Unterhalt aus der Masse

  • Folgender Fall:
    Im vorläufigen Verfahren und nach Eröffnung des InsO-Verfahrens einer Privatperson wird deren Geschäftsbetrieb fortgeführt. Der Schuldner erhält im vorl. und eröffneten Verfahren Unterhalt aus der Masse. IV hat angeregt, in Gläubigerversammlung über Gewährung von Unterhalt abzustimmen. In der GV erscheint kein Gläubiger. M. E. dürfte doch hier § 160 Abs. 1 S. 3 InsO greifen, so dass die Zustimmung zur Gewährung von Unterhalt aus der Masse als erteilt gilt oder? Gilt die Zustimmung auf für die Gewährung im vorl. Verfahren automatisch mit?
    Was wäre, wenn die Unterhaltsgewährung abgelehnt worden wäre? Dann könnte doch m. E. damit argumentiert werden, dass der Unterhalt dem "Lohn" gleichzusetzen wäre und die Mitarbeit des Schuldners zur Betriebsfortführung unbedingt notwendig gewesen ist oder was meint Ihr? :confused:

  • Hallo,
    § 160 I 3 greift m.E. nur bezüglich der besonders bedeutsamen Rechtshandlungen.

    Aber wegen § 100 II kann m.E. der Verwalter weiter Unterhalt gewähren, da eine Entscheidung der Gläubigerversammlung nicht getroffen wurde.

    Hätte die Gläubigerversammlung dahingehend beschlossen, dass Unterhalt nicht zu gewähren ist, so würde dies nur ab Beschlussfassung gelten (arg.e 100 II).
    Der Schuldner hätte sodann entsprechend der Psychologinentscheidung des BGH (http://lexetius.com/2003,547) einen Antrag nach § 850i ZPO stellen können.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Der Verwalter kann bis zur GV dem Schuldner faktisch nur Unterhalt in Höhe des Sozialhilfesatzes gewähren, ohne sich der Gefahr auszusetzen, in die Haftung genommen zu werden.

    Als Pflichttagesordnungspunkt (HK) kann die GV hiervon abweichen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ist alles etwas umstritten. Falls die Gläubigerversammlung keinen Beschluss zu § 100 InsO fasst, kann der IV m.E. nicht einfach nach eigenem Gusto Unterhalt leisten. Er hat dabei die Interessen der Masse zu wahren, so dass Unterhalt wohl nur in Frage kommt, wenn der Schuldner im Betrieb mitarbeitet.
    Interessant könnte in dem Zusammenhang die Entscheidung des BGH IX ZB 202/05 sein. Das ist zwar eine Vergütungsentscheidung, darin kommt aber m.E. zum Ausdruck, dass der IV die Mitarbeit des Schuldners im Betrieb vergüten kann, ohne dass dem Schuldner Unterhalt von der Gläubigerversammlung bewilligt wurde.
    Falls also der Schuldner im Ausgangsfall im Betrieb mitarbeitet, wäre es vielleicht sinnvoll, die Zahlungen nicht als Unterhalt gem. § 100 InsO zu deklarieren, sondern als Gegenleistung für die erbrachte Mitarbeit.

  • Astaroth:daumenrau

    wobei ich es auch klarstellend nicht als Mitarbeit bezeichnen würde, da ansonsten jemand auf den Gedanken käme, der Schuldner wäre nach § 97 InsO sowieso dazu verpflichtet.

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  • Wenn es sich um ein Einzelunternehmen handelt, hat der Schuldner wohl dennoch einen Anspruch, dass durch seine Mitarbeit erwirtschaftete unpfändbare Einkommen zu erhalten. Wie man dieses berechnet und welche Vorschriften hierbei anwendbar sind, darüber kann man wohl noch streiten.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • M.E. sind es drei Stufen:
    Zunächst kann die Gläubigerversammlung über den Unterhalt entscheiden.
    Tut sie das nicht, kann der IV die Mitarbeit des Schuldners vergüten.
    Mag der das nicht tun bzw. ist der Schuldner mit der ihm bezahlten Vergütung nicht zufrieden (was auch für den Fall gilt, dass die Gläubigerversammlung dem Schuldner zu wenig Unterhalt bewilligt), kann der Schuldner einen Antrag an das Insolvenzgericht nach § 36 IV InsO i.V. § 850 i ZPO stellen.

  • wobei ich den Unterhalt aus der Masse völlig anders sehe als die Honorierung der Mitarbeit. Zahle ich Unterhalt ist dies nicht verbunden mit einer Gegenleistung des Schuldners. Ist der Schuldner für die Masse tätig und bekommt er dafür Geld (mal ganz naiv ausgedrückt), sind das ja schon wieder Kosten der BFF, BGH.....

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  • wobei ich den Unterhalt aus der Masse völlig anders sehe als die Honorierung der Mitarbeit. Zahle ich Unterhalt ist dies nicht verbunden mit einer Gegenleistung des Schuldners. Ist der Schuldner für die Masse tätig und bekommt er dafür Geld (mal ganz naiv ausgedrückt), sind das ja schon wieder Kosten der BFF, BGH.....



    Ist klar. Ich habe das mal aus der Sicht des Schuldners dargestellt. Dem ist ja letztendlich egal, nach welcher Vorschrift er das Geld kriegt. Hier wurde der Unterhalt von den Gläubigern eigentlich immer nur für die Dauer der Mitarbeit und solange entsprechende Überschüsse erwirtschaftet werden bewilligt.

  • Ich hänge mich hier mal ran.

    Beim Durchlesen eines Zwischenberichtes ist mir aufgefallen, dass der Verwalter der Schuldnerin Unterhalt aus der Masse gewährt. Ich habe ihn um Erläuterung gebeten, da im BT/ PT kein Gläubiger anwesend war und somit kein Beschluss nach § 100 InsO gefasst wurde. Der Verwalter teilt nun mit, dass die Zahlungen erforderlich waren, um das Mitwirken der Schuldnerin in der Betriebsfortführung und der Abwicklung sicher zu stellen und außerdem hatte er, da eine Beschlussfassung nicht erfolgte, nach eigenem Ermessen zu entscheiden.

    Wie seht ihr das? Kann der Verwalter einfach nach eigenem Ermessen Unterhalt aus der Masse leisten? § 100 Abs. 2 InsO gibt ihm ja die Möglichkeit, bis zur Entscheidung der Gläubigerversammlung notwendigen Unterhalt zu gewähren. Aber kann er auch nach dem BT /PT einfach damit weiter machen? Leider habe ich in der Kommentierung nichts gefunden zu dem Fall, dass kein Gläubiger anwesend ist und eine Entscheidung somit nicht getroffen wird.

    Danke!

  • § 100 InsO betrifft nur Unterhalt, den er freiwillig und zusätzlich zu den Beträgen, die als unpfändbares Einkommen anfallen, an den Schuldner auskehrt. Liegt hier eine solche Zahlung, wie § 100 InsO meint, überhaupt vor?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Zumindest bezieht sich der Verwalter direkt auf § 100 InsO. Seit ein paar Monaten arbeitet die Schuldnerin als angestellte Arbeitnehmerin in dem auf ihre Kinder übertragenen Unternehmen und erhält von dort ca. 750 € netto Lohn und dazu 200 € Unterhalt aus der Masse. Bevor sie dort gearbeitet hat, hat sie 500 € Unterhalt aus der Masse erhalten.

  • Es bedarf die Unterhaltsgewährung nicht der Zustimmung des Gerichts und es muss nicht unbedingt die erste Gläubigerversammlung sein, wo die Zustimmung erteilt wird. Ist aber das Risiko des Verwaltes.

    Es soll aber nur der notwendige Unterhalt gedeckt werden, vielleicht könnte man da ansetzen, § 27 SGB XII.

  • Die Kommentierung zu § 100 (Uhlenbruck) führt unter anderem an, dass der Sinn des § 100 InsO darin liegt, dass der Schuldner aus der vorhandenen Masse den notwendigen Unterhalt bekommt, anstatt sich an das Sozialamt und damit letztlich die Allgemeinheit zu halten. Weiterhin darf der Verwalter vor dem Berichtstermin mit Zustimmung des Gläubigerausschusses den notwendigen Unterhalt (sprich: Sozialhilfesatz) zahlen. Sollte die Gläubigerversammlung einen darunter liegenden Unterhalt beschließen, soll eine Überprüfung des Beschlusses in analoger Anwendung des § 78 InsO möglich sein.

    Die 500,00 € für die Zeit, als die Sch. nicht gearbeitet hat, könnten als notwendiger Unterhalt hinkommen (Regelsatz 359,00 € + Wohnkosten). Für die Zahlung weiterer 200,00 € neben dem Einkommen ohne Gläubigerbeschluss sehe ich aber erst mal keine Grundlage.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Wenn Du den Druck vom Kessel nehmen willst, dann kannst Du auch Dich auch an die Formulierung des HK halten, dass die Zahlungen als Entschädigung für die Mitarbeit zu sehen ist, § 100 RdNr. 2.

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