Genehmigung für Erbausschlagung nicht an das Nachlassgericht weitergeleitet

  • Hallo,

    meine Kindesmutter hat die familiengerichtliche Genehmigung für eine Erbausschlagungserklärung nicht an das Nachlassgericht weitergeleitet.
    Sind die Kinder daher Erben geworden oder kann ich mich auf die Entscheidung des LG Berlin vom 11.07.2006 (83 T 572/05) berufen, wonach die Zustellung der Genehmigungserklärung an den Sorgeberechtigten reicht? Für den Nachlass wurde das Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt.
    Müssen für die Kinder noch haftungsbeschränkende Maßnahmen eingeleitet werden? Was sollte veranlasst werden

  • Ich halte die Entscheidung des LG Berlin für richtig. Die Erbausschlagung bleibt ein einseitiges Rechtsgeschäft. mit Zugang an den gesetzlichen Vertreter wird sie wirksam. Die Information an das Nachlassgericht ist dafür nicht notwendig. Bei uns wird nach Rückkehr der ZU ein Beschluss mit Zustellvermerk an das NLG gesandt. So sind alle Seiten zufrieden. :)

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  • Ich halte die Entscheidung des LG Berlin für richtig. Die Erbausschlagung bleibt ein einseitiges Rechtsgeschäft. mit Zugang an den gesetzlichen Vertreter wird sie wirksam. Die Information an das Nachlassgericht ist dafür nicht notwendig. Bei uns wird nach Rückkehr der ZU ein Beschluss mit Zustellvermerk an das NLG gesandt. So sind alle Seiten zufrieden. :)


    :zustimm: (deswegen meine knappe Antwort zu #2).
    Ich denke aber nicht, dass es nötig ist, die beiden gegenteiligen Meinungen hier erneut auszubreiten. Das haben wir im Forum schon ausführlich getan.

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


  • Ich halte die Entscheidung des LG Berlin für richtig. Die Erbausschlagung bleibt ein einseitiges Rechtsgeschäft. mit Zugang an den gesetzlichen Vertreter wird sie wirksam. Die Information an das Nachlassgericht ist dafür nicht notwendig. Bei uns wird nach Rückkehr der ZU ein Beschluss mit Zustellvermerk an das NLG gesandt. So sind alle Seiten zufrieden. :)


    :zustimm: (deswegen meine knappe Antwort zu #2).
    Ich denke aber nicht, dass es nötig ist, die beiden gegenteiligen Meinungen hier erneut auszubreiten. Das haben wir im Forum schon ausführlich getan.



    Ich stimme dem ebenfalls zu. Auch wenn auch ich keine neue Diskussion aufnehmen will, zeigt sich doch immer wieder, welche Nachteile mit der h.M., die ein Gebrauchmachen zu einem Wirksamkeitserfordernis erhebt, - auch und vor allem für das Kind verbunden sind. Schließlich wird das Kind ohne Not (und Rechtsgrundlage) nach dieser Auffassung Erbe, ohne dass daran später etwas etwa durch Anfechtung geändert werden könnte. Unter diesem Aspekt macht das Beharren auf eine analoge Anwendung von § 1829 BGB mit dem Hinweis darauf, dass es dem Vertretenen zugute käme, wenn der gesetzliche Vertreter noch einmal überlegen kann, schon gar keinen Sinn. Dogmatisch ist diese Auffassung aber auch aus den von meinen Vorrednerinnen vorgetragenen Gründen nicht tragfähig. Daran vermag auch die mehrfach wiederholte Ansicht von Cromwell nichts zu ändern.

  • Ich halte die Entscheidung des LG Berlin auch für richtig. Allerdings weiß ich auch, dass in der Praxis bestimmt 80-90% der Rechtspfleger es anders sehen und deswegen gebe ich den Elternteilen auch vorsichtshalber immer eine Belehrung mit, die Genehmigung mit Rechtskraftvermerk möglichst umgehend dem Nachlassgericht einzureichen. Wenn ich allerdings Nachlass-Rechtspfleger wäre, würde ich garantiert nicht ein minderjähriges Kind zum Alleinerben eines überschuldeten Nachlasses feststellen, wenn die Mutter die Genehmigung "bloß nicht" innerhalb der Frist eingereicht hat.

  • Ich halte die Entscheidung des LG Berlin auch für richtig. Allerdings weiß ich auch, dass in der Praxis bestimmt 80-90% der Rechtspfleger es anders sehen und deswegen gebe ich den Elternteilen auch vorsichtshalber immer eine Belehrung mit, die Genehmigung mit Rechtskraftvermerk möglichst umgehend dem Nachlassgericht einzureichen. Wenn ich allerdings Nachlass-Rechtspfleger wäre, würde ich garantiert nicht ein minderjähriges Kind zum Alleinerben eines überschuldeten Nachlasses feststellen, wenn die Mutter die Genehmigung "bloß nicht" innerhalb der Frist eingereicht hat.



    Auch hier haben wir wieder eine Übereinstimmung. Ich vergass ober zu erwähnen, dass auch der gesetzliche Vertreter (Pfleger, Vormund, Betreuer, Elternteil) bei uns eine entsprechende Belehrung erhält, selbst die Genehmigung beim NLG vorzulegen. Jedoch wenn das BetrG/FamG selbst einen Genehmigungsbeschluss mit Zustellvermerk an das NLG schickt, dürften alle Beteiligten gesichert sein.

    Skeptiker sollten ihre Meinung mal überdenken!

    :)

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    Einmal editiert, zuletzt von isophane (19. Mai 2010 um 10:34) aus folgendem Grund: Schreibfehlerteufel!

  • Für mich stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach der Bedeutung des § 1828 BGB nach Inkrafttreten des FamFG.

    Nach dem früheren Rechtslage wurde die Genehmigung mit der Bekanntgabe an den gesetzlichen Vertreter wirksam (§§ 1828 BGB, 16 FamFG).

    In diesem Zusammenhang wurde immer vorgeschlagen, dass das Familiengericht/Vormundschaftsgericht gleichzeitig eine Vollmachtserteilung des gesetzlichen Vertreters an das Nachlassgericht mit beurkundet, wonach das Nachlassgericht zur Entgegennahme der Genehmigung bevollmächtigt wird - Soll einer Behörde, wie zB dem Jugendamt, Vollmacht erteilt werden, so ist als bevollmächtigt die juristische Person anzusehen, der die Behörde angehört (KG JW 1931, 661) Staudinger 2009 § 167 BGB RdNr. 7 a.E. –.

    Ferner erfolgte die Bekanntgabe der Genehmigung an den gesetzlichen Vertreter, damit dieser entscheiden kann, ob er von der Genehmigung Gebrauch machen will (auch bei einseitigen Rechtsgeschäften bei Erteilung einer Vorgenehmigung).

    Nach dem neuen FamFG gibt es einen Kreis von Beteiligten, denen die Genehmigung bekannt gemacht wird. Mit Eintritt der formellen Rechtskraft, die nach Ablauf der Beschwerdefrist automatisch eintritt, wird der Beschluss wirksam (§ 40 II FamFG).

    M.E. ist bei einseitigen Rechtsgeschäften, bei denen die Genehmigung noch nachträglich erteilt werden kann (z.B. Genehmigung zur Erbausschlagung) § 1828 BGB auf die wirksame Genehmigung mit Rechtskraftvermerk nur anzuwenden, wenn man die Auffassung vertritt, dass der gesetzliche Vertreter analog § 1829 I 2 BGB auch in diesem Fall die Möglichkeit hat, innerhalb der verbleibenden Frist über das Gebrauchmachen von der Genehmigung zu entscheiden.

  • Ich denke, dass es zwei verschiedene Dinge sind, ob der Genehmigungsbeschluss rechtskräftig ist oder ob die Erbausschlagung wirksam wird. Bei der Genehmigung von Verträgen hilft es ja auch nichts, wenn der Genehmigungsbeschluss rechtskräftig ist, der Vertreter die Genehmigung aber nicht dem Vertragspartner mitteilt.

    Im übrigen halte ich an der herkömmlichen Rechtsauffassung (entgegen Sonnenfeld/Zorn und LG Berlin) fest. In dem Moment, wo man die Erbausschlagung aus dem Anwendungsbereich des § 1831 S.1 BGB herausnimmt und -wie bei Verträgen- eine nachträgliche Genehmigung genügen lässt, muss dies auch in den Benachrichtigungsmechanismus nach § 1829 Abs.1 S.2 BGB münden.

  • Die Rechtsauffassung von Cromwell#13 kann man sicherlich vertreten. Es bleibt dann jedoch die Problematik, dass die Genehmigung zu dem einseitigen Rechtsgeschäft innerhalb der gesetzten Frist bei dem zuständigen Amt/der zuständigen Behörde eingehen muss (RGZ 118,145).

    Eine Genehmigung zur Erbausschlagung, die einen Tag verspätet beim Nachlassgericht eingeht, führt in diesem Fall zur Unwirksamkeit der Erbausschlagung (§ 1831 Satz 1 BGB). Eine Anfechtungs-möglichkeit, wegen Falschberechnung der Frist (nach dem Motto, ich habe mich um ein, zwei Tage verrechnet) sehe ich nicht.

    Gleiches gilt bei Genehmigung zu einseitigen Rechtsgeschäften beim Grundbuchamt. Geht die Genehmigung zur Löschung eines Rechts ein Tag nach Ablauf der durch Zwischenverfügung gesetzten Frist beim Grundbuchamt ein, ist m.E. aufgrund der RG-Entscheidung die Unwirksamkeit der Erklärung des gesetzlichen Vertreters eingetreten (§ 1831 Satz 1 BGB) und darf das Grundbuchamt die Eintragung nicht mehr vollziehen (im Haegele RdNr. 3749 wird aufgeführt, dass die Genehmigung bis zum Vollzug der Grundbucheintragung nachgereicht werden kann, was jedoch der RG-Entscheidung widerspricht). Im Staudinger 2004 § 1831 BGB RdNr. 18 wird für diesen Fall gefordert, dass das Grundbuchamt bei Erlass der Zwischenverfügung dem Umstand, dass die Prüfung des Antrags auf Genehmigung längere Zeit beansprucht, durch entsprechende Bemessung der Frist Rechnung tragen kann (was angesichts der Neuregelung in § 40 II FamFG jetzt generell der Fall ist). Daneben besteht noch die Möglichkeit des Grundbuchamts, die in der Zwischenverfügung enthaltene Frist auf Antrag oder von Amts wegen zu verlängern (was jedoch eine Bekanntgabe dieser Zwischenentscheidung voraussetzt).

  • Muss mal meinen Fall aufrollen , da eine Genehmigung wegen der Ausnahme in § 1643 II BGB nicht notwendig ist:

    Die geschiedenen Eltern ( logischerweise gemeinsames Sorgerecht ) haben zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Erbausschlagung für den mdj. Sohnemann erklärt.
    Im Gegensatz zum Kindesvater ging die Kindesmutter bei Abgabe ihrer Erklärung von einer Genehmigungspflicht aus und hat eine Anregung auf Erteilung einer Genehmigung hier gestellt .
    In der ( regelmäßig ) beigezogenen Nachlassakte stelle ich fest , dass nur die Ausschlagung des Vaters dort "gelandet" ist und die der Mutter dort nicht eingegangen ist.
    Auf Nachfrage bei der Mutter deswegen, teilt sie nun mit , dass sie das Original der Ausschlagung nicht an das zust. Nachlassgericht versandt habe, weil sie auf die Genehmigung des Gerichts gewartet habe:(. Sie werde die Ausschlagungserklärung jetzt aber versenden. Ausschlagungsfrist "bei ihr" ist natürlich rum.

    Auch wenn wegen der Vorausschlagung des Kindesvaters kein Genehmigungsfall ( sondern vielleicht ein Haftungsfall für die Mutter ) daraus wird; zwei Fragen:

    1.) Ist die Ausschlagung für das Kind insgesamt verspätet, wenn nur ein Elternteil die Frist verbummelt ?
    2.) Wäre für die Mutter ggf. ein Anfechtungsgrund gegeben ?

  • 1. Ja.

    2. Die Kindesmutter kann die Fristversäumung anfechten, § 1956 BGB. Die Frage, ob eine hinreichende Begründung vorliegt ist letztlich durch das Nachlassgericht bei der Erteilung eines Erbscheins zu klären. :)

    Darüber hinaus muss es ja auch kein Haftungsfall werden. Die Ausschlagung ist letztlich ja nur die einfachste Möglichkeit mein Kind vor Nachlassverbindlichkeiten zu schützen.

  • Wie wäre es denn mit dem Weg, das familiengerichtliche Verfahren formal korrekt einem Ende zuzuführen und dadurch die Hemmung der Frist auszulösen? Die informelle Handhabung des Antrags führt zu Rechtsnachteilen für das Kind.

  • Das Problem besteht doch darin, daß es nie eine Fristhemmung gab. Klar ist das Verfahren beim Familiengericht zu Ende zu bringen (durch Zurückweisung des Genehmigungsantrags). Das bringt aber im Hinblick darauf, daß die Ausschlagungsfrist von der Mutter versäumt wurde, gar nichts. Außer vielleicht, daß sie das schriftlich hat...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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