(Wie) sag ich's meiner RPfl'in? - {ErgPfleger f. Anfechtung der Vaterschaft}

  • Hallo, vereinte Rpfls - und die wenigen anderen...

    :bighi: tachauch und halloerstmal

    Bitte helft mir (F.-Ri.) doch mal kurz auf die Sprünge:

    KiMu hat seit Scheidung 1996 die Alleinsorge für Tochter (T).
    ExMann gilt noch als ehel. Vater (V) der T.
    T, vertr. d. anwaltlich vertretene KiMu hat nun Anfechtungsklage gegen V eingereicht und zunächst PKH beantragt.
    Mein Urlaubsvertreter schickt die Akte an die Vmd.-RPfl'in "m.d.B. um Prüfung, ob ErgPflegerbestellung erforderlich ist".
    RPfl'in greift sich ein Formular und bestellt JA zum ErgPfl., weil "Vater und Mutter an der Vertretung des Kindes gehindert sind" - ohne weitere Begründung.


    [Offensichtlich hat sie überlesen, dass T nicht von beiden Elternteilen, sondern nur von KiMu gesetzl. vertreten wird.]

    ergänzende Info: Die Frage eines denkbaren Interessenkonflikts stellt sich nicht (wäre wohl auch nicht von der RPfl'in, sondern im Rahmen von § 1600a Abs. 4 BGB von mir zu prüfen). Zu V bestehen seit 1992 keinerlei Kontakte mehr; er ist glaubhaft tatsächlich nicht der Erzeuger und unterhaltsrechtlich leistungsunfähig. Der leistungsfähige angebliche wahre Vater wird benannt (sogar - z. Zt. unzulässig - auf Feststellung der Vaterschaft verklagt); er wird aber voraussichtlich (vermutlich auf Veranlassung seiner LebGefin) die Kreissäge-Zahn-Einrede erheben.


    Der Beschluss der Kollegin RPflin ist also augenscheinlich falsch - oder wie seht Ihr das?


    Falls meine Auffassung zutrifft: Wie bringe ich die Sache wieder ins Lot? Soll ich den Anwalt der KiMu auf kurzem Dienstweg dazu anstiften, Beschwerde gegen die ErgPfl-Bestellung einzulegen - und der Koll.'in Rpfl'in nahelegen, dieser Beschwerde abzuhelfen?

    Danke im Voraus für hilfreiche Meinungsäußerungen..

  • Die Vertretungshindernisse nach § 1629 Abs.2 S.1 BGB i.V.m. § 1795 Abs.1 Nr.3 und nach § 1795 Abs.2 BGB i.V.m. § 181 BGB bestanden im Anfechtungsverfahren nie, weil sie mit Scheidung der Eltern und der Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf die Mutter bereits vor Einleitung des Anfechtungsverfahrens entfallen waren.

    Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Entweder man hebt die Pflegschaft ohne das Erfordernis eines Beschwerdeverfahrens von Amts wegen wieder auf (§ 1919 BGB, der auch anwendbar ist, wenn der Grund für die Anordnung der Ergänzungspfegschaft von vorneherein nicht bestanden hat) oder man lässt die Sache wegen § 1630 Abs.1 BGB einfach so weiterlaufen, weil das Jugendamt auch dann wirksam als gesetzlicher Vertreter handeln kann, wenn die Pflegschaft zu Unrecht angeordnet wurde (BayObLGZ 6, 553, 558).

    Ich würde aus pragmatischen Erwägungen zur zweiten Lösung tendieren.

    Die Entscheidung der Rechtspflegerin ist zwar falsch. Aber der Herr Kollege im Richteramt hat genauso gepennt. Und der Anwalt der Mutter und das Jugendamt haben es auch noch nicht gespannt. So what?

  • Aber ist es nicht so, dass die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter ggf. im Vaterschaftsanfechtungsverfahren als Zeugin gehört werden muss und insoweit an der Vertretung des Kindes gehindert wäre. Für diesen Fall wird bei uns Erg.-pflegschaft angeordnet.

  • Zitat von Sonnen_blume

    Aber ist es nicht so, dass die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter ggf. im Vaterschaftsanfechtungsverfahren als Zeugin gehört werden muss und insoweit an der Vertretung des Kindes gehindert wäre. Für diesen Fall wird bei uns Erg.-pflegschaft angeordnet.


    Das Argument verstehe ich nicht. Die Zeugenanhörung ist doch zum einen kein Rechtsgeschäft zwischen Mutter und Kind und zum anderen handelt dann die Mutter dabei doch ausschließlich für sich udn nicht als Vertreterin des Kindes.
    Oder???

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Habe gerade nochmal nachgelesen und muss ulf wohl zustimmen.
    :zustimm:

    Ein wirklicher Interessenkonflikt besteht nicht, somit kein Raum für Erg.-pflegschaft. Bin erst neu in diesem Dezernat und hab diese Verfahrensweise von meiner Vorgängerin übernommen, wobei zu sagen ist, dass auch unsere Richter es so handhaben. Da ist wohl mal eine Aussprache fällig ;)

  • Zitat von Sonnen_blume

    ... wobei zu sagen ist, dass auch unsere Richter es so handhaben. Da ist wohl mal eine Aussprache fällig ;)



    So geht es mir auch... Hier wird auch in allen Fällen von den Richtern vorgelegt zwecks Ergänzungspflegerbestellung.

    Life is short... eat dessert first!

  • Zitat von Petra

    Wenn die Mutter nach § 640e ZPO beigeladen werden muss, ist m.E. aber die Anordnung einer Erg.Pflegschaft für das Kind erforderlich.


    Und mit welcher Begründung??
    Ich sehe keinen Vertretungsausschluss kraft Gesetzes und kann so auch nicht pauschal einen Interessenskonflikt zwischen Mutter und Kind erkennen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Diese auch in FamRZ 2002, 880 abgedruckte Entscheidung des BGH betrifft aber den Fall, dass die Mutter des Kindes aus eigenem Recht anficht. Im Ausgangsfall ficht aber nicht die Mutter an, sondern das Kind, welches lediglich durch die Mutter vertreten wird.

    Hierzu Zöller/Philippi § 640 e RdNr.2:

    "Wenn sie als gesetzliche Vertreterin des Kindes am Verfahren beteiligt ist, wird sie nicht beigeladen; sie weiß ohnehin vom Prozess. Es hätte auch keinen Sinn, dass sie dem Kind als Nebenintervenientin beitritt; denn dadurch kann sie nicht mehr erreichen, als sie als Vertreterin des Kindes bewirken kann. Dem Gegner des Kindes kann sie nicht beitreten; sie darf nicht für beide Parteien tätig werden."

    Die weiteren Ausführungen von Philippi (a.a.O.) sind allerdings ein Widerspruch in sich:

    "Wenn es (das Kind) selbst Kläger wäre, könnte seine Mutter es zwar vertreten, wenn sie nicht mit dem Beklagten verheiratet ist (oben § 640 b Rn.5). Es muss aber die Möglichkeit erhalten, eigene Interessen auch gegen die Mutter durchzusetzen und zu entscheiden, ob es im Rechtsstreit seiner Mutter oder dem Gegner beitreten soll (BGH a.a.O.) Da die Mutter diese Entscheidung nicht treffen kann, braucht dieses einen Pfleger."

    Das ist -mit Verlaub- natürlich Unsinn. Denn wenn das Kind Kläger ist, ist es selbst Partei und kann daher schon begrifflich niemandem im Rechtsstreit beitreten.

    Es bleibt daher dabei, dass die Mutter im Ausgangsfall nicht von der Vertretung ausgeschlossen ist und dass auch aus § 640 e BGB kein Bedürfnis für die Bestellung eines Ergänzungspflegers folgt.

  • Ich sehe das in Hinblick auf die Intentionen der o. g. BGH-Entscheidung anders. Das Kind hat ein eigenständiges, vom Interesse der Mutter gelöstes, ggfs. sogar widersprechendes Interesse an der Beantwortung der Vaterschaftsfrage. Deshalb gehe ich bei Anfechtung der Vaterschaft nach §§ 1629 II3, 1796 BGB vor und bestelle einen Pfleger.

  • Daraus folgt, dass wir uns darin einig sind, dass die Mutter nicht kraft Gesetzes von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist, sondern dass lediglich ein Vertretungsentzug nach § 1629 Abs.2 S.2 BGB i.V.m. § 1796 BGB in Frage steht. Eine genereller Vertretungsentzug ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls dürfte aber auch insoweit nicht in Betracht kommen. Vielmehr darf eine solche Maßnahme nur in Erwägung gezogen werden, wenn im konkreten Fall ein erheblicher Gegensatz zwischen den Interessen von Mutter und Kind besteht (Palandt/Diederichsen § 1629 RdNr.26 m.w.N.).

  • @ Wer will ihn wissen + juris:

    So sehe ich es auch: Kein Vertretungsausschluss kraft Gesetzes, sondern Einzelfallprüfung, ob Interessenkollision vorliegt.

  • Danke an Alle (speziell @ juris für den Hinweis auf die Tragweite des § 1919 BGB); ich sehe jetzt um Einiges klarer. Auch ich meine, dass ein genereller Vertretungsentzug nicht in Betracht kommt und einer konkreter Entzug in meiner Fallgestaltung eben auch nicht.

    Dem pragmatischen Vorschlag von juris werde ich allerdings nicht folgen, denn das müssten KiMu und RA, die ja völlig korrekte Anträge gestellt haben, ausbaden: Wenn das Kind durch den verfahrenskundigen ErgPfl vertreten wird, braucht es daneben keinen (PKH-)RA, und ich dürfte den RA dann auch nicht beiordnen. KiMu bliebe dann auf den bisherigen Anwaltskosten sitzen. Die Pflegerbestellung, die bei korrekter Rechtsanwendung nie hätte erfolgen dürfen, wird also rückgängig gemacht.

    & nochmal @ juris: m.E. kann man Philippi (Zöller § 640b RN 5 ) durchaus nicht vorwerfen, "Unsinn" zu verbreiten - es ist lediglich die von juris zitierte Satzfolge wohl etwas unglücklich verkürzt; es scheint sich hier ein Standardproblem eines jeden ständig überarbeiteten Kurzkommentars ausgewirkt zu haben.
    Die beanstandete Aussage soll sich aber doch wohl auf den Fall beziehen, dass Mutter aus eigenem Recht klagt und das Kind beigeladen wird (dann Pflegerbestellung). Was Philippi meint, ist: "Es (das Kind) muss aber, wenn es nicht selbst klagt, die Möglichkeit erhalten..."

  • Zitat Zöller/Philippi:

    "Wenn es (das Kind) selbst Kläger wäre, könnte seine Mutter es zwar vertreten, wenn sie nicht mit dem Beklagten verheiratet ist (oben § 640 b Rn.5). Es muss aber die Möglichkeit erhalten, ...

    Es tut mir furchtbar leid, aber das besagt eindeutig das (falsche) Gegenteil.

  • Entgegen juris2112 wird bei uns ein E-Pfleger gerade wegen § 640e ZPO bestellt. Das Kind muss ggfs. beigeladen werden. Der Interessenkonflikt des anderen Elternteiles bei dem Empfang der Beiladung für das Kind wird vom BGH Urteil vom 27.03.2002 – XII ZR 203/99, NJW 2002, 2109 nicht erst bei der Entscheidung über einen Beitritt gesehen, sondern der BGH antizipiert den Konflikt schon auf die Entgegennahme der Beiladung, ansonsten die zu treffende Entscheidung über den Beitritt auf kaltem Weg verhindert wird.

  • Dagegen ist ja gar nichts einzuwenden, wenn die Mutter aus eigenem Recht anficht. Im Ausgangsfall ficht jedoch das Kind (vertreten durch die Mutter) an, sodass das Kind Partei ist und es daher auch nichts beizuladen gibt (vgl. oben #10, erstes Zöller-Zitat).

    Man muss die beiden Fälle daher schon unterscheiden.

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