Zweites Insolvenzverfahren

  • Hallo,


    ich zitiere zur Zusammenfassung einfach mal aus einer jüngeren Zusammenstellung der Rspr. und Literatur


    "Das Amtsgericht Dresden (Beschluss vom 29.03.2009, Az.: 531 IN 459/09, in ZVI 2009, Seite 289) verneint – mit nicht überzeugender Begründung, nämlich der Unterstellung, dass ein freigegebener Geschäftsbetrieb in der Regel ohnehin keine Gewinne erzielen würde, die für ein abermaliges Insolvenzverfahren zur Verfügung stünden – das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung eines neuen Insolvenzverfahrens.

    Das Amtsgericht Hamburg (Beschluss vom 18.06.2008, Az.: 67g IN 37/08, in ZVI 2008, Seite 295) bejaht dagegen die Zulässigkeit eines zweiten Insolvenzverfahrens, nachdem es sich bei dem nach § 35 Abs. 2 InsO freigegebenen Geschäftsbetrieb um ein insolvenzfähiges Sondervermögen handele.

    Auch das Amtsgericht Trier (Beschluss vom 21.09.2009, Az.: 23 IN 91/09, in ZInsO 2009, Seite 1967) und das Amtsgericht Göttingen (Beschluss vom 26.02.2008, Az.: 74 IN 304/07, in NZI 2008, Seite 313) bejahen das Rechtsschutzbedürfnis der jeweils antragstellenden Gläubiger für die Durchführung eines zweiten Insolvenzverfahrens. Das Amtsgericht Köln (Beschluss vom 07.02.2008, Az.: 72 IN 649/07, in NZI 2008, Seite 386) gesteht dem Neugläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung eines zweiten Insolvenzverfahrens jedoch nur dann zu, wenn er darlegen kann, dass für ein neues Insolvenzverfahren verteilungsfähiges Vermögen vorhanden ist.

    Die Auswertung der einschlägigen Literatur lässt ebenfalls kein einheitliches Meinungsbild erkennen:

    Während Graf-Schlicker (InsO § 14, Rd-Nr. 6), Kübler-Prütting (§ 14, Rd-Nr. 23) und Pape (Aufsatz in NZI 2007, Seite 481, dort Seite 482) sich gegen die Durchführung eines zweiten – parallelen - Insolvenzverfahrens wenden, die Kommentatoren Peters (im Münchner Kommentar zur InsO, § 14 Rd-Nr. 75) und Henkel (in Jäger InsO, § 35, Rd-Nr. 143) keine eindeutige Position beziehen, sprechen sich dagegen Zipperer (Aufsatz in ZVI 2007, Seite 541, 543, 544), Holzer (Aufsatz in ZVI 2007, Seite 289, 292), Kirchhof (Heidelberger Kommentar zur InsO, § 14, Rd-Nr. 25), Uhlenbruck (§ 14, Rd-Nr. 56 am Ende) und Schmerbach (Aufsatz in ZInsO 2010, Seite 647, 651) deutlich für die Möglichkeit der Durchführung eines zweiten Insolvenzverfahrens aus."


    Alle bislang ergangenen BGH-Entscheidungen hatten nicht den 35 II InsO und das dadurch entstehende insolvenzfreie Vermögen im Blick und sind deshalb m.E. für verfahren ab 01.07.2007 nicht einschlägig.


    AG München 1506 IN 955/10
    AG Landshut IN 345/10
    AG Landshut IN 358/10


    haben jeweils wegen vorhandenem insolvenzfreiem Neuvermögen ein Zweitinsolvenzverfahren eröffnet.


    Deswegen klares Votum(wie schon zu KO-zeiten, wo Neuerwerb, der konkursfrei war, ohne weiteres in einem zweiten Konkursverfahren abgewickelt werden konnte( Kuhn-Uhlenbruch KO § 1 Rn 9 f.): nach Freigabe gem. § 35 II kann zugunsten der Neugläubiger ein Zweitverfahren durchgeführt werden.


    Anderes weniger greifbares Problem:


    Schuldner hat im Erstverfahren seine pfändbaren Bezüge für 6 jahre an den Ersttreuhänder/Verwalter abgetreten. pfändbare Bezüge fallen Nach § 36 InsO in die Insolvenzmasse neu. Kann der Altverwalter sein Absonderungsrecht nach § 114 InsO beim Neuen geltend machen oder ist er evtl. durch § 91 Inso gehindert?



    Streit zwischen Verwalter 1 und 2 scheint vorprogrammiert.


    Da bin ich auf Eure Meinungen gespannt.



  • das Problem hatten wir schon mal vor drei Jahren diskutiert:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…arallel-zur-WVP

    dürfte jedoch nur dann zum Problem werden, wenn der Schuldner nach dem mißglücktem Neustart mal seine Selbstständigkeit aufgibt.

    Wem die Beträge zustehen, darüber mache ich mir heute Abend mal einen Kopf....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Habe hier auch ne exotische Variante: Schuldner hat im Erstverfahren im Stundungsantrag Angaben vergessen, auch wurde er zur Durchführung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigunsverfahrens aufgefordert. Beides hat er unterlassen, so dass sein Antrag nun als zurückgenommen galt.

    Kannn er einen erneuten Insolvenz- und Stungsantrag stelllen oder gilt auch hier die dreijähtrige Sperrfrist?

  • na super, auch noch Gerichtskosten produziert.

    Die 3-Jahresentscheidung betrifft nur eröffnete Verfahren, bei denen der Schuldner die Stellung der Anträge verpaddelt hat.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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