Frau voll abgesetzt.

    Muss ich, da wirtschaftlich beide betroffen sind, nicht auf das
    gemeinsame Einkommen abstellen?

  • Das ist das goldene Ei.

    Hatte letzte Woche auch nen Ehepaar. Mann verdient viel, Frau nix, da Hausfrau. Nur die Frau will Beratungshilfe beantragen. Es ging um Mieterhöhungsverlangen des Vermieters, welches durchgeprüft werden sollte. Mietvertrag haben beide Eheleute unterschrieben.

    Ich meinte zur Frau: so geht das nicht. Die Mieterhöhung betrifft Beide, also muss ich von Euch Beiden die Einkünfte zusammenrechnen und dann jeweils die Pauschalen und Kosten abziehen.

    Unterm Strich hatten Sie 1000 Euro zuviel.

    Ohne die Zusammenrechnung hätte die Frau Beratungshilfe bekommen, während der Mann als "Begleiter" mit zum Anwalt gedackelt wäre, zugehört hätte und für lau die Beratung bekommen hätte.

    Die armen Anwälte - egal wie mans nimmt, von jeder Seite wird versucht die Anwälte finanziell übern Tisch zu ziehen.

  • in beiden Fällen muss der andere Teil (als zweiter Vertragspartner des VM) selbst auch gegen den VM vorgehen (Gesamtschuldner bzw- -gläubiger). Vermutlich soll in beiden Konstellationen soll/müsste die Vertretung gegenüber dem VM dann über Bevollmächtigung des BerH-fähigen Teils geregelt werden: mutwillig!

  • Mal ganz davon ab (stimme euch zu): Es ist doch auch zu prüfen, ob die Ehefrau nicht einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann hat... Und angesichts des hohen Einkommens des Ehegatten dürfte man da, ohne die konkreten Zahlen zu kennen, auch zu dem Ergebnis kommen, dass der Ehegatte auch im Rahmen der Unterhaltspflicht für die Anwaltskosten aufkommen kann/muss...

  • Und wenn die beiden klagen, erhält nach Ansicht des BGH im Falle einer PKH-Bewilligung nur für einen von beiden der Rechtsanwalt nur die Erhöhungsgebühr aus der Staatskasse. Ca. 90% der Vergütung muss dann halt der nicht Bedürftige erst mal an den Anwalt zahlen, ohne zu wissen, ob er die Hälfte davon wieder sieht.
    Das sagt auch, wie man es zu sehen hat, wenn der "Bedürftige" vorgeschickt wird und der nicht Bedürftige sich in den Hintergrund zurückzieht. Ich bin dann zumindest so loyal und stelle nicht den Bedürftigen ganz in den Hintergrund, sondern rechne beide Einkommen zusammen und ziehe davon alle Freibeträge und weiteren Belastungen ab. Verbleibt dann noch immer ein Restbetrag, kann die Beratungshilfe dann allerdings sogar beiden bewilligt werden mit der Folge, dass der RA auch eine Erhöhungsgebühr aus der SK erhalten kann. Oftmals wird man aber auch errechnen, dass es gar keine BerHi gibt.

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