Entnahme der Mindestvergütung

  • Hallo zusammen,

    in den letzten Wochen sind mir Vorgänge mit folgender Problemstellung aufgefallen:

    Der Schuldner befindet sich in der Wohlverhaltensperiode. Es werden pfändbare Bezüge (beginnend nach Beginn der WVP) auf das Treuhandkonto vereinnahmt. Der TH entnimmt sich für das 1. Jahr der WVP die Mindestvergütung (119,00 Euro). Nunmehr liegt mir die Abrechnung für ein weiteres Jahr vor. Hier ist ersichtlich, dass sich der TH aufgrund der Höhe der eingezogenen Beträge als Vorschuss mehr entnehmen könnte. Er argumentiert jedoch, dass er - da er bereits einmal die Mindestvergütung entnommen hätte - auch weiterhin nur die Mindestvergütung entnehmen kann.

    Hat sich hier irgendwas geändert? Eine entsprechende Rechtsprechung ist mir nicht bekannt.

  • An § 14 InsVV hat sich nichts geändert. Die Welt scheint sich aber vom Sackgassenkapitalismus ab- und zum Besseren zu wenden, wenn Treuhänder selbst ihren gesetzlichen Vergütungsanspruch jetzt schon für überhöht halten. Freu Dich aber nicht zu früh, denn die Festsetzung erfolgt erst am Ende der WVP: § 16 Abs. 1 Satz 2 InsVV.

  • Ich habe es immer so verstanden, dass man, egal wie hoch die generierte Masse ist, nur die Mindestvergütung entnehmen darf und nicht den verdienten Teil, wenn man mal den Fall hat, dass die Regelvergütung mal die Mindestvergütung übersteigen sollte (was ich auch für bedenklich halte, wenn erst zum Schluss abgerechnet wird und die jährlich eingegangenen Gelder längst verteilt sind).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich habe es immer so verstanden, dass man, egal wie hoch die generierte Masse ist, nur die Mindestvergütung entnehmen darf und nicht den verdienten Teil, wenn man mal den Fall hat, dass die Regelvergütung mal die Mindestvergütung übersteigen sollte (was ich auch für bedenklich halte, wenn erst zum Schluss abgerechnet wird und die jährlich eingegangenen Gelder längst verteilt sind).



    Die Rechtsauffassung kann ich nachvollziehen. Hier besteht jedoch die Auffassung, dass sich für ein "Modell" entschieden werden muss. Das war mir bislang gänzlich unbekannt. Aber wie es scheint, habe ich hier nichts verschlafen.

    Mein Problem besteht darin, was ich mit einer (noch) bestehenden Stundung mache. Bislang haben wir diese immer (im Hintergrund) weiterlaufen lassen. Es kann jedoch nicht sein, dass gegen Ende abgerechnet wird, die Masse im vorletzten Jahr verteilt und dann (z.B. bei Arbeitslosigkeit) im letzten Jahr keine Masse für den noch abzurechnenden Vergütungsanspruch generiert wird. Da hätte ich dann den Fall, dass ggf. auf die Kostenstundung wieder zurüclgegriffen wird.

  • hier sehe ich keinen Raum für ein "Modell". Schön wenn die Kosten der WVP gestundet sind. Die Stundung ist jedoch subsidiär. Falls sich Masse im Jahr gebildet hat, so ist die Vergütung aus dieser zu bedienen, danach die noch offenen Verfahrenskosten pp.

    Was nicht gehen dürfte ist, die komplette Masse auf die Gläubiger zu verteilen und dann die Vergütung über die Stundung auf indirektem Wege vom Schuldner zu holen.

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  • Das sehe ich auch so. Ich befürchte nur den - unwahrscheinlichen - Fall, dass im vorletzten Jahr der WVP ausgeschüttet wird und dann der Schuldner seine Arbeit verliert. Was wäre dann. M.E. würde die Stundung greifen.

  • Ich denke, dass dann die Stundung nicht mehr greift. Einige Treuhänder bilden in Stundungsverfahren mit Masse gleich Rückstellungen für die gesamte Vergütung WVP und verteilen nur, wenn dann noch was übrig bleibt. Das scheint mir auch richtig, denn die Stundung ist doch nur subsidiär. So lange Masse da ist, muss die auch zuerst für die Kosten herhalten. Ich weise auch die Treuhänder, die alles verteilen, darauf hin, dass sie in einem Fall, wo später die Einnahmen wegbleiben, nicht auf eine Auszahlung aus der Staatskasse vertrauen können.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • das mit der Bildung von Rückstellungen in "Stundungsverfahren" ist zwar strittig, aber ich befürworte dies.
    In solchen Fällen, in denen genügend Geld reinkommt ist zu unterscheiden zwischen Bildung von Rückstellungen und Entnahme des Vorschusses.
    § 16 II InsVV ist auch nicht grad glücklich formuliert.
    M.E. ist er so zu verstehen:
    Einnahmen aufgrund der Abtretungserklärung hochgerechnet auf die Gesamtdauer der Laufzeit
    dies dividiert durch den verstrichenen Teil der Laufzeit = verdienter Teil
    letzteres begrenzt durch die Mindestvergütung für den Gesamtzeitraum ! der Laufzeit

    Klingt schon kompliziert, wird bei Erbschaft natürlich richtig lustig (Berechnungsbeispiel spar ich mir mal).

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
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  • Ich denke, dass dann die Stundung nicht mehr greift. Einige Treuhänder bilden in Stundungsverfahren mit Masse gleich Rückstellungen für die gesamte Vergütung WVP und verteilen nur, wenn dann noch was übrig bleibt. Das scheint mir auch richtig, denn die Stundung ist doch nur subsidiär. So lange Masse da ist, muss die auch zuerst für die Kosten herhalten. Ich weise auch die Treuhänder, die alles verteilen, darauf hin, dass sie in einem Fall, wo später die Einnahmen wegbleiben, nicht auf eine Auszahlung aus der Staatskasse vertrauen können.




    so einfach wird das nicht gehen. Nach § 292 InsO ist jährlich zu verteilen und InsVV - gemäß der Vorschuss entnehmbar, der jedoch sich auf die Mindestvergütung bezieht. Über Fallkonstellationen, die über die Mindestvergütung hinausgehen, hat man sich keine hinreichenden Gedanken gemacht.

    Wenn man schon über Rückstellungen nachdenkt, dann nur, mit Beschluss des Gerichts. Wäre dann noch zu besprechen, aus welcher Vermögensmasse die Rückstellungen zu bilden sind. Wie weiland das AG Duisburg, 62 IN 91/00 ist streitig, weil sich (und der Rechtspfleger :teufel:) einer Strafverfolgung ausgesetzt sehen könnte, LG Kleve, 4 T 174/06. Bliebe doch die Masse in der WVP.

    Das von @def beschriebene Problem der Berechnung sehe ich nicht für den, der rechnen kann. Man muss halt nur fein unterscheiden, was Rückstellung ist und was im jeweiligen Jahr Massezufluß, um den Motivationsrabatt richtig zu berechnen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Entscheidung des LG Essen wird von Kleve aber als nicht einschlägig betrachtet.

    Die Entscheidung des LG Duisburg, ist ebenfalls vom LG Kleve gewürdigt worden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Der Treuhänder kann Vorschüsse in Höhe der Mindestvergütung ohne Zustimmung des Gerichts entnehmen. Also kann er nach einer Ansicht (die ich auch teile) höhere Vorschüsse mit Zustimmung des Gerichts entnehmen. Ich denke, es ist durchaus sinnig, dem Treuhänder in den seltenen Fällen, in denen die Mindestvergütung überschritten wird, entsprechende Vorschüsse zu bewilligen. Man muss nur aufpassen, dass die Vergütung am Schluss aus dem Gesambetrag errechnet wird. Insofern ist es bei unregelmäßigen Einkünften eine etwas lästige Rechnerei.

  • das mit der Rückstellung mach ich schon seit Jahren so (also Bildung schon im noch nicht aufgehobenen Verfahren für die WVP). Klar kann man sich drüber streiten, ich hab da meine Begrüdung für, egal was da aus dem insolvenzgerichtlichen Bermuda-Dreieck zu entschieden wird. Solange der BGH da nix zu sagt, bleib ich dabei (auch wenn die Gegenargumente ganz gut sind).
    Der Gedanke von Astaroth mit der Genehmigung ist natürlich zielführend um irgendwelchen unnötigen Rechnereien zu entgehen.
    Hab heut kurz mal im Eickmann nachgelesen, der ebenfalls auf die verunglückte Fassung der Norm hinweist. Dieser geht davon aus, dass einfach auszurechnen ist, was bisher ! verdient wurde und das dies ohne gerichtliche Zustimmung entnommen werden kann (ergo: die von mir gepostete Berechnung entfällt).
    Damit kann man wohl leben, denke ich.

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