Vorgehensweise bei § 106 ZPO

  • Ich habe hier eine merkwürdige Sache:
    In einer reichlich verzwickten Geschichte (mehrere Kläger, Beklagte, Widerbeklagte, alles unterschiedliche Streitwerte, unterschiedliche Kostenentscheidungen etc.) habe ich alle Anmeldungen etc. in einer großen Ausgleichung aufgelistet und alles ausgeglichen.
    Da hier aber - logischerweise - viele verschiedene Ansprüche entstehen, die eben nicht miteinander verrechenbar sind, habe ich insgesamt 7 KFB´s erlassen mit der einen großen Ausgleichung (damit jeder sieht, wie es dazu kam).
    Jetzt legt ein RA Beschwerde ein und hält mir vor, ich hätte mich nicht an die formale Vorgehensweise des § 106 ZPO gehalten (will sagen: ich hätte nur einen KFB erlassen dürfen).
    WIESO ???
    Macht Ihr das auch alles in einem Beschluss ???
    Und dann x vollstreckbare Teil-Ausfertigungen und wie ???

  • Sofern die Ansprüche verrechenbar sind, würde ich auch verrechnen. Aber man kann ja schlecht Ansprüche die z.B. der Beklagte zu 1 gegen die Klägerin zu 2 hat verrechnen mit Ansprüchen des Klägers zu 1 gegen den Bekklagten zu 1 :gruebel: Wenn`s nicht geht, dann müssen eben sieben KFB her...

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Genau das wird bei mir ganz anders gehandhabt. Es werden bei derartigen Konstellationen, wo "nichts zusammenpasst", grundsätzlich mehrere Kostenfestsetzungsbeschlüsse erlassen (ich hatte auch schon 7 in einer Akte). Die Aufrechnung ist Sache der Parteien untereinander. Eine gängige Vorgehensweise nach § 106 ZPO mit nur einem Beschluss gibt es in solchen Fällen nicht und ist in aller Regel mangels Anspruchs- bzw. Parteiengleichheit auch nicht umsetzbar.

  • Zitat von 13

    Genau das wird bei mir ganz anders gehandhabt.



    Dann würdest Du also in so einem Fall auch dann nicht verrechnen, wenn Du z. B. einen Anspruch Kl. 1 gegen Bekl 1 und einen Anspruch Bekl 1 gegen Kl 1 hättest?
    (denn ansonsten sehe ich nicht, was Du anders machen würdest als wir?)

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wenn es keine direkte Ausgleichung ergibt, sondern aus zwei Einzelgrundentscheidungen verschiedene Beträge herauskommen, dann nicht. Nach unserem Obergericht ist die Verrechnung Sache der Parteien untereinander.

    Wenn ich aber Dein Beispiel jetzt richtig verstehe, dann ist eine normale Ausgleichung möglich, da Parteiengleichheit gegeben ist. Sind hier aber die Kostenquoten unterschiedlich, bekommt bei mir jeder "seinen" KFB und die Parteien haben untereinander aufzurechnen.

  • @Kummertante:
    Der Erlass von mehreren KfB war nach deiner Schilderung sicher korrekt. Wenn verschiedene Personen Ansprüche haben und nicht direkt verrechnet werden kann, mache ich auch mehrere Beschlüsse.
    Kannst dir ja von dem Anwalt noch mal erklären lassen, was der eigentlich will (verstehe ich ehrlich gesagt nicht) und dann nicht abhelfen und ab zum LG oder OLG - je nachdem, wo du sitzt.

  • Ich kann mich an einen ähnlichen Fall bei uns erinnern.
    Da wurden die drei KfBs der Kollegin vom Landgericht aufgehoben und die Sache an das AG zurückverwiesen mit der Auflage, alles in einen KfB zu packen !

    Das sah dann in etwa so aus:

    1. Die von dem Beklagten zu 2 an die Klägerin zu 1 zu erstattenden Kosten werden auf xy festgesetzt
    2. Die von dem Widerbeklagten zu 2 an den Widerkläger zu 2 zu erstattenden Kosten werden auf yx festgesetzt.
    3. Die von dem Kläger zu 2 an die Beklagte zu 1 zu erstattenden Kosten werden auf gh festgesetzt.

    Also, ausgleichen, was auszugleichen ist und die Ansprüche, die übrig bleiben, auflisten.
    Die Klauseln wurden dann entsprechend "zugeweisen".

    Ich erinnere mich auch daran, mehr als 7 Ansprüche in einem KfB gepackt zu haben (lang ists her ...). Es gab ja auch nur ein Urteil ... Unsere Richter sind da wirklich sehr erfinderisch, was solche Kostenentscheidungen angehen.

  • Ich sehe keine Verpflichtung, alles in einen KFB packen zu müssen, den nachher eh keiner versteht. Das ist wohl eher eine Mindermeinung des dortigen Obergerichts. So ein Mischbeschluss mit -zig Berechtigten ist weder praktisch noch übersichtlich bis nachvollziehbar. Ich halte davon überhaupt nichts. Wenn jeder "seinen" KFB erhält, ist auch die Abwicklung wesentlich einfacher.

  • Ich halte es in solchen Fällen wie Tanja3012. Ich gleiche aus, was auszugleichen ist, der "Rest" wird dann in der Form

    1. Der Beklagte zu 1. an den Kläger zu 2.
    2. Der Kläger zu 2. an den Beklagten zu 2.
    ...

    aufgeführt. Ich hatte vor Kurzem so einen idiotischen Fall, bei welchem bei einem Kläger-Ehepaar gegen ein Beklagten-Ehepaar sogar unter den einzelnen Ehepaaren zu quoteln war mit dem Ergebnis, dass unter anderem ein Mann an seine Frau (nicht getrennt, gleiche Wohnanschrift, gemeinsames Auftreten...) 2,30 € zahlen musste.

    Grisu

  • Und genau das ist ein Ausfluss dieser Mischbeschlüsse, die es nach meiner Auffassung nicht geben darf.
    Es ist eigentlich nicht zulässig, dass Kosten zwischen 2 Parteien auf einer Prozessseite ausgeglichen bzw. festgesetzt werden. Solches geht nur zwischen Kläger- und Beklagtenseite. Bei Einzelbeschlüssen zwischen Kläger- und Beklagtenseite passiert so etwas nicht.
    Offenbar gibt es reichlich merkgewürzige Kostenfestsetzungen quer durch die Republik... :gruebel:

  • Zitat von 13

    Offenbar gibt es reichlich merkgewürzige Kostenfestsetzungen quer durch die Republik... :gruebel:



    Das sind nicht merkwürdige Kostenfestsetzungen, 13. Wir (Rechtspfleger) waschen doch unsere Hände in Unschuld (zumindest in diesem Bereich). Wir sind doch an die Kostengrundentscheidung :wall: gebunden und die stammt nun einmal nicht von uns .

  • Wenn mehrere Beteiligte in einem KB mit unterschiedlichen Erstattungsansprüchen auftauchen, wird es unübersichtlich, spätestens in der Vollstreckung. Einem Beteiligten kann es wurst sein, ob ein anderer Beteiligter gegen noch einen anderen einen Erstattungsanspruch hat. Also: Mehrere KBs, nicht zuviel in einen KB reinpacken.

  • Zitat von Grisu

    Das sind nicht merkwürdige Kostenfestsetzungen, 13. Wir (Rechtspfleger) waschen doch unsere Hände in Unschuld (zumindest in diesem Bereich). Wir sind doch an die Kostengrundentscheidung :wall: gebunden und die stammt nun einmal nicht von uns .



    Wenn´s mal gar nicht klappt, dann verstecke ich mich auch immer dahinter... :teufel:

    Aber im Ernst: Es gibt schon KGE, die sind beim besten Willen nicht umsetzbar. An denen kan mann sich dann Hände und Füße wärmen und kommt trotzdem nicht weiter... Beim LG habe ich es vor langer Zeit einmal geschafft, einen Kostenvergleich auszuhandeln, weil die KGE hochkant in die Tonne gekloppt werden konnte. Allen war das klar, nur dem BE nicht...

  • ich hatte auch schon so 'nen Fall und habe 5 gesonderte KFB's erlassen. Der Kläger hatte verschiedene Erstattungsansprüche gegen mehrere Beklagte und beantragte daher auch gleich, die KFB's einzeln zu erstellen, weil er ansonsten, wenn er nur einen KFB hätte, mehrere Ausfertigungen benötigt hätte, um gegen alle Beklagte gleichzeitig vollstrtecken zu können. Und das wäre ja auch unpraktisch!

  • Derart vertrackte KGE kommen häufiger bei Verkehrsunfallsachen vor, wenn Kläger, Drittwiderbeklagter, Beklagter zu 1) und Widerkläger, Beklagter zu 2) etc. beteiligt sind. In solchen Fällen gibt es bei mir durch die Bank mehrere KFB, sollten die Kosten unterschiedlich gequotelt sein. Dann greift nicht die Kostenausgleichung, sondern die "einseitige" Festsetzung.

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