Erbschein trotz Testament

  • Folgender Fall:
    Nach dem vorgelegten gerichtlich eröffneten Testament haben sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt und zwar als befreite Vorerben. Als Nacherben und Erben des Vorerben zu gleichen Teilen werden die Kinder A, B, C und D namentlich bestimmt. Das Testament enthält die Pflichtteilsklausel.
    Der Ehemann ist 1994, die Ehefrau 2009 verstorben. Der Nacherbe und Erbe A ist 1998 vorverstorben. Er ist von seinen 3 Kindern als gesetzliche Erben beerbt worden.
    Es wird nunmehr die Grundbucheintragung der Erben (ohne Erbschein) beantragt. Der Eintragung stehen m. E. folgende Bedenken entgegen:
    a) Es fehlt der Nachweis der Erbfolge nach dem Ehemann, weil aus dem Testament nicht hervorgeht, wer anstelle des vor Eintritt des Nacherbfalls verstorbenen A Ersatznacherbe geworden ist (§ 35 GBO). Es ist daher m. E. ein Erbschein zu erfordern, der die Erbfolge nach Eintritt des Nacherbfalls (Tod der Vorerbin) ausweist.
    b) Ferner ist durch Erbschein die Erbfolge nach der Ehefrau nachzuweisen, weil aus dem Testament nicht hervorgeht, ob durch die Pflichtteilsklausel eine Anwachsung erfolgt ist und wer anstelle des vorverstorbenen A Erbe geworden ist.
    Die Erben halten zu a) die Vorlage eines Teilerbscheines der Kinder des verstorbenen A für ausreichend. Zu b) vertreten die Erben die Auffassung, dass ein Erbschein entbehrlich sei, weil die Nichtinanspruchnahme des Pflichtteils von der überlebenden Ehefrau auch durch eine e.V. in öffentlicher Urkunde nachgewiesen werden könnte.
    Weiteres Problem: ein Erbe ist in Asien ansässig. Könnte ggf. für diesen Erben auf die Abgabe der e.V. verzichtet werden?
    Vielen Dank für Eure Hinweise.

  • Das OLG Köln (ZEV 2010, 97 m.w.N.) erachtet den Nachweis der Nichtgeltendmachung des Pflichtteils nach dem erstverstorbenen Ehegatten durch eine eidesstattliche Versicherung für ausreichend.
    Die Ansicht, welche in diesem Fall einen Erbschein fordert (vgl. Demharter § 35 Rn.39 a.E. m.w.N.), erscheint mir nicht folgerichtig, weil es nicht einzusehen ist, dass die negative Tatsache des Nichtvorhandenseins weiterer Abkömmlinge durch eidesstattliche Versicherung nachgewiesen werden kann, während die gleichfalls negative Tatsache der Nichtgeltendmachung des Pflichtteils den Nachweis durch einen Erbschein erfordern soll.

    Die eidesstattliche Versicherung des in Asien lebenden Abkömmlings halte ich für entbehrlich. Wenn die übrigen Abkömmlinge versichern, dass alle Abkömmlinge den Pflichtteil nicht geltend gemacht haben, gereicht ihnen das im Hinblick auf den "abwesenden" Abkömmling nur zum Nachteil, sodass die eV der "hiesigen" Abkömmlinge gerade deshalb glaubhaft ist.

    Ein Teil-Nacherbenerbschein nach dem erstverstorbenen Ehegatten ist zum Nachweis der Nacherbfolge insgesamt ausreichend. Denn wenn die drei Kinder des verstorbenen Nacherben zu je 1/12 (also insgesamt zu 1/4) als Nacherben ausgewiesen sind, müssen sie nach erfolgter diesbezüglicher Prüfung des Nachlassgerichts (!) entweder über § 2069 BGB oder aufgrund der Vererblichkeit des Nacherbenrechts an die Stelle des verstorbenen Nacherben getreten sein. Damit scheidet eine Anwachsung an die drei übrigen Nacherben definitiv aus, weil die drei Erblasserenkel im Fall der Anwachsung überhaupt nicht im Erbschein auftauchen könnten.

    Einen Erbschein nach dem nachverstorbenen Ehegatten halte ich nur für notwendig, wenn dieser auch selbst (also nicht nur in seiner Eigenschaft als Vorerbe) Miteigentümer des Grundbesitzes war. War er dies nicht, bedarf es nach ihm auch keines Erbscheins, denn die Nacherbenfrage ist bereits durch den Teil-Nacherbenerbschein, das notarielle Testament und die besagten eV's geklärt.

    Wenn man zum Nachweis der Nichtgeltendmachung des Pflichtteilsanspruchs einen Erbschein für erforderlich hält, ist natürlich ein "kompletter" Nacherbenerbschein über alle Erbquoten erforderlich. Ein Erbschein nach dem Vorerben-Ehegatten halte ich auch hier -und erst recht- nur unter den genannten Voraussetzungen für erforderlich.

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