Abtretung, obwohl eigentlich nicht mehr Rechtsinhaber

  • Hallo zusammen,
    manche Notare machen sichs sehr einfach und wir sollens ausbaden...
    was sagt Ihr zu folgendem Fall?:

    Es besteht ein Urteil für A.
    A ist schon ziemlich alt, deshalb erschien ihre Tochter T und legte mir eine not. begl. Abtretungserklärung vor, wonach alle Rechte aus dem Urteil an ihre Tochter T abgetreten werden.
    Soweit kein Problem, Rechtsnachfolgeklausel hab ich antragsgemäß erteilt, T ist nun die Rechtsinhaberin.

    Jetzt kommt die Tochter wieder und hat gemerkt, dass die Vorgehensweise scheinbar falsch war. Da sie ja jetzt Rechtsinhaberin ist, müsste sie einen Anwalt zahlen für die Forderungseintreibung usw. . (Die Mutter A würde PKH bekommen)

    Jedenfalls legt sie mir folgende Abtretungserklärung vor:

    A tritt ihre Forderung an T ab, aber aufschiebend bedingt durch das Ableben der A.
    Zu Lebzeiten bleibt A also Inhaberin der Forderung aus dem Urteil.
    (Zu Lebzeiten wird der T nun nur Vollmacht erteilt, die A uneingeschränkt zu vertreten).

    Zur ursprünglichen Abtretungserklärung, aufgrund derer ich die Rechtsnachfolgeklausel erteilt habe, heißt es nur lapidar:

    "Diese Erklärung tritt an die Stelle der Abtretungserklärung vom xx.xx.2009, die damit gegenstandslos ist."

    Der Notar macht sich das sehr leicht.

    Die gute A kann doch nicht mehr ihre Forderung abtreten, wenn nun die Tochter die Rechtsnachfolgerin ist.
    Wie würdet Ihr hier vorgehen?
    Streng genommen bräuchte man doch eine "Rückabtretung" von T wieder zurück auf A, oder?
    Was mach man mit der Rechtsnachfolgeklausel?

  • Gerade eben hab ich mit dem Notar telefoniert, der die Erklärung beglaubigt hat.

    Er meinte, dass er den gleichen Gedankengang hatte, wie oben geschildert und, wollte aber die Sache nicht verkomplizieren/kein Rechtsmißbrauch usw..

    Er meinte weiter, dass die ursprüngliche Abtretung letztlich aufgehoben sein soll (ausgedrückt durch den Satz, dass "diese Erklärung an die Stelle der Abtretungserklärung vom xx.xx.2009 tritt)
    und damit der ursprüngliche Rechtszustand wieder vorliegt, A also die Rechtsinhaberin ist.
    Das ist sogar plausibel, weil bei der neuen Erklärung sowohl A als auch T unterschrieben haben.

    Was haltet Ihr von folgender Vorgehensweise, weil es mir ehrlich gesagt auch zu dumm ist, von den Parteien nochmal eine Rückabtretungserklärung anzufordern:

    Beschluss erlassen, darin feststellen, dass Abtretung aufgehoben wurde, dadurch Rechtsnachfolgeklausel gegenstandslos, damit hat die ursprüngliche Vollstreckungsklausel wieder Gültigkeit (oder kann die ursprüngliche Vollstreckungsklausel nicht wieder aufleben und es muss eine neue für A erteilt werden?)

    Oder würdet Ihr eine zweite Rechtsnachfolgeklausel erlassen, die nun A als neuen/alten Rechtsinhaber wieder aufweist?

  • Man kann keine Abtretung rückwirkend wieder aufheben. Wenn die Abtretung wirksam wurde, kann zur zurückabgetreten werden. Oder würdest es Du für eine Grundbuchberichtigung im Hinblick auf das Eigentum akzeptieren, dass die Beteiligten eine erklärte Auflassung wieder aufheben, wenn der Erwerber aufgrund dieser Auflassung bereits als Eigentümer eingetragen wurde? Auch hier bleibt nur die Rückauflassung.

  • Du hast natürlich völlig recht, Cromwell.
    Aber wäre es hier nicht vertretbar, diese "Aufhebung" der Abtretung als Rückabtretung auszulegen, zumal die T diese Erklärung auch mit unterschrieben hat?

  • Eine solche Auslegung kommt nach meiner Ansicht nicht in Betracht. Die Beteiligten haben -aus ihrer Sicht- einen Fehler gemacht und wollen ihn nunmehr durch eine rechtlich unmögliche Konstruktion wieder korrigieren. Das hätte schon der Notar merken müssen.

    Ich weiß ohnehin nicht, was das Ganze soll. Selbst wenn die Mutter PKH bekäme, ginge das nicht ohne spätere Rückzahlung. Man kann nicht auf Kosten der Allgemeinheit eine Forderung eintreiben und den eingetriebenen Geldbetrag dann ungeschmälert behalten. Außerdem hängt der "befürchtete" Rechtsmissbrauch nicht von der gewählten Konstruktion ab.

  • Hallo allerseits,

    ich möchte nochmals auf den vorliegenden Fall zurückkommen.

    Ich habe den Antrag derAntragstellerin erst mal wieder zurückgegeben mit dem Hinweis, dass diesem nicht entsprochen werden kann.
    Es müsste eine Rückabtretung von der Tochter T an die Mutter A erfolgen.

    Nun hat mich der Notar angerufen und folgende Vorgehensweise vorgeschlagen:

    Die ursprüngliche Abtretung von der Mutter A an die Tochter T wird aufgehoben, da ein Irrtum vorlag; die Forderung sollte von Anfang an erst bei Tod an die Tochter T übergehen.
    Es erfolgt eine Rückabtretung von der Tochter T an die Mutter A, diese jedoch auflösend bedingt durch das Ableben der Mutter A.
    Mit dem Tod der Mutter A wird T wieder Rechtsinhaberin.
    (Ferner wird zu Lebzeiten der Mutter A der Tochter T Vollmacht erteilt, die Forderung für die Mutter einzuziehen.)

    Hat schon mal jemand eine Rechtsnachfolgeklausel erteilt, bei der die Rechtsnachfolge auflösend bedingt ist?
    Wie ist hier zu verfahren?
    Wird eine "ganz normale" Rechtsnachfolgeklausel für die Mutter A erteilt, die unter die auflösende Bedingung ihres Todes gestellt wird?
    Inwieweit muss auf die Bedingung in der Klausel eingegangen werden?

    Vielen Dank vorab!

  • Wegen eines Irrtums kann man die Abtretung nicht aufheben, sondern lediglich anfechten. Dadurch würde die Abtretung ex tunc hinfällig (§ 142 Abs.1 BGB) und die Mutter wäre wieder Gläubigerin, sodass es in diesem Fall nichts rückabzutreten gibt, weil die Tochter ihrerseits nichts erworben hat.

    So langsam beginne ich an den Rechtskenntnissen des besagten Notars zu zweifeln.

    Wie es sich generell mit Rechtsnachfolgeklauseln im Fall bedingter Rechtsänderungen verhält, vermag ich aus eigener praktischer Erfahrung nicht zu beurteilen.

  • OT: Jemand sollte A und T mal erklären, was PKH und ihr Grundgedanke eigentlich ist. T hat mutmaßlich Geld, will aber für Vollstreckung nichts bezahlen...:frechheit

  • Die Abtretung ist eine Verfügung, zu der auch eine schuldrechtliche causa gehört. Selbstverständlich kann die causa irrtumsbehaftet sein; ein Irrtum wie der hier geschilderte schlägt nicht auf die Abtretung durch (kein Fall der Fehleridentität). Daher kann die ursprüngliche causa angefochten werden, dann fehlt der Abtretung der Rechtsgrund, und es entsteht die schuldrechtliche Verpflichtung aus § 812 BGB, das Recht rückabzutreten.

    So scheint also die Lösung des Notars jetzt zu funktionieren.

    Ob man statt dessen (so die ursprüngliche Lösung des Notars) die rechtliche Zuordnung einer Forderung (nicht einer Sache!) rechtsgeschäftlich tatsächlich nicht rückwirkend verändern kann, wie hier im Thread vehement vertreten wird, scheint mir so sicher nicht. Aber sei's drum.

    Aber PKH würde ich der Oma nicht geben. Wenn ich eine Forderung (durch Rückabtretung) nur erwerbe, um auf Grund meiner Armut als Zedent PKH zu bekommen, die der Zedent nicht bekäme, dann ist das der Schulfall der Mutwilligkeit.

  • Dass die rückwirkende Abtretung einer Forderung nicht möglich ist, zeigt der Fall der Hypothek. Man kann zwar die bereits früher entstandenen (rückständigen) Nebenleistungen abtreten, nicht aber rückwirkend die Hauptforderung. Damit ist keine rückwirkende Abtretung der Forderung (und damit der Hypothek) möglich. Dementsprechend können auch andere abtretbare dingliche Rechte (z.B. Grundschulden) nicht rückwirkend abgetreten werden und für Forderungen gilt nichts anderes. Man kann allenfalls schuldrechtlich vereinbaren, dass sich die Beteiligten so behandeln, als wäre eine rückwirkende Abtretung erfolgt. Eine dingliche Modifizierung durch Parteivereinbarung ist dagegen nicht möglich.

  • Dass die rückwirkende Abtretung einer Forderung nicht möglich ist, zeigt der Fall der Hypothek. Man kann zwar die bereits früher entstandenen (rückständigen) Nebenleistungen abtreten, nicht aber rückwirkend die Hauptforderung. Damit ist keine rückwirkende Abtretung der Forderung (und damit der Hypothek) möglich. Dementsprechend können auch andere abtretbare dingliche Rechte (z.B. Grundschulden) nicht rückwirkend abgetreten werden und für Forderungen gilt nichts anderes. Man kann allenfalls schuldrechtlich vereinbaren, dass sich die Beteiligten so behandeln, als wäre eine rückwirkende Abtretung erfolgt. Eine dingliche Modifizierung durch Parteivereinbarung ist dagegen nicht möglich.



    Es gibt bei Forderungen nichts "Dingliches", deshalb geht es auch nicht um eine "dingliche Modifizierung durch Parteivereinbarung". Forderungen sind keine Sachen; an ihnen besteht kein Eigentum, also kein absolutes Recht. Forderungen sind relative Rechte. Über sie kann man verfügen, nämlich durch Abtretung. Daher vielleicht die gefühlte Parallele schuldrechtliche causa - schuldrechtliche Verfügung (bei der Forderungsabtretung) und schuldrechtliche causa - sachenrechtliche Verfügung (z. B. Kauf einer Sache und deren Übereignung).

    Es ist daher m. E. möglich, durch Rechtsgeschäft rückwirkend zu vereinbaren, dass jemandem eine Forderung zustand. Jedoch kommt es darauf, wie dargestellt, nicht mehr an, nachdem der Notar eine andere Lösung bevorzugt.

  • Die Forderungsabtretung als solche hat als Verfügungsgeschäft dingliche Wirkung, indem sie den Übergang der Forderung bewirkt (Palandt/Ellenberger Übbl. vor § 104 Rn.16; Palandt/Grüneberg § 398 Rn.2). Die dingliche Ex-nunc-Wirkung der Abtretung ist durch Parteivereinbarung nicht abdingbar. Dies folgt schon daraus, dass die Rückwirkung der Abtretung dem Zedenten gleichzeitig die Verfügungsberechtigung für die Abtretung selbst entziehen würde, weil die Rückwirkung der Abtretung dazu führen würde, dass dem Zedenten die abgetretene Forderung im Zeitpunkt der Zession schon nicht mehr zustand und sie in der Zeit zwischen Rückwirkungszeitpunkt und Zession niemandem zugestanden hätte. Die Rückwirkung eines Rechtsgeschäfts ist daher nur möglich, wenn sie gesetzlich zugelassen und angeordnet ist (so etwa bei der Anfechtung oder der Erbausschlagung). Das ist bei der Forderungsabtretung nicht der Fall.

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