Wie erteil`ich den Erbschein?

  • Das halte ich für eine Geschmacksfrage.

    Meines Erachtens enthält die Angabe von Ersatznacherben gleichzeitig auch die Aussage, dass die Vererblichkeit des Nacherbenrechts ausgeschlossen ist - eben weil das eine das andere ausschließt.

  • Nach Firsching/Graf wäre allerdings von der Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts auszugehen, wenn ein Vermerk darüber im Erbschein fehlt.

    Daher halte ich es für zwingend erforderlich beides mit in den Erbschein aufzunehmen.

  • Meines Erachtens ist der Ausschluss der Vererblichkeit bereits durch die Angabe der Ersatznacherbfolge verlautbart.

    Ich habe es mehr als 20 Jahre so gehalten und es hat insoweit bei der Erteilung der Nacherbenerbscheine nie irgendwelche Schwierigkeiten gegeben. Im übrigen ist die Erbfolge nach dem Eintritt des Nacherbfalls ohnehin erneut zu prüfen. Dies bedeutet, dass man ungeachtet des Inhalts des (bereits eingezogenen) Vorerbenerbscheins in jedem Fall neu über die eingetretene Nacherbfolge zu befinden hat und dass man dabei natürlich auch zwischenzeitlich eingetretene unvorhergesehene Ereignisse im Hinblick auf die Persönlichkeit der Nacherben berücksichtigen kann.

  • Das haben die hiesigen Richter auch immer so gehalten (die haben noch nicht mal die Ersatznacherben im Erbschein angeführt). In der FH (habe erst letztes Jahr Prüfung gemacht) und auch bei der letzten Tagung wurde jedoch eindringlich darauf hingewiesen, dass beides notwendige Angaben des Vorerbenerbscheins sind.

    Die Notare mussten dementsprechend auch erst "umerzogen" werden, aber alle Notare haben die Notwendigkeit eingesehen, nachdem ich ihnen einen Auszug aus der oben genannten Quelle des HRP`s übersandt habe.

  • Wir sind uns in der Grundfrage völlig einig:

    Der Ausschluss der Vererblichkeit des Nacherbenrechts muss im Vorerbenerbschein verlautbart werden. Wir diskutieren somit nur darüber, auf welche Weise (notwendig ausdrücklich oder ausreichend konkludent) dieser Ausschluss zu verlautbaren ist.

    Im erbrechtlichen Ergebnis nach dem Eintritt des Nacherbfalls ergibt sich nach beiden Auffassungen kein Unterschied.

  • Wenn im Erbschein Ersatznacherben angegeben sind, enthält dies schlüssig den Ausschluss der Vererblichkeit. Weshalb letzteres also noch ausdrücklich angegeben werden sollte, ist absolut nicht einleuchtend und ich würde es auch nicht machen, egal wo es steht und wer es sagt.

  • In der nachlassgerichtlichen Praxis scheint es insoweit regional verschiedene Handhabungen zu geben (vgl. etwa Technau BWNotZ 1984, 63 zur Praxis in Baden-Württemberg). Im Ergebnis ist es aus den genannten Gründen aber ein Streit um des Kaisers Bart.

  • Noch eine Anmerkung zum Ausgangsfall:

    Der Erblasser hat zum Zeitpunkt, als er den Erbvertrag errichtet hat gewusst, dass er neben dem Grundstück noch weitere Grundstücke hat.
    Über diese Grundstücke hat er dann auch mit seiner Ehefrau in dem späteren gemeinschftlichen Testament Teilungsanornungen getroffen.


    Könnte man dann doch zu dem Ergebnis kommen, dass die Ehefrau Alleinerbin geworden ist und das in dem Erbvertrag erwähnte Grundstück nur ein Vor- Nachvermächtnis darstellt.

  • Das Problem ist, dass der Sohn im Erbvertrag (so sehe ich es jedenfalls bisher) ausdrücklich als Nacherbe eingesetzt wurde. Im Hinblick darauf, dass der Erbvertrag notariell beurkundet wurde, halte ich die Auslegungsmöglichkeiten daher für äußerst begrenzt. Bleibt es demnach bei der Nacherbeneinsetzung, so liegt eine Fallgestaltung vor, bei welcher der Ehefrau der gesamte Restnachlass vorausvermächtnisweise i.S. des § 2110 Abs.2 BGB zugewendet wurde. In diesem Fall hätte nach dem Ableben des Erblassers allerdings kein Nacherbenvermerk an dem weiteren Grundbesitz eingetragen werden dürfen (ob dies der Fall war oder nicht, lässt sich dem mitgeteilten Sachverhalt bisher nicht entnehmen). Ein dennoch eingetragener Nacherbenvermerk an diesem weiteren Grundbesitz wäre demnach unrichtig. Der vorausvermächtnisweise zugewendete weitere Grundbesitz fiel demzufolge (ohne Notwendigkeit einer Auflassung) in das nicht durch Nacherbfolge beschränkte Eigenvermögen der Ehefrau, sodass sich die Verteilungsanordnungen im gemeinschaftlichen Testament im Rechtssinne auch auf diesen weiteren Grundbesitz erstrecken konnten. Im Ergebnis also rechtlich eine runde Sache.

    Natürlich ist es (theoretisch) möglich, die ausdrücklich angeordnete Nacherbfolge als ein auf das Ableben des überlebenden Ehegatten angeordnetes Nachvermächtnis auszulegen (woran ich angesichts des wohl eindeutigen Wortlauts des notariellen Erbvertrags allerdings meine Zweifel habe). In diesem Fall wäre die Ehefrau unbeschränkte alleinige Vollerbin des Ehemannes und ihr Nachlass würde demzufolge auch das besagte Grundstück umfassen. Allerdings steht dem als Nachlassverbindlichkeit im gleichen wertmäßigen Volumen das Nachvermächtnis zugunsten des Sohnes gegenüber, das aber von den Schlusserben rechtsgeschäftlich erfüllt werden müsste (Auflassung).

    Im wirtschaftlichen Ergebnis ergibt sich also kein Unterschied. Problematisch könnte es allenfalls werden, wenn die Eheleute innerhalb von drei Jahren verstorben sind und der Pflichtteilsanspruch nach dem erstversterbenden Ehegatten deshalb noch nicht verjährt ist. In diesem Fall geraten wir in die Problematik des § 2306 Abs.2 BGB (bei Nacherbfolge) bzw. des § 2307 BGB (beim Nachvermächtnis). Im erstgenannten Fall ist der Pflichtteil des Sohnes flöten, weil nicht fristgerecht ausgeschlagen wurde (§ 2306 Abs.2, Abs.1 S.2 BGB), während sich beim Nachvermächtnis lediglich eine Anrechnungsproblematik nach § 2307 BGB ergibt.

  • Es ist nach dem Tod des Ehemanns noch keine Grundbuchberichtigung erfolgt.

    Hätte der Grundbuchrechtspfleger jedoch den der Ehefrau als Vorausvermächtnis zugewandten weiteren Grundbesitz ohne weiteres auf den Namen der Ehefrau umschreiben können?

    Vermächtnisse sind doch nur schuldrechtliche Ansprüche und müssten erst geltend gemacht werden!

    Wer wäre Eigentümer, wenn die Ehefrau das Vorausvermächtnis gar nicht haben will?

  • Die Ehefrau wurde auf jeden Fall Eigentümerin des nicht von der Nacherbfolge erfassten weiteren Grundbesitzes, weil sie insoweit in Personalunion Vorausvermächtnisnehmerin und nicht von der Nacherbfolge beschränkte Alleinerbin des Ehemannes ist. Insoweit besteht also eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Vermächtnisse als schuldrechtliche Ansprüche erst geltend gemacht werden müssen (BGH NJW 1960, 959).
    Denn die Ehefrau ist ja bereits Alleinerbin und eine Geltendmachung von Ansprüchen gegen sich selbst scheidet daher aus Rechtsgründen aus (sie müsste ja als Alleinerbin und Eigentümerin an sich selbst auflassen!). Anders verhält es sich natürlich, wenn mehrere Miterben vorhanden sind und lediglich ein einzelner Miterbe mit einem Vorausvermächtnis bedacht wurde. In diesem Fall verbleibt es selbstverständlich bei der Notwendigkeit der rechtsgeschäftlichen Erfüllung des schuldrechtlichen Anspruchs des Vorausvermächtnisnehmers durch die Erbengemeinschaft.

    Aus den Gesagten folgt ohne weiteres, dass ein alleiniger Vorerbe das ihm zugewandte Vorausvermächtnis nicht ausschlagen kann. Er kann allenfalls die Vorerbschaft ausschlagen, das Vorausvermächtnis (als "normales" Vermächtnis) annehmen und im übrigen seinen Pflichtteil verlangen, falls der Wert des Pflichtteils den Wert des Vermächtnisses übersteigt (§ 2307 BGB).

  • Die Frage, ob ein alleiniger Vorerbe ein ihm zugewendetes Vorausvermächtnis ausschlagen kann oder ob er es annehmen muss, kann sich aufgrund des Wesens des Vorausvermächtnisses überhaupt nicht stellen.

    Denn:

    Das einem alleinigen Vorerben zugewendete Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) bewirkt im Gegensatz zu einen normalen "Vermächtnis" nicht, dass der Vorerbe etwas erhält, was er sonst nicht erhalten würde (er ist ja Alleinerbe!), sondern es führt lediglich dazu, dass die ihm in jedem Falle zugute kommende Zuwendung nicht der Nacherbfolge unterliegt. Er ist somit im Rechtssinne in Personalunion zugleich Vorerbe und Vorausvermächtnisnehmer (was die Rechtsfolge des § 2110 Abs.2 BGB auslöst). Damit erübrigt sich sowohl eine rechtsgeschäftliche Vermächtniserfüllung als auch die Möglichkeit einer Annahme oder Ausschlagung.

    Ein "normales" Vermächtnis wird nach § 2180 Abs.2 BGB durch unbedingte und unbefristete Erklärung gegenüber dem Beschwerten (also in aller Regel gegenüber dem Erben) ausgeschlagen. Eine Ausschlagungsfrist gibt es im Gegensatz zur Erbausschlagung nicht, weil § 2180 Abs.3 BGB nicht auf § 1944 BGB verweist. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Vermächtnisnehmer zugleich Pflichtteilsberechtigter ist. In diesem Fall kann der Erbe dem Vermächtnisnehmer eine angemessene Frist zur Erklärung über die Annahme des Vermächtnisses setzen, wobei das Vermächtnis interessanterweise als ausgeschlagen gilt, wenn nicht innerhalb der Frist die Annahme erfolgt (§ 2307 Abs.2 BGB).

  • Wenn die Vorerbin/Vorausvermächtnisnehmerin keinen Grundbuchberichtigungsantrag stellt, kann das GBA ohnehin niemanden als erbrechtlichen Rechtsnachfolger des Erblassers eintragen.

    Wenn ein GB-Berichtigungsantrag gestellt wird, trägt das GBA aufgrund des Erbvertrags/Erbscheins die Alleinerbin als Eigentümerin aller Erblassergrundstücke ein, und zwar mit Nacherbenvermerk, soweit keine Vorausvermächtnisse verfügt wurden, und ohne Nacherbenvermerk, soweit der Erblasser Vorausvermächtnisse angeordnet hat.

    Nochmals:

    Die alleinige Vorerbin wird bereits aufgrund ihrer Erbenstellung Eigentümerin des Grundbesitzes. Ein ihr zugewendetes Vorausvermächtnis hat nur Einfluss auf die Frage, ob sie das Eigentum mit oder ohne Nacherbenbeschränkung erwirbt. Die zuletzt gestellte Frage kann daher gar nicht auftreten.

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